VwGH 91/08/0193

VwGH91/08/019317.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des G als Vertreter der Wohnungseigentümer der Wohnanlage "N" in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. November 1991, Zl. SV-503/4-1991, betreffend Zurückweisung eines Einspruches (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), den Beschluß gefaßt:

Normen

ABGB §825;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §58 Abs2;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
AVG §9;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
ABGB §825;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §58 Abs2;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
AVG §9;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. April 1990 sprach die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse aus, daß "die Eigentumsgemeinschaft Wohnanlage "N", z.H. Hrn. G", (im folgenden Eigentumsgemeinschaft genannt) Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG und als solcher gemäß § 58 Abs. 2 ASVG verpflichtet sei, für die in der mitfolgenden Beitragsrechnung namentlich angeführten versicherten und bezeichneten Zeiträume allgemeine Beiträge in einer näher genannten Höhe zu entrichten. Dieser Bescheid wurde der Eigentumsgemeinschaft

z. Hd. des G zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Eigentumsgemeinschaft, vertreten durch den Hausverwalter G, Einspruch, in dem der für die Einspruchswerberin einschreitende und auch den Einspruch fertigende Hausverwalter zur "Passivlegitimation" der Eigentumsgemeinschaft ausführte, eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne mangels Rechtspersönlichkeit nicht Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG sein. Dienstgeber seien vielmehr sämtliche Miteigentümer des betreffenden Hauses. Daran ändere nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und dem Schrifttum die einem organschaftlichen Vertreter ähnliche Stellung des Hausverwalters nichts. Dies lasse die Adressierung der Bescheide an die Eigentumsgemeinschaft der Wohnanlage "z.Hd. des Hausverwalters" generell als bedenklich erscheinen. Der Hausverwalter sei ja keinesfalls Beitragsschuldner, auch nicht Mithaftender. Als Träger einer allenfalls bejahten Beitragspflicht wären die Wohnungseigentümer einzeln anzuführen gewesen.

In der Stellungnahme zum Einspruch brachte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vor, sie komme bei der Interpretation des im Einspruch zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1980, Zl. 1598/78, Slg. Nr. 10.294/A, zum gegenteiligen Ergebnis. Dienstgeber gemäß § 35 Abs. 1 ASVG sei nach diesem Erkenntnis nicht jeder einzelne Wohnungseigentümer, sondern die Eigentumsgemeinschaft.

Es heiße dann in diesem Erkenntnis: "Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kommt zwar keine Rechtspersönlichkeit zu, die belangte Behörde ist aber damit im Recht, daß Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG sämtliche Miteigentümer des Hauses sind." Nach diesem Wortlaut sei nach Auffassung der mitbeteiligten Partei die Eigentümergemeinschaft als Dienstgeber gemäß § 35 Abs. 1 ASVG anzusehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der Eigentumsgemeinschaft gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Begründend wird ausgeführt, es sei die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten gemäß § 9 AVG von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt sei, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die nach § 9 AVG zur Beurteilung der Rechts- und Handlungsfähigkeit in erster Linie heranzuziehende Verwaltungsvorschrift - im gegebenen Fall § 35 Abs. 1 ASVG - enthalte weder über die Rechts- noch über die Handlungsfähigkeit Regelungen. Damit seien die Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Rechtes maßgebend. Nach den Normen des Privatrechtes besäßen nur physische und juristische Personen die Rechts- und Handlungsfähigkeit und damit gemäß § 9 AVG auch die Partei- und Prozeßfähigkeit im Verwaltungsverfahren. Die im Beschwerdefall betroffene Eigentumsgemeinschaft sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und somit weder eine physische noch eine juristische Person und daher nicht parteifähig. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes könne nicht als Zurechnungsobjekt der Rechte und Pflichten des sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers qualifiziert werden. Mangels Rechtspersönlichkeit sei eine solche Gemeinschaft aber (nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 24. September 1968, Slg. Nr. 7.409/A) auch unfähig, gegen den vorliegenden Bescheid einen Eispruch zu erheben.

Gegen diesen Bescheid erhob "G ... als Vertreter der Wohnungseigentümer der Wohnanlage "N" (deren Namen und Adressen er über Berichterverfügung vom 21. Jänner 1992 im Mängelbehebungsschriftsatz vom 2. März 1992 bekanntgab) Beschwerde, nach der "der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Vertretung der Eigentumsgemeinschaft, auf Erlassung eines Bescheides, der nach Inhalt und Form dem AVG entspricht sowie auf ein ordnungsgemäßes und mängelfreies Einspruchsverfahren nach dem ASVG, insbesondere auf meritorische Erledigung seines Einspruches gegen den Bescheid erster Instanz verletzt" sei. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wendet der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes ein, es könne auch dann, wenn Wohnungseigentümer einer Wohnanlage als Eigentumsgemeinschaft keine juristische Person darstellten, den Wohnungseigentümern im Wege des Hausverwalters ein Bescheid zugestellt werden und es könne der Hausverwalter auch als Vertreter der Wohnungseigentümer deren Interessen durch Erhebung eines Einspruches wahrnehmen. Die Feststellung der Dienstgebereigenschaft und die Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen habe sich auf Tätigkeiten und Leistungen bezogen, welche die im Bescheid der mitbeteiligten Partei genannten Personen für die Eigentumsgemeinschaft erbracht hätten. Der Beschwerdeführer sei daher auf Grund seines gesetzlich verankerten Vertretungsrechtes (§ 17 WEG) zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert gewesen. Wenn weder im Bescheid (der mitbeteiligten Partei) noch in der Zustellverfügung alle Wohnungseigentümer namentlich genannt gewesen seien, so hätte die belangte Behörde den Bescheid der mitbeteiligten Partei aufheben müssen, weil eine Eigentumsgemeinschaft nicht Zurechnungssubjekt der Rechte und Pflichten eines Dienstgebers im Sinne sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen sei. Der angefochtene Bescheid sei aber auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weil der Einspruch bereits den Hinweis enthalten habe, daß eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern nicht Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG sein könne, Dienstgeber, vielmehr sämtliche Miteigentümer des betreffenden Hauses seien. In Erledigung dieses Einspruches hätte die belangte Behörde daher den Bescheid der mitbeteiligten Partei aufheben müssen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegbenschrift ebenso wie die mitbeteiligte Partei Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem den Beschluß vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0228, mit weiteren Judikaturhinweisen) ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung (durch den bekämpften Bescheid) in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch der Eigentumsgemeinschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer als Hausverwalter, mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, daß der Eigentumsgemeinschaft keine Rechtspersönlichkeit zukomme, sie daher nicht parteifähig im Sinne des § 9 AVG sei und ihr demgemäß auch keine Einspruchsberechtigung zustehe.

Durch diese so begründete Zurückweisung des vom Beschwerdeführer als Vertreter der Eigentumsgemeinschaft erhobenen Einspruchs kann aber der Beschwerdeführer als Verwalter der Wohnungseigentümer (unabhängig von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides) im eben genannten Sinn in keinem eigenen subjektiven Recht verletzt sein; eine Rechtsverletzungsmöglichkeit könnte vielmehr nur für die Eigentumsgemeinschaft oder die Wohnungseigentümer in Betracht kommen. Denn der Verwalter nach § 17 Abs. 1 WEG hat als direkter Stellvertreter einzuschreiten, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Ganzes (die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit) kraft ihrer Sachlegitimation als Hauseigentümer Dritten gegenüber steht; ein Auftreten im eigenen Namen würde ihm nur bei Durchsetzung der Interessen der Wohnungseigentümer gegen andere Mitglieder der Gemeinschaft ermöglicht (vgl. OGH, ImmZ 1989, 285, mit weiteren Judikatur- und Schrifttumshinweisen).

Selbst wenn aber die Beschwerde so gedeutet werden könnte, daß die (nunmehr namentlich genannten) Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit als Beschwerdeführer anzusehen seien, erwiese sich die Beschwerde als unzulässig. Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als solcher kommt (auch in dem im Beschwerdefall letztlich betroffenen sozialversicherungsrechtlichen Bereich) keine Rechtspersönlichkeit zu (vgl. das von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mehrfach zitierte Erkenntnis vom 14. November 1980, Slg. Nr. 10.294/A, aber auch den Beschluß vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/16/0206, sowie zur fehlenden Rechtspersönlichkeit einer sonstigen Gemeinschaft von Eigentümern einer Liegenschaft den Beschluß eines verstärkten Senates vom 24. September 1968, Slg. Nr. 7.409/A, sowie die Beschlüsse vom 22. September 1969, Zlen. 439, 740/69, und vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047). Nicht sie (wie die mitbeteiligte Partei in unzutreffender Interpretation des genannten Erkenntnisses vom 14. November 1980 meint), sondern nur die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit können daher Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 und damit Beitragsschuldner nach § 58 Abs. 2 ASVG sein. Die mitbeteiligte Partei hätte daher - in der nach § 357 ASVG gebotenen Anwendung des § 9 AVG - entweder im Spruch (bzw. in einer als Bestandteil desselben zu wertenden Liste) oder zumindest in der Zustellverfügung (vgl. die schon genannten Beschlüsse vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047, und vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/16/0206) als Dienstgeber und Beitragsschuldner nicht die Eigentumsgemeinschaft, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer selbst benennen müssen. Dadurch, daß sie dies nicht getan hat, entfaltete ihr Bescheid keine Rechtswirkungen (vgl. unter anderem den Beschluß eines verstärkten Senates vom 24. September 1968, Slg. Nr. 7.409/A, und den Beschluß vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047). Schon deshalb könnten auch die als Beschwerdeführer einschreitenden Wohnungseigentümer durch den angefochtenen Bescheid, unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit, in keinem Recht verletzt sein.

Eine Umdeutung der Beschwerde in eine solche der Eigentumsgemeinschaft scheidet schon deshalb aus, weil der Beschwerdeführer selbst zutreffend deren Rechtspersönlichkeit verneint und so zum Ausdruck gebracht hat, daß diesbezüglich (nämlich hinsichtlich ihrer Parteifähigkeit) kein Streit vorliegt. Hätte freilich die Eigentumsgemeinschaft, gestützt auf eine solche Behauptung, Beschwerde erhoben, so wäre ihre Beschwerde, im Ergebnis aus den Gründen des angefochtenen Bescheides, als unbegründet abzuweisen gewesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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