VwGH 94/05/0072

VwGH94/05/007229.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Februar 1994, Zl. BauR-011123/4-1993 Pe/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. U in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in B, 2. Martkgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Erstmitbeteiligten in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 9. Juni 1992 suchte die Erstmitbeteiligte um die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garage und Senkgrube auf dem Grundstück Nr. 115/5, EZ 35, KG O an. Dieses Grundstück befindet sich in Hanglage und liegt nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Zweitmitbeteiligten im Wohngebiet. Mit dem Bauansuchen wurden die Pläne vom 1. Juni 1992 und die Baubeschreibung vorgelegt; als Art der Heizung wird in der Baubeschreibung "elektrisch, Holz" angegeben.

Nordwestseitig dem Bauplatz benachbart ist das höher gelegene Grundstück Nr. 115/4 der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin erhob mit Schreiben vom 24. August 1992 Einwendungen. Aufgrund der Lage und der minimalen Höhe der Rauchfänge sowie deren geringen Entfernung zu den Aufenthaltsräumen ihres Wohnhauses sei ein ungestörter Abtransport der Emissionen nicht gewährleistet. Es müsse mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Umfeldes durch die Abgasbelastung gerechnet werden; dies stelle eine massive Gesundheitsstörung dar.

In der Bauverhandlung vom 27. August 1992 verwies der Bausachverständige darauf, daß der Neubau in einem Abstand von 3,0 m zur nord-westlichen und nord-östlichen Grundgrenze situiert werden soll. Der Bezirksrauchfangkehrermeister erklärte in dieser Bauverhandlung, daß die Wärmeversorgung des Wohnhauses mit einer Elektroheizung und einem Kachelofen erfolgen soll. Zwei Formsteinrauchfänge (Schiedelfänge) würden errichtet werden. Vor Inbetriebnahme der Rauchfänge werde eine Überprüfung erfolgen. Bei Einhaltung gewisser Auflagen bestehe kein Einwand gegen das Vorhaben.

Eine Einigung zwischen der Bauwerberin und der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Rauchfänge kam in der Verhandlung nicht zustande; es wurde die Einholung eines Fachgutachtens vereinbart.

In seinem Schreiben vom 4. September 1992 erklärte der Rauchfangkehrermeister A. H., die Rauchfänge bzw. Abgasfänge entsprächen zur Gänze der Oö. BauO., der Oö. Kehrtürchenverordnung und dem Oö. Luftreinhaltegesetz. Der nordseitige Rauchfang weise die gesetzliche Mindesthöhe von 4 m auf. Es bestünden aus seiner Sicht keine Bedenken aufgrund des Abstandes zum Grundstück der Beschwerdeführerin. Der nordseitige Rauchfang sei als sogenannter Notrauchfang eingeplant. Bei Anschluß einer Feuerstätte müsse (dafür) ein gesonderter Abnahmebefund ausgestellt werden.

Im weiteren Schreiben des Rauchfangkehrermeisters A. H. an die Baubehörde vom 15. Jänner 1993 wurde darauf hingewiesen, daß an einen der beiden Formsteinrauchfänge ein Kachelofen im Wohnzimmer im Erdgeschoß angeschlossen werde. Da der Kachelofen von einer fachkundigen Firma errichtet werde, seien keine Undichtheiten zu befürchten. Ein Kachelofen weise mehrere Rund- und Wendezüge bzw. Sturzzüge auf, weshalb die im Rauchgas enthaltenen Ruß- und Schmutzteilchen schon im Kachelofen abgelagert werden und keineswegs die Umwelt belasten. Der Rauchfang für den Kachelofen weise auch den dafür geeigneten Querschnitt auf, sodaß jegliche Bedenken von Schadstoffbelastungen ausgeschlossen seien. Es bestünden keine Bedenken, daß die höchstzulässigen Abgasgrenzwerte laut Oö. Bauverordnung und laut Oö. Luftreinhaltegesetz überschritten würden.

Im Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 15. Februar 1993 wurde als Beurteilungsgrundlage die Verhandlungsschrift, der Lageplan und das emissionstechnische Gutachten des Rauchfangkehrermeisters vom 15. Jänner 1993 herangezogen. Bei projektgemäßer Errichtung und einwandfreiem Betrieb der Heizanlage seien gesundheitsschädliche Immissionen bei den betroffenen Nachbarn nicht zu erwarten, umso weniger, als das geplante Objekt östlich des Grundstückes der Beschwerdeführerin und somit in Hauptwindrichtung errichtet werden solle. Lediglich bei ausgeprägter Inversionswetterlage könne es bei Anheizphasen zu kurzzeitiger Geruchswahrnehmung kommen.

In ihrer Stellungnahme zu diesen Gutachten verwies die Beschwerdeführerin insbesondere auf die Windverhältnisse bei der gegebenen Hanglage.

Mit Bescheid vom 6. April 1993 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die beantragte Bauführung "entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan der Firma Dipl.-Ing. S. vom 1. Juni 1992" unter "Bedingungen und Auflagen"; insbesondere wurde im Spruch auch darauf hingewiesen, daß die allgemeinen Bewilligungsbedingungen des Formblattes H3/72 (allgemeine Bewilligungsbedingungen für Wohn- und ähnliche Bauwerke) und G2/73 (allgemeine Bewilligungen für Garagen) genau einzuhalten seien. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden unter Hinweis auf die Sachverständigengutachten "zurückgewiesen".

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Gerügt wurde insbesondere die Nichteinhaltung der Bestimmungen der §§ 23 Abs. 2 Oö. BauO., 29 Oö. Bauverordnung sowie 2a und 4 der Oö. Luftreinhalteverordnung.

Die Berufungsbehörde holte ein Gutachten der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung ein. Das Gutachten vom 21. Juli 1993, welchem ein eingehender Ortsaugenschein mit Begehung sowohl der Bauparzelle als auch des umliegenden Geländes vorausging, lautet auszugsweise wie folgt:

"Zur Art der entstehenden Luftschadstoffe ist festzuhalten, daß die von den Nachbarn W befürchtete Schadstoffkomponente SO2 bei der Holzverbrennung (Kohle wird nicht verfeuert) nicht von Relevanz ist, sondern ist die dominante Komponente das Kohlenstoffmonoxid (CO) welches als Leitsubstanz für die Qualität der Verbrennung herangezogen werden kann.

Erfahrungsgemäß ist bei derartigen Feuerungen mit Emissionskonzentrationen an CO in einer Größenordnung von 10.000 mg/m3 zu rechnen. (Dieser Wert stützt sich auf eine Heizanlagenerhebung des Amtes der Oö. Landesregierung aus der Heizperiode 1988/89 bei welcher zirka

2000 Festbrennstoffeuerungen im Oö. Hausbrand untersucht wurden und ist als Mittelwert anzusehen.)

Dem ist aber mit aller Deutlichkeit hinzuzufügen, daß das Emissionsverhalten eines Kachelofens dadurch zu charakterisieren ist, daß nennenswerte Emissionen immer nur kurzzeitig während der Anheizphase entstehen und danach deutlich absinken.

Aufgrund dieses Nichtvorhandenseins kontinuierlicher Emissionen ist eine immissionstechnische Beurteilung für derartige Kleinfeuerungen sehr schwierig, da Immissionsgrenzwerte immer Mittelwerte über einen bestimmten Zeitraum - zumindest eine halbe Stunde - darstellen.

Legt man dennoch eine fiktiv konstante Emissionskonzentration von 10.000 mg/m3 und eine Vedünnungsrate von 1 : 1000 während der Transmission - diese ist bei der gegebenen Entfernung bei üblichen Ausbreitungsbedingungen jedenfalls zu erwarten - zugrunde, so errechnet sich eine Kohlenmonoxid-Immissionskonzentration von 10 mg/m3. Demgegenüber beträgt der CO-Halbstundenimmissionsgrenzwert gemäß Anlage 1 zu § 3 der Oö. Luftreinhalteverordnung 20 mg/m3.

Nicht zu bestreiten ist selbstverständlich, daß bei besonderen Inversionswetterlagen und ungünstigsten Ausbreitungsbedingungen kurzzeitig auch höhere Imissionskonzentrationen auftreten können, solche Umstände sind aber unabhängig von der speziellen topographischen Situation in keinem Standort auszuschließen. Derartige Einzelereignisse bedingen aber - ohne einer rechtlichen Beurteilung vorgreifen zu wollen - noch keine Umzumutbarkeit; anderenfalls Hausheizungen im verbauten Gebiet ja generell verboten werden müßten.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der geplante Wohnhausneubau - was die Höhe und Situierung der Rauchfänge betrifft - den relevanten, o.z. gesetzlichen Bestimmungen entspricht, weshalb dem gegenständlichen Bauvorhaben aus der Sicht der Lufteinhaltung zugestimmt wird."

In ihrer Stellungnahme vom 14. September 1993 beanstandete die Beschwerdeführerin, es sei nicht darauf eingegangen worden, daß die Mündungen der Rauchfänge bereits im Erdgeschoß in gleicher Höhe des Fensters des Wohnbereiches des Wohnhauses der Beschwerdeführerin vorgesehen seien. Auch bei einer tatsächlichen Entfernung von 25 m würden die durch die Heizanlage entstehenden Emissionen für die Beschwerdeführerin gesundheitliche Auswirkungen haben. Auf Schadstoffe außer SO2 und CO werde im vorliegenden Gutachten überhaupt nicht eingegangen, wobei nicht dargelegt werde, in welchem Umfang Emissionen bei der Anheizphase entstünden und danach absinken. Nicht berücksichtigt seien die Verhältnisse bei Inversionswetterlagen; es lägen im gegenständlichen Fall äußerst ungünstige Ausbreitungsbedingungen vor, und im Raum A gäbe es häufig Inversionswetterlagen.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Im Kopf dieses Bescheides heißt es, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der Zweitmitbeteiligten vom 6. April 1993 der Erstmitbeteiligten die Baubewilligung "entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan ... vom 01.07.1993" erteilt worden sei. Nach Wiedergabe des Gutachtens vom 21. Juni 1993 wurde ausgeführt, daß den gesetzlichen Voraussetzungen Rechnung getragen werde. Im Wohngebiet der Gemeinde A handle es sich überwiegend um Hanglagen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Sie rügte zunächst, daß im Berufungsbescheid auf einen Bauplan vom 1. Juli 1993 Bezug genommen werde, über den aber nie abgesprochen habe werden können, da der erstinstanzliche Bescheid bereits am 6. April 1993 ergangen sei. Dieser (als Variante tatsächlich im Akt enthaltene) Bauplan sei der Beschwerdeführerin nie zugegangen. Daß § 4 Abs. 1 der Oö. Luftreinhalteverordnung nicht eingehalten werde, ergebe sich auch daraus, daß die typischen Grenzschichtvorgänge mit Verdrängungszonen im Gutachten der Amtssachverständigen für Luftreinhaltung vom 21. Juli 1993 nicht berücksichtigt worden seien. Die Zweitmitbeteiligte gehe von der Beheizung des geplanten Hauses ausschließlich durch elektrische Energie und einen nur mit Holz zu beheizenden Kachelofen als Zusatzheizung aus. Im Bauplan seien aber zwei Rauchfänge ersichtlich, die jede Möglichkeit des Anschlusses von Feuerstellen offen ließen.

Mit der Vorstellung legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der "c - staatlich autorisierte Prüfanstalt für Luftreinhaltung-Umwelttechnik-Lärmschutz" vom 9. November 1993 vor, welches sich mit dem Gutachten vom 21. Juni 1993 auseinandersetzt. Danach könne jeder Klimatologe bestätigen, daß Emissionen durch Berg- und Talwinde aus einem im mittleren Dachbereich angeordneten Rauchfang zwangsläufig in den Aufenthaltsraum des nahe gelegenen Wohngebäudes vertragen werden könnten. Ein Abstand von 25 m ändere daran nichts. Meßtechnisch habe nachweislich bei Betrieb eines optimal beheizten Kachelofens festgestellt werden können, daß vor allem CO - und HC - Emissionen auftreten und zu berücksichtigen seien. Wenn diese Schadstoffe auch nur kurzzeitig in dem Aufenthaltsbereich des hangseits bestehenden Wohnhauses der Beschwerdeführerin gelangten, müsse in jedem Fall für die dort wohnenden Menschen mit einer gesundheitsbeeinträchtigenden Beeinflussung gerechnet werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Aus dem Bauplan vom 1. Juni 1992 und der Baubeschreibung vom 9. Juni 1992 ergebe sich, daß das gegenständliche Wohnhaus primär mit einer Elektroheizung und zusätzlich mit einem Kachelofen beheizt werden solle. Die Beschwerdeführerin habe keine Gründe aufgezeigt, die die Annahme rechtfertigen würden, daß von dem zu errichtenden Wohnhaus schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen würden, die im Sinne des § 23 Abs. 2 der Oö. BauO. 1976 geeignet seien, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen. Die Verwendung eines Kachelofens (neben einer Elektroheizung) zur Beheizung eines Wohngebäudes bewege sich im Rahmen der in einem Wohngebiet üblichen und zulässigen Nutzung.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - wie die Erstmitbeteiligte - eine Gegenschrift. Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde zu verweisen, wonach die Baubewilligung vom 6. April 1993 auf den "bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan der Firma Dipl.-Ing. S vom 01.06.1992" abstellt, welcher auch dem Bauakt der Zweitmitbeteiligten - versehen mit einem diesbezüglichen Vidierungsvermerk - angeschlossen ist. Wenn nun in der Präambel des Berufungsbescheides vom 1. Oktober 1993 auf den "genannten erstinstanzlichen Bescheid sowie einen damit genehmigten Bauplan des Dipl. Ing. St, G, vom 01.07.1993" verwiesen wird, so kann es sich diesbezüglich nur um einen Schreibfehler der Berufungsbehörde handeln, da die Bewilligung eines am 1. Juli 1993 erstellten Planes durch einen mit 6. April 1993 datierten und auch einige Tage später erlassenen Bescheid undenkbar ist. Vielmehr kann sich der Berufungsbescheid nach der Aktenlage nur auf den mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Bauplan vom 1. Juni 1992 bezogen haben.

Beim Baubewilligungsverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, in welchem anhand der Pläne, der Baubeschreibung, allfälliger Modifizierungen in der Bauverhandlung die Übereinstimmung des Vorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch hinsichtlich des Verwendungszweckes und damit der Flächenwidmung festzustellen ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1986, Zl. 84/06/0140, BauSlg. Nr. 623, mwN). In der Bauverhandlung wurde entsprechend § 44 Abs. 1 lit. c iVm § 49 Abs. 6 der hier noch anwendbaren Oö. BauO. 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO) auf die Baubeschreibung bezug genommen und vom Rauchfangkehrer der Befund erhoben, daß die Beheizung mittels elektrischen Stromes und eines Kachelofens erfolgen werde. Die Verhandlungsschrift vom 27. August 1992 wurde zum wesentlichen Bestandteil des Baubewilligungsbescheides vom 6. April 1993 erklärt. An der dem Projekt zugrundeliegenden Art der Heizung besteht daher kein Zweifel. Insbesondere ist die von der Beschwerdeführerin befürchtete Gasanlage nicht Gegenstand des Projektes.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters, daß die im Spruch des Bewilligungsbescheides angeführten Formblätter H3/72 und G2/72 dem ihr zugestellten Bewilligungsbescheid nicht angeschlossen waren. Sie macht aber nicht geltend, daß durch irgendwelche Passagen dieser - ausschließlich den Bauwerber belastenden - Bedingungen in ihre Rechte eingegriffen worden wäre. Die unvollständige Bescheidzustellung bewirkte nicht die Unzulässigkeit der Berufung der Beschwerdeführerin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 83/05/0052).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß Nachbarn aus den konkreten Anordnungen des § 23 Abs. 2 BO ein subjektiv öffentliches Recht im Sinne des § 46 Abs. 3 BO ableiten können. Nachbarn haben somit ein Recht darauf, daß schädliche Umwelteinwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen, möglichst vermieden werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1993, Zl. 91/05/0186, mwN).

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz der Oö. Bauverordnung 1985 LGBl. Nr. 5, die mit dem LGBl. Nr. 37/1989 als Landesgesetz in Kraft gesetzt worden ist (im folgenden: BauV), sind Höhe und Querschnitt der Rauchfänge so zu wählen, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Nach § 29 Abs. 2 vierter und fünfter Satz BauV müssen die Rauchfänge bei Ausmündung am Dachfirst mindestens 50 cm, in allen anderen Fällen mindestens 1 m, senkrecht zur Dachfläche gemessen, über Dach hoch sein. Die Baubehörde hat eine größere Höhe vorzuschreiben, wenn sich das Erfordernis hiefür aus der jeweiligen Verwendung, der Größe, der Lage, der Art und der Umgebung der baulichen Anlage bzw. der Heizungsanlage im Interesse des Brandschutzes, des Umweltschutzes oder der Sicherheit ergibt. Gemäß § 30 Abs. 1 BauV gelten die Bestimmungen des § 29 BauV - von Ausnahmen abgesehen - auch für Notrauchfänge.

Die gegenständlichen Rauchfänge entsprechen der Anordnung des § 29 Abs. 2 vierter Satz BauV. Zur Prüfung der Frage, ob im Sinne des § 29 Abs. 1 zweiter Satz bzw. Abs. 2 fünfter Satz eine größere Höhe vorzuschreiben ist, haben die Baubehörden die Gutachten des Rauchfangkehrers und der Abteilung Umweltschutz der belangten Behörde herangezogen. Zur Prüfung der Frage, ob eine Gesundheitsgefährdung zu befürchten ist, wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Die Angaben des Rauchfangkehrers, daß die höchstzulässigen Abgasgrenzwerte nach dem Oö. Luftreinhaltegesetz nicht überschritten würden, wurden im Gutachten vom 21. Juli 1993 bestätigt. Da der medizinische Amtsachverständige sein Gutachten auf die in der Folge überprüften Angaben des Rauchfangkehrers bezogen hat, war die neuerliche Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.

Dem Gutachten vom 21. Juli 1993 ging ein Lokalaugenschein voraus, bei welchem die besondere örtliche Situation berücksichtigt worden ist. Abgesehen davon, daß in Österreich Hanglagen als keineswegs untypisch angesehen werden können und die topographische Situation berücksichtigt worden ist, kann eine nur gelegentlich bei bestimmter Wetterlage eintretende Beeinträchtigung im allgemeinen nicht als "erheblich" im Sinne des § 23 Abs. 2 BO angesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch stets ausgesprochen, daß die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssen (siehe das schon genannte Erkenntnis vom 18. Mai 1993).

Jedenfalls kann der Verwaltungsgerichtshof dadurch, daß die Behörden dem Gutachten vom 21. Juli 1993 gefolgt sind, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung oder eine sonstige Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht erkennen. Darauf aufbauend ist eine ERHEBLICHE Belästigung der Beschwerdeführer (§ 23 Abs. 2 BO) nicht anzunehmen. Mit dem erst mit der Vorstellung vorgelegten Privatgutachten kann eine von der Vorstellungsbehörde wahrzunehmende Mangelhaftigkeit des Beweisverfahrens schon deshalb nicht aufgezeigt werden, weil dort im Gegensatz zum Amtssachverständigengutachten keine konkreten Werte über CO- oder HC-Emissionen angeführt sind.

Da somit durch das bewilligte Projekt subjektiv-öffentliche Nachbarrechte nicht verletzt werden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte