Normen
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1 litb idF 1990/252;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1 litb idF 1990/252;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. Mai 1990 erteilte der Landeshauptmann von Burgenland (LH) der Beschwerdeführerin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. April 1990 gemäß den §§ 32 Abs. 2 lit. a und c, 99 Abs. 1 lit. c, 105 lit. e und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zwecks Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes den Auftrag, innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft dieses Bescheides die auf ihrem Grundstück Nr. 7143/1 der KG L bestehende Bauschuttdeponie "M-Weg" zu beseitigen. Zur Begründung stützte sich der LH auf die eingeholten Gutachten von Amtssachverständigen aus den Fachgebieten der Geologie sowie der Wasserbau- und Abfalltechnik. Ferner wurde auf Grund von auch von der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt - Umgebung durchgeführten Augenscheines festgestellt, daß die Deponie mit einem Schranken versehen und an drei Seiten von schilfbestandenen Wasserflächen umgeben sei. Im Deponiebereich seien auch Ablagerungen von Hausmüll, organischen Gartenabfällen und von leeren Ölbehältnissen vorgefunden worden. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Anlage liege nicht vor. Der Vertreter der Beschwerdeführerin habe in der mündlichen Verhandlung vom 11. April 1990 erklärt, sich des Problems von Deponien bewußt zu sein, und die Bereitschaft der Beschwerdeführerin zur Mitarbeit ausgedrückt, sich dann aber unter Hinweis darauf, daß er sich im Urlaub befinde, vor Schluß der Verhandlung entfernt. Demgemäß sei die Beschwerdeführerin als präkludiert anzusehen. Rechtlich führte der LH unter Bezugnahme auf die einschlägigen Gesetzesstellen aus, eine Mülldeponie bedürfe einer wasserrechtlichen Bewilligung, weil von ihr in der Regel nachteilige Einflüsse auf das Grundwasser ausgingen. Auch ohne eine bereits eingetretene Grundwasserbeeinträchtigung stelle eine bewilligungslose Deponie eine unzulässige Neuerung dar, weshalb nach § 138 WRG 1959 vorzugehen sei. Die Sachverständigen hätten sich übereinstimmend für eine Beseitigung der Deponie ausgesprochen, sodaß ein Alternativauftrag nicht in Betracht gekommen sei.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, während des Deponiebetriebes sei immer ein Müllcontainer aufgestellt gewesen. Die nicht zu verhindernde Ablagerung anderer Stoffe als Bauschutt sei immer nur in den Randbereichen erfolgt, wobei diese Stoffe seitens der Beschwerdeführerin verbrannt oder anderweitig entsorgt worden seien. Den eingeholten Gutachten lägen keine hinreichenden Untersuchungen (z.B. Probegrabungen) zugrunde. Die Stellungnahme des Vertreters der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom 11. April 1990 habe auch Einwände gegen die Räumung der Deponie umfaßt, welche aber nicht protokolliert worden seien. Eine Räumung der Deponie sei der Beschwerdeführerin wirtschaftlich nicht möglich.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren ein Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein und gewährte dazu der Beschwerdeführerin das Parteiengehör.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. Oktober 1990 wie0 die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 AVG ab. Auch sie ging begründend vom Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 aus und gab im übrigen das von ihr eingeholte Gutachten wieder. Demnach müsse unter Zugrundelegung des vom LH eingeholten hydrogeologischen Gutachtens der Deponiestandort als ungeeignet angesehen werden, weil durch die Lage im Randbereich des A-Sees eine Kontamination des Seewassers durch Inhaltsstoffe der Deponie möglich sei. Dieses Gutachten lasse auch darauf schließen, daß bautechnische Sicherungsmaßnahmen wie Abdeckung, Einschließung oder innenliegende Wasserhaltung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht die Fernhaltung von Schadstoffen vom See bewirken könnten. Die Räumung der Deponie müsse daher dann verlangt werden, wenn im Schüttkörper Stoffe enthalten seien, die die Beschaffenheit des Seewassers oder des Uferbegleitgrundwassers zu gefährden vermögen. In diese Richtung weisende Verdachtsmomente ergäben sich aus den Wahrnehmungen eines Amtssachverständigen vom 29. August 1985 sowie aus der in Fachkreisen bekannten Tatsache, daß Bauschutt ein "beliebtes Tarnmaterial bei der Beseitigung gefährlicher Abfallstoffe" darstelle. Infolge unzureichender Überwachungsmaßnahmen und "zahlloser negativer Erfahrungen mit ähnlich gelagerten Fällen" sei die Deponie als potentiell gewässergefährdend einzustufen.
