VwGH 91/18/0096

VwGH91/18/009613.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Dr. Liliane U in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Februar 1991, Zl. MA 70-11/1296/90/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §44a lita;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §44a lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug als Ersatzbescheid für den mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0087, aufgehobenen Bescheid vom 19. Februar 1990 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Februar 1991, wurde die Beschwerdeführerin neuerlich schuldig erkannt, sie habe "es als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 4. März 1987, zugestellt am 26. März 1987, binnen zwei Wochen ab Zustellung bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug am 28. Februar 1987 um 18.08 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien gelenkt hat, richtige Auskunft zu erteilen". Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen, weshalb über sie eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zunächst veranlaßt, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß er - wie sich bereits aus dem Inhalt der in dieser Angelegenheit ergangenen Vorerkenntnisse vom 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0069, und vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0087, ergibt - die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe mit der von ihr erteilten Auskunft ihre gesetzliche Verpflichtung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 schon deshalb nicht erfüllt, weil sie darin lediglich angegeben habe, das in Rede stehende Fahrzeug habe sich zu dem in der Anfrage genannten Zeitpunkt nicht an dem dort genannten Ort befunden, nicht zu teilen vermag. Der belangten Behörde ist zwar darin beizupflichten, daß § 103 Abs. 2 KFG 1967 eine Bezugnahme in der nach dieser Gesetzesstelle ergehenden Anfrage auf einen bestimmten (Tat-)Ort nicht erfordert. Das vermag jedoch nichts daran zu ändern, daß dann, wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall - danach fragt, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt hat, der befragte Zulassungsbesitzer berechtigt ist, sich auf die Beantwortung der gestellten Frage zu beschränken und daher - die Richtigkeit dieser Erklärung vorausgesetzt - seiner gesetzlichen Verpflichtung genügt, wenn er erklärt, daß sich das in Rede stehende Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt nicht an dem in der Anfrage genannten Ort befunden hat. Im vorliegenden Fall liegt eine als Verwaltungsübertretung zu verfolgende Verletzung der aus § 103 Abs. 2 KFG 1967 erfließenden Verpflichtung der Beschwerdeführerin daher nur dann vor, wenn die von ihr erteilte Auskunft, das in Rede stehende Kraftfahrzeug habe sich im fraglichen Zeitpunkt nicht an dem in der Anfrage genannten Ort befunden, unrichtig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin nicht zu folgen, es habe im konkreten Fall zur Erfüllung der der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG obliegenden Verpflichtung zur Gewährung des Parteiengehörs nicht genügt, daß ihr die Aussage des Meldungslegers vom 27. Dezember 1989 durch den Inhalt des Berufungsbescheides vom 19. Februar 1990 bekannt wurde. Denn durch die Aufhebung dieses Berufungsbescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0087, hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit, im fortgesetzten Verwaltungsstrafverfahren hiezu Stellung zu nehmen.

Im übrigen entspricht die nunmehr angestellte Beweiswürdigung der belangten Behörde neuerlich nicht den bereits in den Vorerkenntnissen näher dargestellten, durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkretisierten Erfordernissen:

Die belangte Behörde stützt ihre Annahme, das Kraftfahrzeug, dessen Zulassungsbesitzerin die Beschwerdeführerin im hier maßgeblichen Zeitpunkt war, habe die vom Meldungsleger genannte Farbe "silbermetallic" und nicht die in der Zulassungsdatei genannte und auch von der Beschwerdeführerin als die richtige genannte Farbe "blau" aufgewiesen, einerseits auf einen Aktenvermerk des BzI. R vom 10. November 1989, wonach die Beschwerdeführerin "bei der durchgeführten Erhebung" angegeben habe, ihr Fahrzeug sei "zur Tatzeit silbermet. lackiert" gewesen und sei es auch heute noch. Obwohl die Beschwerdeführerin die Richtigkeit dieses Aktenvermerkes im gesamten Verfahren immer wieder bestritt, stellte die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen darüber an, wie es zu diesem Aktenvermerk kam, sondern begnügte sich im angefochtenen Bescheid mit der Feststellung, es ergebe sich aus dem Akt kein Anhaltspunkt, warum Bezirksinspektor R diesbezüglich wahrheitswidrige Angaben machen sollte. Um eine solche Aussage verläßlich treffen zu können, hätte es jedoch aufklärender Erhebungen, insbesondere einer Befragung des Verfassers über das Zustandekommen dieses Aktenvermerkes bedurft.

Andererseits stützt die belangte Behörde ihre die wahre Farbe des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges betreffende Feststellung auf den Inhalt eines anderen (dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorliegenden) Verwaltungsstrafaktes, aus dem sich angeblich ergebe, daß das fragliche Fahrzeug damals "silber" lackiert gewesen sei. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, daß ihr im Zuge des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens dieses Beweismittel niemals zur Kenntnis gebracht wurde, sodaß das ihr nach § 45 Abs. 3 AVG zustehende Parteiengehör verletzt wurde.

In diesem Zusammenhang erweist sich die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe über ausdrückliche Aufforderung vom 8. Jänner 1991, die Farbe ihres Kraftfahrzeuges zur Tatzeit bekannt zu geben, zwar ein sehr ausführliches Schreiben vorgelegt, jedoch zur gestellten Frage keine Aussage gemacht, als aktenwidrig. Denn in der telegraphischen Eingabe vom 27. Jänner 1991 erklärt die Beschwerdeführerin dezidiert, "daß sie ihr Fahrzeug niemals als silber, sondern immer nur - wie dies den Tatsachen entspricht - als blau bezeichnet hat".

Schließlich trifft es zwar zu, daß die Beschwerdeführerin zunächst der Aufforderung der belangten Behörde vom 4. Jänner 1990, bekanntzugeben, welchem konkreten Beweisthema die Anträge auf Vernehmung der Zeugen Dr. Heribert U und Susanne U dienen sollen, zunächst nicht nachgekommen ist. Bei den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid übersieht die belangte Behörde jedoch, daß die Beschwerdeführerin dieses Versäumnis in der bereits genannten telegraphischen Eingabe vom 27. Jänner 1991 dadurch nachholte, daß sie die Vernehmung dieser Zeugen zum Beweis dafür beantragte, daß sich das in Rede stehende Kraftfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht an dem in der Anfrage genannten Ort befunden hat.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich neuerlich der angefochtene Bescheid als mit solchen Verfahrensmängeln behaftet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil in dem durch die genannte Verordnung festgesetzten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist, sodaß sich das Begehren auf Zuspruch von Umsatzsteuer als nicht berechtigt erweist.

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