Normen
AVG §51a idF 1995/471;
AVG §56;
GebAG 1975 §20 Abs2;
AVG §51a idF 1995/471;
AVG §56;
GebAG 1975 §20 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Oktober 1995 wurde aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Zeugengebühren gemäß § 51a Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, iVm § 9 Abs. 1 Z. 1 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, eine Gebühr in der Höhe von S 2.365,-- für Reisekosten festgesetzt. Einschlußweise - wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - wies die belangte Behörde das Begehren auf Entschädigung für Zeitversäumnis (Verdienstentgang) ab. In der Begründung führte die belangte Behörde diesbezüglich aus, der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung der belangten Behörde nicht nachgewiesen, daß er eines Vertreters (offenbar gemeint:
während des Zeitraumes seiner Abwesenheit infolge der Erfüllung seiner Zeugenpflicht) bedurft hätte. Er habe lediglich Honorarrichtlinien vorgelegt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, stellte der Beschwerdeführer am 4. April 1995 im Anschluß an seine Zeugeneinvernahme schriftlich den Antrag auf Ersatz der Fahrtkosten und der Kosten für einen bestellten Stellvertreter an die belangte Behörde. Mit Schreiben vom 10. April 1995 wiederholte der Beschwerdeführer seinen diesbezüglich gestellten Antrag und legte mit Schreiben vom 27. April 1995 noch ergänzend Honorarrichtlinien für Unternehmensberater vor. Am 1. Juli 1995 - bis zu diesem Zeitpunkt war es noch zu keiner Entscheidung der belangten Behörde gekommen - trat gemäß § 79b Abs. 2 AVG in der Fassung der Z. 22 der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 der geänderte § 51a AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung dieser Novelle in Kraft, welcher nunmehr lautet:
"Zeugen und Beteiligte, die im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten vernommen werden oder deren Vernehmung, nachdem sie geladen wurden, ohne ihr Verschulden unterblieben ist, haben Anspruch auf Gebühren unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß wie Zeugen im gerichtlichen Verfahren. Für die Geltendmachung und Bestimmung der Gebühren gelten die §§ 19 und 20 sowie § 21 Abs. 1 erster Halbsatz des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 mit der Maßgabe, daß die Gebühren vorläufig von dem nach landesgesetzlichen Vorschriften zuständigen Bediensteten des unabhängigen Verwaltungssenates berechnet und den Zeugen oder Beteiligten bekanntgegeben und ausbezahlt werden. Sind Zeugen oder Beteiligte mit den bekanntgegebenen Gebühren nicht einverstanden, so sind die Gebühren über deren Antrag von jenem unabhängigen Verwaltungssenat festzusetzen, der den Zeugen oder den Beteiligten vernommen oder geladen hat. Im Verfahren vor einer Kammer obliegt die Entscheidung dem nach den landesrechtlichen Vorschriften zuständigen Mitglied der Kammer. Die Auszahlung der Gebühren ist unentgeltlich."
Eine Übergangsbestimmung zu § 51a AVG in der neuen Fassung findet sich in dieser Gesetzesnovelle nicht.
Von der Vorgängerbestimmung, dem § 51a AVG in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991, unterscheidet sich die Neufassung des § 51a AVG insbesondere durch die Einrichtung eines "Kostenbeamten", welcher, wenngleich nicht bescheidmäßig, vor Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates die Zeugen- und Beteiligtengebühren zu berechnen, diesen Personen bekanntzugeben und auszubezahlen hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 357, wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen zur AVG-Novelle 1995).
Mit Datum 5. Oktober 1995 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, dies jedoch - wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt - unter Nichtberücksichtigung der Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 51a AVG.
