VwGH 92/01/0077

VwGH92/01/007716.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 31. Oktober 1990, Zl. 11/T-9017013, betreffend Ladungsbescheid, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §19 Abs1;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
ZustG §2;
AVG §13a;
AVG §19 Abs1;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
ZustG §2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, der am 30. August 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 1. September 1990, ihm Asyl zu gewähren. Gegen den Bescheid erster Instanz vom 10. September 1990, in dem festgestellt worden war, daß er nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei, erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Bundesminister für Inneres.

Am 17. November 1990 wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Flüchtlingslager Traiskirchen, vom 31. Oktober 1990, mit dem der Beschwerdeführer zur "Übernahme eines Feststellungsbescheides bzw. Vornahme der Rechtsbelehrung gemäß § 13 a AVG in fremdenpolizeilicher und paßrechtlicher Hinsicht" als Beteiligter zur Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Flüchtlingslager Traiskirchen, unter Androhnung der sofortigen zwangsweisen Vorführung im Falle des ungerechtfertigten Fernbleibens persönlich geladen wurde, persönlich ausgefolgt. Mit Schreiben vom 20. November 1990 gab der Beschwerdeführer der belangten Behörde die Bevollmächtigung seines Rechtsvertreters bekannt und beantragte gleichzeitig die Aufhebung des Ladungsbescheides, da die Übernahme eines Feststellungsbescheides keine taugliche Begründung für einen Ladungsbescheid darstelle und dem Beschwerdeführer Rechtsbelehrungen von seinem Vertreter erteilt würden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 30. September 1991, Zl. B 1305/90, die Behandlung der gegen den Ladungsbescheid vom 31. Oktober 1990 erhobenen Beschwerde ab und trat in der Folge diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgenommenen Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die ihren Aufenthalt (Sitz) in ihrem Amtsbereich haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

Daraus folgt, daß die Behörde die Ladung entweder in Form der sogenannten einfachen Ladung oder in Form des Ladungsbescheides aussprechen kann. Der einfachen Ladung kommt lediglich die Bedeutung einer verfahrensrechtlichen Anordnung zu, gegen die eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist. Sie kann daher auch nicht abgesondert von der Hauptsache vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden. Der Ladungsbescheid, um den es sich im vorliegenden Fall handelt, unterscheidet sich von der einfachen Ladung dadurch, daß er für den Fall der unentschuldigten Nichtbefolgung des Ladungsbefehls die Verhängung von Zwangsstrafen oder die zwangsweise Vorführung androht (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1988, Zl. 88/09/0036). Gegen einen solchen Ladungsbescheid ist gemäß § 19 Abs. 4 AVG kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Maßgebend für die Rechtmäßigkeit eines Ladungsbescheides ist gemäß § 19 Abs. 1 AVG u.a. die Frage, ob der Gegenstand der Amtshandlung das Erscheinen des Geladenen vor der Behörde nötig macht (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. April 1978, Slg. N.F. Nr. 9534/A). Als Gegenstand der Amtshandlung nennt die belangte Behörde im angefochtenen Ladungsbescheid "die Übernahme eines Feststellungsbescheides", wobei daraus eindeutig hervorgeht, daß damit nicht etwa die Erlassung (Verkündung) eines mündlichen Bescheides, sondern lediglich die Übergabe eines bereits ausgefertigten schriftlichen Bescheides vorgesehen war. Als erlassen gemäß § 62 Abs. 1 AVG gilt ein schriftlicher Bescheid jedoch erst mit der Zustellung an die Parteien (vgl. Beschluß vom 14. August 1991, Zl. 91/17/0039). Für die Durchführung der Zustellung gilt das Zustellgesetz. Dieses regelt im § 2, daß - sofern die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht eine andere Form der Zustellung vorsehen - Schriftstücke durch Organe der Post, durch Organe der Behörden oder, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, durch Organe der Gemeinden zuzustellen sind. Einen Auftrag zur Abholung durch den Adressaten bei der erlassenden Behörde sieht das Gesetz nicht vor, sodaß auch eine Ladung zu diesem Zweck nicht in Betracht kommt.

Gleiches gilt für die als weiterer Gegenstand der Vorladung angeführte "Vornahme einer Rechtsbelehrung gemäß § 13 a AVG". So normiert § 13 a AVG zwar, daß die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat, begründet aber damit lediglich eine Verpflichtung der Behörde der Partei gegenüber bzw. ein subjektives Recht der Partei auf entsprechende Belehrung, keinesfalls aber eine Pflicht der Partei, sich einer Rechtsbelehrung unterziehen zu lassen. Für die Vornahme einer der Partei nicht aufzwingbaren Rechtsbelehrung ist somit das Erscheinen einer Partei nicht nötig. Damit erweist sich eine Vorladung zu einer solchen Rechtsbelehrung unter Androhung von Zwangsstrafen oder der zwangsweisen Vorführung als rechtswidrig. Dabei kann auch nicht - wie es die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift offensichtlich anstrebt - von einer Klaglosstellung des Beschwerdeführers durch nunmehrige Zustellung des auszufolgenden Bescheides an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ausgegangen werden, zumal einerseits die Vorführung - wie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich - auch noch nach Zustellung des Bescheides versucht wurde, andererseits als weiterer Gegenstand der Amtshandlung die Rechtsbelehrung gemäß § 13 a AVG angeführt wurde, die auch weiterhin möglich wäre.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei das Kostenmehrbegehren betreffend den Ersatz der im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof aufgelaufenen Stempelgebühren abzuweisen war.

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