VwGH 94/12/0259

VwGH94/12/025922.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der Mag. M in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 11. Mai 1994, Zl. 56.037/46-I/7a/94, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1438;
AVG §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
JN §1;
StudFG 1992 §49 Abs1;
StudFG 1992 §49 Abs3;
StudFG 1992 §49 Abs4;
StudFG 1992 §51 Abs1 Z3;
StudFG 1992 §51 Abs2;
StudFG 1992 §51 Abs4;
StudFG 1992 §51 Abs5;
StudFG 1992 §51 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1438;
AVG §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
JN §1;
StudFG 1992 §49 Abs1;
StudFG 1992 §49 Abs3;
StudFG 1992 §49 Abs4;
StudFG 1992 §51 Abs1 Z3;
StudFG 1992 §51 Abs2;
StudFG 1992 §51 Abs4;
StudFG 1992 §51 Abs5;
StudFG 1992 §51 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Spruchabschnitt 1 dieses Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, der letzte Satz des Spruchabschnittes 2 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begann im Wintersemester 1990/91 das Doktoratsstudium der Geistes- und Naturwissenschaften an der Universität Wien und arbeitete seit Oktober 1990 an ihrer Dissertation mit dem Thema: "Gesellschaftliche Grundlagen und institutionelle Bedingungen der Erziehung und Bildung: Die Krise der Hauptschule vor dem Hintergrund der Risikogesellschaft (Österreich/Deutschland)". Im Sommersemester 1991 und im Wintersemester 1991/92 betrieb die Beschwerdeführerin ein anrechenbares Auslandsstudium an der Universität Tübingen.

Sie bezog ab Beginn ihres Doktoratsstudiums Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 22. Oktober 1992 wurde ihr die neuerliche Studienbeihilfe gewährt und gleichzeitig festgestellt, daß der Anspruch auf Studienbeihilfe mit dem Ende des Wintersemesters 1992/93 erlösche, sofern nicht ein wichtiger Grund, der eine Studienverzögerung rechtfertige, nachgewiesen werde.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung eines Psychotherapeuten vom 9. Februar 1993 (eingelangt bei der Studienbeihilfenbehörde am 16. Februar) vor, wonach sie derzeit unter massiven Konzentrationsstörungen leide, die sich deutlich hemmend auf ihre momentane Leistungsfähigkeit auswirkten. Laut einem handschriftlichen Vermerk auf dem Bescheid vom 22. Oktober 1992 wurde "das Erlöschen mit WS 92/93 am 22.2.93 wegen Vorlage wichtiger Gründe gem. § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG aufgehoben" und ihr unbestritten auch im Sommersemester 1993 Studienbeihilfe gewährt.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 1993 wies die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, den neuerlichen Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. September 1993 auf Gewährung von Studienbeihilfe wegen Überschreitung der Anspruchsdauer ab.

In ihrer Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie befinde sich auf Grund eines traumatisierenden Ereignisses seit Juli 1992 in psychotherapeutischer Behandlung, was sich auf ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit massiv auswirke. Außerdem habe sich ihr Betreuer im Sommersemester 1993 wegen einer Gastprofessur im Ausland befunden, wodurch sich eine weitere Verzögerung im Fortgang ihrer Dissertation ergeben habe. Dem war eine Bestätigung des behandelnden Psychotherapeuten angeschlossen. In der Folge legte die Beschwerdeführerin auch die "Fachärztliche Äußerung" eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vor.

Mit Bescheid vom 24. Februar 1994 gab der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende der Universität Wien der Vorstellung keine Folge. Er begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, der Auslandsaufenthalt des Dissertationsbetreuers falle in jenes auf Grund der Krankheit der Beschwerdeführerin zusätzlich bewilligte Semester, sodaß die ursprüngliche Studienverzögerung durch dieses Ereignis nicht verursacht worden sein könne. Auf Grund des vorgelegten ärztlichen Gutachtens erscheine ein Abschluß des Studiums der Beschwerdeführerin in absehbarer Zeit unwahrscheinlich. Die (weitere) Verlängerung der Anspruchsdauer erscheine jedoch nur dann sinnvoll, wenn es der Beschwerdeführerin möglich sei, Studienleistungen zu erbringen.

In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, aus dem von ihr vorgelegten fachärztlichen Gutachten könne nicht entnommen werden, daß sie ihr Doktoratsstudium nicht beenden werde können. Die Tendenz der Besserung bzw. Heilung ihrer Erkrankung (reaktive Depression nach Todesfall) sei deutlich merkbar. In der Zwischenheit habe sie einen beträchtlichen Teil ihrer Dissertation verfassen können; es sei - wie bereits ihr Betreuer im Oktober 1993 bestätigt habe - mit der Beendigung der Dissertation bis Juli 1994 zu rechnen. Nach dem beigelegten Gutachten eines Psychotherapeuten vom 21. März 1994 seien die Symptome der Erkrankung der Beschwerdeführerin (Konzentrationsstörungen; Antriebsschwäche) derart abgeklungen, daß die Behandlung Ende des Monates beendet werden könne. Die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei im vollen Maße wieder hergestellt. In einem weiteren Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie wurde gleichfalls bestätigt, daß sich derzeit aus psychiatrischer Sicht keine Einschränkung der Arbeits- bzw. Studierfähigkeit ergebe.

Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin in der Folge zur Mitteilung über die durch ihre Erkrankung eingetretene Behinderung im Sommersemester 1993 auf, insbesondere, ob bzw. in welchem Zeitraum sie während dieses Semesters am Studium überwiegend behindert gewesen sei.

Mit Schreiben vom 29. April 1994 teilte die Beschwerdeführerin mit, der Vorfall, der ihre reaktive Depression im Sommer 1991 ausgelöst habe, sei der tödliche Unfall ihres Lebenspartners gewesen. Der Versuch nach einer ersten sehr intensiven und schmerzvollen Reaktion das Ereignis zu verdrängen, habe darin geendet, daß oft scheinbar banale Ereignisse genügt hätten, um einen Rückfall in grenzenlose Traurigkeit auszulösen. Im Juli 1992 habe nach der Diagnose "reaktive Depression" ihre psychotherapeutische Behandlung begonnen. Im Frühjahr (Februar 1993) habe so etwas wie der Versuch einer Aufarbeitung eingesetzt. Dies sei der Zeitpunkt gewesen, zu dem es ihr unmöglich gewesen sei, infolge Unkonzentriertheit und Antriebslosigkeit wissenschaftlich zu arbeiten. Das gesamte Semester sei von dieser Beeinträchtigung bestimmt gewesen. Im August 1993 sei es zu minimalen Momenten der Erleichterung gekommen. Erst im Frühjahr (deutlich Ende Februar) 1994 habe sich ihr Zustand so weit stabilisiert, daß es ihr möglich gewesen sei, die psychotherapeutische Krankenbehandlung zu beenden und wieder zu arbeiten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Mai 1994 sprach die belangte Behörde folgendes aus:

  1. "1. Ihr Anspruch auf Studienbeihilfe während des Sommersemesters 1994 (richtig: 1993) ruhte gemäß § 49 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 29/1994. Die während der Monate März bis Juli 1993 bezogene Studienbeihilfe in der Höhe von S 30.300,-- ist gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG zurückzuzahlen.

  1. 2. Ihrer Berufung vom 20. April 1994 gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Wien, vom 24. Februar 1994, wird gemäß § 19 Abs. 1 und 2 Z 1 StudFG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben. Es steht Ihnen für das Wintersemester 1993/94 eine Studienbeihilfe von S 30.300,-- zu. Dieser Anspruch wird gegen die Rückforderung aufgerechnet."

Sie begründete ihre Entscheidung damit, nach den eigenen Angaben sei die Beschwerdeführerin während des Sommersemesters 1993 während der gesamten Monate des Bezuges der Studienbeihilfe am Studium überwiegend behindert gewesen. Dies führe gemäß § 49 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) zu einem Ruhen des Anspruches auf Studienbeihilfe und in der weiteren Folge zur Verpflichtung der Rückzahlung nach § 51 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. Gleichzeitig habe jedoch das Ermittlungsverfahren ausreichend Anlaß gegeben, die Anspruchsdauer auf das Wintersemester 1993/94 zu verlängern. Die der Beschwerdeführerin für dieses Semester zustehende Studienbeihilfe sei gegen die gleich hohe Rückzahlungsverpflichtung aufgerechnet worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Gleichheit), der deren Behandlung mit Beschluß vom 26. September 1994, B 1414/94, ablehnte, sie jedoch dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über Aufforderung ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde, in der sie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 619/1994, anzuwenden. Paragraphenzitate ohne Angabe der Rechtsquelle beziehen sich auf dieses Gesetz in dieser Fassung.

Gemäß § 49 Abs. 1 ruht der Anspruch auf Studienbeihilfe während der Semester, in denen Studierende beurlaubt sind, und während der vollen Monate, in denen sie am Studium überwiegend behindert oder den Präsenz- oder Zivildienst leisten.

Weitere im Beschwerdefall nicht in Betracht kommende Ruhenstatbestände enthalten die Abs. 3 und 4 dieser Bestimmung.

Gemäß § 51 Abs. 1 Z. 3 haben Studierende Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist im Falle eines neuen Studienbeihilfenanspruches die Rückzahlungsforderung gegen diesen aufzurechnen. Ist eine Aufrechnung nicht möglich, so kann die Schuld bis zu zwei Jahren gestundet und auch die Rückzahlung in Teilbeträgen gestattet werden.

Abs. 3 dieser Bestimmung sieht für einen besonderen Tatbestand unter bestimmten Voraussetzungen eine Verringerung der Rückzahlungspflicht vor.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten die Begünstigungen der Abs. 2 und 3 nicht für den Fall der Erschleichung. In diesem Fall sind die empfangenen Beträge ab deren Erhalt mit 4 % zu verzinsen und zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zur Rückzahlung fällig.

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung verjähren Rückzahlungsansprüche in drei Jahren, wenn nicht vor Ablauf dieser Frist ein Rückzahlungsbescheid ergeht (Satz 1).

Im Abs. 6 dieser Bestimmung werden besondere Anordnungen betreffend die Vollstreckbarkeit von Rückzahlungsbescheiden getroffen.

§ 35, der die Zuständigkeit der Studienbeihilfenbehörde regelt, lautet:

"(1) Die Studienbeihilfenbehörde ist in erster Instanz zuständig für die Erledigung von Anträgen auf

  1. 1. Studienbeihilfe,
  2. 2. Studienzuschuß,
  3. 3. Beihilfe für Auslandsstudien.

(2) Die Studienbehilfenbehörde ist zuständig für die Gewährung der Fahrtkostenbeihilfe sowie für die Ausstellung von Bestätigungen im Verfahren zur Vergabe von Leistungsstipendien und Förderungsstipendien.

(3) Die Studienbeihilfenbehörde ist weiters zur Beratung und Information der Studierenden in Fragen der Studienfinanzierung zuständig."

Gemäß § 48 Abs. 2 haben Bezieher von Studienbeihilfe der Studienbehilfenbehörde binnen zwei Wochen nach Kenntnisnahme jeden Sachverhalt zu melden, der ein Ruhen, eine Verminderung oder ein Erlöschen ihres Anspruches auf Studienbeihilfe oder eine Rückzahlungsverpflichtung zur Folge haben.

Die Beschwerdeführerin bekämpft ausschließlich Punkt 1. und den letzten Satz des Punktes 2. des angefochtenen Bescheides. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit macht sie geltend, sie sei in dem durch § 66 AVG in Verbindung mit § 35 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und § 46 Z. 1 gewährleisteten Recht auf Entscheidung der Berufungsbehörde nur in der Sache, die auch Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens gewesen sei, verletzt. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens vor der Behörde erster und zweiter Instanz sei lediglich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Studienbeihilfe durch Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen gemäß § 19 gewesen. In keinem dieser Verfahren sei die Rückzahlung der für das Sommersemester 1993 gewährten Studienbeihilfe behandelt worden. Aus § 51 Abs. 2 könne im Beschwerdefall keine Zuständigkeit der belangten Behörde abgeleitet werden, über das Ruhen des Anspruches zu entscheiden: Das Bestehen eines Studienbeihilfenanspruches und der Bestand einer Rückforderung seien zwei verschiedene Verfahrensgegenstände. Ein Abspruch darüber durch eine Behörde sei nur zulässig, wenn die entscheidende Instanz gleichzeitig in erster Instanz für beide Angelegenheiten zuständig sei oder diese Fragen im Berufungswege zur selben Zeit bei einer höheren Instanz anhängig gemacht worden seien.

Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, das Ruhen eines Anspruches trete - unabhängig von der Erlassung eines Bescheides, der dies feststelle - bei Eintritt des Ereignisses ein, das einem im § 49 Abs. 1 angeführten Tatbestand entspreche. Im Studienförderungsgesetz gebe es keine Regelung, wer zur Feststellung des Ruhens des Anspruches zuständig sei. Nach ihrer Auffassung könne grundsätzlich jede Behörde, die über einen Studienbeihilfenanspruch zu entscheiden habe, die Kompetenz zur Feststellung eines allfälligen Ruhens in Anspruch nehmen. Es handle sich dabei um eine amtswegige Entscheidung, weshalb keine Abhängigkeit von einem eventuellen Antrag einer Partei bestehe. Die belangte Behörde habe daher den Verfahrensgegenstand nicht überschritten; eine Verknüpfung mit dem Berufungsbegehren bestehe nur insoweit, als bei der stattgebenden Entscheidung gleichzeitig eine Aufrechnung der durch das Ruhen entstandenen Rückforderungen getroffen werden konnte.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Der angefochtene Bescheid enthält im Spruchabschnitt 1 zwei normative Absprüche, nämlich die Feststellung des Ruhens des Anspruches der Beschwerdeführerin auf Studienbeihilfe während des Sommersemesters 1993 (die Anführung des Jahres 1994 ist ein offenkundiges Fehlzitat) und ihre Verpflichtung, die während dieser Zeit bezogene Studienbeihilfe zurückzuzahlen. Spruchabschnitt 2 enthält in seinem letzten Satz (nur dieser ist angefochten) den Ausspruch, daß der (in den beiden ersten nicht angefochtenen Sätzen dieses Abschnittes zuerkannte) Anspruch auf Studienbeihilfe (für das Wintersemester 1993/94) gegen die (im Spruchabschnitt 1 verfügte) Rückforderung (aus dem Sommersemester 1993) aufgerechnet wird.

Was den SPRUCHABSCHNITT 1 betrifft ist der belangten Behörde einzuräumen, daß das Ruhen des Anspruches bei Verwirklichung eines der im § 49 Abs. 1 geregelten Tatbestände (Beurlaubung, überwiegende Behinderung, Präsenz-, Zivildienst) und in den Fällen des Abs. 3 und 4 kraft Gesetzes eintritt und nach § 51 Abs. 1 Z. 3 einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich jener Studienbeihilfe auslöst, die trotz Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurde. Die Erlassung eines (Feststellungs)Bescheides über den Eintritt des Ruhens ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides, der NUR den Eintritt des Ruhens feststellt, dann zulässig ist, wenn ausschließlich die Rechtsfolge nach § 51 Abs. 1 Z. 3 in Betracht kommt, zumal das Gesetz zumindest die Möglichkeit der Erlassung eines Rückzahlungsbescheides für diesen Fall vorsieht (siehe § 51 Abs. 4 bis 6); denn im Beschwerdefall wurde im Spruchabschnitt 1 des angefochtenen Bescheides gleichzeitig über Ruhen und Rückforderung abgesprochen, wodurch jedenfalls eine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin (unter dem hier behandelten Gesichtspunkt der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides über das Ruhen allein) nicht gegeben ist.

Es ist der belangten Behörde auch einzuräumen, daß eine ausdrückliche Regelung, wer zur Erlassung eines (allenfalls zulässigen) Feststellungsbescheides über das Ruhen (z.B. für den Fall, daß einem Studierenden die Beihilfe nicht mehr ausbezahlt wird, weil die Behörde vom Vorliegen eines Ruhenstatbestandes ausgeht und dies vom Beihilfenbezieher bestritten wird) und des Rückzahlungsbescheides nach § 51 zuständig ist, im StudFG nicht getroffen wurde. Da jedoch das Ruhen und der daraus folgende Rückforderungsanspruch (hier: einer Studienbeihilfe) im Ergebnis eine Rückabwicklung der Zuerkennung von hoheitlich gewährten Leistungen nach dem StudFG, für deren Gewährung die Studienbeihilfenbehörde erster Instanz zuständig ist (vgl. § 35) darstellt und § 48 Abs. 2 auch die Studienbeihilfenbehörde als jene Stelle bezeichnet, der gegenüber der Bezieher von Studienbeihilfe seine Meldepflicht betreffend Sachverhalte, die ein Ruhen, eine Verminderung oder ein Erlöschen seines Anspruches auf Studienbehilfe oder eine Rückzahlungsverpflichtung zur Folge haben, zu erfüllen hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß für die Erlassung von (allenfalls zulässigen) Feststellungsbescheiden über das Ruhen und Rückzahlungsbescheiden nach dem Studienförderungsgesetz in jedem Fall die Studienbeihilfenbehörde in erster Instanz zuständig ist. Die Erlassung solcher Bescheide ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - nicht von einem Antrag des Betroffenen abhängig. Für die von der belangten Behörde angenommene "Annex-Zuständigkeit" der jeweils über einen konkreten Studienanspruch entscheidenden Behörde (noch dazu dann, wenn - wie im Beschwerdefall - das Ruhen und die Rückzahlung einen anderen Zeitraum als die zuerkannte Studienbeihilfe betreffen) fehlt eine hinreichende gesetzliche Regelung. Eine solche kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht in § 51 Abs. 2 erster Satz erblickt werden (siehe dazu unten).

Da die belangte Behörde den Spruchabschnitt 1 des angefochtenen Bescheides von Amts wegen und außerhalb ihrer Funktion als Berufungsbehörde erlassen hat, dabei jedoch eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nach dem Gesetz nicht zukommt, war der Spruchabschnitt 1 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufzuheben.

Was den SPRUCHABSCHNITT 2 letzter Satz betrifft, so geht der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, daß für die Rückforderungsansprüche ausdrücklich im StudFG die Möglichkeit der Bescheiderlassung vorgesehen ist, davon aus, daß auch die Aufrechnung im § 51 Abs. 2 Satz 1 dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist und damit die gesamte Rückabwicklung (in allen ihren Erscheinungsformen) der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde überantwortet ist und damit kein in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallendes Sonderprivatrecht in dieser Bestimmung getroffen wurde. Zwar verpflichtet das Gesetz die Behörde nicht, die Aufrechnung in Form eines Bescheides geltend zu machen (dadurch, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall diese Form gewählt hat, wird die Beschwerdeführerin freilich nicht in ihren Rechten verletzt). Es überläßt ihr vielmehr, in welcher Form sie die Aufrechnung geltend macht. Dies schließt es freilich nicht aus, daß von Amts wegen, aber auch im Streitfall über Antrag bescheidförmig darüber abzusprechen ist, ob die Voraussetzungen für die Aufrechnung gegeben sind. Auf diese Weise wird die Voraussetzung für den Rechtsschutz, insbesondere in Form der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sichergestellt.

Auch für die Erlassung von Bescheiden betreffend die Zulässigkeit der Aufrechnung gilt das oben für die Zuständigkeit zur Erlassung von Bescheiden betreffend das Ruhen und die Rückzahlung ausgeführte sinngemäß, sodaß auch hiefür in jedem Fall die Zuständigkeit der Studienbeihilfenbehörde erster Instanz gegeben ist. Für eine "Annex-Zuständigkeit" zwischen Aufrechnung und Zuerkennung der Studienbeihilfe, wie sie der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift offenbar vorschwebt, findet sich im § 51 Abs. 2 Satz 1 kein Anhaltspunkt.

Da jedoch die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur Verfügung der im letzten Satz dieses Spruchabschnittes 2 angeführten Aufrechnung mangels einer erkennbaren Differenzierung (anders als im Spruchabschnitt 1) im Rahmen ihrer Berufungszuständigkeit nach § 66 Abs. 4 AVG in Anspruch genommen hat, dies aber nach dem oben Gesagten nicht zutrifft, belastete sie den angefochtenen Teil des Spruchabschnittes 2 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Aus diesen Gründen war daher Spruchabschnitt 1 des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde nach § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG sowie der letzte Satz des Spruchabschnittes 2 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das sonstige Beschwerdevorbringen näher einzugehen war. In einem allenfalls fortgesetzten Verfahren hätte die zuständige Studienbeihilfenbehörde eine Klärung der widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer Studierfähigkeit im Sommersemester 1993 herbeizuführen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 2 und 6 VwGG abgesehen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die von der Beschwerdeführerin verzeichneten Stempelgebühren, die im Hinblick auf den Befreiungstatbestand nach § 72 Studienförderungsgesetz 1992 nicht zu entrichten waren.

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