VwGH 93/07/0181

VwGH93/07/018114.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft N in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des OAS beim BMLF vom 6. Oktober 1993, Zl. 710.939/06-OAS/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bodenreformsache (mP: JK in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Normen

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §23 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
B-VG Art116;
B-VG Art117;
FlVfGG §21;
FlVfGG §34;
FlVfGG §36 impl;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1978 §34 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1 litb;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1 litc;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7;
FlVfLG Tir 1978 §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §37;
FlVfLG Tir 1978 §54 Abs2;
GdO Tir 1966 §18;
GdO Tir 1966 §23 Abs3;
GdO Tir 1966 §24;
GdO Tir 1966 §41;
GebG 1957 §2 Z3;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
WWSGG §1 Abs1 Z1;
WWSGG §34;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs2;
WWSLG Tir 1952 §7;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §23 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
AVG §9;
B-VG Art116;
B-VG Art117;
FlVfGG §21;
FlVfGG §34;
FlVfGG §36 impl;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1978 §34 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1 litb;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1 litc;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7 idF 1984/018;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7;
FlVfLG Tir 1978 §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §37;
FlVfLG Tir 1978 §54 Abs2;
GdO Tir 1966 §18;
GdO Tir 1966 §23 Abs3;
GdO Tir 1966 §24;
GdO Tir 1966 §41;
GebG 1957 §2 Z3;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
WWSGG §1 Abs1 Z1;
WWSGG §34;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs2;
WWSLG Tir 1952 §7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der in Rechtskraft erwachsene Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB) über den Regulierungsplan für die Beschwerdeführerin vom 26. März 1973 enthält in seinem mit "Verwaltungsbestimmungen" überschriebenen Spruchpunkt B) folgende Absprüche:

"I.

Die jeweiligen Eigentümer der im Abschnitt III aufgezählten Stammsitzliegenschaften bilden einschließlich der Gemeinde N. kraft des ihr zustehenden Gemeindeanteiles die

"(Beschwerdeführerin)"

der hiemit gemäß § 37 Abs. 3 TFLG 1969 durch Erlassung von Verwaltungssatzungen als Körperschaft des öffentlichen Rechtes eigene Rechtspersönlichkeit verliehen wird.

II.

Dem Gemeinderat von N. wird die VERWALTUNG des agrargemeinschaftlichen Besitzes unter Wahrung der Vorschriften dieses Regulierungsplanes übertragen.

In Ergänzung der Vorschriften der Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 4/1966, werden überdies folgende Bestimmungen erlassen:

§ 1

Die Agrargemeinschaft hat den Zweck, ihre Grundstücke und Vermögenschaften bestmöglich und nachhaltig zu bewirtschaften, um die rechtmäßigen Ansprüche der Mitglieder zu befriedigen, den Gemeinschaftsbesitz zu erhalten und zu verbessern und zu diesem Behufe auch die erforderlichen Gewerbe zu betreiben.

§ 2

Die Agrargemeinschaft wird nach außen durch den Bürgermeister der Gemeinde N. vertreten.

Urkunden, welche der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegen, sind vom Bürgermeister und einem weiteren Gemeinderatsmitglied, das dem Kreis der Nutzungsberechtigten angehören muß, zu unterfertigen.

§ 3

Zum Wirkungskreis des Gemeinderates als willensbildendes Organ gehören insbesondere:

  1. 1. Die Bestellung eines Kassiers, dem die Rechnungsführung in allen agrargemeinschaftlichen Angelegenheiten obliegt.
  2. 2. Die Antragstellung über Abänderungen oder Ergänzungen der vorliegenden Verwaltungssatzungen.
  3. 3. Die Veräußerung, dauernde Belastung und Verpachtung von Gemeinschaftsgrundstücken sowie die Beschlußfassung über die Verwendung des Erlöses.
  4. 4. Die Beschlußfassung in Jagdangelegenheiten.
  5. 5. Die Aufnahme und Gewährung von Darlehen für agrargemeinschaftliche Zwecke oder aus agrargemeinschaftlichen Mitteln.
  6. 6. Die Genehmigung des vom Kassier jährlich vorzulegenden Rechnungsabschlusses.
  7. 7. Die Erstellung und Beschlußfassung über den Voranschlag für das kommende Verwaltungsjahr.
  8. 8. Die Vorsorge für die Erhaltung des Gemeinschaftsbesitzes, seiner Grenzen und Anlagen, über alle Maßnahmen zur wirtschaftlichen Erschließung und Verbesserung sowie über den Betrieb eines Gewerbes.
  9. 9. Die Beschlußfassung für Maßnahmen zum Schutz des Gemeinschaftsbesitzes gegen fremde Eingriffe und über die Einleitung gerichtlicher Schritte.

