VwGH 94/20/0102

VwGH94/20/010221.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1992, Zl. 4.297.566/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §14 Abs4;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnF;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §14 Abs4;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnF;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, der am 16. April 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 4. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat einen schriftlichen Asylantrag gestellt, den er damit begründete, er sei seit 1982 für die PKK tätig, die er deshalb unterstützt habe, weil er die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Kurden in seinem Heimatort nicht eingesehen habe. Er habe für die PKK Zeitungen verteilt und Propaganda für kurdische Anliegen gemacht. Wegen dieser Tätigkeit sei er mehrmals verhört, geschlagen und im Jahre 1987 für drei Monate inhaftiert worden. Auch während dieser Haft sei er öfters verhört und geschlagen worden. Darüberhinaus habe man auf ihn geschossen, wodurch er eine schwere Augenverletzung erlitten habe. Die Schläge und Verhöre hätten sich nach seiner Haftentlassung fortgesetzt. Wegen seiner weiterhin ausgeübten politischen Tätigkeit sei gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden; seiner Ergreifung habe sich der Beschwerdeführer aber durch Ausreise entziehen können. In Österreich sei er festgenommen und gegen ihn ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. In der Türkei sei noch immer nach ihm gefahndet worden, weshalb er nicht in seinen Heimatort habe zurückkehren können. Im März 1991 sei er wieder aus der Türkei ausgereist.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 3. Oktober 1991 wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen die bereits in seinem schriftlichen Asylantrag gemachten Angaben, wobei er seine Augenverletzung auf Schläge während der Haft zurückführte. Im Jahre 1989 habe er sich in der BRD aufgehalten.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung bekräftigte der Beschwerdeführer seine erstinstanzlichen Angaben und führte ergänzend aus, er sei unmittelbar vor seiner Ausreise bzw. seinem "Fluchtentschluß" gravierender Verfolgung ausgesetzt gewesen und habe damit rechnen müssen, daß weitere, gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen bevorstünden.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid zunächst damit begründet, daß der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge die kurdische Arbeiterpartei, eine gewaltausübende und gewaltbejahende Organisation, als Mitglied durch Propaganda für kurdische Anliegen unterstützt habe, sodaß die deswegen gegen ihn ergriffenen behördlichen Maßnahmen nicht wegen seiner politischen Gesinnung, sondern wegen krimineller Handlungen gesetzt worden seien. Auch des weiteren deckt sich die dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich beigegebene Begründung weitgehend mit jener, der sich die belangte Behörde in dem mit Erkenntnis vom 5. November 1992, Zl. 92/01/0703, erledigten Beschwerdefall (in dem die Begründung insoweit wortwörtlich wiedergegeben wurde) bedient hat. Dieser Argumentation kann ohne Durchführung weiterer Ermittlungen und entsprechender Feststellungen - wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Vorerkenntnis, auf dessen nähere Begründung hiemit verwiesen wird, dargelegt und der Beschwerdeführer an sich richtig erkannt hat - nicht gefolgt werden, wobei auch im vorliegenden Beschwerdefall zu bemerken ist, daß die belangte Behörde den in § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 (Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Ausschließungsgrund nicht herangezogen hat.

Dennoch kann der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auch damit begründet, daß auf Grund von Widersprüchen zwischen den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Befragung zu seinem bei seinem ersten Aufenthalt in Österreich gestellten Asylantrag und seinen nunmehrigen Darlegungen sein Vorbringen und damit die gesamte Verfolgungssituation unglaubwürdig sei. Der in den Verwaltungsakten enthaltenen Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers bei seinem ersten Aufenthalt in Österreich vom 23. Juli 1990 (ergänzende Einvernahme vom 7. August 1990) zufolge hat er seinen damaligen Asylantrag damit begründet, daß er wegen aktiver Beteiligung an der Kurdischen Kommunistischen Partei im Jahr 1986 eine sechsmonatige Freiheitsstrafe im Gefängnis in Nidge verbüßt habe. Im Frühjahr 1987 - später berichtigt auf Jänner 1987 - sei es ihm während eines Angriffes auf das Gefängnis gelungen zu fliehen. Nach seiner Flucht zunächst nach Ungarn habe er sich von Mitte Juni 1989 bis Mitte Juli 1990 in der Schweiz aufgehalten. Bei diesen Einvernahmen im Jahre 1990 hat der Beschwerdeführer in keiner Weise erwähnt, mißhandelt oder verletzt worden zu sein. Auf Grund der nicht im Einklang mit diesen Ausführungen stehenden und - was die Behauptungen über Mißhandlungen anbelangt - gesteigerten Angaben im der Beschwerde zugrundeliegenden Asylverfahren (Verurteilung zu sechsmonatiger Freiheitsstrafe - lediglich dreimonatige Inhaftierung; Flucht aus dem Gefängnis - Entlassung aus der Haft; keine Mißhandlungen erwähnt - wiederholte Mißhandlungen und Augenverletzung während der Haft, einmal durch Schläge, einmal durch Schuß verursacht; Aufenthalt im Jahr 1989 in der Schweiz - nunmehr in der BRD) ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit versagt hat, nicht unschlüssig.

Soweit der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht rügt, die belangte Behörde habe keine Bemühungen zur Aufklärung dieser Divergenzen unternommen, gelingt es ihm nicht, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil er nicht darlegt, worauf diese - von ihm nicht bestrittenen - Unterschiedlichkeiten zurückgeführt bzw. wie sie hätten aufgeklärt werden können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

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