In der Literatur wird zum neugefaßten § 51a AVG die Meinung vertreten, es sei unter dem Aspekt der Verfahrensvereinfachung (die vom Gesetzgeber mit dieser Novelle angestrebt worden sei) unzweckmäßig, wenn das Entscheidungsorgan des unabhängigen Verwaltungssenates immer erst das Tätigwerden des Kostenbeamten abwarten müßte. Da weder dem Wortlaut noch den Materialien eindeutig ein Verbot der sofortigen Bescheiderlassung zu entnehmen sei, sei die Annahme zumindest vertretbar, daß der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund eines Gebührenantrages sogleich einen Bescheid erlassen könne (vgl. Walter-Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1995, S. 18). Im Ergebnis schließt sich der Verwaltungsgerichtshof dieser Meinung an, da bei Verletzung der primär an die Verwaltungsbehörde gerichteten Vorschrift über die Einschaltung eines Kostenbeamten, der jedoch keine bescheidförmige Entscheidung zu treffen hat (vgl. auch Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 357, FN 5), nicht in subjektive Rechte eines Gebühren geltend machenden Zeugen oder Beteiligten eingegriffen wird. Eine unmittelbare Entscheidung über den Gebührenanspruch des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde war daher auch im Beschwerdefall ohne Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers möglich.
Entgegen der im angefochtenen Bescheid aufgestellten Behauptung, der Beschwerdeführer habe als Zeuge "trotz Aufforderung" nicht nachgewiesen, daß er eines Vertreters bedurft habe, findet sich in den vorgelegten Verwaltungsakten kein diesbezüglicher Hinweis. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 4. April 1995 wird lediglich folgender Hinweis ausgeführt:
"Wenn Sie einen Gebührenanspruch geltend machen, so haben Sie dies binnen vierzehn Tagen nach der Verhandlung bei sonstigem Verlust mündlich oder schriftlich bei dieser Behörde geltend zu machen.
Wenn Sie zu Ihrer Vernehmung aus einem weiter entfernten Ort als dem in der Ladung angeführten Zustellort anreisen, so haben Sie dies zur Wahrung Ihres höheren Gebührenanspruches unverzüglich dem Verwaltungssenat anzuzeigen.
Ein diesbezügliches Merkblatt liegt am Verhandlungstag in der Geschäftsabteilung F auf."
In weiterer Folge hat der Beschwerdeführer den Kostenersatz für die Einschaltung eines anderen Unternehmensberaters handschriftlich am Verhandlungstag und schließlich nochmals schriftlich mit Eingabe vom 10. April 1995, jeweils unter Nennung eines Betrages von S 9.600,--, geltend gemacht. In der zuletzt genannten Eingabe weist der Beschwerdeführer darüberhinaus darauf hin, daß er einer näher genannten Person, die an seiner Stelle die am Verhandlungstag aufgrund eines mit einem näher genannten Unternehmen geschlossenen Unternehmensberatungsvertrages erforderliche Beratung durchgeführt habe, den genannten Betrag überwiesen habe. Gleichzeitig behauptete der Beschwerdeführer die Notwendigkeit der Entsendung eines Vertreters zu einem näher genannten Unternehmen am Verhandlungstag.
Gemäß § 19 Abs. 2 GebAG hat der Zeuge, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren (§ 3 Abs. 2 leg. cit.), zu bescheinigen.
Gemäß § 19 Abs. 3 erster Satz GebAG ist der Zeuge in der Ladung auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung aufmerksam zu machen.
Gemäß § 20 Abs. 2 GebAG kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.
Auch wenn der Zeuge gemäß § 19 Abs. 2 GebAG zur Vorlage entsprechender Bescheinigungen, aus denen jene Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind - wie etwa im Beschwerdefall zur Frage, ob die Unternehmensberatung tatsächlich am Einvernahmetag hinsichtlich des genannten Unternehmens aufgrund vertraglicher Verpflichtungen erforderlich und unaufschiebbar war -, hervorgehen, verpflichtet ist, bedeutet dies im Hinblick auf die in § 20 Abs. 2 GebAG vorgesehene Möglichkeit zur Mängelbehebung - noch dazu aufgrund der im Zuge der Zeugenladung erteilten Belehrung - nicht, daß die Behörde bei Fehlen von ihr notwendig erscheinenden Unterlagen ohne weitere behördliche Schritte berechtigt wäre, den Anspruch abzuweisen. Es wäre daher ein Verbesserungsverfahren gemäß § 20 Abs. 2 GebAG einzuleiten gewesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0184).
Da die Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, insbesondere jedoch eine Aufforderung an den Beschwerdeführer zum Nachweis des Erfordernisses seiner Vertretung am Tag der Zeugeneinvernahme vor der belangten Behörde anhand der vorgelegten Verwaltungsakten nicht feststellbar war, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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