Normen
ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
ArbVG §2;
ArbVG §3 Abs1;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
KollV Dienstnehmer Gartenbaubetriebe Wr NÖ Bgld;
VwRallg;
ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
ArbVG §2;
ArbVG §3 Abs1;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
KollV Dienstnehmer Gartenbaubetriebe Wr NÖ Bgld;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. November 1990 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG Sozialversicherungsbeiträge für den in ihrem Gartenbaubetrieb beschäftigten A in Höhe von S 13.203,32 zu entrichten. Nach der Begründung dieses Bescheides sei anläßlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Beitragsprüfung zutage getreten, daß für A in den Lohnkonten Bezüge aufschienen, die unter den dem Genannten aufgrund seiner Tätigkeit zustehenden Mindestsätzen des Kollektivvertrags für die Dienstnehmer in den Gartenbaubetrieben der Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland lägen. Da dieses unterkollektivvertragliche Gehalt auch der Kasse gemeldet und als Grundlage für die Beitragsberechnung und Vorschreibung herangezogen worden sei, habe die erforderliche Berichtigung veranlaßt werden müssen. A sei 40 Stunden wöchentlich als Gärtnermeister im Betrieb der Beschwerdeführerin tätig, als solcher sei er mit der Aufbereitung der Erde, dem Ausbringen der Samen, dem Schneiden oder Brechen der Stecklinge, dem Eintopfen der Jung- und Fertigpflanzen, dem Aufstellen, Rücken und Gießen der Ware befaßt und zudem verfüge er über floristische Kenntnisse. In der Lohntafel des auf ihn anzuwendenden Kollektivvertrages fänden sich nach Qualitätskriterien geordnet die Lohnkategorien Obergärtner, Gehilfe, qualifizierter Gartenarbeiter und Gartenarbeiter. Die Dienstgeberin habe A nach einem Stundenlohn in der Höhe zwischen dem kollektivvertraglichen Mindestlohn für einen Gehilfen im dritten Gehilfenjahr und dem eines Obergärtners entlohnt und zur Versicherung gemeldet. Auf Grund der von A zu erledigenden Arbeiten in Verbindung mit dem Faktum, daß er als Gärtnermeister über eine entsprechende Qualifikation verfüge, welche in Ausübung seiner Tätigkeit auch zum Tragen komme, sei sein Wirken in der Firma höher einzustufen als jenes eines Gehilfen, weshalb den Dienstnehmer eine Entlohnung nach der Lohnkategorie "Obergärtner" gebühre. Der anzuwendende Kollektivvertrag sehe als Einstufungsmöglichkeit über dem Gehilfenlohn lediglich die Lohnkategorie Obergärtner vor, sohin sei A auf Grund seiner Tätigkeit ab 1. Jänner 1989 ein Stundenlohn von S 71,60 (monatlich S 12.411,--) und ab 1. Jänner 1990 von S 75,-- (monatlich S 12.999,--) zugestanden. Diese Monatsbezüge hätten zur Bildung der allgemeinen Beitragsgrundlage herangezogen werden müssen, da die Vorschreibung der Beiträge nach Lohnstufen erfolge, sei die Einordnung in die jeweilige Lohnstufe notwendig. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei der entsprechende Mittelwert heranzuziehen.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Einspruch mit der wesentlichen Begründung, sie habe mit A einen Lohn über dem im Kollektivvertrag angeführten Gehilfenlohn ab dem 3. Dienstjahr vereinbart, weil der genannte Kollektivvertrag keine Lohnkategorie für "Meister" enthalte. Sie habe ihn aber weder zum Obergärtner ernannt noch ihm die Funktion als Obergärtner übertragen. Da im Kollektivvertrag der Lohn eines Gärtnermeisters nicht geregelt sei, könne dieser zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer (frei) vereinbart werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt. Nach seiner Begründung sei im Gegenstand davon auszugehen, daß bei Fehlen einer dem Ausbildungsstand des Dienstnehmers entsprechenden Einstufungsmöglichkeit jedenfalls die höherwertige Lohngruppe heranzuziehen sei, welche auch der Qualifikation eines Meisters entspreche. Wie die Beschwerdeführerin selbst im Einspruch ausführe, verrichte A qualifizierte Arbeiten als Gärtner, weshalb damit zwangsläufig die Einstufung in der Kategorie "Obergärtner" erfolgt sei, und welche dem Gehilfenlohn übergeordnet sei. Dem Hinweis auf die die Ansicht der Beschwerdeführerin stützende Äußerung des Zentralverbandes der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeber in Niederösterreich, Burgenland und Wien sei entgegenzuhalten, daß sowohl die Arbeitsleistung als auch die fachliche Qualifikation des A über derjenigen eines Gehilfen gelegen sei, demnach zwangsläufig nur die nächsthöhere Einstufung als Obergärtner in Betracht kommen könne. Die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Änderung des Kollektivvertrages könne nicht rückwirkend Platz greifen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, worin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Antrag auf Abweisung der Beschwerde stellte, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinn des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Für die Bemessung der Beiträge ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht lediglich der tatsächlich gezahlte Lohn maßgebend, sondern, wenn er diesen übersteigt, der Lohn, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand (sogenannter "Anspruchslohn"; vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 1982, Zl. 81/08/0191, und die dort zitierte Vorjudikatur, vom 21. April 1986, Zl. 84/08/0140, und vom 12. Mai 1992, Zl. 89/08/0103).
Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 21. April 1986, Zl. 84/08/0140, und vom 12. Mai 1992, Zl. 89/08/0103). Danach bleibt die Regelung der Frage, ob ein Dienstnehmer überhaupt einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen und in welchem Umfang er besteht und wann er fällig ist, sofern keine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 89/08/0103, mit weiteren Judikaturverweisungen) in all denjenigen Fällen, in denen aber kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, hat zumindest das nach diesen Vereinbarungen dem Dienstnehmer zustehende Entgelt die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge zu bilden (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 1982, Zl. 81/08/0191 und vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0282).
Unbestritten ist, daß der Dienstnehmer als Gärntnermeister ausgebildet ist und im relevanten Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 30. Juni 1990 im Einzelhandelsbetrieb der Beschwerdeführerin zu einem vertraglich vereinbarten Stundenlohn beschäftigt war, der zwischen dem eines Gehilfen ab dem 3. Lehrjahr und dem eines Obergärtners lag. Unbestritten ist auch, daß der Kollektivvertrag für die Dienstnehmer in den Gartenbaubetrieben in den Bundesländern Wien, Niederöstereich und Burgenland anzuwenden ist. Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Lohnstufe "Obergärtner" des Entlohnungstarifes dieses Kollektivvertrages auf den hier in Rede stehenden Dienstnehmer der Beschwerdeführerin tatsächlich Anwendung finden kann, insbesonders ob das Fehlen einer dem Ausbildungsstand des Dienstnehmers entsprechenden Einstufungsmöglichkeit im Entlohnungstarif des zur Anwendung kommenden Kollektivvertrages zwangsläufig die Heranziehung der höherwertigen Lohngruppe zur Ermittlung des "Anspruchslohns" erfordert.
Kollektivverträge werden in ihrem normativen Teil wie Gesetze behandelt und sind nach ständiger Judikatur daher auch den Regeln der Auslegung, wie sie die §§ 6 und 7 ABGB normieren, unterworfen (vgl. auch Arb 6689, 7174, 8779, 9181 hg. Erk. vom 19. November 1987, Zl. 84/08/0029). Nach § 6 ABGB darf einem Gesetz (einem Kollektivvertrag) in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Demgemäß hat jede Interpretation zunächst einmal mit der wörtlichen Auslegung zu beginnen. Wenden sich bestimmte Normen erkennbar an bestimmte Berufsgruppen, so ist deren spezieller Sprachgebrauch vor dem allgemeinen maßgebend (Bydlinski in Rummel, ABGB Rz 17 zu § 6 unter Berufung auf Schreier, Die Interpretation der Gesetze und Rechtsgeschäfte 65).
Was aber im speziellen Sprachgebrauch der hier in Rede stehenden Berufsgruppe unter den Begriffen "Obergärtner" und "Gärtnermeister" bzw. "Gartenarbeiter" zu verstehen ist, wäre den Berufsbildbeschreibungen zu entnehmen. Erst durch Vergleich der konkreten Aufgaben und Tätigkeiten des Mitbeteiligten im Betrieb der Beschwerdeführerin mit dem sich aus der Berufsbildbeschreibung ergebenden Anforderungsprofil kann die Einreihung in eine bestimmte Lohnstufe beurteilt werden. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung, der höhere Ausbildungsstand des Mitbeteiligten allein rechtfertige bereits die Höherstufung, ist daher unzutreffend.
Sollte sich aus der konkreten Tätigkeit des Mitbeteiligten im Betrieb der Beschwerdeführerin eine Einstufungsmöglichkeit nach dem Kollektivvertrag nicht ergeben, ist darauf zu verweisen, daß nicht jede Regelungslücke notwendigermaßen auch "planwidrig" ist. Liegt eine Planwidrigkeit nicht vor, verbietet sich auch jede erweiternde Regelung durch Analogie. Besitzt auch der Kollektivvertrag im Bereich seines Regelungsumfanges normativen Charakter, so bleibt doch für die Vertragsparteien außerhalb dieses Regelungsbereiches der Abschluß eines individuellen Dienstvertrages zu anderen als den im Kollektivvertrag verbindlich festgelegten Bedingungen möglich und zulässig. In diesen Fällen orientiert sich der "Anspruchslohn" im Sinn des § 49 Abs. 1 ASVG am individuellen Dienstvertrag.
Da die belangte Behörde - ausgehend von dem Rechtsirrtum im oben aufgezeigten Sinne - weder die hier relevanten Bestimmungen des auf den Mitbeteiligten anzuwendenden Kollektivvertrages noch einen Vergleich zwischen den von diesem konkret verrichteten Tätigkeiten und dem Anforderungsprofil jener Lohnstufe, in die er eingereiht wurde, vorgenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf die näheren Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften eingegangen werden mußte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich auf die sachliche Abgabenbefreiung gemäß § 110 ASVG.
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