Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §75 Abs2;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §75 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Sprucheinleitung des im Instanzenzug ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Juli 1991 hatte der Bürgermeister der Stadt N mit Bescheid vom 15. Jänner 1991 auf Antrag der mitbeteiligten Partei die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Regenerierung von Gießereialtsanden auf einem Teilbereich des Grundstückes Nr. 60/1 der KG H, Stadtgemeinde N, unter Vorschreibung von Auflagen gewerbebehördlich genehmigt. Mit Schreiben vom 29. Jänner 1991 habe die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Parteistellung im vorbezeichneten Verfahren beantragt. Diesem Antrag habe der Bürgermeister der Stadt N mit Bescheid vom 3. Juni 1991 keine Folge gegeben. Über eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin werde gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin erkannt, daß diese gemäß §§ 356 und 359 GewO 1973 als unbegründet abgewiesen werde. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 356 Abs. 1 und 3 GewO 1973 u.a. ausgeführt, die Prüfung des vorgelegten Verfahrensaktes einschließlich der Planunterlagen und "der Zustellnachweis" habe ergeben, daß die Bestimmungen des § 356 Abs. 1 GewO 1973 im bezeichneten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren von der Erstbehörde eingehalten worden seien; insbesondere sei die Kundmachung an der Amtstafel des Magistrates der Stadt N angeschlagen worden. Dieser Anschlag habe für sämtliche Nachbarn, die nicht persönlich zu laden seien, bzw. die nicht in Häusern wohnten, in denen ein Anschlag gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 vorzunehmen sei, die Wirkung der Zustellung. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht in ihren Verfahrensrechten verletzt worden und sei nicht als übergangene Nachbarin anzusehen; sie sei daher nicht berechtigt, nachträgliche Einwendungen auf Grund der Bestimmungen des § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1973 zu erstatten. Die Bestimmungen des § 356 GewO 1973 über die vorzunehmenden Anschläge gälten ungeachtet der Eigentumsverhältnisse an den benachbarten und den an diese angrenzenden Grundstücken. Durch diese Anschläge sei eine gesonderte Verständigung von allfälligen Mietparteien entbehrlich. Auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, auf Grund des § 75 Abs. 2 GewO 1973 komme ihr Parteistellung zu, sei nicht zutreffend. In dieser Gesetzesbestimmung sei geregelt, wer als Nachbar einer Betriebsanlage anzusehen sei, wobei nur Nachbarn einer Betriebsanlage durch Erhebung von Einwendungen gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 Parteistellung erlangen könnten. Eine bescheidmäßige Zuerkennung der Parteistellung habe keine gesetzliche Grundlage. Der Umstand, daß ungeachtet der gesetzmäßigen Verhandlungsausschreibung der Beschwerdeführerin die Ausschreibung der Augenscheinsverhandlung nicht zur Kenntnis gekommen sei, begründe für sich allein nicht die gesetzliche Voraussetzung der Zulässigkeit nachträglicher Einwendungen, nämlich sie sei ohne ihr Verschulden daran gehindert worden, Parteistellung zu erlangen. Bei dieser Rechtslage sei auf das Vorbringen in der Sache nicht weiter einzugehen.
Einer auch gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 15. Oktober 1991 keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, zu den Berufungsausführungen werde bemerkt, die entscheidende Frage im vorliegenden Verfahren sei, ob die Liegenschaft samt Wohnhaus der Beschwerdeführerin (Gp. 47/3 KG H) im Sinne der Bestimmung des § 356 Abs. 1 GewO 1973 im sogenannten "zweiten Kreis" liege oder nicht. Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergebe, zähle das Haus der Beschwerdeführerin nicht mehr zu den "Häusern des zweiten Kreises", in denen die Behörde einen Hausanschlag hätte vornehmen müssen, sondern sei außerhalb desselben gelegen. Der Gewerbebehörde erster Instanz sei daher kein Ladungsmangel unterlaufen. Mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen (spätestens in der Augenscheinsverhandlung der Behörde erster Instanz) habe daher die Beschwerdeführerin im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren keine Parteistellung erworben. Dem Beweisantrag auf Beischaffung des Mappenplanes und Durchführung eines diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens einschließlich Parteiengehör sei insofern nicht stattzugeben gewesen, weil in diesen von jedermann unter gleichen Bedingungen Einsicht genommen werden könne, sodaß hiezu ein förmliches Beweisverfahren nicht durchzuführen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihren subjektiven Rechten, als Partei Einwendungen zu erheben und ihr Vorbringen im Sinne der §§ 8 AVG, 75 ff GewO zu erstatten und gemäß § 356 GewO von der Augenscheinsverhandlung verständigt zu werden, verletzt". Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, mit Bescheid der Gewerbebehörde erster Instanz vom 15. Jänner 1991 sei der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Regenerierungsanlage von Altsanden im Standort N, G-Straße 7, erteilt worden. Mit Eingabe vom 29. Jänner 1991 habe sie beantragt, ihr in diesem Verfahren Parteistellung zuzuerkennen. Sie habe ihren Antrag damit begründet, es sei zu erwarten, daß die gegenständliche Anlage Emissionen verursachen werde, die "sehr" körperlich und gesundheitlich schädigen könnten. Gleichzeitig verweise sie auf den Gemeinderatsbeschluß vom 29. Juni 1989, wonach derartige Anlagen im Gemeindegebiet von N einer eingehenden Prüfung durch die Öffentlichkeit unterworfen würden. Mit erstbehördlichem Bescheid vom 3. Juni 1991 sei ihrem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren der mitbeteiligten Partei in Anwendung der Bestimmungen der §§ 56, 59 Abs. 1 und 73 Abs. 1 AVG im Zusammenhang mit den §§ 8 und 74, 75, 77 Abs. 2 und 356 Abs. 1 GewO 1973 keine Folge gegeben und die beantragte Parteistellung nicht erteilt worden. Dies mit der Begründung, daß zur gesetzlich vorgeschriebenen Verhandlung an Ort und Stelle am 6. Dezember 1990 sämtliche Grundstückseigentümer der ersten und zweiten Reihe nach den Bestimmungen des § 356 Abs. 1 GewO 1973 persönlich geladen worden seien, und dieser Umkreis auf Grund von Erfahrungswerten von der Errichtung eines solchen Betriebes betroffen sei. Auf Grund ihrer Berufungen seien in der Folge die abweislichen Bescheide der Verwaltungsbehörde zweiter Instanz vom 11. Juli 1991 und der belangten Behörde vom 15. Oktober 1991 ergangen. Des weiteren werden in der Beschwerde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 356 Abs. 1 GewO 1973 Ausführungen über die örtlichen Gegebenheiten erstattet, woraus sich ergebe, daß zumindest das Haus der Beschwerdeführerin als ein Haus zu qualifizieren und anzuerkennen gewesen wäre, welches an die der Anlage unmittelbar benachbarten Häuser angrenze. Dies habe aber die belangte Behörde rechtsirrig verkannt bzw. seien ihr im Zusammenhang damit entscheidungserhebliche Verfahrensmängel unterlaufen. Unabhängig davon komme der Beschwerdeführerin aber auch eine Parteistellung im Sinne des § 75 GewO 1973 als dinglich Berechtigte hinsichtlich der Betriebsliegenschaft der LB-GmbH schon kraft Gesetzes zu, sodaß nach der Judikatur für eine solche dinglich berechtigte Person nicht einmal das Erfordernis des nicht bloß vorübergehenden Aufenthaltes im Nahbereich der Liegenschaft gelte. Nichtsdestoweniger sei aber auch zufolge ihres nicht bloß vorübergehenden tatsächlichen Aufenthaltes im Nahbereich der Liegenschaft, nämlich als Angestellte der LB GmbH und dinglich Berechtigte an der Betriebsliegenschaft dieser Gesellschaft, dieses zusätzliches Erfordernis gegeben, sodaß sie mit Recht ihre persönliche Gefährdung und Belästigung durch erhebliche Emissionen aus der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei angesprochen und in ihrem Antrag zum Gegenstand des Verfahrens gemacht habe. Ihr komme daher auch Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu, da als Partei jener zu bezeichnen sei, der einen Rechtsanspruch, "d.h. einen Anspruch auf eine bestimmte behördliche Tätigkeit oder ein rechtliches Interesse, d.h. einen Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten", habe. Im gegenständlichen Fall hätte sie daher einen rechtlichen Anspruch im Sinne des § 356 GewO 1973 auf Verständigung von der bevorstehenden Augenscheinsverhandlung "betreffend die Betriebsanlagengenehmigung der X-GmbH durch Anschlag an der Gemeinde und durch Anschlag an dem auf ihrem Grundstück befindlichen Gebäude als Nachbar des "1. oder 2. Kreises"".
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung sowie die gemäß Abs. 3 bestehenden Voraussetzungen für die Begründung der Parteistellung sind den Nachbarn durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern und in den an diese Häuser unmittelbar angrenzenden Grundstücken stehenden Häusern bekanntzugeben; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden. Nach Abs. 3 sind im Verfahren gemäß Abs. 1, unbeschadet des folgenden Satzes, nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.
Die Bestimmungen hinsichtlich Verfahren betreffend Betriebsanlagen sind in der GewO 1973 im IV. Hauptstück unter Pkt. 2i (§§ 353 bis 359b) zusammengefaßt, wobei die Frage der Parteistellung der Nachbarn im § 356 Abs. 3 und Abs. 4 GewO 1973 - die Fälle der im letztangeführten Absatz normierten Parteistellung von Nachbarn kommen im Beschwerdefall sachverhaltsmäßig nicht in Betracht - abschließend geregelt ist (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 92/04/0038, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Nach dieser gesetzlichen Regelung kommt Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1973 nicht etwa schon im Hinblick auf diese Eigenschaft Parteistellung in einem Verfahren nach § 356 Abs. 1 GewO 1973 zu, sondern sie erwerben die Parteistellung erst bei Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle, deren normativer Inhalt aber die Erlangung einer Parteistellung durch einen "Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung" nicht vorsieht. Abgesehen davon müßte aber eine allfällige rechtswidrige Anwendung der Bestimmung des § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1973 durch - zulässige - Rechtsmittel im zugrunde liegenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren selbst geltend gemacht werden.
Da Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides - diesbezüglich auch unbestritten seitens der Beschwerdeführerin - die Abweisung ihres Antrages "auf Zuerkennung der Parteistellung" war, kommt somit schon im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen der im Zusammenhang mit der Ladung zur Augenscheinsverhandlung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren erhobenen Beschwerderüge keine rechtliche Relevanz zu, weshalb sich auch eine Erörterung des im Zusammenhang damit erstatteten Vorbringens erübrigte.
Insoweit sich aber die Beschwerdeführerin zur Dartuung einer rechtswidrigen Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde unabhängig davon auf die Bestimmung des § 8 AVG beruft, so ist dem entgegenzuhalten, daß sich das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften bestimmt, wobei in der Hauptsache Normen des materiellen Rechtes, aber auch Vorschriften des speziellen Verfahrensrechtes in Betracht kommen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1979, Slg. N.F. Nr. 9994/A), die aber im Sinne der obigen Darlegungen der Annahme der Beschwerdeführerin entgegenstehen.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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