Normen
ABGB §726;
BAO §21 Abs1;
BAO §21;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs2 Z4;
ErbStG §2;
ErbStG §3;
ErbStG §4;
ABGB §726;
BAO §21 Abs1;
BAO §21;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs2 Z4;
ErbStG §2;
ErbStG §3;
ErbStG §4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Die am 5. Jänner 1988 verstorbene Edith ... (in der Folge: Erblasserin) hatte in der mit 12. Jänner 1987 datierten Erklärung ihres letzten Willens, mit der kein Erbe eingesetzt worden war, mehreren Personen Vermächtnisse bestimmt. Der Beschwerdeführerin hatte sie ohne weitere Anordnung "Meinen grauen Persianermantel" zugedacht. Dieser war jedoch (nach S. 6 lit. c des von dem betreffenden Gerichtskommissär am 13. Juni 1989 aufgenommenen Protokolls - GZ 1 A 527/87-36 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien) am Todestag der Erblasserin nicht (mehr) vorgefunden worden.
Der Gerichtskommissär hatte (als solcher) mit Schreiben vom
9. November 1988 mit Ausnahme der Dr. Kitty ... und des
Egon ... die Beschwerdeführerin und die übrigen
Vermächtnisnehmer ersucht, die (jeweils) beiliegende Erklärung
"In der Verlassenschaftssache ... erkläre ich, als Legatar,
gem. § 726 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, keine Erbserklärung abzugeben." zu unterfertigen und rückzumitteln.
Mit Schreiben vom 16. November 1988 hatte die Beschwerdeführerin (durch ihren Vertreter) dem Gerichtskommissär im wesentlichen mitgeteilt, sie sehe keinen Grund, auf ihr Subsidiarerbrecht zu verzichten. Sollte das Erbrecht an die Legatare fallen, werde sie die Erbserklärung abgeben. Der Verkaufswert des vermachten Persianermantels werde von ihr unpräjudiziell mit S 30.000,-- geschätzt. Zur Vereinfachung des Verlassenschaftsverfahrens wäre sie - ebenfalls unpräjudiziell - allerdings bereit, gegen Bezahlung dieses Betrages auf ihr Subsidiarerbrecht zu verzichten.
Am 17. März 1989 hatte die Beschwerdeführerin die gewünschte Erklärung unterfertigt und den vom Gerichtskommissär an diesem Tag ausgestellten (auf den Betrag von S 30.000,-- lautenden) Originalscheck übernommen.
Mit Beschluß des erwähnten Bezirksgerichtes vom 13. Oktober 1989 war der Nachlaß der Erblasserin im Hinblick auf das Nichtvorhandensein gesetzlicher Erben den Legataren Dr. Kitty ... zu 1/3tel und Egon ... zu 2/3tel gemäß § 726 ABGB im Hinblick auf die vorliegenden Verzichtserklärungen der übrigen Legatare (einschließlich der Beschwerdeführerin) eingeantwortet worden. Die beiden Genannten hatten (nach S. 11 Abs. 1 des oben angeführten Protokolls) u.a. "die Legatsberichtigung" an die Beschwerdeführerin von S 30.000,-- übernommen.
Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob dieser Erwerb der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Verzichtserklärung (im Sinne der angefochtenen Berufungsentscheidung) gemäß § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG erbschaftssteuerpflichtig ist oder (im Sinne der Beschwerde) nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz
- 1. der Erwerb von Todes wegen,
- 2. Schenkungen unter Lebenden,
- 3. Zweckzuwendungen.
Auf Grund des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet auch, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.
Nach § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes
- 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts;
- 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
...
Auf Grund des § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nun darf nicht übersehen werden, daß diese Bestimmung keine Regel zur Auslegung von Steuergesetzen, sondern eine Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter SACHVERHALTE ist (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom 11. April 1991, Zl. 90/16/0040, ÖStZB 5/1992, S. 133, mit weiterem Hinweis).
