VwGH 92/12/0056

VwGH92/12/005628.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des Mag. jur. D in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 26. Februar 1992, Zl. 05 1701/2-IV/1/91, betreffend Auskunftserteilung, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
AusG 1989 §14;
AusG 1989 §2 Abs1;
AusG 1989 §3;
AusG 1989 §4 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
VwRallg;
ABGB §6;
AusG 1989 §14;
AusG 1989 §2 Abs1;
AusG 1989 §3;
AusG 1989 §4 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Über seine Bewerbung wurde er mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1987 zum Gruppenleiter im Bereich der Großbetriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes für den 1. Bezirk bestellt. Ab 1. September 1990 wurde der Beschwerdeführer zur Großbetriebsprüfung Wien versetzt.

Mit Eingabe vom 17. Jänner 1991 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 4 des Auskunftspflichtgesetzes, BGBl. Nr. 287/1987 (APG), die Dienstbehörde möge zu folgenden Fragen Auskunft erteilen:

"1.) welche besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten neben den Ernennungserfordernissen für die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Funktion des Gruppenleiters "Prüfung von Auslandsbeziehungen" bei der GroßBp Wien verbundenen Anforderungen erwartet wurden (Anforderungsprofil).

2.) aus welchen Gründen meiner Bewerbung nicht entsprochen wurde. An der getroffenen Entscheidung habe ich ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG.

3.) welche Bewerber von der GroßBp Wien der Dienstbehörde vorgeschlagen wurden, welche in die engere Wahl der Begutachtungskommission gekommen sind und welche Bewerber bereits im Vorverfahren ausgeschieden wurden."

Zur Begründung dieses Antrages brachte der Beschwerdeführer vor, seiner Bewerbung vom 20. September 1990 um die Funktion des Gruppenleiters "Prüfung von Auslandsbeziehungen" bei der Großbetriebsprüfung Wien sei nicht entsprochen und ein anderer Beamter ernannt worden. Die Dienstbehörde sei verpflichtet gewesen, die für diese Funktion bedeutsamen Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber zu ermitteln, die für jeden Bewerber gewonnenen Ergebnisse abzuwägen und schließlich die daraus resultierenden Gesamtbeurteilungen der einzelnen Bewerber einander gegenüberzustellen. Die Dienstbehörde habe es jedoch nach Ansicht des Beschwerdeführers unterlassen, sich mit Kriterien zu befassen, die für den Beschwerdeführer sprechen könnten. Die Behörde könne nicht als befugt angesehen werden, durch einen der Rechtskontrolle nicht unterworfenen Verleihungsakt unter den Bewerbern (willkürliche) Auswahl zu treffen. Gemäß § 14 des Ausschreibungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 85, (AusG), sei die Bekanntgabe der Namen und einer Reihung der Bewerber nicht untersagt. Art. 20 Abs. 3 B-VG rechtfertige aus dem Grund der Amtsverschwiegenheit nur mehr die taxativ aufgezählten Interessen einer Gebietskörperschaft an einer Geheimhaltung. Der Tatbestand "Vorbereitung einer Entscheidung" könne eine Geheimhaltung ausschließlich bis zum Zeitpunkt der Fällung der Entscheidung rechtfertigen.

Schließlich wird die Frage gestellt:

"4.) Weshalb das AusschreibungsG 1989 nicht angewendet wurde, obwohl der angeführten Funktion sowohl mehr dienstliche Bedeutung (§ 4 Abs. 4 Z. 2 AusG) als auch mehr Verantwortung (§ 4 Abs. 4 AusG) zukommt, als der eines Gruppenleiters der Verwendungsgruppe B des Finanzamtes für den 1. Bezirk (Richtverwendung)."

Daraufhin erteilte die Finanzlandesdirektion Wien dem Beschwerdeführer am 22. Februar 1991 folgende Auskünfte:

"Zu Frage 1.):

Es wird auf die beiligende Arbeitsplatzbeschreibung für die Funktion eines "Gruppenleiters der Gruppe zur Prüfung von Auslandsbeziehungen" verwiesen.

