VwGH 91/18/0005

VwGH91/18/000526.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Herbert N gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. November 1990, Zl. VI/2-1263/3-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §24;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §24;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. November 1990 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 für schuldig befunden und bestraft, weil er am 9. Juni 1989 gegen 3.40 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Jois auf der B 50 aus Fahrtrichtung Winden kommend bis zum Anwesen Eisenstädter Straße 1 gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß der Beschwerdeführer einem Alkomattest unterzogen worden sei, welcher um 5.25 Uhr des Tattages einen Wert von 0,91 mg/l ergeben habe. Dieser Wert entspreche mehr als dem Doppelten des vom Gesetz vorgesehenen Grenzwertes von 0,4 mg/l. Die Lenkzeit sei mit 3.30 Uhr bis 3.45 Uhr angegeben worden. Zwischen der Beendigung des Lenkens und der Durchführung des Alkomattestes seien ca. 1 Stunde und 40 Minuten vergangen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne nach Beendigung des Lenkens ein Alkotest so lange gefordert werden, als noch praktisch verwertbare Ergebnisse erwartet werden könnten. Dies sei jedenfalls bis drei Stunden danach der Fall. Der Beschwerdeführer habe zu seiner Entlastung einen Nachtrunk von drei Seidel Bier sowie Whisky und Wodka in unbekannter Menge behauptet. Dem sei zu entgegnen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes derjenige, der sich in seiner Verantwortung auf einen Nachtrunk berufe, konkrete Angaben über die getrunkene Menge zu machen und unter Beweis zu stellen habe. Es bestehe daher sehr wohl eine Verpflichtung des Beschwerdeführers, genaue Mengenangaben zu machen, um einen Nachtrunk zu seinen Gunsten annehmen zu können, ohne eine Beweislastumkehr herbeizuführen. Diese Kriterien seien durch die Behauptung des Beschwerdeführers in keiner Weise erfüllt, da er weder die konkrete Menge des Nachtrunkes angegeben habe, noch diese unter Beweis habe stellen können. Daher sei sehr wohl von einer diesbezüglichen Schutzbehauptung des Beschwerdeführers auszugehen, die weiters dadurch gestützt werde, daß er einmal behauptet habe, nach dem Verkehrsunfall "aus Aufregung" Whisky und Wodka aus der Flasche getrunken zu haben, während er dem Meldungsleger gegenüber angegeben habe, Whisky und Wodka aus nicht gemessenen Gläsern getrunken zu haben. Dies habe der Meldungsleger zeugenschaftlich und durch den Beschwerdeführer unwidersprochen festgestellt. Einen weiteren Beweis für die Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Lenkung des Fahrzeuges stelle die übereinstimmende Beobachtung von Bezirksinspektor R. und Inspektor W. dar, welche um 2.15 Uhr in Purbach am Neusiedlersee in der Kellergasse als Besatzung einer Funkpatrouille unterwegs gewesen seien. Die Beamten hätten zeugenschaftlich erklärt, während der Vorbeifahrt beobachtet zu haben, wie der Beschwerdeführer sich torkelnd entlang der Hausmauer seines Gasthauses bewegt habe. Zur Aussage des Zeugen Roman O. sei zu bemerken, daß dieser lediglich in der Zeit von 23.45 Uhr bis 2.00 Uhr im Lokal anwesend gewesen sei, die Beobachtung der Gendarmeriebeamten, wonach der Beschwerdeführer entlang der Hausmauer getorkelt sei, jedoch erst um 2.15 Uhr gemacht worden sei, sodaß der Beschwerdeführer durchaus nach dem Verlassen des Lokales durch den Zeugen Alkohol habe konsumieren können. Es entspreche gesicherten medizinischen Erkenntnissen, daß in der Anflutungsphase besonders nachteilige Folgen des Alkoholkonsums auftreten. Die Aussage des Roman O. sei auch unter dem Aspekt zu werten, daß es durchaus menschlichem Verhalten entspreche, wenn man eine bekannte Person im Wissen um die Folgen eines bereits in Gang befindlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht zusätzlich belasten wolle. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei daher als erwiesen anzunehmen. Es folgen noch Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Dem Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, daß sich die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG über die Umkehrung der Beweislast lediglich auf die Schuldfrage beziehen, doch vermag er mit diesem Hinweis für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil er selbst mit Recht hervorhebt, daß der von ihm ins Treffen geführte "Nachtrunk" auf das Fehlen eines Tatbestandsmerkmales, nämlich der Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960, abzielt. Entgegen der offenbaren Auffassung des Beschwerdeführers läßt sich aber daraus nicht ableiten, daß etwa die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Behauptung, erst nach dem Lenken des Fahrzeuges eine größere Menge alkoholischer Getränke konsumiert zu haben (der Beschwerdeführer will entsprechend den gegenüber der Gendarmerie gemachten Angaben innerhalb etwa einer halben Stunde drei Seidel Bier und eine nicht näher bestimmte Menge Whisky und Wodka getrunken habenÜ), nicht den Tatsachen entspricht. Die Behörde hat zwar zufolge § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden, doch erfordert es die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren, den Erhebungsergebnissen nicht nur konkrete Behauptungen entgegenzusetzen, sondern auch entsprechende Beweise anzubieten. Unterläßt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1980, Zl. 895/78). Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das Ergebnis der Untersuchung mit einem Gerät im Sinne des § 5 Abs. 2 a lit. b StVO 1960, demzufolge der Alkoholgehalt der Atemluft des Beschwerdeführers ca. 100 Minuten nach dem Lenken eines Fahrzeuges 0,91 mg/l betragen hat, davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung begangen hat, und unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 1985, Zl. 85/02/0019, wonach derjenige, der sich auf einen "Nachtrunk" beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen hat, der diesbezüglichen Behauptung des Beschwerdeführers mangels eines entsprechenden Beweises durch ihn keine Bedeutung beigemessen hat.

Mit seinem Hinweis auf die Aussage des Zeugen O. kann der Beschwerdeführer schon deshalb nichts für seinen Standpunkt gewinnen, weil dieser Zeuge lediglich angegeben hat, daß der Beschwerdeführer in seiner (des Zeugen) "Gegenwart überhaupt nichts getrunken" habe, und der Zeuge den Beschwerdeführer zuletzt etwas mehr als 1 1/2 Stunden vor der erwähnten Tatzeit gesehen hat. Daß der Zeuge "keinerlei Alkoholisierungsmerkmale" festgestellt haben will, ist schon angesichts dieses zeitlichen Abstandes zur Tatzeit für das vorliegende Beweisthema ohne Bedeutung.

Die vom Meldungsleger vorgenommene Beurteilung von Alkoholisierungssymptomen des Beschwerdeführers ("Geruch der Atemluft nach Alkohol: deutlich, Gang: sicher, Sprache:

deutlich, Rötung der Bindehäute: deutlich, Benehmen:

beherrscht") bestätigt entgegen seiner Meinung nicht die Richtigkeit seiner Behauptung hinsichtlich des Nachtrunkes, weil die genannten Alkoholisierungssymptome ebensogut die Folge des schon vor dem Lenken des Fahrzeuges konsumierten Alkohols gewesen sein können. Ob die belangte Behörde aus den etwa 1 1/2 Stunden vor der angenommenen Tatzeit gemachten Beobachtungen der Besatzung eines Gendarmeriefahrzeuges (wonach sich der Beschwerdeführer torkelnd entlang der Mauer seines Gasthauses bewegt habe) Schlußfolgerungen hinsichtlich einer schon zu diesem Zeitpunkt gegebenen Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers ziehen durfte, kann angesichts des übrigen Beweisergebnisses dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann auch aus diesem Umstand nicht abgeleitet werden, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 alkoholbeeinträchtigt war.

Der Kritik des Beschwerdeführers an der Beweiswürdigung der belangten Behörde ist im übrigen zu entgegnen, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zusteht, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z. B. eine den Beschwerdeführer belastende und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Der belangten Behörde kann im Rahmen dieser beschränkten Kontrolle der Beweiswürdigung nicht vorgeworfen werden, unschlüssig argumentiert oder - unter Bedachtnahme auf die schon erwähnte Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers - irgendwelche erfolgversprechenden weiteren Ermittlungen unterlassen zu haben, wenn sie angesichts der geschilderten Umstände davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer die ihm angelastete Übertretung begangen hat, also die festgestellte Alkoholbeeinträchtigung nicht eine Folge des behaupteten Nachtrunkes war.

Schließlich ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die einzig zuverlässige Meßmethode wäre seine Vorführung zum Amtsarzt zur Ermittlung des Blutalkoholwertes gewesen, zu entgegnen, daß es ihm freigestanden wäre, im Sinne des § 5 Abs. 7 lit. a StVO 1960 eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu verlangen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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