VwGH 95/03/0083

VwGH95/03/008314.5.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. Jänner 1995, Zl. 17/161-1/1994, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KDV 1967 §4 Abs4;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs10;
KFG 1967 §102 Abs6;
VStG §44a Z1;
KDV 1967 §4 Abs4;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs10;
KFG 1967 §102 Abs6;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 6. September 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 12. März 1994 um 9.15 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug in Innsbruck an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, wobei anläßlich einer Fahrzeugkontrolle festgestellt worden sei, daß 1. der rechte Vorderreifen nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe aufgewiesen habe, 2. der Beschwerdeführer während der Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw. den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen nicht ausgehändigt habe, 3. er ein zur Wundversorgung geeignetes und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpacktes und gegen Verschmutzung geschütztes Verbandzeug sowie 4. eine geeignete Warneinrichtung nicht mitgeführt bzw. den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen nicht zugänglich gemacht habe und 5. er das Fahrzeug nicht vor unbefugter Inbetriebnahme durch Dritte abgesichert habe, zumal er sich vom unversperrten Fahrzeug mit angestecktem Zündschlüssel entfernt habe. Er habe hiedurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu 1. § 102 Abs. 1 KFG 1967 iVm § 4 Abs. 4 KDV 1967, zu 2. § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967, zu

3. § 102 Abs. 10 iVm Abs. 11 leg. cit., zu 4. § 102 Abs. 10 iVm Abs. 11 leg. cit und zu 5. § 102 Abs. 6 leg. cit. Es wurden deshalb über ihn Geldstrafen in der Höhe von zu 1. S 500,--, zu

2. S 200,--, zu 3. S 200,--, zu 4. S 200,-- und zu 5. S 300,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 verhängt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 1995 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung abgewiesen, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde jedoch in Punkt 1. insofern präzisiert, als "von einer Mindestprofiltiefe von 1,6 mm auszugehen ist", zu Punkt 2. werde dem Beschuldigten vorgeworfen, daß er den Zulassungsschein auf Verlangen eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht ausgehändigt habe. Der Vorwurf, den Zulassungsschein nicht mitgeführt zu haben, werde nicht aufrechterhalten, er habe im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu entfallen. Zu Punkt 3. und 4. habe jeweils die Wortfolge "nicht mitgeführt bzw." zu entfallen und es habe zu diesen Punkten die übertretene Norm jeweils "§ 102 Abs. 11 iVm § 102 Abs. 10 KFG" zu lauten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu Spruchpunkt 1:

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren nicht bestritten, daß der rechte Vorderreifen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe, sondern er brachte (in der Berufung) vor, daß es sich nur um "eine ganz geringe Unterschreitung" der Mindestprofiltiefe gehandelt habe, alle übrigen Reifen eine ausreichende Profiltiefe aufgewiesen hätten und er sich im übrigen das Fahrzeug nur kurzzeitig ausgeliehen habe.

Entgegen seiner Auffassung hat ihm die belangte Behörde ordnungsgemäß innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG die Tat vorgehalten. Auch der Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde weist den konkreten Vorwurf auf, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer als Täter herangezogen wurde, nämlich als Lenker, desgleichen wurde der konkrete Mangel unmißverständlich angeführt (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5 auf S. 983 f angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß dem Beschwerdeführer vorgehalten (und auch in den Spruch des angefochtenen Bescheides aufgenommen) wurde, daß er einen Kombinationskraftwagen gelenkt hat, der die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe nicht erreichte, war unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 4 KDV 1967 auch kein Zweifel darüber gegeben, daß hierunter die Mindestprofiltiefe von 1,6 mm zu verstehen ist. Durch die Unterlassung dieser ziffernmäßigen Präzisierung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist war der Beschwerdeführer somit nicht in seinen Rechten verletzt. Verfehlt ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Bestimmung des § 21 VStG anwenden und von der Verhängung einer Strafe absehen müssen, weil die hiefür nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen besonderen Umstände nicht gegeben sind (vgl. u. v.a. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0091).

Zu Spruchpunkt 2, 3 und 4:

Der Einwand des Beschwerdeführers, diesbezüglich sei Verfolgungsverjährung eingetreten, ist verfehlt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1994, Zl. 92/18/0180) kommt es für den Ausschluß der Verfolgungsverjährung darauf an, daß die Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten ist. Mit dem Straferkenntnis erster Instanz (der Bundespolizeidirektion Innsbruck) vom 6. September 1994, zur Post gegeben am 9. September 1994, (die Tat wurde am 12. März 1994 begangen) wurde dem Beschwerdeführer zu diesen Spruchpunkten (auch) vorgehalten, daß er den Zulassungsschein den Organgen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen nicht ausgehändigt und ein zur Wundversorgung geeignetes und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpacktes und gegen Verschmutzung geschütztes Verbandszeug sowie eine geeignete Warneinrichtung den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen nicht zugänglich gemacht habe. Somit wurden ihm in seiner Eigenschaft als Lenker des Fahrzeuges auch diese Übertretungen in einer Weise vorgehalten, die ihm Gelegenheit gaben, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Es trifft zwar zu, daß ein den Erfordernissen des § 44a VStG nicht entsprechender Alternativvorwurf unzulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1987, Zl. 86/03/0131), dagegen hat jedoch die belangte Behörde nicht verstoßen. Sie hat den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe den Zulassungsschein "nicht mitgeführt" aus Spruchpunkt 2 eleminiert und weiters ausgeführt, daß die Wortfolge "nicht mitgeführt bzw." in den Spruchpunkten 3 und 4 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu entfallen habe. Daß dieser alternative Tatvorwurf in der Verfolgungshandlung mitenthalten war, verletzte den Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht, wurde er doch nicht gehindert, gegen den weiteren Tatvorwurf des Nichtaushändigens der genannten Gegenstände, der aufrecht erhalten wurde, seine Einwände vorzutragen.

Im übrigen vermag auch der Einwand des Beschwerdeführers, er habe lediglich den "Fahrzeugbesitzer, der sich auf der anderen Straßenseite des Ortes der Fahrzeugkontrolle befand" geholt, und habe innerhalb von "wenigen Minuten" die angeführten Gegenstände vorweisen können, nicht, seinen Standpunkt günstiger zu gestalten. Einerseits vermag er nicht darzulegen, aus welchem konkreten von ihm beantragten und von der belangten Behörde unterlassenen Beweismittel diese Feststellung hervorgehen sollte, andererseits ist er im Verwaltungsstrafverfahren der Darlegung des Meldungslegers in der Anzeige, der Beschwerdeführer habe sich - entgegen dessen Vorhalt - vom Anhalteort entfernt und sei erst nach ca. zehnminütiger Wartezeit wieder zurückgekehrt, nicht entgegengetreten. Es kann daher nicht die Rede davon sein, der Beschwerdeführer habe ohne unnötigen Aufschub die sich aus § 102 Abs. 5 lit. b sowie Abs. 11 iVm Abs. 10 KFG 1967 hervorgehenden Verpflichtungen erfüllt.

Zu Spruchpunkt 5:

Die sich aus § 102 Abs. 6 KFG 1967 ergebende Verpflichtung ist streng auszulegen. Der Lenker hat jede ihm zumutbare Sicherung zu treffen, wobei bis zur Grenze des unabwendbaren Zufalles alles zu tun ist, was zur Verhinderung von Schwarzfahrten zugemutet werden kann (vgl. die in Grundtner/Stratil, Das Kraftfahrgesetz 19674, Seiten 584 f angeführte Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer hatte, als der das Fahrzeug verließ, obwohl er den Zündschlüssel stecken ließ, gegen diese Verpflichtung verstoßen. Daß sich zwei mit der Amtshandlung befaßte Sicherheitswacheorgane in der Nähe des Fahrzeuges befanden, entband ihn nicht von der Erfüllung dieser Verpflichtung, durfte er doch nicht damit rechnen, sie würden beim Fahrzeug verbleiben und gleichsam "Wache halten".

Da es somit dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte