Normen
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §359 Abs4;
GewO 1973 §81;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §359 Abs4;
GewO 1973 §81;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Ansuchen der G-Gesellschaft mbH vom 15. März 1992 um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung ihrer Betriebsanlage in W, L-Gasse 26 durch Errichtung eines Schanigartens beraumte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den n-Bezirk als Gewerbebehörde erster Instanz mit Kundmachung vom 23. März 1992 für den 15. April 1992 eine mündliche Augenscheinsverhandlung an. U.a. wurden die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Hauses W, Y-Gasse 30, unter einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesenen Anschrift und die Bewohner dieses Hauses durch Anschlag von dieser Augenscheinsverhandlung verständigt.
Dr. B teilte mit Schreiben vom 14. April 1992 der Gewerbebehörde erster Instanz folgendes mit:
"...
Bezüglich der Verhandlung am Mittwoch, den 15. April um 08.30 Uhr bevollmächtige ich als Hausverwalter der Liegenschaft Y-Gasse 30 Herrn H als meinen Vertreter".
An der am 15. April 1992 durchgeführten Augenscheinsverhandlung der Gewerbebehörde erster Instanz nahm "Herr H für Rechtsanwalt Dr. B als Hausverwalter von L-Gasse 26" (gemeint offensichtlich Y-Gasse 30) teil und erhob gegen die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage folgende Einwendungen:
"Es wird befürchtet, daß die Lärmbelästigung über das jetzt schon herrschende Maß ansteigt, speziell an Wochenenden ist auch in der "etwas ruhigeren" Zeit von 18.00 bis 22.00 Uhr mit erhöhtem Lärm zu rechnen."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den n-Bezirk vom 3. Juni 1992 wurde die beantragte Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage (Erweiterung der Gastgewerbebetriebsanlage um einen Schanigarten) gemäß § 81 GewO 1973 unter Auflagen genehmigt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin u.a. aus, ihre Parteistellung ergebe sich aus ihrer Nachbareigenschaft und dem Umstand, daß sie durch ihren Vertreter, Herrn H, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen gegen die Änderung der Betriebsanlage erhoben habe. Außerdem gefährde der Betrieb des Schanigartens der Konsenswerberin ihr Eigentum, da ihr Haus, in dem sie Wohnungen vermiete, für Mieter unattraktiver werde. Die Nutzung ihres Eigentums sei dadurch eingeschränkt.
Mit Bescheid vom 7. Jänner 1993 wies der Landeshauptmann von Wien diese Berufung mit der Begründung zurück, die Beschwerdeführerin sei kein "Nachbar" der Betriebsanlage und genieße daher keine Parteistellung im Verfahren nach § 356 Abs. 3 GewO 1973.
In der dagegen erhobenen Berufung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten führte die Beschwerdeführerin aus, sie wohne zwar in Deutschland, reise aber immer wieder nach W, um ihre Angelegenheiten zu regeln und bewohne in dieser Zeit eine in ihrem Haus befindliche Wohnung. Während dieser, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalte sei eine persönliche Gefährdung und Belästigung durch die Lärmeinwirkung aus dem Schanigarten sowie durch die von der Betriebsanlage ausgehenden gesundheitsgefährdenden Emissionen möglich.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Juli 1994 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin "im Grunde des § 356 Abs. 3 GewO 1994 i.V.m. § 10 AVG als unbegründet abgewiesen". In der Begründung führte der Bundesminister hiezu aus, zwar komme auch Personen Nachbarstellung iSd § 75 Abs. 2 GewO 1994 zu, die den Eintritt einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung im Hinblick auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt im Nahebereich der Betriebsanlage überhaupt möglich erscheinen ließen. Der in der mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 15. April 1992 anwesend gewesene H sei jedoch im Namen des Hausverwalters Dr. B und nicht als Vertreter der Beschwerdeführerin aufgetreten und habe daher auch nicht in deren Namen Einwendungen iSd § 356 Abs. 3 GewO 1994 erhoben. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts genüge es nämlich nicht, wenn der Vertreter bloß Vertretungsmacht vom gewollten Vertretenen ableite, vielmehr müsse der Vertreter gegenüber dem Geschäftspartner (hier gegenüber der Behörde) deutlich machen, daß er für den Vertretenen agiere und daher in dessen Namen auftrete. Es seien daher Personen, welche als Hausverwalter oder deren Stellvertreter auftreten, nicht schlechthin als Stellvertreter des Hauseigentümers zu behandeln. Damit habe die Beschwerdeführerin keine tauglichen Einwendungen erhoben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Versagung der Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage", ihrem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge in dem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung im gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde wäre iSd § 10 Abs. 2 AVG verpflichtet gewesen, die einschlägigen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ihrer Entscheidung zugrundezulegen. Rechtsanwalt Dr. B habe sich gegenüber der erstinstanzlichen Behörde eindeutig als Hausverwalter der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zu erkennen gegeben, H sei ausdrücklich in der Verhandlung am 15. April 1992 für Herrn Rechtsanwalt Dr. B in seiner Eigenschaft als Hausverwalter eingeschritten. Umstände, daß der Hausverwalter in dem gegenständlichen Verfahren nicht im Namen und mit Wirkung für die Beschwerdeführerin, sondern für sich selbst aufgetreten wäre, seien nicht hervorgekommen. Vielmehr sei der Hausverwalter ausschließlich auf Grund der Ladung der Gewerbebehörde erster Instanz, welche an die Beschwerdeführerin gerichtet gewesen sei, eingeschritten. Es bestünden daher keinerlei Zweifel darüber, daß der Hausverwalter für die Beschwerdeführerin aufgetreten sei und für diese rechtswirksam Einwendungen erhoben habe.
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu:
Nach § 356 Abs. 3 GewO 1973 - in der im Hinblick auf Abs. 7 der Anlage 2 (Übergangsrecht) zur GewO 1994 anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 1993/29 - sind im Verfahren über ein Ansuchen um Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Gemäß § 359 Abs. 4 leg. cit. steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Diese Rechtslage gilt uneingeschränkt in einem gemäß § 81 leg. cit. durchzuführenden Verfahren über die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage.
Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder "in einer anderen Weise" auftretende Einwirkungen) abgestellt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/04/0100). Die Erlangung einer Parteistellung durch Nachbarn im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 setzt das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus. Ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/04/0153 mit weiteren Nachweisen).
Der Nachbar erlangt nur im Rahmen und im Umfang rechtzeitig erhobener, rechtserheblicher Einwendungen Parteistellung. Nur insoweit bereits qualifizierte, eine Parteistellung begründende Einwendungen vorliegen, können diese durch ein späteres Vorbringen konkretisiert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0059).
Nach § 75 Abs. 2 GewO 1973 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich - vom hier nicht in Betracht kommenden Schlußsatz dieses Absatzes abgesehen - vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.
Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte haben zwar das im § 75 Abs. 2 zweiter Satz, erster Satzteil GewO 1973 aufgestellte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahbereich der Betriebsanlage nicht zu erfüllen. Der Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte kann aber den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der im § 75 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil GewO 1973 enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer - persönlichen - Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden, Aufenthalt möglich erscheinen lassen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 84/04/0059).
Aus den eingangs zitierten, vom Hausverwalter des Hauses Y-Gasse 30 - ohne konkrete Bezugnahme auf die Beschwerdeführerin - erhobenen Einwendungen ist nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, daß hiemit die - nach ihrem eigenen Vorbringen in Deutschland wohnhafte - Beschwerdeführerin etwa eine rechtlich relevante Gefährdung des "Eigentums" ihrer Liegenschaft geltendgemacht bzw. Sachverhaltsumstände vorgebracht hätte, die den Eintritt einer - persönlichen - Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt überhaupt möglich erscheinen lassen (vgl. hiezu inbesondere auch das hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0193).
Dem erstmals in den Berufungen enthaltenen, auf Gefährdung und Belästigung ihrer Person und Gefährdung ihres Eigentums gerichteten Vorbringen der Beschwerdeführerin kommt im gegebenen Zusammenhang schon deshalb keine rechtliche Relevanz zu, da derartige Einwendungen nicht in der hiefür gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 durchgeführten Augenscheinsverhandlung der Behörde erster Instanz erhoben wurden.
Der belangten Behörde kann somit weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung noch auch ein Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie davon ausging, daß die Beschwerdeführerin in dem nunmehr in der Beschwerde geltend gemachten Umfang mangels Erhebung entsprechender Einwendungen keine Parteistellung erlangte.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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