VwGH 93/01/0311

VwGH93/01/031121.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1993, Zl. 4.339.353/2-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §63 Abs5;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §63 Abs5;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1993 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei (Staatsangehörigkeit: "jugosl. Föderation") gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Jänner 1993 abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde gewährte dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl, weil der Beschwerdeführer bereits in Slowenien und Kroatien vor seiner Einreise nach Österreich vor Verfolgung sicher gewesen, sondern auch, weil er kein Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sei. Der abweisliche erstinstanzliche Bescheid hatte sich nur auf den Eintritt von Verfolgungssicherheit in Kroatien berufen.

Soweit sich der angefochtene Bescheid darauf stützt, daß der Beschwerdeführer bereits in Kroatien und Slowenien vor Verfolgung sicher im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gewesen sei, macht der Beschwerdeführer geltend, weder Kroatien noch Slowenien verfügten über ein funktionierendes Asylverfahren. Flüchtlinge aus anderen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens seien in diesen beiden Staaten nicht vor einer Rückschiebung geschützt.

Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Slowenien und Kroatien von ihr effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe hinsichtlich der Mitgliedschaft dieser Länder

BGBl. Nr. 806/1993) entsprechenden Schutz böten, und daß davon auszugehen sei, daß "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung" stehe, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesen Ländern (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0522, und vom 20. Mai 1994, Zl. 94/01/0097).

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung in bezug auf Slowenien, worauf sich erst die Berufungsbehörde stützte, erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. In bezug auf Kroatien hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung eingewendet, er sei dort nicht sicher gewesen und hätte keinen Schutz vor Rückschiebung in den Kosovo gehabt. Damit hat der Beschwerdeführer aber, soweit die Behörde den Bescheid auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stützte, die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0004).

Es ist daher weiters zu prüfen, ob die belangte Behörde die Abweisung des Asylantrages zutreffend darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu qualifizieren sei. In dieser Hinsicht gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, Zl. G 9293/94) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist.

Aus den dort dargelegten Erwägungen stellt sich der angefochtene Bescheid in bezug auf die Anwendung des § 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Asylgesetz 1991 als inhaltlich rechtswidrig gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG dar. Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund aufzuheben, da die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1983, Zl. 83/10/0038 u.a.).

Daß den § 8 Asylgesetz 1991 betreffenden Beschwerdegründen keine Berechtigung zukommt, ergibt sich aus den auch hier zum Tragen kommenden Überlegungen im hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0545, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere Art. III Abs. 2.

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