Auch die Tatbestände des ErbStG knüpfen in der Hauptsache an die äußere zivilrechtliche bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiten daraus abgabenrechtliche Folgen ab, weshalb bei solchen Tatbeständen SCHON AUS DEM TATBESTANDSMERKMAL HERAUS bei der Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter die Norm subsumiert werden kann oder nicht, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßig vorgegebenen Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise Raum gegeben ist (siehe z.B. das Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 89/16/0216, ÖStZB 3/1992, S. 52, mit weiterem Hinweis).
DIE BELANGTE BEHÖRDE GEHT - nicht im vollen Einklang mit dem (bereits wiederholt angeführten) im Abhandlungsverfahren aufgenommenen notariellen Protokoll vom 13. Juni 1989, das in Kopie im Abgabenakt liegt und in dem von einem "Ersatzbetrag für den vermachten, jedoch am Todestag nicht vorgefundenen Persianermantel, lt. Übernahmsbestätigung Beilage ./9... S 30.000.-" und von der "Legatsberichtigung an" die Beschwerdeführerin "von S 30.000,--" gesprochen wird - DAVON AUS, daß die Beschwerdeführerin "für die Unterfertigung einer Bestätigung gemäß § 726 ABGB, keine Erbserklärung abzugeben einen Betrag von S 30.000.--" erhielt. "Dieser Betrag entsprach in etwa dem Schätzwert eines grauen Persianermantels, welchen die Beschwerdeführerin als Legat erhalten hätte, der jedoch in der Erbmasse nicht aufgefunden wurde".
Da die belangte Behörde ihre Erwägungen mit dem Hinweis auf § 726 ABGB einleitet, nimmt sie sichtlich diese Bestimmung zur Grundlage ihrer zu erörternden rechtlichen Überlegungen.
Wurde das Fehlen des grauen Persianermantels am Todestag der Erblasserin durch ihr willentliches aktives Verhalten herbeigeführt, könnte daraus auf den vermuteten Widerruf dieses Legates geschlossen werden (§§ 724 f ABGB; Kralik/Ehrenzweig, System des österreichischen Privatrechts3, 4. Buch, Das Erbrecht, Wien 1983, S. 151 f). In diesem Fall wäre die Beschwerdeführerin nicht mehr Legatarin gewesen und sie hätte deshalb auch kein Subsidiarerbrecht (§ 726 ABGB) besessen. Die erhaltenen S 30.000,-- wären nicht als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft zu qualifizieren.
Wurde das Fehlen des grauen Persianermantels am Todestag der Erblasserin ohne ihr willentliches aktives Verhalten herbeigeführt, müßte die im Legat zum Ausdruck gekommene Nahebeziehung zur Person der Legatarin, die der eigentliche Umstand ist, an den das Gesetz die Berufung des Legatars zum Erben knüpft, nicht abgebrochen gewesen sein. Entscheidend wäre, daß die Erblasserin die Beschwerdeführerin wirksam als Legatarin wollte; ungeachtet dessen, daß die Beschwerdeführerin den ihr als Legat zugedachten grauen Persianermantel nicht erlangte, hätte sie ihr Erbrecht nach § 726 ABGB geltend machen (vgl. Kralik, a.a.O., S. 83) und damit auch die Erbschaft ausschlagen können. Die erhaltenen S 30.000,-- wären, wenn sie für die Ausschlagung der Erbschaft gewährt wurden, als Abfindung für diese Ausschlagung zu qualifizieren.
Die belangte Behörde erörterte diese Fragen nicht. Auf die von ihr allein angestellte Überlegung, es tue nichts zur Sache, daß die abgegebene Verzichtserklärung rechtlich bedeutungslos sei, da die Beschwerdeführerin das wirtschaftliche Ergebnis habe eintreten lassen und es sei der Erbfall jedenfalls Voraussetzung dafür gewesen, daß die Beschwerdeführerin etwas erhalten habe, sodaß ein Erwerb von Todes wegen vorliege, ist hier die Festsetzung der Erbschaftssteuer nicht zu stützen.
Die angefochtene Berufungsentscheidung ist daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof kann im vorliegenden Fall nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin von einer Verhandlung absehen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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