Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin (Wohnungseigentümerin) einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde mit dem Haus O 57 und 59 (dem in den Verwaltungsakten befindlichen Grundbuchsauszug zufolge verfügt sie nicht über die Mehrheit der Anteile).
Mit der "an die Miteigentümer des Hauses O 57 u. 59,
z. Hd." eines namentlich genannten Verwalters gerichteten, als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Oktober 1994, mit dem Betreff "Straßeninteressentschaft O, Beitragsvorschreibung nach § 23 Abs. 5 TStG" (= Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989), wurde aufgetragen, "gemäß § 23 Abs. 5 und §§Abs. 5 TStG iVm § 57 AVG 1950" (richtig oder nach dem Zusammenhang wohl: § 24 Abs. 5 TStG) innerhalb von vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides den Betrag von S 90.200,-- auf das näher bezeichnete Konto dieser Straßeninteressentschaft zur Einzahlung zu bringen. Begründet wurde dies damit, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Juli 1994 die Beitragsanteile "für die Liegenschaft" neu festgestellt worden seien, weil sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung der Beitragsanteile maßgeblich gewesen seien, wesentlich geändert hätten. Die "Neufestsetzung der Beitragsanteile von 0,20 auf 4,71" sei rechtskräftig. Die zusätzliche Beitragsvorschreibung "beruht auf die vorzitierten Gesetzesstellen und auf § 24 Abs. 5 TStG". Die Beitragsverpflichtung pro Anteil in Höhe von S 20.000,-- sei in der Vollversammlung der Straßeninteressentschaft am 4. August 1981 beschlossen und den Interessenten vorgeschrieben worden. Die Bemessungsgrundlage für einen Anteil errechne sich aus den Bau- und Grundablösekosten.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin brachte sie vor, daß "der Bescheid überhaupt niemanden namentlich nennt, sondern sich lediglich an die Miteigentümer des Hauses O 57 und 59 wendet. Es ist also der Bescheidadressat völlig unklar und schon daher der Bescheid rechtswidrig und zu beheben". Weiters sei auch die Zustellung lediglich an den Verwalter nicht rechtmäßig. "Zum einen fehlen die Feststellungen im Bescheid dazu, zum anderern ist es aber auch gar nicht möglich", weil § 17 Abs. 2 WEG ausdrücklich bestimme, daß durch diese Gesetzesstelle die gesetzlichen Bestimmungen über die Vertretung vor Behörden nicht berührt würden. Es könne also nur dann an einen Verwalter rechtsgültig zugestellt werden, wenn er über eine entsprechende Zustellvollmacht verfüge. Das sei aber nicht der Fall. Darüber hinaus sei aus der Fassung des Spruches nicht klar, auf welche gesetzliche Bestimmung sich die Behörde berufe. Überdies habe der Spruch auch einen Hinweis auf den Rechtsgrund zu enthalten, der ebenso fehle. Auch deshalb sei der Bescheid rechtswidrig und zu beheben. Überdies fehle jegliche Begründung im Sinne des § 60 AVG und es werde eine Gesetzesstelle wiedergegeben, die es gar nicht gebe, nämlich § 24 Abs. 4 TStG. Auch sei die Betragsverpflichtung der Höhe nach überhaupt nicht nachvollziehbar und ein Zusammenhang mit dem Spruch nicht zu erkennen.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies diese Berufung mit Berufungsbescheid vom 12. Dezember 1994 als unzulässig zurück. Begründend wurde ausgeführt, daß mit der bekämpften Erledigung den "Miteigentümern" (im Original unter Anführungszeichen) des Hauses O 57 und 59 zu Handen des namentlich genannten Verwalters gemäß § 23 Abs. 5 TStG der nachträgliche Beitrag zu den Kosten des Baues der öffentlichen Interessentenstraße O (Hinweis auf § 25 Abs. 4 TStG) im Betrag von S 90.200,-- vorgeschrieben worden sei. Die Beschwerdeführerin sei "Miteigentümerin bzw. Wohnungseigentümerin im Haus O 57 u. 59 in EZ 1702, Gp. 406/2, KG S". Gemäß § 24 Abs. 3 TStG gelte die Gesamtheit der Miteigentümer als Interessent, wenn ein Grundstück im Sinne des § 20 Abs. 5 lit. a leg. cit. im Eigentum mehrerer Personen stehe. Für die Beitragsleistungen hafteten die Miteigentümer zur ungeteilten Hand.
Das Gesetz gehe diesbezüglich davon aus, daß hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zwischen einer Straßeninteressentschaft und den Miteigentümern einer einbezogenen Liegenschaft nur die Gesamtheit der Miteigentümer als ein Interessent gelte. Für die rechtliche Auseinandersetzung "innerhalb der Miteigentümer" seien ausschließlich die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes maßgebend. Lediglich für die Wahl der Organe einer Straßeninteressentschaft sei vorgesehen, daß jeder Miteigentümer gewählt werden könne.
