VwGH 90/04/0117

VwGH90/04/011730.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. April 1990, Zl. V/1-BA-8982, betreffend Zurückweisung von Berufungen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §56;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha vom 3. Oktober 1989 wurde einleitend festgestellt, am 2. Oktober 1989 sei bekannt geworden, daß auf den der "Firma" A Handelsges.m.b.H. im Industriegelände in X auf den Grundstücken Nr. 829/2, 3 und 6, KG X, gehörigen Grundstücken in einer Lagerhalle insgesamt 101 200-l-Fässer mit Chemikalien, und zwar im wesentlichen Lackabfälle, von der Beschwerdeführerin abgelagert worden seien. Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 2. Oktober 1989 werde folgendes verfügt: Die Beschwerdeführerin werde verpflichtet, 1.) die 101 Gebinde (Fässer) a 200 l von den Grundstücken Nr. 829/2, 3 und 6, KG X, durch einen behördlich befugten Sonderabfallsammler als überwachungsbedürftigen Sonderabfall im Sinne der ÖNORM S 2101, Schlüsselnummer 55, binnen fünf Tagen nach Erlassung dieses Bescheides im Sinne des Sonderabfallgesetzes 1983 entfernen zu lassen, 2.) zwei Tage vor Beginn der Räumungsarbeiten gemäß Punkt 1 der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha bekanntzugeben, durch welchen Sonderabfallsammler die Entfernung erfolge, 3.) zwei Tage vor Beginn der Räumungsarbeiten gemäß Punkt 1 der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha bekanntzugeben, wohin der zu räumende Sonderabfall verbracht werden soll (Angabe des Sonderabfallbeseitigers), und innerhalb von drei Tagen nach Abschluß der Räumungsarbeiten gemäß Punkt 1 der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha die Begleitscheine gemäß § 4 Sonderabfallnachweisverordnung 1984 zu übermitteln. Nach Ausspruch einer Verpflichtung zur Begleichung von Verfahrenskosten wurde im Spruch angeführt, dieser Bescheid sei ungeachtet dessen, ob ein Rechtsmittel eingebracht werde, vollstreckbar. Als Rechtsgrundlagen für die Sachentscheidung wurden angeführt: § 360 Abs. 2 GewO 1973, § 7 Abs. 1 und 2 des Sonderabfallgesetzes 1983. In der Begründung des Bescheides wird unter Hinweis auf Erhebungsergebnisse, so insbesondere die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines chemischen Amtssachverständigen ausgeführt, im bisherigen Verfahren sei festgestellt worden, daß durch die gegenwärtige Sonderabfallagerung sowohl die Gesundheit von Menschen gefährdet werde als auch eine Brand- und Explosionsgefahr gegeben sei. Der Bescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung folgenden Inhaltes:

"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid Vorstellung zu erheben. Die Vorstellung muß

Die Vorstellung bewirkt, daß ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Sie hat jedoch keine aufschiebende Wirkung, d. h. der Bescheid kann trotz Ihrer Vorstellung vollstreckt werden."

Mit Bescheid vom 3. April 1990 erkannte der Landeshauptmann von Niederösterreich über Berufungen der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dahin, daß diese als unzulässig zurückgewiesen würden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, am 2. Oktober 1989 sei der Erstbehörde bekannt geworden, daß auf den der

A Handelsges.m.b.H. im Industriegelände in X auf den Grundstücken Nr. 829/2, 3 und 6, KG X, gehörigen Grundstücken in einer Lagerhalle ingesamt 101 200-l-Fässer mit Chemikalien, und zwar im wesentlichen Lackabfälle, von der Beschwerdeführerin abgelagert worden seien. Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 2. Oktober 1989 sei von der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha der bekämpfte Bescheid verfaßt und der Beschwerdeführerin am 3. Oktober 1989 zugestellt worden. Gegen den erstbehördlichen Bescheid sei innerhalb der in diesem Bescheid angegebenen Rechtsmittelfrist durch die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C, das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht worden. Ebenso seien von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid rechtzeitig zwei Berufungen, einmal vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D und einmal vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C, erhoben worden. In diesen Berufungen sei im entscheidungsrelevanten Zusammenhang im wesentlichen ausgeführt worden, daß es sich beim erstbehördlichen Bescheid um keinen Mandatsbescheid handle, da dieser Bescheid nicht auf § 57 AVG 1950 gestützt worden sei, ungeachtet der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid, komme als Rechtsmittel daher nur die Berufung in Frage. Die ausdrückliche Anordnung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in Verbindung mit dem Umstand, daß im Spruch des erstbehördlichen Bescheides § 57 AVG 1950 nicht als Rechtsgrundlage angeführt worden sei, würden zeigen, daß es sich um keinen Mandatsbescheid handle. Hiezu sei auszuführen, daß im Sinne der angeführten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wenn, wie im gegenständlichen Fall, zwei Berufungsschriftsätze eingebracht seien, diese als eine Berufung anzusehen sei und darüber von der Berufungsbehörde, wenn nicht die Voraussetzungen der Trennung in mehrere Punkte vorlägen, in einem zu entscheiden sei. Ob ein Mandat vorliege und daher die Vorstellung als ordentliches Rechtsmittel zu erheben sei, wenn die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG 1950 nicht gegeben oder unklar seien, hänge davon ab, ob die Behörde ihren Akt auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestützt habe. Es komme nicht darauf an, ob sich die Behörde auf die genannte Gesetzesbestimmung habe stützen dürfen. Ob ein Mandatsbescheid vorliege oder nicht, müsse aus dem betreffenden Akt selbst hervorgehen. Auf die ausdrückliche Nennung des § 57 AVG 1950 in einem behördlichen Akt oder die Bezeichnung "Mandatsbescheid" komme es nicht an. Die Behörde müsse aber in unmißverständlicher Weise zum Ausdruck bringen, daß sie von der Möglichkeit des § 57 AVG 1950 Gebrauch gemacht habe. Im vorliegenden Fall habe die Behörde infolge des Vorliegens der Voraussetzung des § 360 Abs. 2 GewO 1973 - einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen, um eine durch eine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen abzuwehren, oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte, unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen - einen Mandatsbescheid erlassen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 360 Abs. 2 GewO 1973 wäre die Behörde ermächtigt, die zur Gefahrenabwendung erforderlichen Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle zu treffen, und zwar ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren und ohne Erlassung eines Bescheides und unter Einhaltung der im § 360 Abs. 2 leg. cit. genannten Verfahrensbestimmungen. In einem solchen Fall müßte die Behörde binnen zwei Wochen einen Bescheid erlassen, widrigenfalls die getroffenen Maßnahmen als aufgehoben gälten. Diesem Bescheid müßte wiederum ein Ermittlungsverfahren vorausgehen bzw. es müßte dieser Bescheid als Mandatsbescheid erlassen werden. Als Indizien dafür, daß es sich beim erstbehördlichen Bescheid um einen Mandatsbescheid im Sinne des § 57 AVG 1950 handle, lasse sich anführen, daß der behördliche Akt ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren erlassen worden sei, sowie der Inhalt der Rechtsmittelbelehrung. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus der Begründung dieses Bescheides, wonach die im Spruch angeordneten Verfügungen wegen Gefahr in Verzug notwendig seien, weshalb den gegen einen solchen Bescheid erhobenen Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung zukomme, was deutlich auf das Vorliegen eines Mandatsbescheides hinweise. Den Ausführungen in der Berufung, infolge des im Spruch des erstbehördlichen Bescheides vorgenommenen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels sei, da § 57 AVG 1950 diese Wirkung ex lege vorsehe, auf das Nichtvorliegen eines Mandatsbescheides zu schließen, werde seitens der Berufungsbehörde nicht gefolgt. Es handle sich dabei vielmehr um einen Hinweis hinsichtlich der Rechtswirkungen des Bescheides an die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht rechtsfreundlich vertretenen Partei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf meritorische Entscheidung über ihre Berufung verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, dem erstbehördlichen Bescheid sei folgendes Verfahren vorausgegangen: Auf Grund einer Anzeige des Bürgermeisters der Marktgemeinde M habe die Erstbehörde am 2. Oktober 1989 unter Beiziehung eines Amtssachverständigen einen Lokalaugenschein in den Lagerhallen der Beschwerdeführerin durchgeführt. Auf Grund eines Gutachtens dieses Amtssachverständigen habe die Erstbehörde ihren Bescheid erlassen. Die Form des Bescheides sei so gestaltet, daß dieser als "Bescheid" bezeichnet werde, auf den durchgeführten Lokalaugenschein am 2. Oktober 1989 verweise und in einem als "Spruch" bezeichneten Teil der Beschwerdeführerin verschiedene Verpflichtungen auf Grund des § 360 Abs. 2 GewO 1973 und des § 7 Abs. 1 und 2 des Sonderabfallgesetzes auferlegt werden. Überdies seien im "Spruch" Kommissionsgebühren unter Hinweis auf §§ 76 Abs. 2 und 77 i.V.m. § 1 der Landeskommissionsgebührenverordnung festgelegt worden. Im Spruch des Bescheides heiße es weiters:

"Dieser Bescheid ist ungeachtet dessen, ob ein Rechtsmittel eingebracht worden sei, vollstreckbar." Dem Spruch folge ein als "Begründung" bezeichneter Teil, in dem u.a. auf die "durchgeführten Erhebungen" verwiesen und der Lokalaugenschein, das Gutachten des chemischen Amtssachverständigen sowie die Stellungnahme des Prokuristen der Beschwerdeführerin angeführt würden. Weder als Überschrift noch unter dem Titel "Bescheid" oder in dem Teil "Begründung" werde irgendein Hinweis gemacht, daß es sich bei diesem Bescheid um einen Bescheid nach § 57 AVG 1950 handeln solle. § 57 Abs. 1 AVG 1950 ermächtige die Behörde, einen Bescheid auch ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung nach einem feststehenden Maßstab oder um die Anordnung unaufschiebbarer Maßnahmen bei Gefahr in Verzug handle. In der vorliegenden Sache komme der erste Fall nicht in Betracht, weil es nicht um die Vorschreibung einer Geldleistung gehe. Der zweite Fall könnte in Betracht gezogen werden, liege aber schon deshalb nicht vor, weil die Behörde nicht ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren vorgegangen sei. Sie habe vielmehr einen Lokalaugenschein durchgeführt und einen Amtssachverständigen vernommen sowie den Prokuristen der Beschwerdeführerin angehört. Es könne dahingestellt bleiben, ob dieses Ermittlungsverfahren ausreichend gewesen sei; unzweifelhaft sei jedoch, daß ein solches dem Bescheid vorangegangen sei, der sich auch in seiner Begründung auf die Ergebnisses dieses Ermittlungsverfahren stütze. Schon aus diesem Grund liege daher ein Mandatsbescheid nicht vor. Es könne sein, daß das Vorliegen eines Mandatsbescheides fraglich sei, dann etwa, wenn die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG 1950 nicht vorlägen oder unklar seien. Nach einhelliger Lehre und Judiktur komme es diesfalls darauf an, ob sich der Bescheid der Behörde tatsächlich auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestützt habe, nicht aber darauf, ob er sich darauf hätte stützen können. Die Behörde müsse sich jedenfalls erkennbar auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestützt haben, was anzunehmen sei, wenn sie diesen im Spruch zitierte. Im vorliegenden Fall habe sich die Behörde weder im Spruch noch in der Begründung auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestützt. Sie müsse dann unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß sie von der Möglichkeit des § 57 AVG 1950 Gebrauch gemacht habe. Im Beschwerdefall seien diese Voraussetzungen aber nicht gegeben. In seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0142, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, wenn lediglich die Rechtsmittelbelehrung auf das Vorliegen eines Mandatsbescheides hindeute, so reiche dieser Umstand allein zur Qualifikation als Mandatsbescheid nicht aus. Ebenso sei es aber im vorliegenden Fall. Im vorzitierten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß "die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens" mit "Parteiengehör" gegen die Annahme eines Mandatsbescheides spräche. Auch im Beschwerdefall sei der Prokurist der Beschwerdeführerin gehört und ein - wenn auch unzulängliches - Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Schließlich sei noch hinzuzufügen, daß im erstbehördlichen Bescheid auch verfügt werde, daß der Bescheid "ungeachtet dessen, ob ein Rechtsmittel eingelegt werde, vollstreckbar sei". Diese Anordnung sei nur dann sinnvoll, wenn kein Mandatsbescheid vorliege. Denn nach § 57 Abs. 2 AVG 1950 habe die Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid, der wegen Gefahr in Verzug erlassen werde - und nur ein solcher käme hier in Betracht -, ex lege keine aufschiebende Wirkung, sodaß der vorgenommene Ausspruch ins Leere ginge. Da er gemacht worden sei, müsse auch aus diesem Umstand geschlossen werden, daß kein Mandatsbescheid vorliege. Im übrigen sei das Parteiengehör verletzt worden. Die belangte Behörde habe ihr keine Möglichkeit gegeben, zu ihrer abweichenden Rechtsauffassung über die Qualität des erstinstanzlichen Bescheides Stellung zu nehmen. Dazu wäre sie aber verpflichtet gewesen. Daß es sich im vorliegenden Fall zum Teil um Rechtsfragen gehandelt habe, spiele für die Gewährung des Parteiengehörs keine Rolle. Hätte die belangte Behörde Parteiengehör gewährt, hätte sie sie insbesondere in folgenden Punkten auf die Unhaltbarkeit ihres Standpunktes aufmerksam machen können: Auf die falsche Annahme, daß von der Behörde erster Instanz kein Ermittlungsverfahren vorgenommen worden sei, und weiters auf die unrichtige Meinung, daß sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0142, etwas für ihren Standpunkt ergebe. Desgleichen hätte sie geltend machten können, daß der Umstand, wonach die Behörde erster Instanz die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen habe, gegen die Annahme eines Mandatsbescheides spreche. Des weiteren sei die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft. Das, was die belangte Behörde zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes ausführe, spreche bei richtiger Beurteilung gegen diesen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. November 1987, Zl. 87/04/0077, unter Bezugnahme auf das auch in der Beschwerde genannte Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0142, dargetan hat, ist die Erlassung eines Mandatsbescheides gegenüber der Erlassung eines Bescheides nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Ausnahme. Im Zweifel müsse daher davon ausgegangen werden, daß nicht ein Bescheid im Sinne des § 57 Abs. 1 AVG 1950 mit den daran geknüpften Folgen erlassen worden sei. Wenn es auch auf die ausdrückliche Nennung des § 57 AVG 1950 oder die Bezeichnung als "Mandatsbescheid" nicht ankomme, müsse die Behörde dennoch unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß sie von der Möglichkeit des § 57 AVG 1950 Gebrauch gemacht habe. Weiters wurde unter Bezugnahme auf den diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt ausgeführt, gegen die Annahme des Vorliegens eines auf Grund des § 57 Abs. 1 AVG 1950 ergangenen Mandatsbescheides spreche insbesondere auch nicht die Rechtsmittelbelehrung, die der Anordnung des § 57 Abs. 2 AVG 1950 nicht Rechnung getragen habe.

In dem auch in der Beschwerde bezeichneten Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0142, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in Ansehung des dort zugrundeliegenden Sachverhaltes dahin ausgesprochen, daß "kein anderer der genannten maßgeblichen Umstände" den Bescheid als Mandatsbescheid erkennen lasse, und daß die Durchführung eines "Ermittlungsverfahrens" mit Parteiengehör für den Beschwerdeführer sogar dagegen spräche. Dasselbe gelte auch für die Zitierung des § 64 Abs. 3 VStG 1950 im Spruch des Bescheides, weil § 57 AVG 1950 im Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar sei (§ 24 zweiter Satz VStG 1950).

Im Beschwerdefall ergibt sich aus der Begründung des erstbehördlichen Bescheides - abweichend von der Sachverhaltsannahme im vorangeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - abgesehen von der Feststellung des den Spruch tragenden Sachverhaltes, im Rahmen dessen u.a. auch auf eine Mitteilung des Prokuristen der Beschwerdeführerin gegenüber dem Gendarmerieposten M verwiesen wurde, kein Anhaltspunkt für die Durchführung eines der Bestimmung des § 37 AVG 1950 entsprechenden Ermittlungsverfahrens unter Einräumung eines Parteiengehörs, ein Umstand, der insbesondere auch in der von der nunmehrigen Beschwerdeführerin eingebrachten Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid ausdrücklich gerügt wurde. Des weiteren widerspricht aber der im erstbehördlichen Bescheid ohne Anführung einer gesetzlichen Bezugstelle angeführte Passus "Dieser Bescheid ist ungeachtet dessen, ob ein Rechtsmittel eingebracht wird, vollstreckbar," im Sinne der diesbezüglichen Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde auch nicht der sich aus § 57 Abs. 2 AVG 1950 ergebenden Wirkung einer Vorstellung, wie dies im übrigen in der dargestellten Rechtsmittelbelehrung gleichfalls eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde.

Im Hinblick auf die dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Sachverhaltsumstände - so insbesondere auch die sich aus der Bescheidbegründung ergebende Annahme der belangten Behörde, wonach sie ihre Anordnung wegen Gefahr in Verzug getroffen habe - und unter Bedachtnahme auf den dargestellten Inhalt der Rechtsmittelbelehrung - der im übrigen die Beschwerdeführerin veranlaßte, unabhängig von ihrer Berufung auch eine Vorstellung gegen den erstbehördlichen Bescheid einzubringen -, kann daher der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie vom Vorliegen eines für die Beschwerdeführerin nach objektiven Maßstäben erkennbaren Mandatsbescheides im Sinne des § 57 Abs. 1 AVG 1950 ausging und im Hinblick darauf die Berufungen der Beschwerdeführerin als unzulässig erachtete.

Ausgehend davon kann aber der belangten Behörde schon insbesondere auch deshalb keine entscheidungsrelevante Verletzung des Parteiengehörs angelastet werden, da die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid bereits inhaltlich auf damit im Zusammenhang in der Beschwerde vorgebrachte Umstände hingewiesen hatte und, abgesehen davon, die belangte Behörde auch keine sich nicht schon aus den Verwaltungsakten ergebenden Sachverhaltsumstände für ihre Entscheidung heranzog. Sofern aber die Beschwerdeführerin die Begründung des Bescheides im Hinblick darauf als mangelhaft erachtet, daß, was die belangte Behörde zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes ausführe, nach ihrer Annahme bei richtiger Beurteilung gegen diesen spräche, so handelt es sich hiebei inhaltlich um eine bereits zuvor erörterte Rüge einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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