VwGH 92/02/0228

VwGH92/02/022816.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Juni 1992, Zl. UVS-03/31/01125/92, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §53 Abs1 Z25;
StVO 1960 §9;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §44a Z2;
VStG §51 Abs6;
StVO 1960 §53 Abs1 Z25;
StVO 1960 §9;
VStG §19;
VStG §22;
VStG §44a Z2;
VStG §51 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. April 1992 erging gegen den Beschwerdeführer ein Spruch folgenden Inhaltes:

"Sie haben am 10.10.91 um 11.00 Uhr in der Neustiftgasse

von Museumstr. bis Neubaugasse als Lenker des Kfz... 2. Das VZ

gemäß § 53/Z. 25 StVO nicht beachtet, .... 4. mehrere

Fahrstreifenwechsel nicht angezeigt, .... Sie haben dadurch

folgende Rechtsvorschriften verletzt: .... 2. § 53/Z. 25, ....

4. 11/3 ... StVO." (die Punkte 1, 3, 5 und 6 dieses

Straferkenntnisses sind nicht Gegenstand des

verwaltungsgerichtlichen Verfahrens).

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Juni 1992 hinsichtlich der Punkte 2 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe keine Folge, daß die Tatumschreibung zu diesen Punkten wie folgt zu lauten habe:

"Sie haben am 10.10.1991 um 11.00 Uhr das Kfz mit dem Kennzeichen .... gelenkt und 2.) in 1070 Wien, die Neustiftgasse stadtauswärts fahrend ab der Kreuzung Neustiftgasse/Kirchengasse bis in Höhe Neustiftgasse 45 mit Ihrem Fahrzeug einen Fahrstreifen benützt, der den Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs (Omnibusse, ausgenommen Taxi) vorbehalten ist; und 4. in 1070 Wien, Neustiftgasse in Höhe der Hausnummer 45 einen bevorstehenden Fahrstreifenwechsel nicht so rechtzeitig angezeigt, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten."

Gleichzeitig wurde die übertretene Norm zu Punkt 4 mit "§ 11 Abs. 2 StVO" bezeichnet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst der Argumentation des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe durch die Neuformulierung der Tatumschreibung gegenüber dem erstbehördlichen Straferkenntnis in beiden Punkten die Tat ausgewechselt und ihm jeweils Taten zur Last gelegt, die innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 VStG nicht verfolgt worden seien, nicht zu folgen. Denn der Spruch des angefochtenen Bescheides unterscheidet sich gegenüber dem Inhalt des erstbehördlichen Straferkenntnisses hinsichtlich der Tatumschreibung in Punkt 2 lediglich dadurch, daß anstelle der bloßen Bezugnahme auf die Vorschrift des § 53 Abs. 1 Z. 25 StVO 1960 eine verbale Umschreibung des Tatverhaltens des Beschwerdeführers erfolgte und der Tatortbereich gegenüber dem erstbehördlichen Straferkenntnis räumlich eingegrenzt wurde. Letzteres trifft auch auf den Punkt 4 der neuformulierten Tatumschreibung zu. Im übrigen unterscheidet sich die diesbezügliche Tatumschreibung gegenüber dem Straferkennntnis in einer Anpassung der Wortwahl an die verba legalia und die Einschränkung des Tatvorwurfs auf einen einmaligen Vorgang. Es kann daher keinesfalls die Rede davon sein, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer neue, nicht rechtzeitig verfolgte Tathandlungen zur Last gelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber auch der Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht anzuschließen, die ihm in Punkt 2 des erstbehördlichen Straferkenntnisses zur Last gelegte Tat sei nicht unter § 53 Abs. 1 Z. 25 StVO 1960 zu subsumieren, es wäre vielmehr die Strafnorm des § 9 Abs. 5 leg. cit. anzuwenden gewesen.

Abs. 5 des mit "Verhalten bei Bodenmarkierungen" überschriebenen § 9 StVO 1960 bestimmt, daß dann, wenn auf der Fahrbahn Bodenmarkierungen für das Einordnen bestimmter Fahrzeugarten angebracht sind, die Lenker der in Betracht kommenden Fahrzeugarten ihre Fahrzeuge nach diesen Bodenmarkierungen einzuordnen haben. Die Lenker anderer Fahrzeuge haben so gekennzeichnete Straßenteile freizuhalten.

Zufolge der Z. 25 ("Fahrstreifen für Omnibusse") des Abs. 1 des mit "Die Hinweiszeichen" überschriebenen § 53 zeigt das dort abgebildete Zeichen einen den Fahrzeugen des Kraftfahrlinienverkehrs vorbehaltenen Fahrstreifen an, für dessen Benützung (die hier nicht in Betracht kommenden) Bestimmungen der Z. 24 sinngemäß gelten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem auch von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zitierten Erkenntnis vom 15. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.471/A, dargelegt hat, enthält diese Norm ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Hinweiszeichen" in der Überschrift zu § 53 ein ausdrückliches gesetzliches Verbot. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde diese Bestimmung durch Übernahme des diesbezüglichen Teiles des erstbehördlichen Straferkenntnisses im Spruch des angefochtenen Bescheides als verletzte Norm im Sinne des § 44a Z. 2 VStG bezeichnete. Daß am Tatort auch entsprechende Bodenmarkierungen angebracht waren, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

Als einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius erachtet es der Beschwerdeführer schließlich, daß die belangte Behörde, obwohl sie ihm, anders als im erstbehördlichen Straferkenntnis, nur die Unterlassung der Anzeige eines einzigen Fahrstreifenwechsels zur Last legte, in diesem Punkt die Strafe nicht herabsetzte.

Der Grundsatz der reformatio in peius bedeutet nach der nunmehr ausdrücklichen Anordnung des § 51 Abs. 6 VStG, daß aufgrund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Berufung keine höhere Strafe verhängt werden darf als im angefochtenen Bescheid. Zwar ist diese Bestimmung in Verbindung mit § 22 VStG dahin zu verstehen, daß dann, wenn dem Beschuldigten in einem Straferkenntnis mehrere Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt und über ihn mehrere Strafen verhängt wurden, das Verschlimmerungsverbot für jede einzelne der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gilt. Hievon zu unterscheiden ist jedoch ein Fall wie der vorliegende, in dem der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Straferkenntnis wegen mehrerer einzelner Tathandlungen einer einzigen Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und über ihn nur eine einzige Strafe verhängt wurde. Findet in einem solchen Fall die Berufungsbehörde, der Beschuldigte habe nicht alle ihm im erstbehördlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Tathandlungen begangen, ohne daß dadurch die Strafbarkeit seines Verhaltens entfällt, so bedeutet es keinen Verstoß gegen § 51 Abs. 6 VStG, wenn die Berufungsbehörde keine Herabsetzung der Strafe vornimmt. Sie hat allerdings unter dem Gesichtspunkt der Nachprüfbarkeit der Strafbemessung entsprechend den im hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1987, Zl. 85/18/0074, dargelegten Grundsätzen auszuführen, warum sie trotz Reduzierung des Tatvorwurfes eine Herabsetzung der Strafe nicht für angebracht hält.

Entsprechend diesen Grundsätzen liegt in der gerügten Vorgangsweise der belangten Behörde kein Verstoß gegen das in § 51 Abs. 6 VStG niedergelegte Verbot der reformatio in peius. Die belangte Behörde hat darüber hinaus im angefochtenen Bescheid eingehend und in nicht als rechtswidrig erkennbarer Weise dargelegt, warum sie das (von ihr gegenüber dem erstbehördlichen Straferkenntnis beibehaltene) Strafausmaß für angemessen hält.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte