Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a Abs1;
PersFrSchG 1988 Art2 Abs1 Z7;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
FrPolG 1954 §5a Abs1;
PersFrSchG 1988 Art2 Abs1 Z7;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1.1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, war am 10. Februar 1992 ohne Reisepaß und ohne österreichischen Sichtvermerk aus Ungarn kommend über die grüne Grenze nach Österreich eingereist.
1.2. Mit Bescheid vom 13. Februar 1992 ordnete die Bundespolizeidirektion Salzburg gemäß § 5 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPolG) iVm § 57 AVG "zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - zur Sicherung der Abschiebung -" die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) gegen den Beschwerdeführer an. Einer allenfalls gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung komme gemäß § 57 Abs. 2 keine aufschiebende Wirkung zu. Aufgrund dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer am selben Tag in Schubhaft genommen.
1.3. Mit Bescheid vom 19. Februar 1992 erließ die Bundespolizeidirektion Salzburg gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 und 7 unter Bedachtnahme auf Abs. 3 iVm § 4 FrPolG ein bis 19. Februar 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet. Unter einem wurde einer allenfalls gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.4. Mit Bescheid vom 6. März 1992 ordnete die Bundespolizeidirektion Salzburg gemäß § 5 Abs. 1 FrPolG "zur Sicherung der Abschiebung" (neuerlich) die Schubhaft gegen den Beschwerdeführer an. Auch insoweit wurde einer allenfalls erhobenen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.5. Unter dem Datum 12. März 1992 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg einen Bescheid, mit dem sie die gegen den oben 1.3 genannten Bescheid erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abwies und diesen mit der Änderung bestätigte, daß sich das Aufenthaltsverbot auf § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 FrPolG zu stützen habe.
1.6. Am 19. April 1992 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.
2.1. Bereits am 26. Februar 1992 hatte der Beschwerdeführer Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg (die belangte Behörde) erhoben und den Antrag gestellt, es möge festgestellt werden, daß der Beschwerdeführer durch die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seit 13. Februar 1992 in seinen Rechten verletzt worden sei.
2.2. Mit der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde vom 25. März 1992 hatte der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, es möge festgestellt werden, daß er durch die weitere Anhaltung in Schubhaft in seinem Recht verletzt werde.
3.1. Mit Bescheid vom 9. März 1992 wies die belangte Behörde gemäß § 5a FrPolG iVm Art. 2 Abs. 1 Z. 7 BVG BGBl. Nr. 684/1988 die oben 2.1 genannte Beschwerde als unbegründet ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der Verhandlung vor der belangten Behörde über keine Barmittel verfüge und in Österreich keine Wohnmöglichkeit und auch keinen Arbeitsplatz habe. Der Beschwerdeführer sei darüber hinaus mangels entsprechender Dokumente nicht in der Lage, seine Identität nachzuweisen. Sowohl seine Einreise nach Österreich als auch sein Aufenthalt im Bundesgebiet seien unrechtmäßig. Alle diese Aspekte ließen den Schluß zu, daß sich der Beschwerdeführer dem Zugriff der Behörden zu entziehen versuchen werde und er zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auf die Begehung von Straftaten angewiesen sein werde. Die Anhaltung in Schubhaft ab 13. Februar 1992 sei daher zum Zwecke der Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. (ab 19. Februar 1992) der Sicherung der Abschiebung erforderlich. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft wegen des laufenden Asylverfahrens sei auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Asylantrag weder kraft Gesetzes einen Schubhaftbescheid aus der Rechtsordnung beseitige noch dessen Vollstreckbarkeit hemme.
3.2. Mit Bescheid vom 30. März 1992 wies die belangte Behörde gemäß § 5a FrPolG iVm Art. 2 Abs. 1 Z. 7 BVG BGBl. Nr. 684/1988 die oben 2.2 genannte Beschwerde als unbegründet ab.
Die Begründung dieses Bescheides entspricht in den wesentlichen Punkten jener des Bescheides der belangten Behörde vom 9. März 1992 (oben 3.1). Da in der vorliegenden Beschwerde keine neuen relevanten Gesichtspunkte aufgezeigt worden seien, sei diese unter Hinweis auf die im Bescheid vom 9. März 1992 angestellten Überlegungen als unbegründet abzuweisen gewesen.
4. Gegen die unter 3.1. und 3.2. angeführten Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 29. September 1992, B 527/92, B 593/92, ablehnte und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte der Beschwerdeführer die beiden Beschwerden.
5. Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden wie folgt erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 FrPolG kann ein Fremder von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder aus dem Grund notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern.
Wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, hat gemäß § 5a Abs. 1 FrPolG das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.
