VwGH 90/19/0170

VwGH90/19/01708.10.1990

N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. April 1989, Zl. 354.074/43-II/14/89, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §46;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
EMRK Art6 Abs1;
EMRK Art8 Abs1;
VwRallg;
AVG §46;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
EMRK Art6 Abs1;
EMRK Art8 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. N. (der nunmehrige Beschwerdeführer) - ein indischer Staatsangehöriger -, der sich selbst als "Geistiger Würdenträger, Mönch, Gelehrter, Philosoph, Schriftsteller, Gründer eines geistigen Ordens und verschiedenster staatlich anerkannter internationaler Bildungsinstitutionen sowie Bildungsstätten im Dreiländereck" bezeichnet, war mit dem Urteil des Schweizerischen Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979, BStr.2/78/yz, des wiederholten versuchten Mordes, wiederholter Anstiftung zum Mord, wiederholter Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht und weiterer Delikte schuldig erkannt und deshalb zu 14 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 1047 Tagen, sowie zu 15 Jahren Landesverweisung verurteilt worden. Die gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden vom außerordentlichen Kassationshof des Schweizerischen Bundesgerichtes, soweit er darauf eintrat, mit Urteil vom 21. Jänner 1980, auss. Kass. 1/79/ha, abgewiesen. Das Urteil des Bundesstrafgerichtes ist laut dem eine dagegen erhobene Revision betreffenden Urteil des außerordentlichen Kassationshofes vom 18. April 1988 "am 22. Mai 1979 in Rechtskraft erwachsen".

1.2. Nachdem der Beschwerdeführer durch Verfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements anfangs November 1985 bedingt entlassen worden war (dies jedoch ohne Aufschub des Vollzuges der Landesverweisung), reiste er über England nach Österreich ein. Durch die österreichische Botschaft in London wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 19. November 1985, 3. Jänner 1986, 27. März 1986 und 22. September 1986 jeweils befristete Sichtvermerke erteilt, zuletzt mit Gültigkeitsdauer bis 22. März 1987. Ein am 18. März 1987 gestellter Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Sichtvermerkes wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 29. April 1987 abgewiesen. Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 15. Juni 1988, Zl. 88/01/0055, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Eine neuerliche Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 18. März 1987 ist bislang nicht ergangen.

2. Unter dem Datum 11. März 1988 erließ die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"I.

Gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Z. 1 i.V.m. § 4 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, i.d.F. BGBl. Nr. 575/1987, wird gegen N., geb. in Secunderabad, indischer Staatsangehöriger, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz hat Herr N. das Bundesgebiet innerhalb einer Woche ab Rechtskraft dieses Bescheides zu verlassen.

Gemäß § 12 Fremdenpolizeigesetz sind die Kosten, die bei der Durchführung des Aufenthaltsverbotes entstehen, vom Genannten zu ersetzen.

II.

Der Antrag, die Organe der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn

mögen sich gesamthaft für befangen erklären, wird gemäß § 7

AVG 1950 als unbegründet abgewiesen.

III.

Alle weiteren Anträge werden zurückgewiesen bzw. als

unbegründet abgewiesen."

3.1. Über die dagegen (in zahlreichen Schriftsätzen) erhobene Berufung des Beschwerdeführers traf die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (SD) innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 AVG 1950 keine Entscheidung.

3.2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer mit an das Bundesministerium für Inneres gerichtetem Schriftsatz vom 30. September 1988 den "Übergang der Behördenzuständigkeit nach § 73 AVG 1950", wobei die "Fachabteilung des angerufenen Ministeriums" als befangen abgelehnt und beantragt wurde, "daß die Rechtsabteilung des angerufenen Ministeriums mit der weiteren Behandlung dieser Eingabe beauftragt werde".

4. Mit Bescheid vom 4. April 1989 entschied der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) in Erledigung des Begehrens auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (§ 73 Abs. 2 AVG 1950) über das Rechtsmittel wie folgt:

"Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit folgender Maßgabe keine Folge gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes 1954, BGBl. Nr. 75 in der Fassung BGBl. Nr. 575/1987, wird gegen N., indischer Staatsangehöriger, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen. Gemäß § 6 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes haben Sie das Bundesgebiet binnen einer Woche ab Rechtskraft dieses Bescheides zu verlassen.

Gemäß § 12 des Fremdenpolizeigesetzes sind die Kosten, die bei der Durchführung eines Aufenthaltsverbotes entstehen, von Ihnen zu ersetzen.

