VwGH 92/12/0115

VwGH92/12/011517.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr.Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems a.d. Donau vom 12. September 1991, Zl. MD-D-14/1991, betreffend ärztliche Sondergebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
B-VG Art137;
JN §1;
KAG NÖ 1974 §45;
KAG NÖ 1974 §57 Abs2 lita;
VwRallg;
AVG §56;
B-VG Art137;
JN §1;
KAG NÖ 1974 §45;
KAG NÖ 1974 §57 Abs2 lita;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Statutarstadt Krems a.d. Donau hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Primarius einer Abteilung am A.ö. Krankenhaus Krems in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Krems a.d. Donau.

In einer im Wege der ärztlichen Direktion an den Magistratsdirektor der Stadt Krems a.d. Donau gerichteten Eingabe vom 16. Juli 1990 führte der Beschwerdeführer aus, daß ihm offenbar ohne Rechtsgrundlage bei der Abrechnung der ihm zustehenden "ärztlichen Gebühren (Sonderklasse - BVA/VA)" bis 1988 46,5 % und darnach 40,5 % zuviel" vor der Honorarverteilung durch die Verwaltung" in Abzug gebracht worden sei bzw. werde. Der Beschwerdeführer beantragte, ihm entweder diese Fehlbeträge binnen vier Wochen auszuzahlen oder bei Ablehnung einen abschlägigen Bescheid zu erlassen.

Am 26. Februar 1991 - protokolliert am 1. März 1991 - stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG 1950 an den Stadtsenat der Stadt Krems a.d. Donau (im folgenden: belangte Behörde) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag vom 16. Juli 1990.

Der daraufhin ergangene angefochtene Bescheid hat folgenden Spruch:

"Der Stadtsenat als gem. § 73 (2) AVG in der derzeit geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 38 Abs. 3 Ziff. 7 Kremser Stadtrecht sachlich in Betracht kommende Oberbehörde hat in seiner Sitzung vom 11. September 1991 beschlossen, dem Antrag des Prim. Dr. F vom 16.7.1990 hinsichtlich der Auszahlung jener Beträge, die bei den ärztlichen Gebühren (Sonderklasse BVA/VA) bis 1988 in der Höhe von 46,5 % vor der Honorarverteilung durch die Verwaltung in Abzug gebracht wurden, NICHT FOLGE zu geben und diesen zurückzuweisen."

In der Begründung werden zunächst die Rechtsgrundlagen für die rechtlichen Beziehungen der Träger der öffentlichen Krankenanstalten zu den Krankenversicherungsträgern angeführt. Als Krankenversicherungsträger im Sinne des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974, LGBl. Nr. 9440 (kurz: NÖ KAG) hätten u.a. auch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (kurz: BVA) nach dem B-KUVG und die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen (kurz: VA) nach dem ASVG zu gelten. § 57 Abs. 1 NÖ KAG bestimme, daß die Rechtsbeziehungen zwischen den Versicherungsträgern und den Krankenanstaltenträgern unbeschadet der unmittelbaren Wirkung der §§ 53 bis 56 NÖ KAG durch privatrechtliche Verträge zu regeln seien ("Krankenanstaltenverträge"). Die Regelung dieser Rechtsbeziehungen sei somit sowohl im Bereich der Grundsatzgesetzgebung des Bundes als auch im Bereich der Ausführungsregelung des § 57 Abs. 1 bis 3 NÖ KAG als eine "zivilrechtliche" Sondernorm anzusehen.

Für den Vertragsinhalt des Krankenanstaltenvertrages enthalte § 57 NÖ KAG keine taxative Regelung, sondern Mindestanforderungen, deren Nichteinhaltung beim Vertragsabschluß unter Umständen zur Versagung der Genehmigung im Rahmen der Wirtschaftsaufsicht durch die Landesregierung nach § 27 Abs. 2 lit. a NÖ KAG führen könnte. Anders verhielte es sich mit den im § 27 Abs. 2 lit. a (zweiter Halbsatz) bis f NÖ KAG festgelegten Determinanten, die in einem Spannungsverhältnis zur grundsatzgesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 KAG 1957 stünden. Die zuletzt genannte Bestimmung gebiete den Abschluß "ausschließlich" privatrechtlicher Verträge. Damit solle eine Ausführungsregelung durch den Landesausführungsgesetzgeber unmöglich gemacht werden. Diese gesetzlichen Mindestanforderungen beträfen aber nur das Ausmaß der Pflegegebührenersätze (Sondergebühren) und die Dauer, für die Anstaltspflege gewährt werden müsse. Darüber hinausgehende Determinierungen seien unzulässig. Konsequenterweise enthielte das NÖ KAG im allgemeinen und § 57 Abs. 2 leg. cit. im besonderen keine Verpflichtung, im Krankenanstaltenvertrag die Aufteilung der Sondergebühren zwischen dem Krankenanstaltenträger und dem Arzt zu behandeln.