2.1. Der Beschwerdeführer bringt in beiden Beschwerden - weitgehend übereinstimmend - vor, daß die belangte Behörde die ihr nach § 5a FrPolG aufgetragene umfassende Prüfung der Frage, ob vorliegend alle gesetzlichen Schubhaftvoraussetzungen erfüllt seien, verweigert habe, weil sie in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen sei, nicht die Haftvoraussetzungen selbständig an Hand des Gesetzes prüfen zu müssen, sondern lediglich "den Schubhaftbescheid beschränkt materiell".
Außer dieser inhaltlichen Rechtswidrigkeit behauptet der Beschwerdeführer - dies nur in seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1992 (oben I. 3.2) - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es entgegen seinem Antrag unterlassen worden sei, H als Zeugin zum Beweis dafür einzuvernehmen, daß sie für sämtliche Kosten, die durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich entstünden, aufkomme.
2.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesem Vorbringen nicht beizupflichten. Im Rahmen der ihr aufgegebenen Rechtmäßigkeitskontrolle hatte die belangte Behörde als Haftprüfungsinstanz - abgesehen von der Frage der Existenz eines vollstreckbaren Schubhaftbescheides - zu prüfen, ob bei der Festnahme des Beschwerdeführers zumindest einer der zwei im § 5 Abs. 1 FrPolG normierten Gründe vorgelegen und ob diese Voraussetzung auch noch im Zeitpunkt ihrer Entscheidungen aufrecht war. Dieser Prüfungspflicht kam die belangte Behörde nach.
2.2.2. Zunächst konnte sie nach Lage des Falles davon ausgehen, daß die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers am 13. Februar 1992 wie auch dessen (fortdauernde) Anhaltung im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide vom 9. März 1992 und 30. März 1992 auf jedenfalls einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid basierte und damit die grundlegende Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit der Festnahme/Anhaltung gegeben war.
Im übrigen stellte sie - unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben bei der am 2. März 1992 durchgeführten Verhandlung - fest, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Festnahme mittellos gewesen sei und weder über eine Wohnmöglichkeit verfügt noch einen Arbeitsplatz besessen habe. An der Unbedenklichkeit dieser maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen vermochte der Umstand, daß die belangte Behörde H nicht als Zeugin einvernahm, nichts zu ändern. Denn um mit Erfolg darzutun, daß der Beschwerdeführer über ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes und über eine Unterkunft verfüge, genügte es nicht, darauf hinzuweisen, daß sich die Genannte bereit erkläre, für den Unterhalt und die Wohnbedürfnisse des Beschwerdeführers aufzukommen, und dazu ihre Vernehmung als Zeugin zu beantragen (Beschwerde vom 25. März 1992). Vielmehr hatte der Beschwerdeführer, wollte er die betreffende behördliche Feststellung entkräften, von sich aus initiativ zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel und eine Unterkunft verfügt. Dieser Beweis gelang dem Beschwerdeführer mit dem bloßen Hinweis auf die erwähnte angebliche Erklärung der H nicht. Es hätte dazu der Bekanntgabe hiefür relevanter konkreter Tatsachen, wie der Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfälliger Unterhaltspflichten und sonstiger finanzieller Verpflichtungen der Genannten, untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbarer Unterlagen, bedurft, wobei sich diese solcherart belegten Auskünfte auf einen längeren Zeitraum zu beziehen gehabt hätten, um der belangten Behörde eine verläßliche Beurteilung dahin zu erlauben, ob sie ihre ursprünglichen Feststellungen aufrechterhalten kann. Unterließ es der Beschwerdeführer, dieser seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nachzukommen, so war die belangte Behörde nicht gehalten, anstelle dessen die angeblich unterstützungswillige Person als Zeugin zu vernehmen.
Bestand somit für die belangte Behöde zu Recht kein Zweifel an der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sowie am Fehlen einer Unterkunft und einer legalen Beschäftigungsmöglichkeit für ihn - die Aktenlage bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß diese Umstände im Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Bescheide nicht mehr gegeben waren -, so war ihr Schluß auf die Notwendigkeit der Festnahme und der (fortdauernden) Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit (§ 5 Abs. 1 FrPolG) nicht rechtswidrig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0079).
2.3. Schließlich begegnet die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Rechtsansicht, es stehe das "laufende Asylverfahren" der Festnahme/Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nicht entgegen, keinen Bedenken. Dies träfe selbst dann zu, wenn der Beschwerdeführer zu dieser Zeit nach dem Asylgesetz 1968 zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen gewesen wäre (vgl. auch dazu das vorzitierte hg. Erkenntnis).
3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerden als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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