Gemäß § 13c Wohnungseigentumsgesetz 1975 (WEG) bildeten alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Gemeinschaft besitze nach der Umschreibung des zweiten Satzes leg. cit. gleich den Personengesellschaften des Handelsrechtes Quasirechtspersönlichkeit mit dem wesentlichen Unterschied, daß sie durch die Beschränkung auf Angelegenheiten der Liegenschaft eindeutig final begrenzt sei. Daraus ergebe sich auch die Bezeichnung nach der Liegenschaft (Hinweis auf Würth-Zingher, Wohnrecht "94, Seite 271). Gemäß § 14 WEG entscheide in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft - unbeschadet der Minderheitsrechte nach § 13a WEG - die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer. Partei- bzw. Bescheidadressat im gegenständlichen Verfahren sei daher die Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft O 57 und 59. Der Beschwerdeführerin komme als einzelner Mit- bzw. Wohnungseigentümerin keine Rechtsmittellegitimation zu.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde. Darin führte sie aus, die Berufungsbehörde gehe bei der Zurückweisung der Berufung von unrichtigen rechtlichen Erwägungen aus. Hauptsächlich stützte sie sich auf die §§ 13c und 14 WEG. Hiezu treffe sie zwar allgemein durchwegs richtige Ausführungen, diese stünden jedoch mit dem vorliegenden Sachverhalt in keinem Zusammenhang und gingen daher völlig fehl. Selbst wenn nämlich § 13c WEG anwendbar wäre, wäre zumindest zu prüfen gewesen, inwieweit der letzte Satz des § 13c Abs. 1 WEG anzuwenden wäre. Auch § 14 WEG, der die ordentliche Verwaltung "der Liegenschaft" (im Original unter Anführungszeichen) regle, sei vorliegendenfalls nicht anzuwenden, weil der streitgegenständliche Interessentenweg keinesfalls Teil der Liegenschaft sei, auf welchem die Wohnungseigentumsanlage O 57 und 59 errichtet sei. Würde man der Rechtsauffassung der Berufungsbehörde folgen, daß es zur Erhebung eines Rechtsmittels eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft bedürfte, würde dies aufgrund der kurzen Rechtsmittelfrist dazu führen, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft gänzlich des Rechtes zur Erhebung eines Rechtsmittels beraubt würde. Im übrigen stehe § 24 Abs. 3 TStG in unlösbarem Widerspruch zu § 13c WEG, woraus sich schon ergebe, daß das WEG vorliegendenfalls unanwendbar sei. Zudem habe die Bestimmung des § 13c WEG in der geltenden Fassung zur Zeit der Kundmachung des TStG noch gar nicht existiert. Die Frage der Parteistellung sei richtigerweise nach § 8 AVG zu beurteilen, woraus sich ergebe, daß der Beschwerdeführerin Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zukomme, zumal auch § 24 Abs. 3 TStG bestimme, daß mehrere Miteigentümer für Beitragsleistung zu ungeteilter Hand hafteten.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Begründend führte sie nach zusammengefaßter Darstellung des Verfahrensganges aus, wenn es auch nicht leicht nachvollziehbar scheine, daß für die Einbringung eines Rechtsmittels nur die Gesamtheit der Miteigentümer legitimiert sei, so gehe dies "aus der Gesetzesbestimmung jedoch eindeutig hervor" (gemeint: aus der Bestimmung des § 24 Abs. 3 TStG). In den Erläuternden Bemerkungen heiße es diesbezüglich auch, "die Bestimmung des Abs. 3 erster Satz geht davon aus, daß hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zwischen einer Straßeninteressentschaft und den Miteigentümern einer einbezogenen Liegenschaft nur die Gesamtheit der Miteigentümer als ein Interessent gilt". Bei dieser Rechtslage sei die Beitragsvorschreibung auch zu Recht an die Miteigentumsgemeinschaft ergangen, "weshalb auch die Berufung namens der Miteigentumsgemeinschaft erfolgen hätte müssen. Zu diesem Zweck hätte es, wie ebenfalls in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt, einer internen Regelung bedurft, um rechtswirksame Akte für die Gemeinschaft rechtzeitig setzen zu können. Selbst eine nachträgliche Beibringung der Ermächtigung oder Vollmacht wäre möglich gewesen. Bei Richtigkeit der Auslegung des § 24 Abs. 3 mußte daher auch der Vorstellung der Erfolg versagt bleiben".
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes und gegen die Vorstellungsentscheidung der Landesregierung zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 19. Juni 1995, B 580/95-3 und B 794/95-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes fristgerecht ergänzten Beschwerde wird nurmehr die Vorstellungsentscheidung der Landesregierung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft (soweit sich die Beschwerde ursprünglich auch gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes richtete, wurde sie mit dem hg. Beschluß vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/06/0176, im Sinne des § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt).
Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Akten betreffend das Verfahren vor den Gemeindebehörden wurden unmittelbar von der mitbeteiligten Gemeinde vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989 (TStG), anzuwenden (Gesetzeszitate ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf dieses Gesetz).
Gemäß § 20 Abs. 5 lit. a kommen als Interessenten einer Straßeninteressentschaft die Eigentümer der durch die Straße unmittelbar oder mittelbar erschlossenen Grundstücke in Betracht.
Gemäß § 23 Abs. 5 hat die Behörde auf Antrag des Obmannes der Straßeninteressentschaft die zusätzlichen und die nachträglichen Beiträge zu den Kosten des Baues einer öffentlichen Interessentenstraße nach § 22 Abs. 5 bzw. nach § 25 Abs. 4 mit Bescheid vorzuschreiben.
§ 24 Abs. 3 lautet:
"Steht ein Grundstück im Sinne des § 20 Abs. 5 lit. a im Eigentum mehrerer Personen, so gilt die Gesamtheit der Miteigentümer als Interessent. Für die Beitragsleistungen haften die Miteigentümer zur ungeteilten Hand. In die Organe der Straßeninteressentschaft nach § 27 Abs. 1 lit. b bis e ist jeder Miteigentümer wählbar".
Die Beschwerdeführerin macht u.a., wie schon der Sache nach in ihrer Berufung geltend, der erstinstanzliche Bescheid sei "an den Miteigentümer" (gemeint wohl: an die Miteigentümer) zugestellt worden (nach dem Zusammenhang gemeint: gerichtet worden). Eine schlichte Miteigentümergemeinschaft sei aber nicht Rechtsobjekt, könne also nicht Träger prozessualer Rechte und Pflichten sein.
Damit ist die Beschwerdeführerin jedenfalls im Ergebnis im Recht: Der erstinstanzliche Bescheid enthält keinen individuell bestimmten Adressaten. Es bedeutet zwar noch keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 AVG, wenn die Behörde im Spruch die Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (Miteigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenigen physischen oder juristischen Personen benannt hätte, auf welche sich der Spruch bezieht. Aber auch das ist vorliegendenfalls unterblieben, sodaß es der Erledigung des Bürgermeisters vom 11. Oktober 1994 an der Bescheideigenschaft mangelte (siehe dazu die hg. Beschlüsse vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0040 oder auch vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047, mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Umstand, daß die Erledigung "zu Handen" eines Verwalters erging, vermag daran nichts zu ändern, weil auch bei einer Zustellung an einen Vertreter der Adressat aus dem Bescheid zu entnehmen sein muß. Da der Erledigung des Bürgermeisters vom 11. Oktober 1994 die Bescheideigenschaft fehlte, konnte sie auch nicht zulässigerweise mit Berufung bekämpft werden, sodaß die Berufungsbehörde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen hat. Daraus folgt weiters, daß auch der angefochtene Bescheid, mit welchem der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den zurückweisenden Berufungsbescheid nicht Folge gegeben wurde, im Ergebnis zutreffend ist. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, daß diese Erledigung des Bürgermeisters vom 11. Oktober 1994 nicht vollstreckbar ist. Im übrigen ist angesichts der Rechtsausführungen der Berufungsbehörde nicht klar, ob sie davon ausging, daß der Bürgermeister mit der genannten Erledigung den Betrag von S 90.200,-- den einzelnen, ungenannten Miteigentümern persönlich (sei es nun anteilig oder zur ungeteilten Hand - auch das ist unklar) vorgeschrieben habe oder der Bescheidadressat vielmehr die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13c WEG in der Fassung des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 800/1993, gewesen sei oder allenfalls sein sollte (die Wohnungseigentümergemeinschaft kann gemäß dieser Gesetzesstelle in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden), oder ob sie allenfalls als (möglichen) Bescheidadressaten die in § 24 Abs. 3 TStG umschriebene "Gesamtheit der Miteigentümer" ansah (und damit davon ausging, daß es sich dabei allenfalls um ein Rechtsgebilde mit Quasi-Rechtspersönlichkeit wie die Wohnungseigentümergemeinschaft handle). Es macht nämlich einen Unterschied, ob ein Bescheid an (alle oder einzelne) Miteigentümer einer Liegenschaft oder an eine "Gemeinschaft" gerichtet wird; auch darf der Bescheidadressat im Berufungsverfahren nicht "ausgetauscht" werden.
Diese Fragen bedürfen hier keiner Klärung; vielmehr war nach dem zuvor Gesagten (mangelnde Bescheideigenschaft der Erledigung des Bürgermeisters vom 11. Oktober 1994) die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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