VwGH 87/01/0022

VwGH87/01/002227.5.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Hoffmann, Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungsrat Dr. Seyfried, über die Beschwerde des OA in W, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien I, Liliengasse 1, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 2. Dezember 1986, Zl. MDR-A 12/86, betreffend Konzession zum Betrieb eines Münzgewinnspielapparates zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
JSchG Wr 1985 §1;
JSchG Wr 1985 §11;
JSchG Wr 1985 §14 Abs2;
VeranstaltungsG Wr 1971 §15 Abs3 idF 1983/008;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
JSchG Wr 1985 §1;
JSchG Wr 1985 §11;
JSchG Wr 1985 §14 Abs2;
VeranstaltungsG Wr 1971 §15 Abs3 idF 1983/008;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien wurde der Antrag des Beschwerdeführers um Verleihung einer Konzession zum Betrieb eines Münzgewinnspielapparates mit dem Standort in Wien, Dstraße n1, gemäß § 15 Abs. 3 des Gesetzes vom 19. Jänner 1971, LGBl. für Wien Nr. 12, in der Fassung LGBl. Nr. 8/1983 (Wiener Veranstaltungsgesetz), abgewiesen. In der Begründung stellte die Behörde erster Instanz fest, dass sich in Wien, G-gasse n2, eine Hauptschule befindet. Anhand des Stadtkartenausschnittes wurde festgestellt, dass der Schuleingang weit innerhalb der vom Gesetz genannten 150 m Entfernung liege (ca. 90 bis 110 m). Die vom Vertreter des Beschwerdeführers verlangte genaue Messung sei daher nicht erforderlich gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er eine genaue Messung der Gehwegentfernung zwischen der genannten Hauptschule und dem Standort seines Betriebes beantragte, weil diese mehr als 150 m betrage. Auch habe die Behörde unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei der Veranstaltungsstätte um ein Gasthaus handle, auf dessen Eingängen sich eine Plakette entsprechend dem Wiener Jugendschutzgesetz befände, aus der ersichtlich sei, dass Jugendlichen unter 18 Jahren der Eintritt nicht gewährt werde. Dadurch werde der Schutzzweck des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes gewährleistet.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Feststellungen über die Entfernung des beabsichtigten Aufstellungsortes vom Schulgebäude unter Beiziehung der Magistratsabteilung 41 - Stadtvermessung. Danach beträgt die Entfernung des Schuleinganges vom Lokaleingang ca. 70 m. Das Ermittlungsergebnis wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, der dazu Stellung nahm.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe von § 18 Abs. 1 und § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes führte die belangte Behörde aus, die Gehwegstrecke zwischen der Veranstaltungsstätte und der Schule in Wien, G-gasse n2, betrage ca. 70 m. Da das Wiener Veranstaltungsgesetz für die nicht mehr als 150 m von Schulen oder sonstigen im Gesetz genannten Jugendeinrichtungen entfernten Veranstaltungsstätten zur Vermeidung allenfalls entstehender Gefahren ausnahmslos ein Hindernis für die Konzessionserteilung vorsehe, könne dem Antrag des Beschwerdeführers, ihm im genannten Standort die Konzession zum Betrieb eines Münzgewinnspielapparates zu erteilen, keine Folge gegeben werden. Eine Ausnahme sei nach dem Gesetz auch dann nicht zulässig, wenn Jugendlichen unter 18 Jahren der Eintritt in das Lokal nicht gewährt werde. Es sei offenkundig, dass die Gefahr bestehe, Kinder und Jugendliche könnten sich über Verbote des Wiener Jugendschutzgesetzes 1985 hinwegsetzen und Veranstalter für die Gesetzeseinhaltung nicht ausreichend Sorge tragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, die genaue Entfernung zwischen der Veranstaltungsstätte und dem Eingang des Lokales festzustellen, insbesondere nicht nach Metern und Zentimetern. Die Feststellung, dass die Entfernung ca. 70 m betrage, reiche nicht hin, zumal sie von den Feststellungen der Behörde erster Instanz um nahezu 40 m abweiche. Die belangte Behörde habe den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht beachtet und auch keinen vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenschein durchgeführt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes dürfen außerhalb der im Absatz 2 genannten Volksbelustigungsorte (das sind der Volksprater und der Laaerwald) Konzessionen für den Betrieb von Münzgewinnspielapparaten nur verliehen werden, wenn die Veranstaltungsstätte von öffentlichen und privaten Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen sowie vergleichbaren Privatschulen, von Schülerheimen, Horten und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg (gemessen von den Ein- und Ausgängen) entfernt ist.

