VwGH 90/07/0018

VwGH90/07/001818.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. Jänner 1990, Zl. Wa-15984/1-1990/Sel, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VStG §21 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §137 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VStG §21 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §137 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft vom 5. Juli 1988 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 18. April 1988 zur Speisung seiner Fischteiche I und II auf Grundstück Nr. 1399 entgegen der Bewilligung vom 26. Februar 1985 aus dem X-Bach eine Wassermenge von 5 l/sec. entnommen und somit diese Teichanlagen nicht bewilligungsgemäß betrieben habe. In seinem dagegen erhobenen Einspruch hebt der Beschwerdeführer hervor, auf Grund der Verpachtung der gegenständlichen Anlagen keinen Einfluß auf die Betriebsführung der Teiche zu haben und bestreitet die Richtigkeit der vorgenommenen Messungen, welche nach den Ausführungen in seiner ergänzenden Stellungnahme unter Anwendung eines schräg unter die Einlaufsöffnung gehaltenen Plastikkübels mit Fixierung der Zeit durch eine Armbanduhr als unzulänglich zu werten gewesen und durch den hohen Wasserstand des X-Baches und daraus resultierenden hohen Wasserdruck verfälscht worden seien, sodaß gegebenenfalls eine Überschreitung der zulässigen Wassermenge auf höhere Gewalt zurückzuführen sei.

Nach Einholung eines Gutachtens des hydrographischen Dienstes zur Wasserführung und Durchführung eines Lokalaugenscheines wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Dezember 1988 der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, am 18. April 1988 entgegen der Bewilligung vom 26. Februar 1985 zur Speisung der Fischteiche I und II auf seinem Grundstück Nr. 1399, eine Wassermenge von insgesamt 5 l/sec. entnommen zu haben. Er habe hiedurch § 137 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 iVm Abschnitt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 26. Februar 1985, Wa/266/1984, übertreten. Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 2000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die von einem erfahrenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik mittels eines mit Litermarkierung versehenen Eimers und einer mit einem Sekundenzeiger ausgestatteten Uhr durchgeführte Messung den die erforderliche Genauigkeit darstellenden Wert ergeben habe, sodaß von einem weiteren Gutachten abgesehen habe werden können. Aus der Stellungnahme des hydrographischen Dienstes beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung ergebe sich, daß am 18. April 1988 keine außergewöhnlichen Wasserführungsverhältnisse geherrscht hätten. Außerdem hätte eine Verfälschung der Zuflußmenge durch höhere Wasserführung gegebenenfalls nicht zu einer um mehr als 100 % gesteigerten Wassermengenentnahme für die Teiche bei einer vorausgesetzten bewilligungsgemäß betriebenen Drosseleinrichtung bzw. Niveauhaltung geführt. Das Strafausmaß sei auf Grund der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse schuldangemessen .

In seiner gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, auf Grund der Bauart des Einlaufrohres sei eine zuverlässige Messung unmöglich gewesen. Durch die zwangsläufige Schräghaltung des Kübels unter die Zuflußöffnung sei eine präzise Messung schon aus diesem Grund praktisch unmöglich. Ein beantragter Lokalaugenschein dazu sei nicht durchgeführt worden. Der Sachverständige schließe zudem nicht aus, daß zum Meßzeitpunkt wegen hoher Wasserführung und des hohen Wasserdrucks kurzfristig eine höhere Menge Wasser zugeflossen sei, als bei normaler Wasserführung. Hinsichtlich der verbleibenden Restwassermenge im X-Bach seien keine Beweise vorhanden. Selbst bei einer möglicherweise geringfügigen Überschreitung der zulässigen Entnahmemenge sei von einer genügend hohen Wasserführung im X-Bach auszugehen und wäre auf Grund des geringen Verschuldens eine Ermahnung auszusprechen gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Strafe jedoch auf S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) herabgesetzt. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, ein Amtssachverständiger könne auch mit vergleichsweise einfachen Mitteln Messungen mit ausreichender Genauigkeit durchführen. Die Schräghaltung des Eimers hätte auf den Füllungsvorgang erfahrungsgemäß keinen Einfluß. Die Litermenge habe durch Aufrichten des Eimers ermittelt werden können, weshalb von einem Lokalaugenschein abgesehen habe werden können. Die Hauptursache des erhöhten Wassereinzuges liege in der Ausgestaltung des über keine Drosseleinrichtung zur Gewährleistung des bewilligungsgemäßen Zuflusses zu den Teichen I und II von jeweils einer Wassermenge von höchstens ein Liter pro Sekunde verfügenden Entnahmebauwerkes. Außerdem habe zum Tatzeitpunkt kein Hochwasserzustand geherrscht und eine Messung der abgegebenen Restwassermenge sei im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Überschreitung der Einzugsmenge unbeachtlich und werde auch nicht angelastet. Eine Ermahnung sei auf Grund des zur Verfügung stehenden Zeitraumes von drei Jahren zur Entsprechung der im Bewilligungsbescheid erteilten Auflagen nicht gerechtfertigt. Auf Grund des nachträglichen Einbaues des Verteilerbauwerkes und der Unbescholtenheit sei die Strafhöhe um ein Viertel herabzusetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakte vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Richtung, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, d.h. ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 10. Jänner 1990, Zl. 89/01/0148 und vom 27. Juni 1990, Zl. 90/18/0027). Darin, daß die belangte Behörde von der beantragten Einholung einer Auskunft der Wetterwarte Hörsching zur Ermittlung der genauen Witterungsverhältnisse zum Tatzeitpunkt absieht - wie dies in der Beschwerde gerügt wird -, kann der Verwaltungsgerichtshof eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht erblicken. Damit kann nicht dargetan werden, daß den Beschwerdeführer kein Verschulden auf Grund der Witterungsverhältnisse träfe, ergibt sich doch aus der Stellungnahme des hydrographischen Dienstes vom 20. September 1988, daß 5 Tage vor dem Tatzeitpunkt eine kleine Hochwasserwelle gelaufen sei, jedoch zum Tatzeitpunkt selbst von einer Mittelwasserführung vor der knapp darunterliegenden Wasserführung ausgegangen werden könne. Im Zusammenhalt mit der gutachtlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 1988, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, ergibt sich schlüssig, daß sich bei Vorhandensein einer Drosseleinrichtung zum Tatzeitpunkt der Zulauf nicht um mehr als 100 % erhöht hätte. Zweifel an der Schlüssigkeit können auch durch den im angeführten Gutachten verwendeten Ausdruck "vor allem (sei) die höhere Entnahme auf die fehlende Drosseleinrichtung zurückzuführen", nicht hervorgerufen werden, da das Gutachten auch nur in seinem inhaltlichen Gesamtzusammenhang gesehen werden kann. Daraus ergibt sich kein Zusammenhang mit einer Verfälschung durch höheren Wasserdruck, wie der Beschwerdeführer vermeint. Es erübrigten sich daher darüberhinaus Wasserstandsbeobachtungen des X-Baches zum Tatzeitpunkt.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers, auch eine durch natürliche Einflüsse hervorgerufene Aufstauung hätte den Wasserstand des X-Baches gravierend gegenüber der Wasserführung des Einzugsgebietes der A ändern können und hätte dies naturgemäß zu einem wesentlich höheren Wasserstand (etwa bei einem angenommenen Aufstau) im X-Bach geführt und einen höheren Wasserdruck erzeugt, ist zu entgegnen, daß durch das Aufstellen bloßer Vermutungen und Annahmen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht wirksam bekämpft werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 89/03/0316).

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid die Meßergebnisse des Amtssachverständigen anläßlich der Überprüfungsverhandlung vom 18. April 1988 zugrundegelegt. Diese Meßergebnisse wurden mittels eines in Schräghaltung verwendeten Eimers unter der Öffnung des Zuflußrohres mit einer Uhr ermittelt. Daß auf diese Weise ein brauchbares Meßergebnis erzielt werden kann, steht mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch. Ein solches von einem Sachverständigen erstelltes Gutachten kann zudem in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1987, Zl. 87/01/0022). Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen. Von der Durchführung eines Lokalaugenscheines und damit weiterer Erhebungen konnte die belangte Behörde absehen, zumal der Sachverhalt im Zusammenhalt mit den eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen genügend geklärt war.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, angesichts seiner Unbescholtenheit, der Geringfügigkeit seines Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Übertretung hätte die belangte Behörde mit einer Ermahnung vorgehen müssen.

Eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG kommt nur dann in Betracht, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters unter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 817, dargestellte Rechtsprechung). Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn ein Beschwerdeführer über einen Zeitraum von drei Jahren den Auflagen des Bewilligungsbescheides, nämlich entsprechende bauliche Anlagen einzurichten, sodaß nur jeweils ein Liter pro Sekunde zu den Teichen I und II zufließt, nicht nachkommt.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Rahmens ist eine von der Behörde zu treffende Ermessensentscheidung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 1989, Zl. 89/14/0008). Gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt bei Übung des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, soweit dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1992, Zl. 91/13/0130). Im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Strafrahmen (bis zu S 20.000,--) vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Verhängung einer Geldstrafe von S 1.500,-- unter Abstimmung auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhälnisse und Berücksichtigung der Unbescholtenheit und des Umstandes der umgehenden Errichtung eines dem bewilligten Zustand entsprechenden Verteilerbauwerkes als Milderungsgründe eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 AVG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991, insbesonders deren Art. III Abs. 2

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