Gegen diesen Bescheid richet sich die gegenständliche Beschwerde, in der beantragt wird, diesen "als rechtswidrig aufzuheben". Die Beschwerdeführerin erachtet sich erkennbar in ihren Rechten auf Unterbleiben eines wasserrechtlichen Beseitigungsauftrages und auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren verletzt. Insbesondere sei die Beseitigung der Deponie lediglich auf Grund von durch Beweisergebnisse nicht erhärteten Vermutungen über das Vorhandensein gewässergefährdender Stoffe aufgetragen worden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 1. Juli 1990 hatte die belangte Behörde das WRG 1959 bereits in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden (Art. IV Abs. 1 der Novelle).
Gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2 beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Gemäß Abs. 2 lit. c dieses Paragraphen bedürfen der Bewilligung im Sinne des Absatzes 1 jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.
Zur Ablagerung kommende Abfallstoffe in Verbindung mit einer Lagerung unter freiem Himmel führen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge dazu, daß im Deponiekörper mit Inhaltsstoffen angereicherte Sickerwässer entstehen. Da diese ohne Vorkehrung entsprechender Maßnahmen in das Grundwasser gelangen würden - was auch für die hier gegenständliche Deponie auf Grund der eingeholten Gutachten feststeht -, unterliegt ein Deponievorhaben der Bewilligungspflicht gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959.
Da unter einer "eigenmächtigen Neuerung" im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen ist, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - soferne sie dieser überhaupt zugänglich sind - einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. Dezember 1989, Zl. 89/07/0105, und vom 12. Februar 1991, Zl. 90/07/0128), ist die belangte Behörde grundsätzlich mit Recht von der Anwendbarkeit des § 138 WRG 1959 auf den Beschwerdefall ausgegangen.
Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Nach der durch Art. I Z. 93 der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 neugeschaffenen lit. b dieser Gesetzesstelle ist der Täter unter den gleichen Voraussetzungen zu verhalten, auf seine Kosten Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist.
Wenn auch auf Grund obiger Ausführungen subjektive Rechte der Beschwerdeführerin nicht etwa dadurch verletzt worden sind, daß sich die belangte Behörde für berechtigt erachtet hat, mit einem wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 WRG 1959 gegen sie einzuschreiten, stellt sich insbesondere im Hinblick auf die zuletzt angeführte, ab dem 1. Juli 1990 in Geltung stehende gesetzliche Vorschrift die Frage nach dem auf Grund des gegebenen Sachverhaltes zu gestaltenden Inhalt eines derartigen Auftrages. Die Beschwerdeführerin zielt zwar mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht ausdrücklich auf die Anwendung des § 138 Abs. 1 lit. b WRG 1959 ab, doch hat sie unmißverständlich ausgeführt, daß die von ihr geforderte Beseitigung des Deponiematerials, nur mit einem für sie wirtschaftlich nicht zumutbaren Aufwand möglich wäre. Diese Stellungnahme schließt somit im Ergebnis auch ein Vorbringen in Richtung auf ein allfälliges Vorgehen nach dieser neuen Gesetzesstelle ein.