Ihre Anträge, die Entscheidung in der vorliegenden Verwaltungssache durch die Rechtsabteilung des Bundesministeriums für Inneres vornehmen zu lassen, werden gemäß § 8 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

Alle im Zuge des Verfahrens von Ihnen gestellten Anträge, die Verwaltungssache anderen Behörden zur Entscheidung zu überweisen, werden gemäß § 8 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

Ihre Anträge auf Ablehnung von Referenten des Bundesministeriums für Inneres sowie der gesamten Fachabteilung für Fremdenpolizei des Bundesministeriums für Inneres wegen angeblicher Befangenheit werden gemäß § 8 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

Ihre Anträge auf Betrauung von Sachverständigen werden gemäß § 8 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen."

Zur Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes (unter Einbeziehung der Entwicklung, die zur gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers in der Schweiz geführt hatte) und Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften - soweit für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde von Bedeutung - folgendes aus: Zu dem in der Berufung enthaltenen Vorbringen, wonach die Strafbarkeit der dem Beschwerdeführer in den Anklagepunkten 1), 3), 4), 5), 6), 9), 10) und 11) vorgeworfenen Taten nicht gegeben sei, sei zunächst zu bemerken, daß dem entsprechend sohin die Strafbarkeit der dem Beschwerdeführer in den Anklagepunkten 7), 13), 14), 16), 18), 19), 20) und 21) vorgeworfenen Taten von diesem nicht bestritten werde. (Die Bezeichnung der Anklagepunkte entspricht jener im Urteil des Schweizerischen Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979.) Eine Prüfung, ob tatsächlich hinsichtlich all jener Umstände, die in der Berufung angeführt worden seien, die Strafbarkeit nach österreichischem Recht nicht gegeben sei, scheine allerdings nicht erforderlich, da die entsprechenden im Schweizer Strafurteil dargestellten Handlungen jedenfalls als "bestimmte Tatsache" i.S. der Generalklausel des § 3 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogen werden könnten. Allen entsprechenden Handlungen sei gemeinsam, daß sie gegen Leib und Leben von Menschen oder gegen die Integrität von fremdem Eigentum gerichtet gewesen seien. Durch sie werde das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers und seine mangelnde Bereitschaft, eine bestehende Rechtsordnung zu respektieren, offenbar. Die Fülle der im Urteil festgestellten Einzeltaten sowie der Umstand, daß die Gefährlichkeit der vom Beschwerdeführer und "seinen Beteiligten" (gemeint sind die Mitangeklagten) jeweils eingesetzten Mittel ständig gesteigert worden sei, lasse es angebracht erscheinen, im vorliegenden Verfahren die Gesamtheit der Sachverhaltsfeststellungen, die in der Schweiz zur Verurteilung geführt hätten, zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß schon allein jene im Urteil festgestellten Fakten, hinsichtlich deren der Beschwerdeführer die Strafbarkeit nach österreichischem Recht nicht bezweifelt habe, geeignet seien, für sich allein zur Begründung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes herangezogen zu werden. Die Häufung der Taten und der Umstand, daß die Handlungen im zeitlichen Ablauf mit ständig steigender Gefährlichkeit der Mittel gesetzt worden seien, wobei letztlich sogar Kriegsmaterial beschafft und Sprengstoff eingesetzt worden sei, stellten klar, daß der Beschwerdeführer eine massive Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle, und sohin die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorlägen. Daß die gerichtliche Verurteilung nunmehr fast zehn Jahre zurückliege, stehe dem nicht entgegen, weil das Gesetz für das zeitliche Zurückliegen der Verurteilung bzw. anderer "bestimmter Tatsachen" keine Grenze setze. Auch aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer erst im Jahre 1985 in der Schweiz aus der Strafhaft bedingt entlassen worden sei, ergebe sich, daß man von einer echten Bewährung noch keineswegs ausgehen könne. Es sei auch darauf hinzuweisen, daß entgegen den Berufungsausführungen durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1988, Zl. 88/01/0055, im Sichtvermerksverfahren des Beschwerdeführers keineswegs ausgeschlossen worden sei, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Sohin seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes i.S. des § 3 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes gegeben.