Der Begriff "Sondergebühr" im § 57 Abs. 2 lit. a NÖ KAG umfasse dabei alle im § 45 Abs. 1 lit. a bis d NÖ KAG aufgezählten Entgelte, also auch die ärztlichen Honorare. Dies ergebe sich im Einklang mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes aus dem Zitat "§ 45 Abs. 1" in § 57 Abs. 2 lit. a NÖ KAG und sei diese Auslegung auch durch die Entstehungsgeschichte des NÖ KAG zu stützen.

Enthalte nun ein Krankenanstaltenvertrag auch Regelungen zugunsten und oder zu Lasten Dritter (etwa die Verpflichtung zur Weitergabe eines bestimmten Prozentsatzes der Sondergebühren an den Arzt) oder Regelungen über die Beteiligung oder die Versicherungsleistungen von Privatversicherungsträgern, so seien solche Regelungen an sich noch nicht unzulässig. Sie wären aber Ausdruck des frei geäußerten Vertragswillens der Krankenanstaltenträger und der Versicherungsträger.

Im übrigen könnten solche Verträge nur in Betracht kommen, wenn es sich nicht um Privatpatienten handelte. Diese hätten hinsichtlich des ärztlichen Honorars ein Vertragsverhältnis nur mit dem Arzt - vgl. § 49 Abs. 5 und 6 NÖ KAG -, nicht aber mit dem Krankenanstaltenträger. Seit der NÖ KAG-Novelle vom 12. Oktober 1978, LGBl. 9440-1, bezögen sich die Bestimmungen des § 45 Abs. 2 bis 8 NÖ KAG nur auf die von Privatpatienten geleisteten Honorare.

§ 45 Abs. 1 lit. b NÖ KAG ermächtige zwar ganz allgemein zur Einhebung ärztlicher Honorare unter bestimmten Voraussetzungen; ob überhaupt und in welchem Prozentsatz diese für "Nicht-Privatpatienten" eingehobenen ärztlichen Honorare an die Ärzte tatsächlich weitergegeben werden müßten, darüber treffe das NÖ KAG keine Aussage.

In diesem Punkt unterscheide sich die Rechtslage in Niederösterreich von der Rechtslage in anderen Ländern. Der Landesgesetzgeber bewege sich aber jedenfalls im Rahmen des Grundsatzgesetzes, zumal es nach § 27 Abs. 4 lit. a KAG 1957 im uneingeschränkten Belieben des Landesgesetzgebers stehe, "weitere Entgelte festzulegen und ihre Art zu bestimmen oder davon zur Gänze oder teilweise Abstand zu nehmen" (VfSlg 9800, 10.066). Dies gelte auch für eine "weiterführende Regelung" im Sinne des § 27 Abs. 4 lit. a KAG 1957. Der Verfassungsgerichtshof habe es in diesem Zusammenhang auch nicht als gleichheitswidrig angesehen, wenn der Krankenanstaltenträger ärztliche Honorare einnehme, sie aber nicht weiterverteile (VfSlg 9800).

Die belangte Behörde hält in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters fest, daß die Patienten der BVA und VA keine Sonderklassepatienten "im herkömmlichen Sinne der einschlägigen Bestimmungen des NÖ Krankenanstaltengesetzes 1974 (§ 33 Abs. 2, § 45 Abs. 1)" seien. Vielmehr hätten die zuständigen Sozialversicherungsträger mit den Rechtsträgern der öffentlichen Krankenanstalten Niederösterreichs mit privatrechtlichem Vertrag eine Vereinbarung getroffen, daß deren Patienten in die Sonderklasse aufgenommen werden könnten und unter welchen Bedingungen welche zusätzlichen Zahlungen hiefür den Krankenanstalten bzw. deren Rechtsträgern geleistet würden.