Zu Frage 2.):

Ihrer Bewerbung wurde nicht entsprochen, weil Rat Mag. G

als geeigneter erachtet wurde.

Zu Frage 3.):

Von der Großbetriebsprüfung Wien wurden keine Bewerber

vorgeschlagen."

Es folgt eine Liste der Bewerber, darunter auch der Beschwerdeführer.

Weiters wird ausgeführt, in die engere Wahl sei nur Rat Mag. G gezogen worden; alle anderen Bewerber seien im Vergleich zu dem Genannten als weniger geeignet erachtet worden. Zur Frage 4.) des Beschwerdeführers wird ausgeführt, die Ausschreibung der gegenständlichen Funktion sei im Ausschreibungsgesetz 1989 nicht vorgesehen. Die im § 4 Abs. 3 Z. 4 lit. b AusG angegebene Richtverwendung beziehe sich gemäß § 4 Abs. 3 erster Satz nur auf die im § 4 Abs. 1 Z. 2 angeführten Verwendungsgruppen, also nicht auf die Verwendungsgruppe A. Gemäß dem Rundschreiben der belangten Behörde vom 22. Dezember 1989, verlautbart im AÖFV Nr. 39/1990, sei die gegenständliche Funktion nur behördenintern auszuschreiben gewesen. Auf diese Ausschreibungen fänden die Regelungen des Ausschreibungsgesetzes über das Verfahren bei der Ausschreibung und Begutachtung sowie die Geschäftsordnung der Begutachtungskommission sinngemäß Anwendung.

Mit Eingabe vom 8. April 1991 brachte der Beschwerdeführer gegenüber der Dienstbehörde vor, die beantragten Auskünfte seien zum Großteil nicht bzw. unrichtig erteilt worden. Insbesondere sei die Frage 1.) nach den Kenntnissen und Fähigkeiten, wie sie gemäß § 5 Abs. 2 AusG zumindest sinngemäß in der behördeninternen Ausschreibung hätten enthalten sein müssen, nicht beantwortet worden. Zur Frage 3.) wird ausgeführt, die Begutachtungskommission habe Vorgesetzte als Zeugen befragt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werde vom Vorgesetzten (Dienststellenleiter) ein Vorschlag eines Bewerbers mit mindestens einem Alternativvorschlag samt Begründung unterbreitet, da ansonst eine Abwägung durch die Begutachtungskommission bei weniger als zwei Bewerbern nicht erfolgen könnte. Die Frage sei unvollständig beantwortet worden. Zur Frage 4.) sei gefragt worden, ob der Tatbestand des § 4 Abs. 4 Z. 2 und 3 AusG gegeben sei. Zu den nichterteilten Auskünften werde deren Erteilung oder Ausfertigung eines Bescheides darüber, warum die Auskünfte nicht erteilt werden, beantragt. Die Dienstbehörde sei offenbar bestrebt, einen vorgenommenen Verleihungsakt der Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu entziehen.

Am 6. Juni 1991 richtete der Beschwerdeführer eine neuerliche Eingabe an die Dienstbehörde, in der er vorbrachte die Begutachtungskommission habe Hofrat Dr. M als sachverständigen Zeugen zu den Bewerbern befragt.

Gemäß dem Auskunftsgesetz würden folgende Auskünfte beantragt:

"a) Was sonst als ein Vorschlag mit mindestens einem Alternativvorschlag wurde vom Dienststellenleiter unterbreitet?

Laut Auskunft der Dienstbehörde vom 28. Mai 1991 hat die Reihung der Bewerber durch die Begutachtungskommission zu erfolgen.

Antrag

b) Die Dienstbehörde möge die REIHUNG DER BEWERBER zur (internen) Ausschreibung der Funktion des Gruppenleiters "Prüfung von Auslandsbeziehungen", Zl. GA 1-218A/66/90, bekanntgeben."

Zu den nichterteilten Auskünften werde deren Erteilung oder Ausfertigung eines Bescheides darüber, warum diese Auskünfte nicht erteilt werden, beantragt.

Laut Amtsvermerk vom 12. Juli 1991 präzisierte der Beschwerdeführer die im Schreiben vom 6. Juni 1991 beantragte Auskunft zur Frage a) wie folgt:

OR D beantragt die Bekanntgabe des vollen Wortlautes der von HR M vor der Begutachtungskommission getätigten Aussage."

Unter Bezugnahme auf das schriftliche Auskunftsbegehren vom 6. Juni 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 des Auskunftspflichtgesetzes zur Frage b) die Reihung der Bewerber bekanntgegeben. Gleichzeitig erließ die Behörde erster Instanz den Bescheid vom 22. August 1991, mit dem sie dem schriftlichen Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers vom 6. Juni 1991 hinsichtlich der Frage a) nicht entsprach. In der Bescheidbegründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Bekanntgabe des vollen Wortlautes der von Hofrat Dr. M vor der Begutachtungskommission getätigten Aussage betreffe Tatsachen, deren Geheimhaltung im überwiegenden Interesse der Parteien geboten sei. Gemäß § 14 AusG seien der Inhalt und die Auswertung der Bewerbungsgesuche sowie das Bewerbungsgespräch vertraulich zu behandeln. Über sie sei gegen jedermann, dem gegenüber keine Verpflichtung zu einer amtlichen Mitteilung bestehe, Stillschweigen zu bewahren. Bei der anzustellenden Interessensabwägung sei dem Interesse an der Öffentlichkeit bestimmter Tatsachen mit Verwaltungsbezug das Interesse der von einer solchen Tatsache betroffenen Personen an der Geheimhaltung gegenüberzustellen. Da der Beschwerdeführer im Ausschreibungsverfahren nicht einmal Parteistellung habe, müsse bei einer Interessensabwägung dem Schutzinteresse der betroffenen Personen - der Mitbewerber und der Auskunftsperson - der Vorrang eingeräumt werden. Der Gesetzgeber habe im § 14 AusG lediglich die Bekanntgabe der Namen und eine Reihung der Bewerber von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen. Der Auskunftserteilung stehe eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht statt und bestätigte diesen. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seiner rechtzeitigen Berufung vorgebracht, seine Frage, ob von Hofrat Dr. M der Begutachtungskommission ein Besetzungsvorschlag unterbreitet worden sei und welche Aussage von ihm gemacht worden sei, unterliege nicht der Verschwiegenheitspflicht des § 46 Abs. 1 BDG 1979. Die Geheimhaltung sei nicht im überwiegenden Interesse der Parteien geboten, weil weder der genannte Vorgesetzte noch die Mitbewerber Parteien im Ernennungsverfahren gewesen seien und der Geheimhaltungsgrund "überwiegendes Interesse der Parteien" nicht zutreffen könne. Vom Beschwerdeführer sei weder eine Auskunft über den Inhalt der Bewerbungsgesuche noch über ein Bewerbungsgespräch beantragt worden, die tatsächlich der Verschwiegenheit unterlegen wären. Soweit die Auskünfte den Beschwerdeführer beträfen, könne die Verschwiegenheitspflicht nicht verletzt werden, weil er die Bekanntgabe beantragt und gestattet habe. Das an der Beantwortung der Fragen bestehende überwiegende Interesse an der Öffentlichkeit und Allgemeinzugänglichkeit erscheine höherwertig als das an der Geheimhaltung der Dienstbeurteilung der Vorgesetzten oder der diesen abschirmenden Dienstbehörde. Die Begutachtungskommission sei unrichtig bzw. unvollständig informiert worden.

Dazu führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes und des § 14 AusG im wesentlichen aus, "Auswertung der Bewerbungsgesuche" im Sinne des § 14 AusG könne sich nicht darin erschöpfen, das konkrete Bewerbungsgesuch zu beurteilen, sondern müsse alle Informationen umfassen, die der Begutachtungskommission im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur Kenntnis gelangt seien. Die Begutachtungskommission könne auch zur sachgerechten Begutachtung der Bewerber notwendige sachverständige Zeugen wie etwa Vorgesetzte und Mitarbeiter befragen (§ 9 Abs. 2 AusG). Eine solche Befragung finde als zusätzliche Information auch bei der Auswertung von Bewerbungsgesuchen durch die Begutachtungskommission Berücksichtigung und unterliege somit der im § 14 AusG geregelten vertraulichen Behandlung. Aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung sei ableitbar, daß abgesehen von den in ihr taxativ angeführten Fällen Stillschweigen zu bewahren sei und keine Auskunft erteilt werden dürfe. Der Tatsache der Verwendung des Wortes "gegen jedermann" im § 14 zweiter Satz AusG sei weiters zweifelsfrei zu entnehmen, daß auch durch die Erklärung des Einverständnisses mit der Bekanntgabe einen selbst betreffender Auskünfte die Erteilung solcher nicht erwirkt werden könne. Die Begutachtungskommission entscheide keineswegs allein auf Grund der Aussagen des Vorgesetzten und sei nicht ausschließlich auf dessen Beurteilung angewiesen. Die Befragung von sachverständigen Zeugen stelle neben anderen ein mögliches Kriterium zur Entscheidungsfindung dar. Da dem Antrag des Beschwerdeführers die im § 14 AusG enthaltene Verschwiegenheitspflicht entgegenstehe, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Auskunftspflichtgesetzes haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG 1950, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist (§ 4 leg. cit.).

In der Berufungsschrift hat der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, "meiner Berufung stattzugeben und die von mir gestellte Frage, welche Aussage mein Vorgesetzter gemacht hat, jedenfalls hinsichtlich der mich betreffenden Passagen ordnungsgemäß zu beantworten bzw. entgegenstehende Geheimhaltungspflichten nicht nur zur behaupten, sondern auch richtig zu begründen".

Auf die damit vorgenommene Einschränkung des Auskunftsbegehrens gegenüber seinem Antrag im Verfahren erster Instanz ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen.

Die belangte Behörde hat die Erteilung der vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 6. Juni 1991 begehrten Auskunft zur Frage a), die von ihm laut Aktenvermerk vom 12. Juli 1991 wie folgt präzisiert worden war: "Bekanntgabe des vollen Wortlautes der von HR M vor der Begutachtungskommission getätigten Aussage", ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, diesem Begehren stehe die Verschwiegenheitspflicht nach § 14 AusG entgegen.

Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Der Inhalt und die Auswertung der Bewerbungsgesuche sowie das Bewerbungsgespräch sind vertraulich zu behandeln. Über sie ist gegen jedermann, dem gegenüber keine Verpflichtung zu einer amtlichen Mitteilung besteht, Stillschweigen zu bewahren. Nicht untersagt ist jedoch die Bekanntgabe der Namen und eine Reihung der Bewerber."

Die belangte Behörde beruft sich damit auf einen Sondertatbestand zur allgemein für die Beamten des Bundes im § 46 BDG 1979 geregelten Amtsverschwiegenheit. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist der Beamte über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, die eine Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

Diese Bestimmung in der Fassung des Artikel I Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 641/1987 ist mit Wirkung vom 1. Jänner 1988 in Kraft getreten und beruht auf der mit gleichem Tag wirksamen Regelung des Art. 20 Abs. 3 B-VG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 285/1987, deren erster Satz folgenden Wortlaut hat:

"Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit)."

Der zweite Satz dieser Norm ist im Beschwerdefall ohne Bedeutung. Abs. 4 des Art. 20 B-VG in der Fassung der zitierten Novelle hat folgenden Wortlaut:

"Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; ..."

Die Änderung des Art. 20 Abs. 3 B-VG durch die zitierte Novelle erforderte eine Anpassung der dienstrechtlichen Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit. Es sollte nicht mehr jedes Geheimhaltungsinteresse einer Gebietskörperschaft, sondern nur mehr die taxativ aufgezählten Interessen eine Geheimhaltung rechtfertigen (vgl. Erläuterungen 319 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats XVII. GP, S. 5).

Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1970, Slg. 6288, darauf hingewiesen, daß zwischen dem Institut der Amtsverschwiegenheit und dem Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK) ein Spannungsverhältnis besteht.

