Normen
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs1;
GewO 1973 §26 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §26 idF 1988/399;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs1;
GewO 1973 §26 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §26 idF 1988/399;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Jänner 1991 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung für das Gewerbe "Kontaktlinsenoptiker" gemäß § 236a GewO 1973 zum Zwecke der Bestellung als Geschäftsführer der AJ Ges.m.b.H. in B, gemäß § 26 Abs. 3 GewO 1973 abgewiesen. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß auf Grund einer Vielzahl von im einzelnen angeführten Exekutionsverfahren gegen den Beschwerdeführer und seiner sich daraus ergebenden finanziellen Situation nicht erwartet werden könne, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten, entsprechend dem Gewerbe, für das er zum Geschäftsführer bestellt werden soll, nachkommen könnte.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 3. November 1992 keine Folge, sondern bestätigte den angefochtenen Bescheid gemäß § 26 Abs. 1 und Abs. 3 GewO 1973. Zur Begründung wurde - ergänzend zu den Gründen des erstinstanzlichen Bescheides - im wesentlichen ausgeführt, daß mit Beschluß des Kreisgerichtes vom März 1990 der Antrag der Nö Gebietskrankenkasse auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden sei. Voraussetzung der Erwartung im Sinne des § 26 Abs. 1 und 3 GewO 1973, daß den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachgekommen werde, sei jedenfalls, daß der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfüge, um seine mit der beabsichtigten Gewerbeausübung in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten abdecken zu können. Aus der Aktenlage und aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergäbe sich zwar, daß der Beschwerdeführer bis zur Einbringung der Berufung einige Forderungen, derentwegen gegen ihn Exekution geführt worden sei, bezahlt habe. Dessen ungeachtet habe gegen den Beschwerdeführer auch nach Einbringung der Berufung mehrfach Exekution geführt werden müssen. Er habe weiters mit Eingabe vom 6. Februar 1992 eine Kontonachricht des Finanzamtes N vorgelegt, der zu entnehmen sei, daß dieses Finanzamt Forderungen gegen den Beschwerdeführer in der Höhe von S 139.708,-- habe. Mit Eingabe vom 13. Mai 1992 habe der Beschwerdeführer eine Ratenvereinbarung mit der Nö Gebietskrankenkasse vorgelegt, wonach er zur Abstattung seines Beitragsrückstandes in Höhe von S 80.749,52 zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen am 30. April 1992 nunmehr ab 11. Mai 1992 Monatsraten von S 2.000,-- bezahle. Diese Vereinbarung sei auf 12 Monate befristet. Im April 1993 sei ein neuerliches, verbessertes Ratenansuchen zu stellen.
Aus dieser Vereinbarung erhelle, daß gegen den Beschwerdeführer noch immer namhafte Forderungen aushafteten und er derzeit nicht in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Es sei sohin erklärlich, daß er auch kein Vorbringen habe erstatten können, wonach er über ausreichend liquide Mittel zur Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes verfüge, obwohl ihm dies nachweislich anheim gestellt worden sei. Nach der Aktenlage bestünden jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer über ausreichende liquide Mittel zur Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes verfüge. Es könne daher nicht davon gesprochen werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse geordnet seien und daher die Erwartung zulässig wäre, der Beschwerdeführer könnte dem mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes zum Zwecke der Bestellung als Geschäftsführer der AJ Ges.m.b.H. trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Auffassung der belangten Behörde, er wäre nicht in der Lage, den mit der Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachzukommen, sei unzutreffend. Sämtliche Verbindlichkeiten würden aus dem Jahre 1990 bzw. 1989 datieren, da es sich um Schulden aus "dem damals stillgelegten Gewerbebetrieb" handle. Er sei keine neuerlichen Verbindlichkeiten eingegangen, sondern habe die bestehenden - was er auch im Verwaltungsverfahren ausführlich dargetan habe - im weitaus überwiegenden Ausmaße beglichen. Die belangte Behörde vermöge daher nur mehr einen Zahlungsrückstand bei der Nö Gebietskrankenkasse sowie beim Finanzamt N als aushaftende Verbindlichkeiten anzuführen. Sowohl mit der Nö Gebietskrankenkasse als auch mit dem Finanzamt N bestünden Zahlungsvereinbarungen, wobei der Beschwerdeführer die Vereinbarung mit der Nö Gebietskrankenkasse bereits im Verwaltungsverfahren dargelegt habe. Einer Prolongation im Mai 1993 stünde nichts im Wege. Der belangten Behörde habe weiters aus den schon im Verwaltungsverfahren eingeholten Erkundigungen bekannt sein müssen, daß seitens des Finanzamtes N keine wie immer gearteten exekutiven Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer getroffen worden seien. Die beiden Zahlungsrückstände seien somit nicht fällig bzw. bestünden entsprechende Zusagen hinsichtlich einer Prolongation. Dem Beschwerdeführer sei es gelungen, seine wirtschaftlichen Verhältnisse in den letzten zwei Jahren vollkommen zu ordnen und bis auf die beiden dargestellten Ausnahmen sämtliche Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Er sei daher in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen und es sei daraus ableitend die Erwartung zulässig, daß er den mit der Ausübung des angestrebten Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen könnte.
Die belangte Behörde habe darüber hinaus völlig außer acht gelassen, daß der Beschwerdeführer bei "Genehmigung seines Antrages" über ein ansehnliches Einkommen verfügen würde. So würde er im Falle seiner Anstellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer ein monatliches Einkommen von mindestens S 25.000,-- netto beziehen und er wäre daher selbstverständlich in der Lage, "ihm allenfalls treffende Zahlungsverbindlichkeiten" zu erfüllen.
