Normen
AHG 1949 §1;
AVG §52;
AVG §66 Abs4;
BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §2 Abs1 litd;
BauPolG Slbg 1973 §2 Abs1 lite;
BauPolG Slbg 1973 §23 Abs1;
BauPolG Slbg 1973 §5;
BauPolG Slbg 1973 §8;
BauPolG Slbg 1973 §9;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AHG 1949 §1;
AVG §52;
AVG §66 Abs4;
BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §2 Abs1 litd;
BauPolG Slbg 1973 §2 Abs1 lite;
BauPolG Slbg 1973 §23 Abs1;
BauPolG Slbg 1973 §5;
BauPolG Slbg 1973 §8;
BauPolG Slbg 1973 §9;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 15. September 1989 hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde H dem Beschwerdeführer die nachträglich beantragte baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Dusch- und WC-Raumes im ersten Obergeschoß des Objektes auf der Gp. 157/7 der KG. T versagt. Gleichzeitig wurde gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes der Auftrag erteilt, die bauliche Anlage binnen acht Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen. Dieser Bescheid war im wesentlichen damit begründet, daß es sich beim bereits durchgeführten Bauvorhaben um eine baubewilligungspflichtige Maßnahme handle. Dabei sei die Grundgrenze zum benachbarten Gebäude überschritten worden. Mangels Vorliegens der Zustimmung durch die erstmitbeteiligte Partei sei gemäß § 9 Abs. 1 lit. e Salzburger Baupolizeigesetz die baubehördliche Bewilligung zu versagen gewesen. Diese Bestimmung des Baupolizeigesetzes sei auch dann anzuwenden, wenn das Grundstück des Eigentümers, wenn auch nur geringfügig, von der baulichen Maßnahme berührt werde.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen ausführte, daß die Adaptierungsarbeiten im Einvernehmen mit der erstmitbeteiligten Partei vorgenommen worden seien. Überdies habe die Stadtgemeinde H über Anfrage des Amtes der Salzburger Landesregierung im Zusammenhang mit den gegenständlichen Adaptierungsarbeiten die Auffassung vertreten, daß dafür keine Baubewilligung erforderlich sei. Im übrigen sei § 418 ABGB anzuwenden, da die erstmitbeteiligte Partei von der Bauführung gewußt habe. Diese Berufung wurde von der Stadtgemeindevertretung der Stadtgemeinde H mit Bescheid vom 2. Jänner 1990 als unbegründet abgewiesen. Darin wird im wesentlichen ausgeführt, bei einer Probebohrung sei festgestellt worden, daß die Grundgrenze durch die konsenslose Bauführung überschritten worden sei, weiters sei der Stadtgemeinde H im Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft, es sei keine Baubewilligung erforderlich, der Umfang der durchgeführten Maßnahmen nicht bekannt gewesen. Weiters wird darin festgestellt, daß sich aus der Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei, die sie im Zuge einer mündlichen Verhandlung abgegeben habe, eindeutig ergebe, daß sie die Zustimmung nicht erteile. Aus einer Besprechung der Adaptierung und der Wahrnehmung des Baufortschrittes könne noch keine Zustimmung des Vertreters der Objektseigentümerin zur durchgeführten Baumaßnahme abgeleitet werden. Er müsse ja nicht gewußt haben, daß ihr Grundeigentum betroffen sei.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er bemängelte, daß sich die Behörde nicht selbst mit der Berufung auseinandergesetzt habe, sondern sich bloß auf irgendwelche Ausführungen des Amtssachverständigen stützte. Die Bescheidbegründung stünde im Widerspruch zu sich selbst. Einerseits werde ausgeführt, daß die Grundgrenze in der Mitte der 2 cm breiten Trennfuge verlaufe und andererseits, daß dadurch das Eigentum der Objekteigentümerin "betroffen" sei, was sie nicht gewußt haben müsse. Die Feststellung, daß die Grenzlinie in der Mitte einer 2 cm breiten Trennfuge verlaufe, beinhalte noch keineswegs eine Aussage darüber, daß eine "Grenzverletzung" vorliege. Die Objekteigentümerin sei über die Baumaßnahmen sowie über Art und Umfang informiert gewesen. Die Berufungsbehörde könne die eindeutige Auskunft der Baubehörde, wonach keine Baubewilligungspflicht bestünde, nicht einfach mit dem Hinweis beiseite wischen, daß der bautechnische Amtssachverständige über den gesamten Umfang der Verbesserungsarbeiten nicht informiert gewesen sei. Es seien keine tragenden Bauteile entfernt worden; dies ergäbe sich aus der Bestätigung eines befugten Zimmermeisters, wonach die Sparrenauswechslung keinen Einfluß auf die Tragfähigkeit der bestehenden Dachstuhlkonstruktion habe.
Dieser Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. August 1990 keine Folge gegeben. Sie begründet ihren Bescheid damit, daß gemäß § 2 Abs. 1 lit. d und e Salzburger Baupolizeigesetz die Änderung des Dachbodens in einen Dusch- und WC-Raum unzweifelhaft baubehördlich bewilligungspflichtig sei. Die im Zusammenhang mit der Gewährung von Wohnbauförderungsmitteln erteilte Auskunft, wonach der gegenständliche Dachbodenausbau baurechtlich nicht baubewilligungspflichtig sei, könne die gesetzlich gegebene Baubewilligungspflicht nicht beseitigen. Da die Zustimmug der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 9 Abs. 1 lit. e des Salzburger Baupolizeigesetzes im Zusammenhang mit der - wenn auch geringfügigen - Überschreitung der Grundgrenze nicht vorliege, habe die Baubewilligung nicht erteilt werden können.
§ 418 letzter Satz ABGB könne deshalb nicht angewendet werden, weil im Zeitpunkt der Bauführung nicht offensichtlich war, daß die Grundgrenze überschritten worden sei. Dabei handle es sich um eine Vorfragenbeurteilung; sollte ein zivilgerichtliches Verfahren ein anderes Ergebnis bringen, sei dies ein Grund zur Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG. Zur Feststellung, wo die Grundgrenze zwischen den betroffenen Liegenschaften genau verlaufe, seien entsprechend den Verfahrensvorschriften Amtssachverständige bzw. Privatsachverständige herangezogen worden. Es sei auf dieser Basis eindeutig davon auszugehen, daß zumindest im Ausmaß von 1 cm entlang des Objektes auf Grst.-Nr. 157/3 fremdes Grundeigentum in Anspruch genommen worden sei. Der Umstand, daß die betroffenen Behörden ihre Bescheide auf sachverständige Äußerungen aufgebaut hätten, entspreche den verfahrensrechtlichen Vorschriften.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer vor allem in seinem Recht auf Bewilligungsfreiheit verletzt erachtet; erkennbar bekämpft der Beschwerdeführer aber auch die Abweisung des Antrages auf nachträgliche Erteilung der Baubewilligung wegen Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen. Auch die zweitmitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift vorgelegt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Salzburger Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973, in der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 100/1992 ist die sonstige Änderung von Bauten und Nebenanlagen, die geeignet ist, die Festigkeit oder Brandsicherheit des Baues zu beeinflussen, bewilligungspflichtig. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. e leg.cit. ist auch die Änderung der Art des Verwendungszweckes von Bauten oder Teilen von solchen baubewilligungspflichtig.
§ 9 Abs. 1 lit. e Salzburger Baupolizeigesetz legt fest, daß eine Baubewilligung u.a. dann zu versagen ist, wenn der Eigentümer des Grundstückes dem Vorhaben seine Zustimmung versagt. Gemäß § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen, sofern es sich um eine bauliche Anlage ohne Bewilligung handelt.
2. In seiner Beschwerde vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß der Bürgermeister auch dann an seine Rechtsauskunft, daß die von ihm durchgeführten Baumaßnahmen nicht bewilligungspflichtig seien, gebunden sei, wenn diese Rechtsauskunft dem Gesetz widerspreche.
Der belangten Behörde kann demgegenüber nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, daß eine Rechtsauskunft eine gesetzlich vorgesehene Baubewilligungspflicht nicht beseitigen könne. Eine solche Rechtsauskunft vermag allenfalls eine Bestrafung wegen Ausführung einer baulichen Maßnahme ohne Bewilligung gemäß § 23 Abs. 1 lit. a Salzburger Baupolizeigesetz auszuschließen; darüber hinaus könnte sie Basis für Schadenersatzforderungen nach dem Amtshaftungsgesetz gegenüber der Stadtgemeinde H sein.
Die Frage der Baubewilligungspflicht ist jedoch davon unabhängig nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Salzburger Baupolizeigesetz zu beurteilen. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß mit dieser Fragestellung Amtssachverständige befaßt worden sind. Der Beschwerdeführer hatte es schon im bisherigen Verfahren unterlassen, dem Ergebnis der Amtsgutachten auf gleicher Ebene entgegenzutreten. Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden beschränkten Sachverhaltskontrolle (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894/A) erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof nicht unschlüssig, wenn (auch) die belangte Behörde davon ausging, daß schon deshalb eine Baubewilligungspflicht anzunehmen sei, weil ein Dachsparren ausgewechselt worden ist. Diese Tatsache wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten; nach einer Bestätigung eines Zimmermeisters, die vom Beschwerdeführer dem Stadtamt H vorgelegt worden ist, habe das Auswechseln des Sparrens aber keinen Einfluß auf die Tragfähigkeit der bestehenden Dachstuhlkonstruktion. Dazu ist anzumerken, daß schon allein die Möglichkeit einer Beeinflussung der Festigkeit eines Baues die Bewilligungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Salzburger Baupolizeigesetz bewirkt; in dieser Norm ist nämlich ausdrücklich davon die Rede, daß eine Änderung "geeignet" sein muß, die Festigkeit zu beeinträchtigen. Es kommt daher nicht darauf an, ob eine Änderung eines Baues auch tatsächlich die Festigkeit verändert, um die Bewilligungspflicht zu begründen, sondern lediglich darauf, ob eine solche Möglichkeit besteht. Insoweit erscheint dem Verwaltungsgerichtshof der Sachverhalt ausreichend klargestellt.
Auch die (vom Beschwerdeführer nicht unmittelbar bekämpfte) Annahme der belangten Behörde, daß die Errichtung des Dusch- und WC-Raumes eine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß § 2 Abs. 1 lit. e Salzburger Baupolizeigesetz darstellt, stößt auf keine rechtlichen Bedenken.
3. Der Beschwerdeführer bemängelt in seiner Beschwerde weiters, daß die belangte Behörde keine Rechtswidrigkeit des Bescheides der Stadtgemeindevertretung dann erblickt hat, daß die Stadtgemeindevertretung lediglich die Sachverständigenäußerung wiedergegeben und sich nicht selbst ausreichend mit der Angelegenheit befaßt habe. Insoweit ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben, da sich der Bescheid der Stadtgemeindevertretung weithin in der Wiedergabe der Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen erschöpft. Der Beschwerdeführer ist aber darauf hinzuweisen, daß er zwar im Recht ist, wenn er durch seine Rüge zum Ausdruck bringen wollte, daß es nicht Aufgabe eines Sachverständigen ist, die Rechtsfragen zu klären; in einem solchen Fall überschreitet ein Sachverständiger seine Aufgabe und greift in unzulässigerweise der rechtlichen Beurteilung durch die allein hiezu berufene Behörde vor. Freilich bindet Derartiges die Behörde nicht. Wenn die zur Entscheidung berufene Behörde der Rechtsansicht des Sachverständigen folgt, dann ist dies bekämpfbar, doch wird hier verfahrensrechtlich nicht die Rechtsansicht des Sachverständigen, sondern diejenige der entscheidenden Behörde überprüft (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1979, Zl. 61/78). Auch aus dieser Sicht ist daher der Bescheid der belangten Behörde, die auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers den Bescheid der Stadtgemeindevertretung geprüft hat, rechtlich nicht mangelhaft.
4.1. Erkennbar wendet sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde in Verbindung mit der Vorstellung dagegen, daß sein Ansuchen um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung (ausschließlich) deshalb abgewiesen worden ist, weil gemäß § 9 Abs. 1 lit. e Salzburger Baupolizeigesetz die Zustimmung des Grundeigentümers nicht vorlag. Eine derartige Zustimmung wäre aber gar nicht notwendig, wenn der Beschwerdeführer selbst gemäß § 418 ABGB im Ausmaß seiner Bauführung auf fremdem Grund Eigentum erworben hätte.
4.2. Die belangte Behörde, aber auch die Gemeindebehörden beziehen sich nur auf eine - wenn auch geringfügige - faktische Überschreitung der Grundstücksgrenzen durch den Beschwerdeführer und leiten daraus die Zustimmungspflichtigkeit ab. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Baubewilligung nachträglich erteilt werden kann oder nicht, ist aber nicht die faktische Situation, sondern der Bauplan. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur festgestellt hat, ist nämlich auch bei einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren nicht der tatsächliche (rechtlich zu sanierende) Baubestand, sondern der in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung gemäß § 5 Salzburger Baupolizeigesetz zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 1986, Zl. 82/05/0015, und vom 29. Oktober 1987, Zl. 86/06/0292). Wenn ein Überschreiten der Grundstücksgrenzen nach den Bauplänen nicht gegeben ist, dann könnte also die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung nicht mit Berufung auf die fehlende Zustimmung der mitbeteiligten Partei verweigert werden.
In den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten sind keine Baupläne enthalten. Vom Verwaltungsgerichtshof konnten sie auch beim Beschwerdeführer nicht beschafft werden. Da die belangte Behörde diesen Verfahrensmangel, nämlich das Fehlen der Baupläne, nicht erkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig und ist wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Dies gilt auch für den im angefochtenen Bescheid enthaltenen, auf § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz gestützten Beseitigungsauftrag.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, da nur die Kosten für erforderliche Stempelmarken zu ersetzen sind.
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