Nach den Gesetzesmaterialien zur Novelle des Art. 20 Abs. 3 B-VG, (39 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, S. 3) ist in demokratischen Gesellschaften eine Entwicklung nicht zu übersehen, die auf Öffnung der Verwaltung gegenüber den Informationsbedürfnissen der Bürger dränge. Dem Anliegen eines weiteren Abbaus der Amtsverschwiegenheit, soweit sie im Interesse der Gebietskörperschaft geboten werde, sollte die Neufassung des Art. 20 Abs. 3 B-VG dienen, wobei die bisher allgemein umschriebene Geheimhaltung "im Interesse einer Gebietskörperschaft" durch die Novelle präzisiert und dadurch gleichzeitig in ihrem Umfang eingeschränkt wurde. Künftig sollte nicht mehr jedes Geheimhaltungsinteresse einer Gebietskörperschaft, sondern nur mehr die taxativ aufgezählten Interessen eine Geheimhaltung rechtfertigen.

"Die Verschwiegenheit "im Interesse der Vorbereitung einer Entscheidung" wird dann und nur dann geboten sein, wenn ohne sie eine rechtmäßige bzw. zweckmäßige Entscheidung einer Behörde unmöglich oder wesentlich erschwert würde. Sinn dieser Regelung ist es, einen Entscheidungsvorgang durch vorzeitiges Bekanntwerden nicht zu unterlaufen. Der Begriff der Entscheidung soll dabei nicht nur bescheidmäßige Erledigungen, sondern auch andere Akte der Willensbildung in Regierung und Verwaltung (zB Entscheidungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, Erlassung von Verordnungen, Erteilung von Weisungen, Festlegung nicht rechtsförmlicher Art) erfassen.

Der Tatbestand "Vorbereitung einer Entscheidung" kann eine Geheimhaltung ausschließlich bis zum Zeitpunkt der Fällung der Entscheidung rechtfertigen. Ist eine Entscheidung bereits gefällt, kann unter Berufung auf diesen Tatbestand keine Amtsverschwiegenheit mehr bestehen. Dies schließt allerdings nicht aus, daß die Berufung auf einen anderen Geheimhaltungstatbestand zum Tragen kommt."

Aus den Materialien wird sohin deutlich, daß es der Wille des Verfassungsgesetzgebers war, das auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 14. Oktober 1976, Slg. N.F. Nr. 9.151/A, und vom 28. März 1985, Slg. N.F. Nr. 11.727/A) auf der Ebene des einfachen Gesetzes geschaffene Recht auf Auskunft im Bundesbereich beizubehalten sowie in gleicher Art und Weise auf die anderen Bereiche auszudehnen. Ein Gesetz, das dieses Auskunftsrecht beseitigt oder über die Grenzen des Art. 20 Abs. 4 B-VG hinaus einschränkt, wäre sohin verfassungswidrig und müßte im Fall seiner Prüfung der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof verfallen (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1991, Zl. B 4/91).

Die von der belangten Behörde zur Abweisung des Auskunftsbegehrens des Beschwerdeführers allein herangezogene Bestimmung des § 14 des Ausschreibungsgesetzes ist im Gegenstand gar nicht anzuwenden, weil die "interne Ausschreibung" der Funktion eines Gruppenleiters des Finanzamtes keine der in diesem Gesetz taxativ aufgezählten Funktionen betrifft, zumal es sich weder um die Betrauung einer Person mit der Leitung einer der genannten Organisationseinheiten in einer Zentralstelle (§ 2 Abs. 1) noch um die Betrauung einer Person mit der Leitung einer der im § 3 genannten nachgeordneten Dienststellen im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen (Z. 5) handelte. Einer ausdehnenden Auslegung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes auch auf andere Ausschreibungen steht aber der Grundsatz entgegen, daß eine solche Interpretation dort unzulässig ist, wo in die aus einem anderen Gesetz gewährleisteten subjektiv-öffentlichen Rechte - hier das Recht auf Auskunftserteilung - eingegriffen wird.

Gemessen am Auskunftspflichtgesetz steht dem eingeschränkten Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers kein Tatbestand entgegen, der die Verweigerung der Auskunft rechtfertigt.

Da die belangte Behörde die Rechtslage unrichtig beurteilt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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