Normen
AVG §37;
AVG §39a;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §25 Abs2;
AVG §37;
AVG §39a;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §25 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 17. August 1989 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe sich am 19. Juni 1988 um 21.30 Uhr in Wien 12, Grünbergstraße 19-21, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws geweigert, den Alkoholgehalt seiner Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; die von der ersten Instanz verhängte Geld- und Ersatzarreststrafe wurde von der Berufungsinstanz herabgesetzt. In der Begründung des Berufungsbescheides wurden unter anderem die Anzeige und die Zeugenaussagen zweier Sicherheitswachebeamter wörtlich wiedergegeben, ferner ausgeführt, daß die "Entlastungszeugen" AA und BB zum Inhalt des Gespräches zwischen den Sicherheitswachebeamten und dem Beschwerdeführer keine näheren Angaben machen konnten, insbesondere nicht zur Verweigerung der Atemluftprobe, ferner, daß der Beschwerdeführer auf den Zeugen BB keinen alkoholisierten Eindruck gemacht habe. In ihrer Beweiswürdigung stützte sich die belangte Behörde auf die Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten, die beim Beschwerdeführer nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden deutliche Alkoholisierungssymptome festgestellt hätten und nach deren Aussage der Beschwerdeführer die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe verstanden und mit den Worten "Ich blase nicht" verweigert habe. Der Beweisantrag auf Vernehmung des Beschwerdeführers vor der Berufungsbehörde, damit sich diese ein Bild von seiner mangelnden Kenntnis der deutschen Sprache machen könnte, sei abzuweisen gewesen, da eine derartige Einvernahme kein taugliches Mittel sei, um sich ein zuverlässiges Bild von den wirklichen Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers zu machen; darüberhinaus sei die Situation zur Tatzeit, wie sie sich den beiden Sicherheitswachebeamten präsentierte, nicht mehr in allen wesentlichen Phasen wiederherstellbar. Der weitere Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Vernehmung der übrigen Unfallbeteiligten als Zeugen sowie auf neuerliche Vernehmung des Zeugen AA sei abzuweisen gewesen, da es sich bei diesen Personen um Laien gehandelt habe, von denen eine mit der nötigen Beweiskraft ausgestattete Aussage zu diesem Beweisthema (Alkoholisierungssymptome) nicht zu erwarten sei, während die beiden Sicherheitswachebeamten zur Wahrnehmung derartiger Symptome im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit besonders geschult und erfahren seien. Die Behörde folge den Zeugenaussagen der Sicherheitswachebeamten und nicht der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers, sie habe deshalb die angelastete Tat als erwiesen angenommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Rüge der inhaltlichen Rechtswidrigkeit ist nicht begründet, weil die belangte Behörde gar nicht die von der Beschwerde behaupteten und bekämpften Rechtsansichten vertreten hat. Nirgends hat die belangte Behörde zum Ausdruck gebracht, daß der subjektive Verdacht eines Organes der Straßenaufsicht auf Alkoholisierung eines Lenkers zur Berechtigung der Aufforderung zur Atemluftprobe genüge, obwohl objektiv gar keine solchen Verdachtsmomente vorgelegen seien. Die belangte Behörde hat auch nicht die Ansicht vertreten, behördlichen Anordnungen sei Folge zu leisten unabhängig davon, ob sie der angesprochene Lenker verstanden habe oder nicht. Das von der Beschwerde zitierte Erkenntnis vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/02/0092 ist ebenfalls auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil es den Fall eines durch das Verhalten von Organen der Straßenaufsicht hervorgerufenen Rechtsirrtums eines ausländischen Fahrzeuglenkers betrifft. Daß im vorliegenden Fall die Organe der Straßenaufsicht unrichtige Rechtsbelehrungen erteilt hätten, wird aber nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet. Daß schließlich der Zeugenaussage eines Sicherheitswachebeamten an sich und im Abstrakten kein höherer Beweiswert zukomme wie der Zeugenaussage einer Privatperson, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9602/A, hat daraus die entsprechenden Konsequenzen gezogen, ist aber auf den vorliegenden Fall deshalb nicht anwendbar, weil sowohl der Sicherheitswachebeamte als Zeuge als auch der Beschwerdeführer ohnehin als Beschuldigter vernommen wurde.
Die Rüge des Verfahrensmangels ist zum Teil gerechtfertigt.
Die Ablehnung des in der Berufung vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Vernehmung der Zeugen CC, DD und EE sowie die ergänzende Vernehmung des Zeugen AA erfolgte mit der Begründung, von "Laien" sei eine mit der nötigen Beweiskraft ausgestattete Aussage zum Beweisthema "Alkoholisierungssymptome" nicht zu erwarten. Diese Rechtsansicht ist unrichtig, weil Alkoholisierungssymptome, wenn sie so zu Tage treten, daß sie mit normaler Sinneswahrnehmung bemerkbar sind, von jedermann festgestellt werden können; es ist unrichtig, daß die im vorliegenden Fall behaupteten Symptome der lallenden Aussprache, des starken Geruches nach alkoholischen Getränken aus dem Mund und des schwankenden Ganges nur von einem Arzt oder von einem Sicherheitswachebeamten hätten festgestellt werden können. Die Ablehnung der diesbezüglichen Beweisanträge des Beschwerdeführers stellt daher einen unbegründeten Akt vorwegnehmender Beweiswürdigung dar, der den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens widerspricht (vgl. z.B. Erkenntnis vom 23. Mai 1984, Zl. 84/03/0005 und die dort zitierten weiteren Erkenntnisse).
Nicht begründet ist die Verfahrensrüge dahin, der Zeuge BB hätte darüber vernommen werden müssen, wie lange er mit dem Beschwerdeführer am Tattage zusammen gewesen sei und ob letzterer in dieser Zeit Alkohol zu sich genommen habe. Dieser Zeuge hat nämlich am 30. Jänner 1989 angegeben: "Wir kamen vom Tennisclub im 12. Bezirk, haben dort jedoch nichts getrunken ...", ohne daß über den Zeitraum des gemeinsamen Aufenthaltes im Club irgendetwas angegeben worden wäre. Es fehlt auch ein diesbezügliches Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, welches Vorbringen im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht gelegen gewesen wäre.
Auch die Frage, ob der Beschwerdeführer die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe verstanden und wie er darauf reagiert habe, hat die belangte Behörde auf Grund der Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten mängelfrei gelöst. Es geht nicht um die abstrakte Frage, wie gut oder wie schlecht die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers im allgemeinen sind, sondern um die konkrete Frage, ob er die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe verstanden und wie er darauf reagiert habe. Welche Beweismittel zu dieser Frage außer der Vernehmung des Beschwerdeführers und der Vernehmung der beiden Zeugen heranzuziehen gewesen wären, vermag auch die Beschwerde nicht aufzuzeigen.
Wie das Erkenntnis vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/03/0154, ausgeführt hat, kommt es gerade beim Delikt nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO nicht darauf an, ob der Lenker einwandfrei deutsch spricht, sondern allein darauf, daß er sich in deutscher Sprache ausreichend verständlich machen konnte, was aber auf Grund der obigen Darlegungen eindeutig der Fall war.
Der angefochtene Bescheid war allein wegen des oben aufgezeigten Verfahrensmangels gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war und weil der nur einfach vorzulegende angefochtene Bescheid nur aus drei Bogen bestand.
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