Beschlüsse nach Pkt. 3, 5, 8 und 9 bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der agrarbehördlichen Genehmigung.

§ 4

Jeder Beschluß ist ungesäumt nach den Vorschriften der TGO. kundzumachen. Die Einspruchsfrist beträgt ACHT Tage. Einsprüche von Nutzungsberechtigten gegen Beschlüsse und Maßnahmen des Gemeinderates im Rahmen der Verwaltung des agrargemeinschaftlichen Besitzes sind der Agrarbehörde als gemäß § 46 TFLG 1969 berufene Aufsichtsbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

§ 5

Haushalt (Geldgebarung)

Die Wirtschaftsführung hat getrennt von der Kassengebarung der politischen Gemeinde zu erfolgen.

..."

Auf Grund eines Antrages der mitbeteiligten Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) sprach die ABA mit Bescheid vom 25. August 1992, gestützt auf die §§ 54 Abs. 2 und 73 lit. e TFLG 1978 in der Fassung LGBl. Nr. 18/1934 aus, daß der im Eigentum der MP stehenden Liegenschaft EZ. 1.129 GB N. I ein Anteilsrecht von 5,90 (4,90 Brennholz und 1,00 Nutzholz) an der Beschwerdeführerin in EZ. 127 GB N. I nach Maßgabe des

Regulierungsplanes vom 26. März 1973, ... zustehe, und kündigte die

Veranlassung der auf Grund dieses Ausspruches gebotenen grundbücherlichen Eintragungen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides an.

Der von der MP gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) mit seinem Bescheid vom 18. Februar 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 1, 7, 38 Abs. 2 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952, (WWSG) dahin Folge, daß er gemäß § 38 Abs. 2. in Verbindung mit § 7 WWSG feststellte, daß der Liegenschaft EZ. 1129 GB N. I in den Waldungen der Beschwerdeführerin in EZ. 127 GB N. ein Servitutsrecht zum Bezuge des für das Schloß N. Bp. 123 erforderlichen Bedarfes an Brenn- und Nutzholz zustehe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin eine Berufung, in deren Präambel sie darauf hinwies, daß nach dem rechtskräftigen Regulierungsplan vom 26. März 1973 dem Gemeinderat von N. die Verwaltung des agrargemeinschaftlichen Besitzes unter Wahrung der Vorschriften des Regulierungsplanes übertragen worden sei. Dementsprechend erhebe die Beschwerdeführerin "bzw." in deren Namen der Gemeinderat von N. durch den einschreitenden Vertreter, der sich auf die ihm erteilte und von ihm angenommene Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 AVG berufe, nach Zustellung des Erkenntnisses des LAS am B. März 1993 an die Gemeinde N. Berufung. Im Rubrum des Berufungsschriftsatzes wird die Berufungswerberin mit "(Beschwerdeführerin), vertreten durch den zur Verwaltung berufenen Gemeinderat von N., dieser vertreten durch (Beschwerdevertreter)" bezeichnet.

Die MP beantragte in einer Äußerung zur Berufung der Beschwerdeführerin die Zurückweisung der Berufung mit dem Vorbringen, daß der für die Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung einer Berufung erforderliche Gemeinderatsbeschluß nicht vorliege, dementsprechend ein solcher Beschluß auch nicht nach S 4 der Satzungen der Beschwerdeführerin ortsüblich kundgemacht werden konnte und daß es schließlich auch an der nach dem letzten Satz des § 3 der Satzungen der Beschwerdeführerin erforderlichen agrarbehördlichen Genehmigung für den der Bestimmung des § 3 Z. 9 der Satzungen zu unterstellenden Beschluß fehle. Daß der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sich hinsichtlich der Vollmachtserteilung auf § 10 Abs. 1 AVG berufen habe, könne keine Wirksamkeit entfalten, wenn der erforderliche Gemeinderatsbeschluß, seine Kundmachung und die agrarbehördliche Genehmigung fehle. Dazu brachte die Beschwerdeführerin vor, in der Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde N. vom 19. April 1993 sei beschlossen worden, den einschreitenden Rechtsvertreter zu beauftragen, gegen das Erkenntnis des LAS vom 18. Februar 1993 Berufung einzubringen. Dieser Gemeinderatsbeschluß sei vorschriftsgemäß kundgemacht und gegen ihn keine Beschwerde erhoben worden; eine Ablichtung des betroffenen Kundmachungsschriftstückes schloß die Beschwerdeführerin an. Zu dein von der MP gerügten Fehlen einer agrarbehördlichen Genehmigung des Gemeinderatsbeschlusses vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß es einer solchen Genehmigung nicht bedürfe. Bei. der Einbringung der Berufung gegen den Bescheid des LAS handle es sich nicht um eine Maßnahme zum Schutz des Gemeinschaftsbesitzes gegen fremde Eingriffe, die Einbringung einer Berufung sei vielmehr nur die Folge eines in einem Verfahren eingenommenen Standpunktes. Es habe sich der Bürgermeister von N. im Interesse der Beschwerdeführerin bereits seinerzeit gegen den Antrag der MP ausgesprochen, wobei gegen den Bescheid der AB vom 25. August 1992 nur deshalb kein Rechtsmittel eingebracht worden sei., weil man das Ergebnis des Bescheides der AB für vertretbar gehalten habe. Das vom LAS gefundene Ergebnis hingegen habe bekämpft werden müssen. Die Bestreitung eines von einem Dritten in einem Verfahren geltend gemachten Anspruches und die daraus resultierende Einbringung eines Rechtsmittels könne den Maßnahmen im Sinne des § 3 Z. 9 der Satzung nicht unterstellt werden, weil es bei. diesen Maßnahmen um aktive Schritte und Initiativen, nicht aber um Schritte in von Dritten aufgezwungenen Verfahren gehe. Wäre dem nicht so, dann müßte ebenso auch nicht nur die Einleitung gerichtlicher Schritte, sondern auch die Abwehr gerichtlicher Schritte der Beschlußfassung .im Gemeinderat vorbehalten sein.

In einer weiteren Eingabe legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der AB vom 22. Juli 1993 an sie vor, in welchem die AB die Rechtsauffassung äußerte, daß der Gemeinderatsbeschluß über die Einbringung der Berufung nicht unter die Genehmigungspflicht nach § 3 Z. 9 der Satzung der Beschwerdeführerin falle.