Auf Grund der Ermittlungsergebnisse im Berufungsverfahren steht fest, dass die Entfernung von der beantragten Veranstaltungsstätte bis zum Eingang der Schule ca. 70 m (Gehweg) beträgt. Einer genaueren Feststellung der Entfernung in Metern und Zentimetern bedarf es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil die Entfernung weit innerhalb der Sperrzone des Wiener Veranstaltungsgesetzes gelegen ist. Eine genauere Feststellung der Entfernung wäre nur in Fällen erforderlich, die im Grenzbereich der Mindestentfernung gelegen sind.

Die belangte Behörde hat dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beiziehung eines Sachverständigen dadurch ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften Rechnung getragen, dass sie der Ermittlung der maßgebenden Entfernung das Vermessungsamt beigezogen hat. Sind doch gemäß § 52 Abs. 1 AVG 1950 die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird. Nach Absatz 2 der genannten Bestimmung kann die Behörde nur ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige heranziehen und beeiden, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint. Dass ein solcher besonderer Fall vorliege, der die Beiziehung eines anderen Sachverständigen erforderlich machen würde, lässt das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren nicht erkennen. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden, wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Mai 1968, Zl. 1332/67, ausgesprochen hat. Dass die vom Amtssachverständigen ermittelte Entfernung, die sich auf die vorliegenden Pläne stützt, unschlüssig sei oder Widersprüche aufweise, hat der Beschwerdeführer nicht aufzeigen können.

Somit konnte die Behörde frei vom Rechtsirrtum davon ausgehen, dass die im Beschwerdefall ausschlaggebende Länge des Gehweges zwischen Veranstaltungsstätte und Schuleingang weniger als 150 m beträgt und daher tatsächlich das schon von der Behörde erster Instanz angenommene Verleihungshindernis vorliegt.

Dem § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes wurde auch nicht durch das Gesetz vom 26. April 1985 zum Schutz der Jugend (Wiener Jugendschutzgesetz 1985), LGBl. für Wien Nr. 34/1985, derogiert, wie der Beschwerdeführer vermeint. Dieses Gesetz regelt zwar im § 11 die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an öffentlichen Glücksspielen und deren Aufenthalt in Spiellokalen oder sonstigen Örtlichkeiten, an denen Spielapparate aufgestellt sind, doch ist weder diesen Bestimmungen noch jenen über den Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in Gaststätten (§ 14 leg. cit.) eine Regelung zu entnehmen, die mit der Norm des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes unvereinbar wäre. Die genannten Regelungen des Wiener Jugendschutzgesetzes stehen vielmehr mit der im Beschwerdefall allein anzuwendenden Norm des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes insofern im Einklang, als der erkennbare Zweck der Regelungen der besondere Schutz von Kindern und Jugendlichen in Ansehung des Betriebes von Münzgewinnspielapparaten, Glücksspielen und anderen Spielapparaten ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Gewährleistung der Einhaltung der Bestimmungen des Wiener Jugendschutzgesetzes durch Anbringung entsprechender "Plaketten" an den Eingängen seines Lokales gemäß § 14 Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes ändert nichts am Verbot nach § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes. Zutreffend verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf, dass weder durch die genannten "Plaketten" noch durch Aufsichtspersonen völlig ausgeschlossen wird, dass Jugendliche dessen ungeachtet einen Gastgewerbebetrieb betreten und dort in die Gelegenheit versetzt werden, Münzgewinnspielautomaten zu benützen.

Die Beschwerde musste daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 27. Mai 1987

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