Normen
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2;
AsylG 1991 §26;
AsylG 1991 §3;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §37;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2;
AsylG 1991 §26;
AsylG 1991 §3;
FlKonv Art33;
FrG 1993 §37;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Dezember 1993 wurde der am 9. Mai 1993 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines bosnischen Staatsangehörigen, der am 10. Oktober 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Mai 1993 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 11. Mai 1993, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet am 10. Oktober 1992 in Ungarn aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen
- im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, im angefochtenen Bescheid "Feststellungen und Beurteilungen hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft zu treffen". In diesem Zusammenhang führt er aus, daß selbst dann, wenn ein Ausschließungsgrund (wie ihn die belangte Behörde herangezogen habe) vorliege, die Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer "ein Flüchtling im Sinne der GFK" (gemeint: Genfer Flüchtlingskonvention) sei, rechtserheblich sei. Die bloße Feststellung der Flüchtlingseigenschaft entfalte nämlich Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer, insbesondere wäre er nämlich dann dem Schutz des Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention unterstellt. Im Falle eines ablehnenden Bescheides hätte demnach seiner Ansicht nach der "Spruch der Behörde zweigliedrig zu sein, und zwar in einem ersten Teil müßte festgestellt werden, ob der Antragsteller Flüchtling im Sinne der GFK ist oder nicht, in einem zweiten Teil muß die Frage geklärt werden, ob ihm Österreich Asyl gewährt oder nicht". Jedem Antrag auf Asylgewährung sei nämlich der Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft inhärent. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei, daß nunmehr - anders als nach der früheren Rechtslage gemäß § 2 Abs. 1 Asylgesetz (1968), wonach bescheidmäßig eine Feststellung darüber zu treffen war, ob die nach § 1 (betreffend die Flüchtlingseigenschaft) maßgebenden Voraussetzungen gegeben sind - der Asylbehörde gemäß § 3 Asylgesetz 1991 ausschließlich eine Entscheidung darüber obliegt, ob einem Asylwerber Asyl zu gewähren ist, und einem solchen Antrag nur dann stattzugeben ist, wenn nach diesem Bundesgesetz glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling und die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist. Es müssen demnach im Falle der Asylgewährung kumulativ beide Voraussetzungen vorliegen, was bedeutet, daß es dann, wenn schon eine dieser Voraussetzungen (wie auf Grund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991) fehlt, rechtlich nicht mehr der Klärung bedarf, ob allenfalls die weitere dieser Voraussetzungen (nämlich die Flüchtlingseigenschaft) gegeben wäre. Auch aus der Diktion des § 2 Abs. 2 Asylgesetz 1991 ("Kein Asyl wird einem Flüchtling gewährt, wenn ...") läßt sich nicht das Gegenteil ableiten, wird doch darin vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß
- abweichend von der grundsätzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 leg. cit., wonach Österreich Flüchtlingen Asyl gewährt - in näher bestimmten Fällen eine Asylgewährung trotz Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft nicht in Betracht kommt. Hätte daher die belangte Behörde zu Recht von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht, dann wäre es auch nicht rechtswidrig, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht geprüft hat. Die Frage der Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers aus Österreich ist lediglich auf Grund der hiebei anzuwendenden fremdenpolizeilichen Vorschriften (§ 37 Fremdengesetz) zu beurteilen, womit auf diese Weise auch dann, wenn nicht auf Grund eines asylrechtlichen Verfahrens feststeht, daß dem Beschwerdeführer, bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung, die Flüchtlingseigenschaft zukommt, dem Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention hinreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).
Der Beschwerdeführer unterliegt auch einem Rechtsirrtum, wenn er - entgegen der genannten Rechtsprechung - die Auffassung vertritt, es sei bei Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" rechtlich von Bedeutung, daß die ungarischen Behörden von seiner Durchreise keine Kenntnis gehabt hätten. Er behauptet aber darüber hinaus ausdrücklich, daß der "UNO Hochkommissär für das Flüchtlingswesen bereits öffentlich kundgetan hat, daß in Ungarn ein wirksamer Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat für bosnische Staatsbürger nicht gegeben ist".
Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Ungarn von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe hinsichtlich des Beitrittes dieses Landes BGBl. Nr. 260/1992) entsprechenden Schutz biete, und daß davon auszugehen sei, daß dort "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung" stehe, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522). Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren - in dem die Erstbehörde diesen Ausschließungsgrund nicht herangezogen hat - nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Der Beschwerdeführer hat damit die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde (mit den darauf entfallenden Stempelgebühren) lediglich in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.
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