Nun entspricht es zwar der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, davon auszugehen, daß es für die Ausführungen eines Räumungsauftrages nicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ankommt, sondern nur objektive Gesichtspunkte maßgebend sind (vgl. z.B. hg. Erkenntnis vom 20. September 1990, Zl. 86/07/0096, und die dort angeführte Vorjudikatur), doch wurde durch § 138 Abs. 1 lit. b WRG 1959 idF der Novelle BGBl Nr. 252/1990 gerade für die Lösung der bei Abfallagerungen auftretenden schwierigen praktischen Probleme die Möglichkeit der Vorschreibung von Sicherungsmaßnahmen geschaffen, von welchen die Wasserrechtsbehörden gegebenenfalls auch Gebrauch zu machen haben. Ob eine - rechtswidrige - Ablagerung zur Gänze zu beseitigen oder aber im Wege des § 138 Abs. 1 lit. b WRG 1959 an Ort und Stelle zu sichern ist, hängt nach dieser Gesetzesstelle davon ab, ob die Beseitigung im Verhältnis zu einer derartigen Sicherung nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist. Die rechtliche Beurteilung dieser Frage setzt entsprechende, auf sachverständiger Basis vorzunehmende Ermittlungen voraus. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten ist der von der belangten Behörde beigezogene wasserbautechnische Amtssachverständige, der selbst keine Ermittlungen an Ort und Stelle vorgenommen hat, auf Grund einer in den Verwaltungsakten des LH enthaltenen Stellungnahme des der Verhandlung vom 11. April 1990 beigezogenen Amtssachverständigen für Geologie zu der Auffassung gelangt, daß der Standort der gegenständlichen Deponie ungeeignet sei und daß durch bautechnische Maßnahmen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand eine Fernhaltung von Schadstoffen vom See nicht möglich erscheine. Die Räumung der Deponie hat der Amtssachverständige der belangten Behörde unter der Voraussetzung als erforderlich erachtet, daß im Schüttkörper Stoffe enthalten wären, die die Beschaffenheit des Wassers des A-Sees oder des Uferbegleitgrundwassers gefährden könnten. Für das Vorhandensein solcher Stoffe hat der Sachverständige "Verdachtsmomente" vorgebracht, die einerseits auf einer Feststellung eines Sachverständigen vom 29. August 1985 über vorgefundene Ablagerungen von anderen als Bauschuttmaterialien und andererseits auf Erfahrungen aus anderen Verwaltungsverfahren beruhen. Der Amtssachverständige hat darüber hinaus aber - die folgenden Passagen seines Gutachtens wurden der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht - für den Fall, daß "diese Verdachtsmomente in rechtlicher Hinsicht zur Bestätigung des angefochtenen Auftrages nicht ausreichen", angeregt, den Inhalt der Deponie durch Probegrabungen näher zu untersuchen. Bei diesem Stand des Ermittlungsverfahrens, der keineswegs die Gewißheit des Vorhandenseins von die Räumung der Deponie erforderlich machenden gefährlichen Stoffen erbracht hat, wäre die belangte Behörde somit verpflichtet gewesen, die Frage der Notwendigkeit von Probegrabungen, die sowohl von der Beschwerdeführerin gefordert als auch vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde angeregt worden waren, unter Beiziehung der Beschwerdeführerin zu erörtern. Nur im Fall eines eindeutigen, auf das Vorhandensein wasssergefährdender Stoffe schließen lassender Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wäre die belangte Behörde auf Grund des von ihr selbst eingeholten Gutachtens berechtigt gewesen, den vom LH erteilten Beseitigungsauftrag zu bestätigen; dies allerdings auch nur insoweit, als auf Grund in diese Richtung gehender Aussagen auf sachverständiger Basis die Erteilung eines Auftrages im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. b WRG 1959 als nicht zielführend erschiene.
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid, der im übrigen eine gemäß § 60 AVG gebotene klare und übersichtliche Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und der darauf gestützten Beurteilung der Rechtsfrage vermissen läßt, nicht gerecht. Da die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich darauf, daß die Beschwerdeführerin als Gemeinde gemäß § 2 Gebührengesetz 1957 gebührenbefreit ist.
Demgemäß konnte auch ein Abspruch über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.
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