Schließlich habe die belangte Behörde es unterlassen, sich mit seinem Vorbringen in der Berufung auseinanderzusetzen, es könnten ihn als gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht sämtliche Zahlungsverpflichtungen aus der Gewerbeausübung treffen, sondern er müsse nur für bestimmte Abgaben und allfällige Verwaltungsstrafen einstehen, was ihm bei Fälligkeit aber jederzeit möglich wäre. Der bekämpfte Bescheid sei auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt der Beschwerdeführer vor, er sei - entgegen den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - niemals aufgefordert worden und es sei ihm auch nicht nachweislich anheim gestellt worden, darzulegen, daß er über ausreichend liquide Mittel zur Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes verfüge. Er sei niemals aufgefordert worden, über eine Stellungnahme zu den gegen ihn anhängigen Exekutionsverfahren bzw. Forderungen von betreibenden Gläubigern gegen ihn hinausgehend Angaben hinsichtlich seiner finanziellen Situation zu machen. Einer solchen Aufforderung wäre er selbstverständlich nachgekommen und es wäre ihm "ein leichtes" gewesen, ausreichende Nachweise für das Vorhandensein "liquider Mittel" zur Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbes beizubringen.
Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1973 - in der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblichen Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 - hat die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
Nach § 26 Abs. 3 GewO 1973 gilt Abs. 1 auch bei Ansuchen um Nachsicht von den in Abs. 1 genannten Ausschlußgründen zum Zwecke der Bestellung als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer; bei der Beurteilung, ob die Nachsichtsvoraussetzungen gegeben sind, ist darauf abzustellen, ob der Nachsichtswerber den mit einer Gewerbeausübung, wie sie dem Gewerbe entspricht, für die er zum Geschäftsführer bestellt werden soll, verbundenen Zahlungspflichten nachkommen könnte.
Aus der Formulierung des § 26 Abs. 3 GewO 1973 ergibt sich zunächst - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers -, daß der Nachsichtswerber im Falle eines zum Zwecke der Bestellung als Geschäftsführer eingebrachten Nachsichtsansuchens hinsichtlich der Erfüllung von mit einer entsprechenden Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichtenen in eigener Person die gleichen Voraussetzungen erfüllen muß wie eine Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes, die zum Zwecke der Erlangung einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ein Nachsichtsansuchen im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1973 einbringt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0020). Ferner ergibt sich - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkannt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0169 und das Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0207) - aus dem Wortlaut des § 26 Abs.1 GewO 1973 "wenn... erwartet werden kann ...", daß keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige Erwartung ausschließen würden. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt aber jedenfalls voraus, daß der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - und zwar bei Fälligkeit - abdecken zu können.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0199 unter Bezugnahme auf die dort angeführte hg. Rechtsprechung des weiteren dargelegt hat, korrespondiert dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft auch auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 GewO 1973 insofern zu, als die Feststellung der "nunmehrigen wirtschaftlichen Lage" notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzt.
Ausgehend von dieser Rechtslage kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie - ungeachtet des Vorbringens des Beschwerdeführers, sein Einkommen im Falle seiner Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer würde es ihm ermöglichen, bestehende wie künftige Verbindlichkeiten zu erfüllen - unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede gestellten Forderungen zur Annahme gelangte, daß er jedenfalls derzeit (d.h. im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) nicht über die erforderlichen liquiden Mittel im Sinne der obigen Ausführungen verfüge.
Mit dem Vorbringen, es bestehe mit dem Finanzamt N eine Zahlungsvereinbarung, fällt der Beschwerdeführer freilich ebenso unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG wie mit der Behauptung, es bestünden Zusagen hinsichtlich einer Prolongation der mit der Nö Gebietskrankenkasse befristet abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung, weil ein dahingehendes konkretes Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet wurde. Der Umstand aber, daß von einem Gläubiger "keine wie immer gearteten exekutiven Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer getroffen wurden" stellt für sich noch keinen Sachverhalt dar, der eine positive Erwartung im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1973 begründen könnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0020).
Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Behörde habe ihn - im Gegensatz zu den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - niemals ausdrücklich aufgefordert oder es ihm "nachweislich anheimgestellt", darzulegen, daß er über ausreichend liquide Mittel zur Ausübung des Kontaktlinsenoptikergewerbers verfüge, trifft nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten zwar zu, vermag aber keine entscheidungswesentliche Aktenwidrigkeit darzutun. Der Beschwerdeführer behauptet nämlich selbst nicht, daß er im Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit gehabt hätte, seine finanzielle Situtation darzulegen. Auch findet sich in der Begründung des Bescheides erster Instanz die Feststellung, daß die finanziellen Mitteln des Beschwerdeführers "schon jetzt nicht zur Abwehr exekutiv andrängender Gläubiger ausreichen". Dieser Feststellung ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren in konkretisierter Form um hinsichtlich einzelner Zahlungsverpflichtungen entgegengetreten, im übrigen aber hat er lediglich pauschal behauptet, seinen Zahlungsverpflichtungen im wesentlichen nachgekommen zu sein bzw. Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen zu haben. Daß er hingegen über liquide Mittel zur Abdeckung sämtlicher Forderungen bzw. über weitere Mittel zur Ausübung des Kontaklinsenoptikergewerbes verfüge, hat er freilich nicht vorgebracht. Da jedoch - wie ausgeführt - die Feststellung seiner wirtschaftlichen Lage ein entsprechendes Vorbringen des Beschwerdeführers erfordert, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von seinen Angaben ausgegangen ist, ohne ihm - über die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Feststellung hinaus - ein bestimmtes Vorbringen nachweislich anheimgestellt zu haben.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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