In der Folge verweist die belangte Behörde auf ein mit Erlaß der Aufsichtsbehörde vom 5. April 1984 genehmigtes und zwischen BVA und "NÖKAS" namens aller "N.Ö.a.ö.KA" abgeschlossenes "neues Zusatzübereinkommen über die Aufnahme von bei der BVA Anspruchsberechtigten in die Sonderklasse". Im Art. II und III dieses Übereinkommens werde die Verrechnung der Pflege- und Sondergebühren geregelt. Art. III Abs. 7 des genannten Übereinkommens beinhalte "freies Ermessen" des Anstaltsträgers über die Höhe des ärztlichen Honorars.

Des weiteren habe der Gemeinderat der Stadt Krems als Rechtsträger des A.ö. Krankenhauses mit Beschluß vom 29. Jänner 1976 dem Abschluß eines Zusatzübereinkommens mit der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen (VA) über die Aufnahme der dort Anspruchsberechtigten in die Sonderklasse zugestimmt. In Analogie zum BVA-Übereinkommen regelten auch hier die Art. II und III die Verrechnung der Pflege- und Sondergebühren und sähe Art. IV Abs. 7 das "freie Ermessen" des Anstaltsträgers über die Höhe des ärztlichen Honorars vor.

Von den um die Sachaufwandsabgeltung verringerten Leistungen von BVA und VA seien bis 31. Dezember 1988 je 5 % an den Vorstand des Pathologischen Institutes sowie an den Vorstand des Zentrallaborinstitutes als Honoraranteil betrachtet und abgegeben worden. Ab 1. Jänner 1989 gelte diese Regelung nur mehr für den Leiter des Pathologischen Institutes. Diese Festlegungen beruhten auf Vereinbarungen des Primarärztekollegiums.

Die verbleibenden, von BVA und VA verrechneten Sondergebühren je Fall würden sodann im Verhältnis von 60 % (Honoraranteil) zu 40 % (Hausanteil) durch die Verwaltung aufgeteilt, wobei der den jeweiligen Abteilungsvorständen abgegebene Anteil steuerrechtlich - mit Finanzlandesdirektion und Finanzamt abgesprochen - als Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit (weil aus dem Dienstverhältnis im Zuge der Tätigkeit als Dienstnehmer erbracht bzw. zu erbringen) gelte.

Aus den einschlägigen Erlässen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung und dem Zusatzübereinkommen mit der BVA ginge eindeutig hervor, daß die Aufteilung des ärztlichen Honorars bei diesen beiden Arten von Sonderklassepatienten vom Rechtsträger der Krankenanstalt mit den betreffenden Prozentsätzen festzulegen sei. Da sich die den Primarärzten "gewährten Prozentsätze" am A.ö. Krankenhaus Krems an die seinerzeitigen Empfehlungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung hielten, bestünden gegen die geübte Vorgangsweise keine Bedenken, was auch von einem Rechtsgutachten des Verfassungsdienstes der Landesamtsdirektion bestätigt werde.

Die Entscheidung über die Aufteilung der Sondergebühren zwischen Anstalt und Primararzt sei somit im Wege eines privatrechtlichen Übereinkommens - sei es durch ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertrag oder durch stillschweigende Annahme - zu treffen. Die Änderung des Aufteilungsschlüssels könne daher ebenfalls wieder nur über eine vertragliche Regelung zwischen den beiden Vertragsparteien (Rechtsträger bzw. Krankenhaus-Arzt) erfolgen. Sollte hiebei keine Einigung erzielt werden, müßte der betreffende Primararzt mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden.

Wenngleich somit für die Verteilung der ärztlichen Honorare, die für "Nicht-Privatpatienten" eingehoben worden seien, im wesentlichen nur die Instrumente des Zivilrechtes verblieben, sei diese Aussage aber, wenn man der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in solchen Fällen folge, hinsichtlich der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Ärzte insofern zu relativieren, daß diesfalls mit Bescheid der zuständigen Dienstbehörde über die geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden sei.

Nachdem sich jedoch für die Erlassung eines solchen Bescheides zur betragsmäßigen Festsetzung eines ärztlichen Honorars keine wie immer geartete Rechtsgrundlage im NÖ Krankenanstaltengesetz fände, könnte dem Begehren nicht entsprochen werden und wäre der gegenständliche Antrag zurückzuweisen gewesen. Abschließend heißt es: "Somit können auch Rückforderungsansprüche von vermeintlich zu Unrecht eingehobenen Gebührenanteilen in den in Rede stehenden Fällen auf Grund der ausführlich dargelegten Sach- und Rechtslage immer nur im Rahmen zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeit geltend gemacht werden."

Mit der vorliegenden Beschwerde wird kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift aber verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid primär in seinem Recht auf Auszahlung der ihm nach dem NÖ KAG zustehenden ärztlichen Gebühren ("das ärztliche Honorar für die Behandlung" von Patienten in der Sonderklasse) im Zusammenhang mit Patienten der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter sowie der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen verletzt. Er bringt weiters vor, daß ihm als öffentlich-rechtlich Bediensteten der Stadt Krems das Arzthonorar ungekürzt weiterzuüberweisen oder bescheidmäßig festzustellen gewesen wäre, weshalb das Honorar für die Behandlung von diesen Sonderklassepatienten der Auffassung des Dienstgebers nach zu kürzen gewesen ist. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei diesem ärztlichen Honorar um einen Annex-Anspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde könne sich daher nicht einfach darauf beschränken, vereinbarte und tatsächlich eingehobene Beträge willkürlich zu verteilen und den Antrag auf Erlassung eines Bescheides zur betragsmäßigen Festsetzung mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist zunächst die Rechtsnatur des ärztlichen Honorars, das für die Behandlung von "Sonderklasse-Patienten" der VA und BVA entrichtet wird und - mit der Beurteilung der Rechtsnatur dieses Anspruches in Zusammenhang stehend - die Frage der Durchsetzbarkeit derartiger Ansprüche gegen den Träger der Krankenanstalt strittig.

Nach § 57 Abs. 2 lit. a NÖ KAG, LGBl. 9440, ist in den "Krankenanstaltenverträgen" u.a. "das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung den Trägern der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebührenersätze - unter Berücksichtigung der Abgeltung für therapeutische Behelfe - und allfälligen Sondergebühren nach § 45 Abs. 1" zu regeln. § 45 leg. cit. trägt die Überschrift "Sondergebühren und ärztliche Honorare" und sieht u.a. im Absatz 2 vor, daß das ärztliche Honorar von der Anstalt im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben ist, die gemäß § 49 Abs. 5 berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Für die Einhebung ist von der Anstalt eine Einhebungsvergütung im Ausmaß von 2,5 v.H. vom ärztlichen Honorar einzubehalten. Nach der zuletzt genannten Bestimmung wird das ärztliche Honorar vom verantwortlichen leitenden Arzt der Abteilung (Institutsvorstand) mit dem betroffenen Patienten oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart.

Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend davon aus, daß der Begriff "Sondergebühr" auch die "ärztlichen Honorare" umfaßt.

Nach der übereinstimmenden Judikatur aller Höchstgerichte sind die als ärztliche Honorare bezeichneten Leistungsentgelte von einem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Träger der Krankenanstalt stehenden Arzt als öffentlich-rechtliche Ansprüche aus eben diesem Dienstverhältnis zu werten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 1973, Zl. 51/73, vom 19. Jänner 1984, Zl. 83/15/0114, und des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 7285/1974, 9800/1983 und 10066/1984, sowie des OGH - ArbSlg. Nr. 9.063). Im Lichte dieser Bewertung des Arzthonorars erweist sich die Schlußfolgerung der belangten Behörde, derartige Ansprüche könnten nur im "Zivilrechtsweg" eingeklagt werden, als widersprüchlich und rechtlich unhaltbar.

Es ist zwar keineswegs ausgeschlossen, daß zwischen dem Dienstgeber und seinem öffentlich-rechtlich Bediensteten neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auch Rechtsbeziehungen privatrechtlicher Natur bestehen, für die das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis allenfalls Anknüpfungspunkt ist (vgl. VfSlg 7285/1974). Ansprüche des Beamten aus derartigen Rechtsbeziehungen gegen den "Dienstgeber" können im Zivilrechtsweg einklagbar sein. Im vorliegenden Fall fällt das Arzthonorar aber zweifellos im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers an, und zwar unbeschadet, ob dessen Höhe durch eine vorherige Absprache zwischen dem Arzt und dem Sonderklasse-Patienten bestimmt ist oder ob der Anspruch im übrigen auch Gegenstand von privatrechtlichen Vereinbarungen ("Zusatzübereinkommen") zwischen dem Krankenanstaltenträger und dem Krankenversicherungsträger ist.