Mit Schreiben vom 25. August 1993 lud die belangte Behörde die Parteien zur Stellungnahme zur Ansicht ein, daß die Berufung der Beschwerdeführerin deswegen zurückzuweisen sein könnte, weil sich die Beschwerdeführerin bei Einbringung der Berufung insoweit des falschen Organs bedient habe, als statt des nach außen zur Vertretung befugten Bürgermeisters der zur Verwaltung und internen Willensbildung zuständige Gemeinderat aufgetreten sei. Die Beschwerdeführerin trat dieser Ansicht mit der Auffassung entgegen, daß der Gemeinderat als Gemeindeorgan nach außen hin nur durch den Bürgermeister tätig werden könne, dem der Vorsitz im Gemeinderat obliege; eine Anführung der Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsvertreters auch durch den Bürgermeister sei nicht erforderlich gewesen. Mit der ebenso nicht erforderlichen Erwähnung der Vertretung der Beschwerdeführerin durch den zur Verwaltung berufenen Gemeinderat im Berufungsschriftsatz habe nur zum Ausdruck gebracht werden sollen, daß die Einbringung der Berufung in der nach den für die Verwaltung gültigen Bestimmungen richtigen Weise beschlossen worden sei. Die Anführung der geschlossenen Bevollmächtigungskette im Berufungsschriftsatz sei nicht erforderlich gewesen, vielmehr hätte es genügt, als Berufungswerberin die Beschwerdeführerin anzuführen, welche durch den einschreitenden Rechtsvertreter auf Grund wirksam erteilter Bevollmächtigung handle. In diesem Sinne werde die Bezeichnung der Berufungswerberin klargestellt. Es sei im Verfahren niemand aufgetreten, der entgegen den Verwaltungsbestimmungen und der Tiroler Gemeindeordnung einschreiten habe wollen. Unter einem legte der Beschwerdeführervertreter eine ihm ausgestellte, mit dem 20. April 1993 datierte und mit dem Vermerk "gefertigt auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. April 1993 für (die Beschwerdeführerin)" vom Bürgermeister und einem weiteren Gemeinderatsmitglied und Nutzungsberechtigten unterschriebene Vollmachtsurkunde vor.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher das Postaufgabedatum der Berufung mit 22 . März 1993 mit dem Datum des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. April 1993 verglichen worden war, wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG sowie den §§ 2 und 3 der Satzungen der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück. Begründend bejahte die belangte Behörde zunächst die Zulässigkeit ihrer Anrufung im Sinne der Bestimmung des § 7 Abs. 2 AgrBehG 1950, verneinte jedoch die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Erhebung ihres Rechtsmittels. Die Beschwerdeführerin habe sich der Organe der Gemeinde bedient.; als Ausschuß der Beschwerdeführerin fungiere der Gemeinderat der Gemeinde N., als Obmann der Bürgermeister. Dem Obmann komme nach außen hin eine Vertretungsfunktion, nach innen eine Leitungsfunktion sowie eine Verwaltungsfunktion zu. Nach dem letzten Satz des § 35 Abs. 7 TFLG 1978 habe der Obmann im Rahmen seiner Leitungsfunktion die Agrargemeinschaft nach Maßgabe der inneren Beschlüsse nach außen hin zu vertreten. Die Urhebung eines Rechtsmittels setze sich aus zwei Akten zusammen, aus der Willensbildung und aus der Willenserklärung, bei Körperschaften öffentlichen Rechts somit aus der Beschlußfassung und der Vollziehung des Beschlusses durch Einbringung der Berufung. Die Aufgabe der Einbringung komme dem zur Vertretung der Agrargemeinschaft nach außen berufenen Organ, also dem Obmann, zu. Dies bedeute, daß innerhalb der Rechtsmittelsfrist die entsprechende Willensbildung durch das zuständige Organ erfolgt und die Berufung durch den Obmann als ausführendes Organ eingebracht worden sein müsse. Angesichts der Zustellung des bekämpften Bescheides des LAS an die Beschwerdeführerin am B. März 1993 sei die Berufung zwar fristgerecht am 22. März 1993 zur Post gegeben, der dieser Berufungserhebung zugrundeliegende Gemeinderatsbeschluß aber erst am 19. April 1993 gefaßt und dieser Beschluß in der Zeit vom 22. April bis zum 10. Mai- 1993 öffentlich kundgemacht worden. Der für die Berufungserhebung der Beschwerdeführerin willensbildende Beschluß des Gemeinderates sei damit außerhalb der Rechtsmittelfrist gefaßt worden, weshalb die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei, da die Agrargemeinschaft ohne Deckung durch einen entsprechenden Beschluß des Ausschusses nicht in der Lage sei, rechtswirksam Berufung zu erheben, für welchen Standpunkt die belangte Behörde sich auf das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1988, 86/07/0277, berief. Daß es der von der MP für erforderlich gehaltenen agrarbehördlichen Genehmigung auch zur Erhebung der Berufung nicht bedurft hätte, sei bei der gegebenen Verfahrenslage nicht mehr von Bedeutung. Ebenso habe sich damit ein Eingehen auf die Frage erübrigt, ob die Vertretung der Beschwerdeführerin durch den Gemeinderat (und nicht durch den allein zur Vertretung nach außen zuständigen Bürgermeister als Obmann) einen verbesserungsfähigen Mangel dargestellt habe, oder ob dieser Formalfehler ebenfalls zur Zurückweisung der Berufung hätte führen müssen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit sowohl des Inhaltes des angefochtenen Bescheides als auch jene infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Bescheidaufhebung mit der Erklärung begehrt, daß die Beschwerdeführerin sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Berufungserhebung durch den Bürgermeister unter nachträglicher Genehmigung durch den Gemeinderat ebenso als verletzt ansieht wie in ihren Verfahrensrechten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift ebenso wie die MP die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend im Grunde des § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG 1950 hat die belangte Behörde die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Anrufung im Beschwerdefall bejaht, weil der LAS in seiner Berufungsentscheidung über den Gegenstand der Verwaltungsangelegenheit eine den erstinstanzlichen Bescheid abändernde Entscheidung dadurch getroffen hatte, daß er in zweiter Instanz erstmals den Bestand von Waldnutzungsrechten der- MP nach dem WWSG anstelle von Anteilsrechten nach dem TFLG 1978 an der Liegenschaft der Beschwerdeführerin festgestellt hat.

