VwGH 91/02/0055

VwGH91/02/005525.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Josef B in O, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. März 1991, Zl. I/7-St-B-89265/2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Ersatzbescheid (vgl. das Vorerkenntnis vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0167) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 10. Jänner 1989 gegen 04.45 Uhr an einem näher bezeichneten Ort als Fahrzeuglenker die auf einer Verkehrsinsel stehenden zwei Gebotszeichen mit seinem Pkw beschädigt, obwohl es sich um Einrichtungen gehandelt habe, die zur Regelung und Sicherung des Verkehrs dienen, und solche Einrichtungen nicht beschädigt werden dürfen. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2 lit. e, § 31 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe nicht binnen Jahresfrist über seine Berufung entschieden, so geht er an der Rechtslage vorbei. Nach Aufhebung eines Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof steht der belangten Behörde nämlich abermals eine Frist von einem Jahr ab Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfügung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 90/03/0029). Das Vorerkenntnis wurde der belangten Behörde am 6. März 1991 zugestellt, der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 22. März 1991, sodaß die Frist des § 51 Abs. 5 VStG gewahrt ist.

Der Beschwerdeführer rügt, daß das von ihm zum Nachweis eines Schockzustandes beantragte medizinische Sachverständigengutachten nicht eingeholt wurde.

Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Vernehmung am 11. Jänner 1989 zwar zunächst jede Erinnerung an Fahrtrichtung oder Beschädigungen bestritten, bei seiner Vernehmung am 18. April 1989 allerdings im wesentlichen folgendes ausgesagt:

Er sei nach dem Unfall nicht bei einem Arzt gewesen, der den von seinem Anwalt behaupteten Schockzustand festgestellt hätte. Er sei auf keinen Fall so geschockt oder verwirrt gewesen, daß er nach dem Unfall nicht mehr gewußt hätte, was passiert sei oder wo er sei. So sei er von der Unfallstelle zu seinem Arbeitsplatz, einer Baustelle, gegangen und habe dort seine Arbeit verrichtet. Es sei ihm voll bewußt gewesen, daß bei dem Unfall das Verkehrszeichen beschädigt worden sei. Ganz sicher sei aber ein Unfallschreck vorgelegen.

Die belangte Behörde hatte nach dem Inhalt dieser Vernehmung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sachverhaltes, demzufolge die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt im Sinne des § 3 Abs. 1 VStG ausgeschlossen gewesen wäre. Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer selbst geschilderte, situationsbezogene Verhalten bedurfte es keiner Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens über die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 91/02/0062).

Ein sogenannter "Unfallschock" kann im übrigen nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen. Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sogenannten "Unfallschrecks" in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1978, Slg. Nr. 9719/A, sowie aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/18/0266).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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