Zur gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. vorzunehmenden Interessenabwägung sei zunächst festzuhalten, daß der Beschwerdeführer unverheiratet sei und weder Kinder noch sonstige Verwandte im Bundesgebiet habe. Ein fest verankertes Familienleben i.S. des Art. 8 MRK liege daher im Bundesgebiet nicht vor, weshalb die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes auch keinen Eingriff in ein solches darstellen könne. Zwar sei mit einem Aufenthaltsverbot ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers i.S. des Art. 8 MRK verbunden; dieser Eingriff erscheine aber zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen wegen der im seinerzeitigen Verhalten des Beschwerdeführers in der Schweiz, das zu dessen strafgerichtlicher Verurteilung geführt habe, dringend geboten. Der Beschwerdeführer möge sich ab Ende 1985, davon bis 22. März 1987 aufgrund der von der österreichischen Botschaft in London erteilten Sichtvermerke erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten haben; auch habe sich hier ein von ihm als "Familie" bezeichneter Kreis von Anhängern und Symphatisanten um ihn geschart. Eine echte Bindung zum Inland sei hiedurch jedoch nicht gegeben. Da der Beschwerdeführer im Bundesgebiet weder Familienangehörige besitze noch einer Erwerbstätigkeit oder einem Studium nachgehe, könne von einer echten Integration nicht gesprochen werden. Es sei zugestanden, daß sein persönliches oder berufliches Fortkommen durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beeinträchtigt werden könnte. Da es der Beschwerdeführer jedoch verstanden habe, nach seiner Landesverweisung und Abschiebung aus der Schweiz seine Funktion als geistiges Oberhaupt seiner Anhänger an einem anderen Ort, nämlich in Österreich, weiter wahrzunehmen, sei davon auszugehen, daß eine derartige Beeinträchtigung bloß eine vorübergehende sein würde. Die belangte Behörde komme daher zu dem Ergebnis, daß aufgrund der massiven Gefahr, die ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bedeuten würde, die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Die mehrfach gestellten Ablehnungsanträge betreffend Referenten und die für die Handhabung der Fremdenpolizei zuständige Abteilung der belangten Behörde seien unzulässig. Den Parteien stehe ein Recht auf Ablehnung von Amtspersonen nicht zu (Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes); sie könnten die Teilnahme eines befangenen Amtsorganes lediglich als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gegen den in der Sache ergehenden Bescheid ins Treffen führen. Ein Befangenheitsgrund i.S. des § 7 AVG 1950 könne sich stets nur auf Organwalter, nicht aber auch auf eine Behörde als solche beziehen. Eine Befangenheit des Sachbearbeiters der gegenständlichen Verwaltungssache sei entgegen den Berufungsausführungen keineswegs gegeben. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelte der Befangenheitsgrund der Mitwirkung an einem Bescheid der Unterinstanz für ein Organ der Berufungsinstanz dann nicht, wenn das Organ nur durch Handhabung des Weisungsrechtes auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Einfluß genommen habe.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, wobei sich der Beschwerdeführer - aus dem ganzen Inhalt der Beschwerde erkennbar - in seinem Recht darauf verletzt erachtet, daß gegen ihn kein Aufenthaltsverbot erlassen werde.

6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer hat darauf repliziert und in der Folge (unaufgefordert) zahlreiche weitere Äußerungen erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, (MRK) genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder ... rechtskräftig verurteilt worden ist; einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. ist, wenn durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1) Die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2) die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen; 3) die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

Nach Art. 8 Abs. 2 MRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zufolge des § 73 StGB stehen, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 MRK entsprechenden Verfahren ergangen sind.

2.1. Für inhaltlich rechtswidrig hält die Beschwerde den angefochtenen Bescheid zunächst deshalb, weil es an einem rechtskräftigen ausländischen Urteil mangle, darüber hinaus, weil es an den Voraussetzungen des § 73 StGB fehle, und schließlich, weil das Recht auf ein faires Verfahren i.S. des Art. 6 MRK verletzt worden sei.

2.2.1. Im Beschwerdefall kann dahinstehen, ob das Urteil des Schweizer Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979 in Rechtskraft erwachsen ist; ebensowenig bedarf es einer abschließenden Beurteilung der Frage, ob die Kriterien des § 73 StGB erfüllt sind, d.h. ob der Beschwerdeführer wegen Taten verurteilt worden ist, die alle auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar sind, und ob das vor dem Schweizer Bundesstrafgericht abgeführte Verfahren den Grundsätzen des Art. 6 MRK entsprochen hat. Die belangte Behörde hat nämlich, wie die Begründung des bekämpften Bescheides deutlich zeigt (vgl. oben I.4.), nicht auf die genannte Schweizer gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers als solche abgestellt, sondern auf dieser Verurteilung zugrunde liegende Taten des Beschwerdeführers, und zwar jene, hinsichtlich deren auch die Beschwerde die gerichtliche Strafbarkeit nach österreichischem Recht einräumt, und dazu die Auffassung vertreten, diese Taten ("Fakten", "Handlungen") seien für sich allein geeignet, zur Begründung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FrPolG herangezogen zu werden.

Dieser Rechtsmeinung ist zwar nicht in Ansehung der Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG zu folgen, denn für die Heranziehung dieser Norm hätte es des Abstellens auf die Verurteilung als solche bedurft, wohl aber insoweit, als die belangte Behörde den von ihr als maßgeblich angenommenen Sachverhalt - Begehung der in den Anklagepunkten 7), 13), 14), 16), 18), 19), 20) und 21) angeführten Taten durch den Beschwerdeführer (vgl. dazu S. 114 f. des Urteils des Schweizer Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979) - dem § 3 Abs. 1 leg. cit. subsumiert hat. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Aufenthaltsverbot, und zwar gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG, auch dann erlassen werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die wohl nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 leg. cit. erfüllen, aber in ihrer Gesamtheit die Annahme rechtfertigen, daß durch den Aufenthalt des betreffenden Fremden eine tatsächliche Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gegeben sei oder andere öffentliche Interessen verletzt würden; maßgebend für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ist insofern das Gesamtverhalten des Fremden (vgl. dazu jüngst das Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0136).

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall ihrer Entscheidung die vom Schweizer Bundesstrafgericht in seinem Urteil vom 22. Mai 1979 unter den dort wiedergegebenen Anklagepunkten 7), 13), 14), 16), 18), 19), 20) und 21) aufgeschlüsselten und vom Gericht als erwiesen angenommenen Taten des Beschwerdeführers als maßgebliches Gesamtverhalten zugrunde gelegt. Diese Vorgangsweise der belangten Behörde wird in der Beschwerde mit dem Hinweis darauf bekämpft

- entsprechendes Vorbringen wurde vom Beschwerdeführer auch schon im Verwaltungsverfahren erstattet -, daß der Beweiswürdigung des Schweizer Bundesstrafgerichtes Unschlüssigkeit bzw. Willkür anhafte. Die damit im Ergebnis als Kritik an der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu verstehende Rüge ist indes nicht berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht, daß das Urteil des Schweizer Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979 - dieses durfte von der belangten Behörde jedenfalls als Beweismittel i.S. des § 46 AVG 1950 herangezogen werden - ausführlich und schlüssig begründet sei. Dies gilt auch für die hier relevante, in bezug auf die in den Anklagepunkten 7), 13), 14), 16), 18), 19), 20) und 21) angeführten Taten des Beschwerdeführers vorgenommene Beweiswürdigung. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, die von ihm behauptete Unschlüssigkeit oder gar Willkür der Beweiswürdigung im zuletzt bezeichneten Umfang begründet darzutun. Die von ihm in dieser Hinsicht ins Treffen geführten Argumente, die sich dahin zusammenfassen lassen, das Gericht und ihm folgend die belangte Behörde hätte nicht den Aussagen der beiden Belastungszeugen (und Mitangeklagten), V. P. und K. J. B., sondern der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers Glauben schenken müssen, vermag die Beweiswürdigung, derzufolge die in den angeführten Anklagepunkten gegen den Beschwerdeführer erhobenen Tatvorwürfe als zutreffend und dem entsprechend die betreffenden Taten des Beschwerdeführers als erwiesen anzunehmen seien, nicht zu erschüttern: Weder die Behauptung eines gestörten psychischen Zustandes der beiden genannten Belastungszeugen noch das Urteil "zahlreicher Persönlichkeiten aus aller Welt", demzufolge dem Beschwerdeführer aufgrund seiner "höchsten Tugendhaftigkeit und ethisch-moralischen Integrität" die Begehung strafbarer Handlungen keineswegs zuzutrauen sei, führen dazu, die besagte, von der belangten Behörde übernommene Beweiswürdigung des Schweizer Bundesstrafgerichtes als unschlüssig erkennen zu lassen oder - wie die Beschwerde meint - in den "Bereich der Willkür" einordnen zu müssen. Vielmehr hat das genannte Gericht in Ansehung jeder einzelnen der in den vorangeführten Anklagepunkten erfaßten, dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten dargetan, aus welchen Gründen es der Verantwortung des Beschwerdeführers weniger Glauben schenkte als den den Beschwerdeführer belastenden Aussagen der vom Gericht mit entsprechender Begründung als glaubwürdig erachteten Zeugen (Mitangeklagten) V. P. und K. J. B. sowie anderen Beweismitteln (etwa der Aussage der Zeugin I. M.-W.). Die solcherart vorgenommene Beweiswürdigung ist weder unschlüssig noch liegt ihr eine als nicht ausreichend erkennbare Beweisaufnahme zugrunde. Wenn die Beschwerde zu dem zuletzt genannten Gesichtspunkt meint, das Gericht habe unzulässigerweise die Durchführung eines beantragten Augenscheines in den Räumlichkeiten des "D. L. Zentrums" (DLZ) verweigert, so ist ihr entgegenzuhalten, daß mit dieser Behauptung allein auch nicht andeutungsweise die Wesentlichkeit des Absehens von jener Beweisaufnahme dargetan wird, m.a.W. nicht aufgezeigt wird, inwiefern das Bundesstrafgericht bei Kenntnis der räumlichen Verhältnisse des DLZ zu einer anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Beweiswürdigung, und in der Folge die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid hätte kommen können. Wenn sohin die belangte Behörde im bekämpften Bescheid die Beweiswürdigung des Schweizer Bundesgerichtes in dem für ihre Entscheidung relevanten Umfang als schlüssig übernommen hat, so begegnet diese Vorgangsweise im Rahmen der in bezug auf die Beweiswürdigung eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen rechtlichen Bedenken.

