Normen
AnzeigenabgabeG NÖ §2 Abs2;
AnzeigenabgabeG NÖ §2;
AnzeigenabgabeG NÖ §5 Abs4;
AnzeigenabgabeG Wr 1946 §4 Abs2;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs2;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1984/029;
BAO §116 Abs1;
BAO §201;
LAO NÖ 1977 §153 Abs2;
LAO NÖ 1977 §94 Abs1;
VwRallg;
AnzeigenabgabeG NÖ §2 Abs2;
AnzeigenabgabeG NÖ §2;
AnzeigenabgabeG NÖ §5 Abs4;
AnzeigenabgabeG Wr 1946 §4 Abs2;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs2;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1984/029;
BAO §116 Abs1;
BAO §201;
LAO NÖ 1977 §153 Abs2;
LAO NÖ 1977 §94 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Wiener Neustadt hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 11. Dezember 1990 schrieb der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt gemäß §§ 1 und 2 NÖ Anzeigenabgabegesetz, LGBl. 3705-1 (im folgenden: NÖ AnzAbgG), der beschwerdeführenden Partei für die in den Jahren 1982 bis 1989 im Druckwerk "Wiener Neustädter Nachrichten" gegen Entgelt aufgenommenen und mit diesem verbreiteten Anzeigen die zu entrichtende Anzeigenabgabe in Höhe von S 4,766.173,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von 2 % in Höhe von S 95.323,-- vor. Nach der Begründung dieses Bescheides sei im Titel der "Wiener Neustädter Nachrichten" die Gemeinde Wiener Neustadt besonders angeführt. Gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz NÖ AnzAbgG gelte demnach Wiener Neustadt als Erscheinungsort.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung. Nach Geltendmachung des Abgabenanspruches durch den Magistrat der Stadt Wiener Neustadt mit Schreiben vom 3. August 1987 (Mitteilung der Hebeberechtigung und Aufforderung zur Abrechnung der Anzeigenabgabe) habe die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien einen Antrag auf Bruchteilsfestsetzung der bisher zur Gänze in Wien entrichteten Anzeigenabgabe eingebracht, der mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Februar 1988 abgewiesen worden sei. Diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. März 1988 dem Magistrat der Stadt Wiener Neustadt zur Kenntnisnahme übermittelt. Der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Februar 1988 sei sodann in Rechtskraft erwachsen und sei die belangte Behörde ebenfalls daran gebunden. Andernfalls hätte seitens des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt eine Verständigung an die Beschwerdeführerin ergehen müssen, ein Rechtsmittel zu ergreifen, weil nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen die Verpflichtung zur Rechtsbelehrung normiert sei. Nach Übermittlung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Februar 1988 an den Magistrat der Stadt Wiener Neustadt hätte dieser zur Geltendmachung der gegenständlichen Ansprüche in das Verfahren vor dem Magistrat der Stadt Wien als Partei eintreten und Berufung erheben müssen.
1.2. Mit Bescheid vom 27. März 1991 gab der Stadtsenat der Stadt Wiener Neustadt dieser Berufung nicht statt und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei gemäß § 192 WAO zur Einbringung einer Berufung jeder berechtigt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt habe zwar auf Grund der Übermittlung durch die Beschwerdeführerin Kenntnis vom Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Februar 1988 betreffend die Abweisung des Antrages auf Bruchteilsfestsetzung erlangt, ergangen sei der Bescheid allerdings nicht an den Magistrat von Wiener Neustadt. Dem Magistrat der Stadt Wiener Neustadt sei es gemäß § 201 WAO verwehrt, der Berufung beizutreten; dem von der Beschwerdeführerin geforderten Eintritt des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt als Partei stehe § 52 WAO entgegen; der Magistrat sei nicht in das Verfahren einbezogen worden. Gemäß § 91a NÖ AO 1977 seien den Parteien nur auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Ein Verlangen auf Rechtsbelehrung könne in dem Schreiben vom 7. März 1988, mit dem eine Bescheidkopie übermittelt worden sei, nicht erblickt werden.
Die Behörden beider Gebietskörperschaften würden in Vollziehung der von ihnen jeweils anzuwendenden Landesgesetze tätig. Es liege "nicht im Aufgabenbereich der Behörde, Rechtsangelegenheiten für den Rechtsunterworfenen einer Erledigung zuzuführen, sondern liegt es beim Abgabepflichtigen, den Nachweis für eine Bruchteilsfestsetzung innerhalb der Verjährungsfrist zu erbringen" (§ 5 Abs. 5 NÖ AnzAbgG).
Die Anzeigenabgabe sei eine Selbstbemessungsabgabe. Die Bemessungsgrundlagen und die darauf entfallenden Steuerbeträge für die Jahre 1982 bis 1989 stammten aus Abrechnungen, die von der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des Wiener Anzeigenabgabegesetzes dem Magistrat der Stadt Wien übermittelt worden seien. Es habe für den Magistrat der Stadt Wiener Neustadt kein Anlaß bestanden, die Richtigkeit dieser Angaben aus der Selbstbemessung in Zweifel zu ziehen, sodaß die Beträge geeignet gewesen seien, für die Abgabenvorschreibung herangezogen zu werden.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 28. September 1992, B 524/91, die Behandlung dieser Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.4. In der abgetretenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach der Begründung der Beschwerde sei der Berufungsbescheid rechtswidrig bzw. nichtig, weil er nicht gültig zustandegekommen sei. Weiters stütze sich der Bescheid auf die von der Stadt Wiener Neustadt lediglich durch Anschlag an der Gemeindetafel kundgemachte Anzeigenabgabeordnung, die nicht zur Kenntnis der beschwerdeführenden Partei gelangt sei. Die Anzeigenabgabeordnung verweise im übrigen nur auf den Inhalt des damals in Geltung gestandenen Anzeigenabgabegesetzes. Eine derartige Kundmachung bzw. Fassung der Verordnung sei ungültig.
Die Abgabenbehörden von Wiener Neustadt leiteten nach § 2 Abs. 2 letzter Satz NÖ AnzAbgG aus der Fiktion, wonach als Erscheinungsort jene Gemeinde gelte, die im Titel eines Druckwerkes angeführt sei, die Abgabepflicht gegenüber der Stadt Wiener Neustadt ab. Diese Bestimmung führte im Zusammenwirken mit § 4 Abs. 3 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 zu einer sachwidrigen Doppelbesteuerung. § 2 Abs. 2 letzter Satz NÖ AnzAbgG sei verfassungswidrig.
Auch wäre zu prüfen gewesen, welche Anzahl von Inseraten aus welchen Gemeinden stammten und welche Auflageziffer in Wiener Neustadt verbreitet worden sei. Die Behörde hätte amtswegig alle gesetzlichen Voraussetzungen überprüfen müssen, wodurch sie die Unzulässigkeit der Abgabenvorschreibung hätte erkennen können.
Selbst der von der belangten Behörde herangezogene Norminhalt decke die angefochtene Abgabenvorschreibung nicht. Im vorliegenden Fall schienen nämlich im Titel des Druckwerkes "zwei oder mehrere Gemeinden auf, nämlich "Wien" oder "Neustadt", etc." Eine bestimmte Gemeinde wäre etwa im Falle der "Eggenburger Zeitung" bezeichnet, weil es in Österreich nur ein einziges Eggenburg gebe. Allein "Neustadt" finde sich fünfmal im Amtskalender (auch außerhalb Niederösterreichs). § 2 Abs. 2 letzter Satz NÖ AnzAbgG könne daher verfassungskonform nur so verstanden werden, daß diese Bestimmung innerhalb Niederösterreichs als Zuweisungsregel in Subsidiarität zu § 2 Abs. 1 leg. cit. fungiere.
Schließlich hätte die Anzeigenabgabe höchstens mit dem Bruchteil von 50 % und ohne Säumniszuschlag festgesetzt werden dürfen.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zu den von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Zweifeln am gültigen Zustandekommen des Stadtsenatsbeschlusses vom 26. März 1991, der ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Tagesordnung, Einberufung, Beschlußfähigkeit und ordnungsgemäßen Abstimmung wurden von der belangten Behörde entsprechende Kopien aus den Protokollen übermittelt, aus denen sowohl die ordnungsgemäße Einberufung, Beschlußfassung, Tagesordnung als auch Abstimmung hervorgehen.
2.2. Der Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt hat in seiner Sitzung vom 22. Dezember 1953 auf Grund des Niederösterreichischen Anzeigenabgabegesetzes LGBl. Nr. 28/1950 in der Fassung LGBl. Nr. 7/1954 eine Anzeigenabgabeordnung beschlossen, derzufolge im Gebiet der Stadt Wiener Neustadt Anzeigenabgabe eingehoben wird. Hinsichtlich der Entrichtung und der Bemessung der Abgabe sollen nach dieser Anzeigenabgabeordnung die Bestimmungen des zitierten Anzeigenabgabegesetzes Anwendung finden. Die Kundmachung erfolgte durch Anschlag an der Amtstafel. Die zweiwöchige Kundmachungsfrist (18. bis 31. März 1954) wurde eingehalten. Im Hinblick auf diese Kundmachungsform - eine andere war gesetzlich nicht angeordnet (vgl. das Statut für die Stadt Wiener Neustadt LGBl. Nr. 55/1925 in der damals geltenden Fassung) - ist diese Verordnung gültig zustandegekommen. Bemerkt sei, daß auch das derzeit gültige Wiener Neustädter Stadtrecht 1977 im § 34 Abs. 1 die Kundmachung von Verordnungen, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, durch Anschlag an der Amtstafel während der Dauer von zwei Wochen vorsieht. Ein Zurkenntnisbringen derartiger Verordnungen an jeden einzelnen potentiellen Abgabepflichtigen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Hinweis im § 3 der Anzeigenabgabeordnung, daß hinsichtlich der Entrichtung und der Bemessung der Abgabe die Bestimmungen des Anzeigenabgabegesetzes Anwendung zu finden hätten, ist, was den Vorwurf der beschwerdeführenden Partei anlangt, die Verordnung selbst hätte diese Bestimmungen wiedergeben müssen, unbedenklich. Es handelt sich vielmehr um einen normlosen Hinweis auf den Gesetzesinhalt.
2.3. § 2 Abs. 2 NÖ AnzAbgG, LGBl. 3705-0, lautet:
"(2) Als Erscheinungsort gilt jene Gemeinde, von welcher aus die Verbreitung erstmalig erfolgt oder in welcher der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort hat oder von der aus die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend ausgeübt wird. Ist jedoch im Titel eines Druckwerkes oder sonst als Herausgabeort eine bestimmte Gemeinde besonders angeführt (z.B. Eggenburger Zeitung), so gilt diese Gemeinde als Erscheinungsort."
§ 5 Abs. 4 leg. cit. bestimmt:
"(4) Weist der Abgabepflichtige innerhalb der Verjährungsfrist nach, wegen der gleichen Anzeige auf Grund eines Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 2 entspricht, auch gegenüber anderen inländischen Gebietskörperschaften abgabepflichtig zu sein, so ist die Abgabe mit dem der Anzahl der einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden Bruchteil festzusetzen. Die Abgabenbehörde hat die anderen einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften hievon zu benachrichtigen."
Im Zeitraum von Jänner 1982 bis Dezember 1989 lauteten die maßgebenden Bestimmungen des Wiener Anzeigenabgabegesetzes:
§ 1 Abs. 2 Wr AnzAbgG bestimmte in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 14/1946:
"(2) Als Erscheinungsort des Druckwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmalig von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend in Wien ausgeübt wird."
§ 1 Abs. 2 Wr AnzAbgG in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 22/1983 lautete:
"(2) Als Erscheinungsort des Druckwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend in Wien ausgeübt wird."
§ 1 Abs. 2 Wr AnzAbgG erhielt sodann durch die Novelle LGBl. Nr. 29/1984 folgende Fassung:
"(2) Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird."
§ 4 Abs. 2 Wr AnzAbgG LGBl. Nr. 14/1946 in der Fassung LGBl. Nr. 20/1965 sowie in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 22/1983 bestimmt:
"(2) Weist der Abgabepflichtige innerhalb der Verjährungszeit nach, wegen der gleichen Anzeige auf Grund eines Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 1 Abs. 2 entspricht, auch gegenüber anderen inländischen Gebietskörperschaften abgabepflichtig zu sein, so ist die Abgabe mit dem der Anzahl der einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden Bruchteil festzusetzen. Die Abgabenbehörde hat die anderen einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften hievon zu benachrichten."
Diese beiden Sätze des § 4 Abs. 2 Wr AnzAbgG wurden in die Neufassung der Regelung in § 4 Abs. 3 leg. cit. in der Fassung LGBl. Nr. 29/1984 übernommen. Die neuerliche Änderung des § 4 Abs. 3 Wr AnzAbgG durch die Novelle LGBl. Nr. 13/1991 ist für den vorliegenden Beschwerdefall nicht von Bedeutung.
2.4. Entgegen den Beschwerdeausführungen ist für das auf § 2 Abs. 2 letzter Satz NÖ AnzAbgG gegründete Entstehen der Abgabepflicht in Wiener Neustadt irrelevant, welche Anzahl von Inseraten aus welchen Gemeinden stammten und welche Auflageziffer in Wiener Neustadt verbreitet wurde. Die Abgabepflicht knüpft ausschließlich an die im Titel des Druckwerkes ausdrücklich genannte Gemeinde Wiener Neustadt ("Wiener Neustädter Nachrichten") an.
2.5. Im Abgabenverfahren wurde nicht bestritten, daß der Titel des Druckwerkes "Wiener Neustädter Nachrichten" lautet, wie dies im Spruch des erstinstanzlichen Abgabenbescheides angeführt ist. Sollte die Beschwerde so zu verstehen sei, daß dieser Sachverhalt bestritten werde, dann stünde diesem Einwand das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen (§ 41 VwGG). Sollte mit der diesbezüglichen Beschwerdeausführung aber gerügt werden, daß nicht eindeutig eine "bestimmte" Gemeinde im Titel des Druckwerkes bezeichnet sei, weil es sich um Wiener Nachrichten für Neustadt handeln könnte und unklar wäre, welche der fünf im Amtskalender aufscheinenden Gemeinden "Neustadt" gemeint sei, so teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift. Dort heißt es:
"Daß im Titel der "Wiener Neustädter Nachrichten" zwei oder mehrere Gemeinden aufscheinen würden, kann nur als amüsantes Ansinnen bezeichnet werden, da es in Niederösterreich mit Sicherheit nur ein "Wiener Neustadt" gibt. Die Tatsache, daß im Amtskalender die Gemeinde Neustadt insgesamt fünfmal aufscheint, ist im vorliegenden Fall wohl kaum von Interesse, da beim Titel "Wiener Neustädter Nachrichten" eindeutiger wie kaum möglich nur die Stadt Wiener Neustadt gemeint sein kann."
2.6.1. § 5 Abs. 4 NÖ AnzAbgG enthält eine vom zuständigen Landesgesetzgeber getroffene Regelung - eine auf § 7 Abs. 4 F-VG gestützte bundesgesetzliche Regelung liegt nicht vor - für die sogenannte Bruchteilsfestsetzung der Anzeigenabgabe zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch eine andere inländische Gebietskörperschaft (als durch eine niederösterreichische Gemeinde).
Beweisthema bei der Entscheidung über die Bruchteilsfestsetzung nach § 5 Abs. 4 NÖ AnzAbgG ist nicht die Entrichtung von Anzeigenabgabe für dieselbe Anzeige an eine andere inländische Gebietskörperschaft, sondern die Verwirklichung eines anzeigeabgabepflichtigen Tatbestandes in der betreffenden anderen Gebietskörperschaft, denn die genannte Gesetzesbestimmung spricht eindeutig nur vom Nachweis, "abgabepflichtig zu sein" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1971, Zl. 409/71). Dabei ist von der niederösterreichischen Gemeindeabgabenbehörde zu beurteilen, ob der Abgabepflichtige in der betreffenden anderen inländischen Gebietskörperschaft "auf Grund eines Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 2 entspricht", abgabepflichtig geworden ist. Anläßlich der Bruchteilsfestsetzung sind somit von den Gemeindeabgabenbehörden in Niederösterreich zwei Fragen zu prüfen, 1. die Frage nach der Entsprechung der Abgabentatbestände und 2. jene nach der auf Grund eines entsprechenden Abgabentatbestandes in der anderen inländischen Gebietskörperschaft entstandenen Abgabepflicht. Die genannte Entsprechung ist stets von den niederösterreichischen Gemeindeabgabenbehörden anläßlich der Bruchteilsfestsetzung zu prüfen. Sie allein haben zu beurteilen, welche (z.B. Wiener) Tatbestände den niederösterreichischen Tatbeständen gleichartig oder zumindest so ähnlich sind, daß sie diesen "entsprechen". Eine rechtskräftige Entscheidung über die Abgabepflicht in der anderen Gebietskörperschaft (z.B. in Wien) durch die hiefür zuständige Behörde bindet in dieser zweiten zu beurteilenden Frage die niederösterreichische Gemeindeabgabenbehörde (vgl. die zu den Wiener Bestimmungen über die Bruchteilsfestsetzung der Wiener Anzeigenabgabe ergangenen, dieselbe beschwerdeführende Partei betreffenden hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1992, Zl. 92/17/0140, und vom heutigen Tag, Zl. 93/17/0044).
Die Bruchteilsfestsetzung ist antragsbedürftig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1971, Zl. 409/71, vom 30. November 1984, Zl. 84/17/0133, und vom heutigen Tag, Zl. 93/17/0044). Ein Antrag auf Bruchteilsfestsetzung schiebt auch die Abgabenabrechnungs- und Zahlungsfrist nicht hinaus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1995, Zl. 93/17/0064). Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde hätte amtswegig die Bruchteilsfestsetzung wahrzunehmen gehabt, ist rechtsirrig.
Für die Antragsbedürftigkeit der Ermäßigung der Abgabe gemäß § 5 Abs. 4 NÖ AnzAbgG ist es ohne Bedeutung, ob die Abgabenfestsetzung durch die Erklärung des Abgabepflichtigen oder durch Bescheid erfolgt. Zuständig zur Entscheidung über einen Ermäßigungsantrag gemäß § 5 Abs. 4 NÖ AnzAbgG ist die Abgabenbehörde erster Instanz. Wird von ihr die Abgabenbemessung gemäß § 153 Abs. 2 NÖ AO 1977 vorgenommen, so kommt eine gleichzeitige Entscheidung durch sie im Sinne des § 5 Abs. 4 NÖ AnzAbgG daher nur in Betracht, wenn ihr im Bemessungszeitpunkt bereits ein Antrag des Abgabepflichtigen auf Bruchteilsfestsetzung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1984, Zl. 84/17/0133, ergangen zur Wiener Rechtslage).
2.6.2. Der Verwaltungsgerichtshof ist nun der Auffassung, daß im Beschwerdefall ein tauglicher Antrag auf Bruchteilsfestsetzung vor der erstinstanzlichen Abgabenbehörde der Stadt Wiener Neustadt schon vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gestellt wurde und die beschwerdeführende Partei dies nicht erstmals nachher (mit Eingabe vom 10. Mai 1991) getan hat. Die beschwerdeführende Partei hat nämlich in ihrer Eingabe vom 10. Mai 1988 an den Magistrat der Stadt Wiener Neustadt auf ihre AbgabePFLICHT hinsichtlich desselben Druckwerkes gegenüber der Gebietskörperschaft Stadt Wien Bezug genommen (durch die Zitierung des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Februar 1988, betreffend die Abweisung eines dort gestellten Bruchteilsfestsetzungsantrages betreffend die Wiener Anzeigenabgabe) und ausgeführt:
"Wir sehen uns außerstande, eine Abgabe, die wir ordnungsgemäß und in voller Höhe (gemeint: in Wien) entrichtet haben, doppelt zu bezahlen. Wir ersuchen Sie daher, sich direkt mit dem Magistrat der Stadt Wien ins Einvernehmen zu setzen und zwischen den Behörden die Frage der Aufteilung, sofern eine solche gemäß Ihrer Ansicht richtig sein sollte, zu bereinigen.
Alle Abgabenerklärungen unsererseits liegen beim Magistrat der Stadt Wien und ersuchen wir Sie, den diesbezüglichen Akt beizuschaffen."
Der Verwaltungsgerichtshof wertet dieses Vorbringen in seinem Zusammenhang und nach seinem Sinn als einen Antrag auf Abgabenaufteilung (der an die Stadt Wiener Neustadt zu entrichtenden Anzeigenabgabe). Dabei ist nicht von Bedeutung, daß die beschwerdeführende Partei, die an sich zutreffend von Aufteilung der Abgaben spricht, im Hinblick auf die Ablehnung der Bruchteilsfestsetzung seitens der Stadt Wien (die die Beschwerdeführerin rechtskräftig werden ließ) auch der Meinung gewesen sein könnte (wie nunmehr in der Beschwerde zum Ausdruck kommt), daß für die Stadt Wiener Neustadt nur ein "Anteil" von S 0,-- verbleiben könne - eine Rechtsauffassung, die unzutreffend wäre.
2.6.3. Über das so als Antrag zu verstehende Ersuchen vom 18. Mai 1988 hätten die Abgabenbehörden der Stadt Wiener Neustadt durch Bescheid absprechen müssen. Den Gegenstand dieser Entscheidung hätte nach dem oben Gesagten die Frage zu bilden gehabt, ob die beschwerdeführende Partei den Nachweis erbracht hat, wegen der gleichen Anzeige auf Grund eines (Wiener) Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 2 NÖ AnzAbgG entspricht, auch gegenüber der Gebietskörperschaft Wien abgabepflichtig zu sein. Ein solcher Bruchteilfestsetzungsbescheid wurde von den Abgabenbehörden der Stadt Wiener Neustadt nicht erlassen.
Den Gemeindeabgabenbehörden wäre aber auch eine vorfrageweise Beurteilung im Abgabenvorschreibungsbescheid möglich gewesen. Die Gegenstände der Entscheidung über die Bruchteilsfestsetzung einerseits und über die Abgabenbemessung andererseits sind verschiedene; außerdem kann ein Bruchteilsfestsetzungsbescheid auch erlassen werden, wenn nur eine Selbstbemessung vorliegt und es gar nicht zu einer bescheidmäßigen Abgabenbemessung und -vorschreibung kommt. Wird aber über die Abgabenbemessung ein Bescheid erlassen, dann ist für die Höhe der Abgabenvorschreibung auch die Beurteilung der behaupteten Voraussetzungen für eine Bruchteilsfestsetzung präjudiziell. Die Abgabenbehörde hat diese Frage, die vor denselben Behörden, aber in einem anderen Verfahren als Hauptfrage zu entscheiden ist (vgl. zum Begriff der Vorfrage, der auch eine solche Verfahrenskonstellation in sich schließt, Ritz, BAO Kommentar, 232), als Vorfrage zu beurteilen.
Die Abgabenbehörde ist berechtigt, aber nicht verpflichtet auftauchende Vorfragen zu beurteilen. Sie kann die Entscheidung der Hauptfrage abwarten. Das haben die Abgabenbehörden der Stadt Wiener Neustadt nicht getan. Vielmehr haben sie sich in die Hauptfrage (Abgabenvorschreibung) eingelassen, ohne eine Beurteilung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Bruchteilsfestsetzung vorzunehmen, weil sie verkannt haben, daß ein tauglicher Antrag auf Bruchteilsfestsetzung bereits gestellt worden war. Die Beurteilung der dem Bruchteilsfestsetzungsantrag zugrundeliegenden Tatbestandsvoraussetzungen (Abgabepflicht in Wien wegen der gleichen Abgabe auf Grund eines Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 2 NÖ AnzAbgG entspricht) wäre für die vorgeschriebene Höhe der Abgabe (von 100 %) präjudiziell gewesen.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Auf Grund dieser unzutreffenden Rechtsauffassung ist eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen der Bruchteilsfestsetzung unterblieben, bei deren Vornahme die belangte Behörde - wie unschwer erkennbar ist - zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
2.7. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anzuwendenden Rechtsvorschriften sind aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. hiezu auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/17/0044).
2.8. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
2.10. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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