Normen
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligten Bauwerber beantragten mit 19. Mai 1988 die Bewilligung für die Errichtung einer Güllegrube in Form eines 85 m3 großen runden Stahlbetonbehälters. Dem Antrag war ein Einreichplan angeschlossen, in welchem die Situierung des Bauvorhabens an einer bestimmten Ecke des Grundstückes .33 festgelegt war. Zur Bauverhandlung vom 21. Juli 1988 wurde der Beschwerdeführer unter Bekanntgabe des Gegenstandes "Errichtung einer Güllegrube" geladen; in der Niederschrift heißt es u.a.:
"der Anrainer H hat erklärt, daß er diese Bauverhandlung nicht als solche ansieht und hat sich vor Schluß der Verhandlung entfernt." An anderer Stelle dieser Niederschrift heißt es, daß die Bauwerber beabsichtigen, auf ihrem Grundstück eine Güllegrube und eine darüberliegende, allseitig geschlossene Düngerstätte zu errichten. Deswegen werde ihnen u.a. aufgetragen, daß die vorgelegten Pläne ergänzt werden im Hinblick auf eine genaue Situierung und daß ein Plan über die Düngerstätte nachgereicht werden müsse.
Tatsächlich wurde in der Folge der Behörde ein neuer Plan vorgelegt, der die Güllegrube und die Düngerkammer an derselben Stelle wie seinerzeit die Güllegrube auswies. Daraufhin erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde M mit 2. Dezember 1988 die Bewilligung zur Errichtung einer Güllegrube und einer Düngerstätte.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid machte der Beschwerdeführer Nichtigkeit des Verfahrens geltend, denn Verhandlungsgegenstand sei die Güllegrube und nicht eine Düngerstätte gewesen. Die Berufung enthielt keine Ausführungen dahingehend, inwieweit sich der Beschwerdeführer durch die Errichtung der Düngerstätte beschwert erachte.
Der Gemeinderat der Marktgemeinde M gab mit Bescheid vom 12. Dezember 1989 der Berufung keine Folge. Der Berufungswerber habe keine Verletzung von Anrainerrechten geltend gemacht.
Erstmals in der Vorstellung gegen den Berufungsbescheid machte der Beschwerdeführer geltend, daß die von ihm beanstandete Verlegung der Düngerstätte (also die von der Bewilligung erfaßte Errichtung einer Düngerstätte über der Güllegrube) eine unzumutbare und ortsunübliche Geruchsbelästigung bedeute. Weiters behauptete er, die Bauwerber hätten eine frühere Düngerstätte aus der unmittelbaren Nähe ihres eigenen Wohnhauses zufolge Geruchsbelästigung entfernt.
Diese Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. Juli 1990 als unbegründet ab. Sie ging davon aus, daß die Projektänderung in der Verhandlung vom 21. Juli 1988 erst erfolgt sei, als sich der Beschwerdeführer bereits entfernt hatte, weshalb er noch in der Berufung Einwendungen erheben konnte. In der Berufung habe er aber nicht behauptet, daß er durch die Errichtung der Düngerkammer in seinen Rechten verletzt sei.
In der vorliegenden Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, weil von einer Düngerkammer wesentlich intensivere Emissionen ausgingen als von einer Güllegrube. Anläßlich der Änderung des Bauvorhabens sei seine neuerliche Anhörung unterlassen worden. Aufgrund des im Bauverfahren geltenden Offizialprinzips hätte die Aufsichtsbehörde auch Verfahrensvorschriften verletzt, weil ein Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Landwirtschaft und der Luftreinhaltung nicht erstattet wurde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift; die mitbeteiligte Gemeinde äußerte sich dahin, daß deswegen, weil die Düngerstätte in dem bei der Bauverhandlung vorgelegten Plan nicht eingezeichnet war, die Baubehörde die Vorlage eines Ergänzungsplanes verlangte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auszugehen ist davon, daß der Nachbar anläßlich der Bauverhandlung übergangen wurde, weil er nur zum ursprünglichen Bauvorhaben (Güllegrube), aber nicht zum erweiterten Bauvorhaben (Düngersammelstelle) gehört wurde. In seiner auf Nichtigkeit gestützten Berufung konnte er weder einen der im § 68 Abs. 4 AVG erschöpfend (Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren I8, 383; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz. 665) aufgezählten Nichtigkeitsgründe anführen, noch erhob er Einwendungen in der Sache selbst, obwohl ihm aus dem erstinstanzlichen Bescheid bekannt war, daß nunmehr die Errichtung einer Düngerstätte bewilligt wurde.
Allein das Auftreten der übergangenen Partei führt aber zu keiner Aufhebung des Bescheides, sondern es ist erst zu prüfen, ob sie durch den Bescheid in ihren subjektiven (öffentlichen) Rechten verletzt wurde. Dabei hat der Übergangene kein Recht auf Durchführung einer (neuen) mündlichen Verhandlung (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 241). Vielmehr hätte der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren gegen den Baubewilligungsbescheid alle Einwendungen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG zu erheben gehabt; er hätte also in diesem Rechtsmittel zu erkennen geben müssen, aus welchen besonderen Gründen er durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben in seinen aus baurechtlichen Bestimmungen erfließenden subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird (hg. Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 83/05/0052).
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG muß die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden, wobei sie gemäß § 65 AVG auch neue Tatsachen und Beweise zu berücksichtigen hat. Derartige neue Tatsachen, daß nämlich durch die bewilligte Errichtung der Düngerstätte der Beschwerdeführer im Sinne des § 62 Abs. 2 in Verbindung mit § 118 Abs. 8 und 9 der Niederösterreichischen Bauordnung unzumutbaren Belastungen ausgesetzt sei, hat er in der Berufung nicht vorgebracht. Die Berufungsbehörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß eine Verletzung von Anrainerrechten nicht behauptet wurde.
Ganz anders ist die Rechtslage jedoch im Vorstellungsverfahren. Da der gemeindebehördliche Bescheid im Falle einer Verletzung von Rechten des Vorstellungswerbers nur aufgehoben werden kann, ist die Aufsichtsbehörde nur zu einer Rechtmäßigkeitskontrolle berechtigt. Sie ist nicht befugt, anstelle der Gemeinde in der Sache, die Gegenstand des gemeindebehördlichen Verfahrens war, selbst zu entscheiden. Der Bescheid des obersten Gemeindeorganes ist an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu messen (Berchtold, Gemeindeaufsicht, in Fröhler-Oberndorfer, Das Österreichische Gemeinderecht, 3.14, 44; VfSlg. 9.575).
Die erstmals in der Vorstellung erhobene Einwendung des Eindringens von Immissionen war also nie "Sache" des gemeindebehördlichen Verfahrens, sodaß die Vorstellungsbehörde darauf nicht eingehen mußte. Daraus folgt aber auch, daß der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu Recht geltend machen kann. Durch Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Gemeindebehörde und die - ohnehin ausgeschöpfte - Rechtsmittelbefugnis wurde ihm die Möglichkeit einer neuerlichen Anhörung geboten. Im Unterbleiben der Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften Bescheides kann somit eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Entscheidung nicht erkannt werden.
Auch die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor. Die Aufsichtsbehörde ist nämlich im Vorstellungsverfahren bei der gegebenen Sach- und Rechtslage gar nicht berechtigt, durch eigene Ermittlungen die Frage, ob eine Verletzung des Vorstellungswerbers in seinen materiellen Rechten eingetreten ist, zu prüfen (Berchtold a.a.O., 45). Im übrigen war am gemeindebehördlichen Bauverfahren ein Bausachverständiger beteiligt, der ein Gutachten (Beilage A) zur Niederschrift erstattete, welches zu entsprechenden Auflagen auch hinsichtlich des geänderten Projektes führte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III. Abs. 2.
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