Gelangte demnach die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer die ihm in den Anklagepunkten 7), 13), 14), 16), 18), 19), 20) und 21) vorgeworfenen Taten tatsächlich begangen habe, so durfte sie diese in ihrer Gesamtheit als "bestimmte Tatsache" i.S. des § 3 Abs. 1 FrPolG werten: Auch die Beschwerde gesteht ausdrücklich zu, daß sämtliche dieser Taten auch in Österreich strafbare Handlungen darstellen. Es bedarf hier keines Eingehens auf die Frage, in welchem Verhältnis diese Taten hinsichtlich ihres Gewichtes zu jenen dem Beschwerdeführer angelasteten Taten stehen, in bezug auf welche die Strafbarkeit nach Ansicht der Beschwerde zu verneinen ist. Wesentlich ist, daß die von den Anklagepunkten 7) .... 21) erfaßten Taten, ja bereits eine einzige, nämlich die in Anklagepunkt 18) umschriebene Tat, die Kriterien des § 3 Abs. 1 FrPolG erfüllt. Die unter Anklagepunkt

18) dem Beschwerdeführer zur Last gelegte, vom Schweizer Bundesstrafgericht und in der Folge von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Tat des Beschwerdeführers wird im Urteil vom 22. Mai 1979 mit der "fortgesetzten Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht" umschrieben. Die Beschwerde selbst vertritt dazu die Ansicht, daß diese Tat ("Sprengstoffanschlag") nach österreichischem Recht "entweder nach § 173 StGB oder nach § 125 f. anzuklagen gewesen (wäre)". Dem pflichtet der Verwaltungsgerichtshof insofern bei, als - unter Zugrundelegung der diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen im Urteil vom 22. Mai 1979 (S. 76 ff.) - die als erwiesen angenommene Vorgangsweise des Beschwerdeführers in Österreich nach § 173 StGB zu beurteilen wäre. Die dieser Gesetzesstelle zu subsumierende Tathandlung besteht im Zur-Explosion-Bringen eines Sprengstoffes als Sprengmittel, wodurch eine Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt wird. Daß bereits diese, nach § 173 StGB als Verbrechen qualifizierte und mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedrohte Tat für sich allein als "bestimmte Tatsache" i.S. des § 3 Abs. 1 FrPolG und damit als eine solche zu werten ist, welche die Annahme rechtfertigt, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde, bedarf nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keiner näheren Darlegungen, handelt es sich doch hiebei um eine durch grobe Geringschätzung menschlichen Lebens bzw. der körperlichen Integrität von Menschen und einer groben Mißachtung des Eigentums anderer gekennzeichnete Tat, deren besondere Verwerflichkeit für jedermann einsichtig ist.

2.2.2. Was die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, er sei durch den bekämpften Bescheid in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 MRK verletzt worden, weil der belangten Behörde nicht die Eigenschaft eines Tribunals zukomme, so liegt dieser Rüge eine unzutreffende Prämisse zugrunde. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde handelt es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht um die Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage", die gemäß Art. 6 Abs. 1 MRK einem "unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht" vorbehalten ist. Die Erlassung einer fremdenpolizeilichen Administrativ-Maßnahme, wie sie ein Aufenthaltsverbot darstellt, unterliegt demnach nicht dem Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 MRK; die Entscheidung über diese Maßnahme durch ein Tribunal ist somit nicht geboten. Der angefochtene Bescheid begegnet unter diesem Gesichtspunkt keinem Einwand.

3.1. Zu prüfen bleibt noch, ob die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung den Anforderungen des § 3 Abs. 3 FrPolG entspricht.

Dies wird von der Beschwerde in Abrede gestellt. Sie bringt dazu vor, die Ansicht der belangten Behörde, es liege beim Beschwerdeführer im Bundesgebiet ein Familienleben i.S. des Art. 8 MRK nicht vor, sei unzutreffend. Der Begriff des Familienlebens sei ein autonomer Begriff, der nach einem europäischen Standard auszulegen sei. Bereits in der Berufung sei ausgeführt worden, daß eine klösterliche Gemeinschaft eine Familie i.S. des Art. 8 MRK darstelle. Wenn Homosexuelle heiraten könnten (in Schweden) und daher als Familie ex lege anerkannt würden, so müsse eine Anerkennung als Familie auch für die eingeweihten Mitglieder eines Klosters oder einer klosterähnlichen Gemeinschaft gelten. Der Beschwerdeführer hat dazu in seiner Berufung die Meinung vertreten, daß eine "geistige Gemeinschaft" wie das D. L. Zentrum (DLZ) viel tiefer und viel intensiver mit ihrem geistigen Oberhaupt - dem Beschwerdeführer - verbunden sei, "als etwa eine Familie, eine weltliche Personenverbindung oder auch eine übliche kirchliche Gemeinschaft es sein kann". Es handle sich nicht nur um eine "geistige Familie", sondern um eine "Einheit".

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerde, wonach der Begriff des Familienlebens i.S. des Art. 8 Abs. 1 MRK ein autonomer Begriff sei, der nach einem europäischen Standard auszulegen sei. Es kommt daher für die Beantwortung der Frage, was inhaltlich von diesem Begriff erfaßt ist, der Rechtsprechung der Straßburger Konventionsorgane vorrangige Bedeutung zu. Die hiezu von der Europäischen Kommission für Menschenrechte und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte getroffenen Entscheidungen bieten indes dem Standpunkt des Beschwerdeführers, es handle sich auch beim Zusammenleben von "geistigen Gemeinschaften", wie dem von ihm gegründeten D. L. Zentrum (DLZ), um Familienbeziehungen, die den Schutz des Art. 8 MRK genießen würden, keine Stütze. Zwar hat die Judikatur der Konventionsorgane klargestellt, daß der Begriff der Familie in Art. 8 Abs. 1 MRK nicht auf die Kleinfamilie von Eltern und Kindern beschränkt ist, dem Schutz dieser Norm vielmehr die Beziehungen zwischen drei Generationen (Großeltern - Enkeln), bei Hinzutreten weiterer Umstände, wie dem Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt und gegenseitiger Unterhaltsgewährung, auch die Beziehungen zwischen entfernteren Verwandten unterliegen (vgl. dazu Frowein-Peukert, EMRK-Kommentar, Kehl-Straßburg-Arlington 1985, Rdz 13, 14 zu Art. 8). Diese Entscheidungspraxis, die gewiß den sich in erster Linie auf die Ehepartner und ihre Kinder erstreckenden Begriff der Familie i.S. des Art. 8 Abs. 1 MRK erweitert hat, läßt aber ebensowenig, wie der Umstand, daß nach der Rechtsprechung der Straßburger Rechtsschutzorgane die Adoption zur Begründung von dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 MRK zu unterstellenden Beziehungen führt (vgl. nochmals Frowein-Peukert, a.a.O. Rdz 15 zu Art. 8), den Schluß darauf zu, geänderte Gesellschaftsstrukturen bzw. ein geänderter europäischer Standard würden die Einbeziehung von "geistigen Gemeinschaften" ("klosterähnlichen Gemeinschaften") in den Begriff der Familie gebieten. Auch wenn die MRK im Lichte der heutigen Verhältnisse auszulegen ist (vgl. Dohr in:

Ermacora-Nowak-Tretter, Die Europäische Menschenrechtskonvention, Wien 1983, S. 402 f.), haben sich diese Verhältnisse an dem - auch vom Beschwerdeführer betonten - europäischen Standard zu orientieren. Von da her gesehen ist die von der Beschwerde gewählte Argumentation, wenn in Schweden (sogar) Homosexuelle heiraten könnten und daher ex lege als Familie anerkannt würden, dann müßte letzteres auch für eine "klosterähnliche Gemeinschaft" gelten, schon deshalb verfehlt, weil von einer in Schweden getroffenen Regelung der bezeichneten Art keinesfalls auf einen diesbezüglichen europäischen Standard geschlossen werden kann, der als Richtschnur für die Auslegung des Begriffes "Familienleben" i. S. des Art. 8 Abs. 1 MRK heranzuziehen wäre.

Da somit die gegen die Verneinung eines Eingriffes in das Familienleben des Beschwerdeführers durch das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot vorgebrachten Einwände der Beschwerde - im übrigen blieb die Interessenabwägung unbekämpft, weshalb kein Anlaß besteht, auf diese weiter einzugehen - nicht zutreffen, begegnet das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommenen Abwägung der Privatinteressen (des persönlichen und beruflichen Fortkommens) des Beschwerdeführers mit dem für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über ihn sprechenden öffentlichen Interesse einer Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit durch seine Anwesenheit in Österreich keinen rechtlichen Bedenken: Das besondere Gewicht der vom Beschwerdeführer begangenen Tat (vgl. oben II. 2.2.1. letzter Absatz) läßt die zusammenfassende Beurteilung, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation (gekennzeichnet durch nicht allzu hoch veranschlagte persönliche und berufliche Interessen) des Beschwerdeführers, nicht als rechtswidrig erkennen.

4.1. Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer in der Beschwerde (wie schon vorher im Verwaltungsverfahren) geltend, der mit der gegenständlichen Angelegenheit betraute Sachbearbeiter der belangten Behörde, Dr. R., sei befangen, "da er zuvor durch Weisungen in das Verwaltungsverfahren erster Instanz eingegriffen hatte". Er hätte daher in zweiter Instanz nicht an der Entscheidung mitwirken dürfen, weil dadurch das Berufungsrecht "ad absurdum geführt wird".

4.2. Mit der angesprochenen Weisung ist, wie an anderer Stelle der Beschwerde ausgeführt wird, ein Telex der belangten Behörde vom 30. September 1987 an die SD gemeint, in dem der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer und seiner Abschiebung zugestimmt werde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 nur dann vor, wenn das im Berufungsverfahren handelnde Organ in unterer Instanz an der Erlassung des Bescheides mitgewirkt hat, d.h., wenn der Bescheid ganz oder teilweise auf einen Willensakt des betreffenden Organes basiert - was nicht der Fall ist, wenn das Organ bloß durch Handhabung des Weisungsrechtes auf den Inhalt der (nachher) bekämpften Entscheidung Einfluß genommen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Oktober 1980, Slg. Nr. 10.272/A). Selbst wenn also der genannte Sachbearbeiter durch Weisung auf die Erlassung des den Gegenstand des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde bildenden Bescheides der BH vom 11. März 1988 betreffend die Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer Einfluß ausgeübt hätte (was schon deshalb nicht zutrifft, weil die erwähnte Zustimmung seitens der belangten Behörde dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge nicht an die bescheiderlassende BH, sondern an die SD ergangen ist), wäre nach dem Vorgesagten der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 nicht erfüllt. Aber auch § 7 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ist durch die in Rede stehende Vorgangsweise nicht verwirklicht, denn die Erteilung der Zustimmung zu einer von der SD ins Auge gefaßten Maßnahme reicht nicht aus, die "volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen", somit darzutun, daß der Sachbearbeiter der belangten Behörde, Dr. R., nicht willens oder innerer Hemmungen wegen nicht in der Lage wäre, eine Amtshandlung (hier die Erledigung der Berufung gegen den Bescheid der BH) objektiv durchzuführen.

5.1. Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend Akteneinsicht gewährt worden sei. In bezug auf welche Aktenteile ihm die Einsicht verweigert worden sei und warum, sei weder im Zeitpunkt der Verweigerung noch im angefochtenen Bescheid beantwortet worden. Es könne daher auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüft werden, ob die Einsicht in diese Aktenteile zu Recht verweigert worden sei.

5.2. Eine derartige Überprüfung ist indes angesichts der von der belangten Behörde vertretenen und im vorliegenden Erkenntnis als nicht rechtswidrig beurteilten Rechtsansicht, derzufolge nicht die Verurteilung des Beschwerdeführers als solche, sondern bestimmte dieser Verurteilung zugrunde liegende Taten des Beschwerdeführers, wobei hier eine einzige ("Sprengstoffanschlag") als in dieser Hinsicht ausreichend angesehen wurde (vgl. oben II.2.2.1.), als "bestimmte Tatsache" i. S. des § 3 Abs. 1 FrPolG zu werten seien, entbehrlich. Denn daß der Beschwerdeführer zur Bekämpfung dieser Rechtsauffassung und der ihr zugrundeliegenden Sachverhaltsannahme in Kenntnis des Inhaltes der ihm angeblich zur Einsicht vorenthaltenen Aktenteile hätte sein müssen, wird in der Beschwerde nicht behauptet und läßt sich auch aus dem Beschwerdevorbringen in seiner Gesamtheit nicht erkennen.

6.1. Eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör hat die belangte Behörde nach Meinung der Beschwerde deshalb zu vertreten, weil dem Beschwerdeführer, obwohl er dies ausdrücklich beantragt habe, das von der belangten Behörde eingeholte Urteil des Schweizer Bundesstrafgerichtes vom 22. Mai 1979 nicht zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt worden sei. Hätte die Behörde insoweit das Parteiengehör gewahrt, so hätte er insbesondere Beweise dafür anbieten können, daß das Verfahren nicht Art. 6 MRK entsprochen habe.

6.2. Abgesehen davon, daß die Kenntnis des Beschwerdeführers vom besagten Urteil, wie sich dem von ihm eingeholten und der belangten Behörde vorgelegten Gutachten des Rechtsanwaltes Dr. W. vom 21. Juli 1988 ("Kurzbegutachtung") in aller Deutlichkeit entnehmen läßt, aktenkundig ist, der Beschwerdeführer sohin nicht gehindert war, der belangten Behörde seine Bedenken in bezug auf die Konformität dieses Urteils mit Art. 6 MRK vorzutragen, geht diese Rüge auch im Hinblick darauf ins Leere, daß bei der von der belangten Behörde unbedenklich vertretenen Ansicht (vgl. oben II.5.2.) die Beantwortung der Frage, ob das Urteil in einem dem Art. 6 MRK entsprechenden Verfahren zustande kam, nicht entscheidungswesentlich war.

7. Aus dem Vorgesagten ergibt sich zusammenfassend, daß der Beschwerdeführer durch das gegen ihn erlassene, von der im Devolutionsweg zuständig gewordenen belangten Behörde bestätigte Aufenthaltsverbot nicht in seinem vom Beschwerdepunkt erfaßten Recht (vgl. oben I.5.) verletzt worden ist. Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

8. Für den Verwaltungsgerichtshof bestand keine Veranlassung, dem Beschwerdeantrag auf Unterbrechung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bis zur Entscheidung der Straßburger Rechtsschutzorgane über insgesamt vier bei diesen Instanzen vom Beschwerdeführer wegen der "Vorfälle in der Schweiz" anhängig gemachten Beschwerden zu entsprechen, da der Ausgang dieser Beschwerdeverfahren - geltend gemacht wurde dort nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Verletzung des Art. 6 MRK durch das Schweizer Bundesstrafgericht - für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde - unter Zugrundelegung der hier vertretenen Rechtsanschauung - ohne Relevanz ist.

9. Die Anregung des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag gemäß Art. 140 B-VG auf Prüfung des zweiten Satzteiles des § 3 Abs. 2 Z. 1 FrPolG ("einer solchen Verurteilung ... den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht") wegen Widerspruches zu Art. 18 B-VG und Art. 14 MRK (Art. 7 B-VG) sowie des § 11 Abs. 2 und 3 FrPolG wegen Widerspruches zu Art. 6 MRK stellen, wurde nicht aufgegriffen, da die erstangeführte Regelung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren - die hier vertretene, für die Beschwerdeerledigung maßgebliche Rechtsansicht zugrunde gelegt - nicht präjudiziell war, und hinsichtlich des § 11 Abs. 2 und 3 FrPolG die Bedenken der Beschwerde nicht geteilt werden (vgl. dazu oben II.2.2.2.). Was den Hinweis anlangt, "das FrPolG" widerspreche "auch den Artikeln 1 und 2 des 7. Zusatzprotokolls zur MRK", so mußte eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen mangels jeglicher Substantiierung unterbleiben.

10. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

11. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

12. In Anbetracht der Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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