Die belangte Behörde ist zur Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin aus der Erwägung gelangt, daß es der von dem einschreitenden Rechtsvertreter unternommenen Berufungserhebung an einer Deckung durch einen innerhalb der Berufungsfrist gefaßten, die Erhebung dieser Berufung beschließenden Willensbildungsakt des Gemeinderates gefehlt habe, und hat, die Frage dahingestellt sein lassen, ob nicht ebenso auch der Umstand zur Zurückweisung der Berufung führen hätte müssen, daß das Rechtsmittel für die Beschwerdeführerin durch den Gemeinderat anstatt durch den Bürgermeister der Gemeinde N. als erhoben erklärt. worden war. Weder der eine noch der andere Umstand indessen bot der von der belangten Behörde entschiedenen Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin einen rechtlich tragenden Grund. Den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ebenso wie .in ihrer Gegenschrift getroffenen Hinweisen auf die verwaltungsgerichtliche Judikatur zur Bestimmung des § 35 Abs. 7 TFLG 1978 kommt insoweit Berechtigung zu, als der Verwaltungsgerichtshof zur Bestimmung des § 35 Abs. 7 TFLG 1978 im Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Slg. N.F. Nr. 12.594/A, für den Fall einer von einer Agrargemeinschaft erhobenen Berufung und in dem im angefochtenen Bescheid zitierten Beschluß vom 12. Jänner 1988, 86/07/0277, für den Fall einer von einer Agrargemeinschaft erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gleichlautend ausgesprochen hat, daß die wirksame Ergreifung der betroffenen Rechtsschutzmaßnahme auch eines innerhalb der maßgebenden Frist gesetzten körperschaftsrechtlichen Willensbildungsaktes bedarf, der auf dein Wege einer außerhalb der Frist herbeigeführten körperschaftsrechtlichen Willensbildung auf Genehmigung der zuvor gesetzten Rechtsschutzmaßnahme nicht mehr nachgeholt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen auf älterer Judikatur (vgl. etwa die Beschlüsse vom 25. Jänner 1951, Slg. N.F. Nr. 1892/A, vom 27. Februar 1962, Slg. N.F. Nr. 5733/A, und vom 13. Dezember 1979, Slg. N.F. Nr. 9989/A) zurückgehenden Standpunkt auch im Beschluß vom 16. November 1993, 91/07/0072 (welchem Beschluß entgegen der Darstellung in der Gegenschrift der belangten Behörde allerdings nicht der Fall einer Zusammenlegungsgemeinschaft zugrunde gelegen war, für welchen der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß gleichen Datums, 91/07/0075, unter Hinweis auf die zu S 9 Abs. 6 TFLG 1978 gestaltete Rechtslage zur gerade gegenteiligen Auffassung gelangt war), und einschlußweise auch noch im Erkenntnis vom 15. November 1994, 94/07/0010, für den Fall des § 35 Abs. 7 TFLG 1978 bekräftigt.

Ob diese Rechtsprechung aufrecht erhalten werden könnte (vgl. hiezu etwa den durch die Verweisungsnorm des § 10 Abs. 2 AVG in Betracht kommenden Rückgriff auf die Bestimmung des § 1016 ABGB, die diesem Grundsatz des Bevollmächtigungsrechtes Rechnung tragende Bestimmung des § 38 Abs. 2 ZPO und die eine Möglichkeit nachträglicher Sanierung eines ursprünglich vorhandenen Vertretungsmangels kraft ausdrücklicher Genehmigung im grundsätzlichen bejahenden Erkenntnisse vom 4. Juli 1950, Slg. N.F. Nr. 1594/A, vom 8. Oktober 1987, 87/07/0087, vom 22. April 1993, 92/09/0328, und vom 14. März 1995, 94/07/0095), ist im Beschwerdefall nicht zu prüfen. Es ist die Bestimmung des § 35 Abs. 7 TFLG 1978, zu welcher die Judikatur ergangen ist, auf welche die belangte Behörde sich gestützt hat, für die Beurteilung der Wirksamkeit der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung nämlich deswegen nicht anzuwenden, weil die Beschwerdeführerin über die im § 35 Abs. 1 TFLG 1978 genannten Organe, wie sie zutreffend aufzeigt, gar nicht verfügt. Die Beschwerdeführerin hat weder einen Obmann noch einen Ausschuß und ebenso keine Vollversammlung. Hat die Beschwerdeführerin aber keinen Obmann im Sinne des § 35 Abs. 1 lit. c TFLG 1978, dann sind auf sie auch die die Vertretungsbefugnis des Obmannes einer Agrargemeinschaft nach außen hin einschränkenden Bestimmungen des § 35 Abs. 7 TFLG 1978 nicht anwendbar.

Daß die Beschwerdeführerin über die im § 35 Abs. 1 TFLG 1978 gesetzlich vorgesehenen Organe tatsächlich nicht verfügt, weist der Inhalt ihrer oben wiedergegebenen Satzungen aus, welche die Verwaltung des agrargemeinschaftlichen Besitzes dem Gemeinderat von N. und die Vertretung der Agrargemeinschaft nach außen dem Bürgermeister der Gemeinde N. zuweisen. Die im § 35 Abs. 1 TFLG 1978 gleichlautend mit den schon im § 34 Abs. 1 des zum Zeitpunkt der Erlassung des Regulierungsplanes in Geltung gestandenen Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1969, LGBl. Nr. 34, gesetzlich vorgesehenen Organe einer Agrargemeinschaft wurden in der für die Beschwerdeführerin in Geltung gesetzten Verwaltungssatzung nicht eingerichtet. Der augenfällige Widerspruch dieser für die Beschwerdeführerin erlassenen Verwaltungssatzungen schon zur Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Regulierungsplanes vom 26. März 1973 ist infolge Rechtskraft dieses Regulierungsplanes nicht aufzugreifen. Dem von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angeregten Herantreten an den Verfassungsgerichtshof steht schon der Umstand entgegen, daß der Regulierungsplan vom 2.6. März 1973 gemäß ;§ 64 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1969, LGBl. Nr. 34, als Bescheid zu erlassen war und auch als Bescheid erlassen wurde. Vom Inhalt seiner dem Rechtsbestand angehörenden Verwaltungssatzungen ist auszugehen. Diese aber in der von der belangten Behörde unternommenen Weise in Richtung eines Verständnisses vom Bürgermeister als Obmann im Sinne des § 35 Abs. 1 lit. c TFLG 1978 und vom Gemeinderat als Ausschuß im Sinne des § 35 Abs. 1 lit. b leg. cit. umzuinterpretieren, verbietet der einem solchen Versuch entgegenstehende Satzungswortlaut Erfolgt die Bestellung des Gemeinderates und des Bürgermeisters nach den Bestimmungen der Tiroler Gemeindeordnung und nicht nach jenen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes, dann fehlt es der Zulässigkeit eines Verständnisses vom Gemeinderat als Ausschuß und vom Bürgermeister als Obmann der Agrargemeinschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 TFLG 1978 schon am Vorliegen der ein solches Verständnis rechtfertigenden selbstverwaltungsrechtlichen demokratischen Legitimation der nach anderen Rechtsvorschriften zu bestellenden Organe für die Agrargemeinschaft.

Die auf der Basis der in der von der belangten Behörde unternommenen Weise nicht umdeutbaren Verwaltungssatzungen festgelegte Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters der Gemeinde N. für die Beschwerdeführerin aber ist ihrer Formulierung nach als Vertretungsbefugnis nach außen schlechthin anzusehen. Das im § 2 der Verwaltungssatzungen in einem zusätzlichen Satz statuierte Erfordernis der Mitunterfertigung solcher Urkunden, welche der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegen, durch ein weiteres Gemeinderatsmitglied, das dem Kreis der Nutzungsberechtigten angehören muß, gebietet für den Beschwerdefall keine abweichende Betrachtungsweise. Die einem Rechtsanwalt erteilte Bevollmächtigung unter Einschluß des Auftrages zur Erhebung eines Rechtsmittels bedarf der Schriftform nicht. Es hat auf den Beschwerdefall somit jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung zu finden, nach welcher im Falle des Vorliegens von einer Vertretung nach außen schlechthin sprechenden Organisationsnormen juristischer Personen auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zur Beurteilung der Rechtsmittellegitimation nicht zurückgegriffen werden darf (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Slg. N.F. Nr. 10.147/A, ebenso wie die Erkenntnisse vom 31. Jänner 1992, Slg. N.F. Nr. 13.572/A, und vom 21. Oktober 1992, 92/02/0148, den hg. Beschluß vom 16. November 1993, 91/07/0075, und aus jüngster Zeit das Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, 93/05/0082). Die belangte Behörde war somit nicht berechtigt, die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin auf das Fehlen eines innerhalb der Rechtsmittelfrist ergangenen Beschlusses des Gemeinderates der Gemeinde N. über die Erhebung des Rechtsmittels zu stützen. Eine Untersuchung der Subsumierbarkeit der von der Beschwerdeführerin ergriffenen Berufung unter die Bestimmung des § 3 Z . 9 ihrer Verwaltungssatzungen war demnach entbehrlich.

Ebensowenig wäre die belangte Behörde berechtigt gewesen, die Berufung der- Beschwerdeführerin deswegen zurückzuweisen, weil. im Berufungsschriftsatz auf die Befugnis des Gemeinderates von N. zu .ihrer Verwaltung und auf das Vertretungsverhältnis des einschreitenden Rechtsanwaltes für den Gemeinderat hingewiesen worden war.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen richten sich Inhalt sind Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat. die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Die Beschwerdeführerin hatte durch einen Rechtsanwalt Berufung erhoben, der sich auf eine ihm von dem mit der Verwaltung der Agrargemeinschaft betrauten Gemeinderat von N. erteilte Vollmacht berufen hatte. Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß in diesem Berufungsschriftsatz der satzungsmäßige organschaftliche Vertreter der Beschwerdeführerin unrichtig bezeichnet worden war. Diese Falschbezeichnurig konnte eine Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin aber dann nicht rechtfertigen, wenn dem Einschreiten des Rechtsanwaltes für die Beschwerdeführerin auch eine ihm erteilte Vollmacht durch den satzungsmäßig zur Vertretung berufenen Bürgermeister von N. zugrunde lag. Hatte die belangte Behörde am Vorliegen auch einer solchen Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes ungeachtet der Bestimmung des § 41 der Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 4/1966, Bedenken, dann konnte dies lediglich Anlaß dazu bieten, solchen Bedenken über die Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes auch durch den Bürgermeister der Gemeinde N. durch ein Vorgehen im Sinne des § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG Rechnung zu tragen, ohne daß sie aber berechtigt gewesen wäre, die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung aus dem Grunde des gesehenen Mangels zurückzuweisen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im übrigen in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 22. April 1993, 92/03/0328, ausgesprochen hat, ist der Sinn der §§ 10 und 13 Abs. 3 AVG darin gelegen, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, nicht aber darin, durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken. Dem ist in der Beurteilung des Beschwerdefalles nichts hinzuzufügen.

Der angefochtene Bescheid erwies sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994; das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die zusätzlich verzeichnete Umsatzsteuer im Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist und Stempelgebühren von der Beschwerdeführerin zufolge ihrer aus § 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 abzuleitenden Gebührenbefreiung nicht zu entrichten waren und deshalb auch nicht zugesprochen werden konnten.

W i e n , am 14. Dezember 1995

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