Als Nächstes ist zu klären, ob über den strittigen Anspruch des Beschwerdeführers die Dienstbehörde einen Bescheid zu erlassen gehabt hätte - da sie nicht dem primären Begehren des Beschwerdeführers auf Auszahlung gefolgt ist - oder ob der gegenständliche Anspruch gemäß Art. 137 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen gewesen wäre.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 7172/1973, 7173/1973, 7243/1973, 8976/1980 u.a.) ist eine auf Art. 137 B-VG gestützte Klage auf Auszahlung eines Bezuges oder Bezugsanteiles dann unzulässig, wenn es nicht bloß um die Liquidierung, d.h. den technischen Vorgang der Auszahlung geht, sondern um die Rechtsfrage der Gebührlichkeit. Darüber ist im Streitfall durch Bescheid zu entscheiden, zumal ein rechtliches Interesse des Beamten gegeben ist, ob ihm dieser Bezug zusteht. Sein Antrag auf eine solche Feststellung durch Bescheid ist daher im Streitfall ein taugliches Mittel der Rechtsverfolgung; er hat daher einen Anspruch auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides. Nach VfSlg. 7846/1976, 8371/1978, 11.836/1988, 12.197/1988 u.a. werden Besoldungsansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht, wobei nur die letzte Phase ein technischer Vorgang ist, der nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sondern die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes begründet. In gleicher Weise hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 1. Februar 1973, Zl. 51/73, eine Beschwerde unter Hinweis auf den Rechtsweg nach Art. 137 B-VG abgewiesen, wenn der Anspruch unmittelbar auf Grund des Gesetzes zusteht und weder dem Grunde noch der Höhe nach einer vor der Auszahlung vorzunehmenden Feststellung oder Verfügung der zuständigen Dienstbehörde bedarf.

Im Beschwerdefall ist die Gebührlichkeit des Anspruches dem Grunde nach unbestritten. Strittig ist aber die Höhe dieses Anspruches, da die belangte Behörde diesbezüglich von einem "freien Ermessen" des Anstaltsträgers und von einer Gestaltung dieser Ansprüche durch Akte der privatrechtlichen Rechtsgestaltung ausgeht, wohingegen der Beschwerdeführer der Auffassung ist, daß ihm die ärztlichen Honorare ungeschmälert gebührten. Im Sinne der oben angeführten Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist bei dieser Rechtslage ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gegeben.

Zu klären bleibt allerdings noch, ob der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag, der primär auf die Auszahlung von Bezugsanteilen gerichtet ist, auch als Feststellungsantrag zu deuten ist. Zu berücksichtigen ist dabei, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren beantragte, ihm entweder "diese Fehlbeträge binnen vier Wochen auszuzahlen oder bei Ablehnung einen abschlägigen Bescheid zu erlassen". Stellt man in Rechnung, daß abweisende Leistungsbescheide ihrem Inhalt nach Feststellungsbescheide sind, die (allerdings nicht spruchgemäß) feststellen, daß das zugrunde liegende Recht oder Rechtsverhältnis, auf das der Anspruch auf Leistung gestützt wird, nicht besteht (vgl. in diesem Sinn FASCHING, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, III. Band, 1966, 47), so läßt sich der Antrag des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren dahin deuten, daß die Behörde im Falle der Nichtstattgebung des primär gestellten Antrages auf Liquidierung der Bezüge eine entsprechende bescheidmäßige Feststellung zu treffen gehabt hätte. Auch die Formulierung des Beschwerdepunktes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren steht dieser Deutung nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer ausgeführt hat, daß die Behörde - entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen (nicht näher begründeten) Auffassung - verpflichtet gewesen wäre, ihm entweder das ungekürzte Arzthonorar weiter zu überweisen oder auf Grund seines Antrages mit Bescheid festzulegen, daß und weshalb das ärztliche Honorar für die Behandlung der Sonderklasse-Patienten der BVA und VA nach Auffassung des Dienstgebers zu kürzen gewesen wäre.

Da es aber die belangte Behörde, ausgehend von einer falschen Rechtsauffassung hinsichtlich des Rechtsweges, unterlassen hat, eine Feststellung darüber zu treffen, weshalb im einzelnen die strittigen Anteile des Arzthonorars nicht ausbezahlt wurden, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zur Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte