VwGH 89/03/0108

VwGH89/03/010830.5.1990

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 20. Jänner 1989, Zl. 11-75 Tu 1-1989, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

AVG §37;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
AVG §37;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO schuldig erkannt und bestraft wurde, einschließlich der damit verbundenen Kostenaussprüche wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO und nach § 4 Abs. 5 leg. cit. bestraft, weil er am 17. April 1988 gegen 15.15 Uhr mit seinem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 77 von A in Richtung B bei km n,nn einen entgegenkommenden ebenfalls dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gestreift und dadurch beschädigt habe und, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, 1) an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt und 2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem gesamten Beschwerdevorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihm zur Last gelegten Übertretungen bestraft zu werden.

1) ZUR ÜBERTRETUNG DES § 4 ABS. 1 LIT. c StVO:

Im Rahmen des vorstehend angeführten Beschwerdepunktes (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A) ist die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Ansehung der Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO im Ergebnis begründet.

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis vom 14. Mai 1982, Zl. 02/1246/80) bedingt die Mitwirkung an der "Feststellung des Sachverhaltes" erfahrungsgemäß je nach den Umständen des Einzelfalles unterschiedliche Verhaltensweisen der an einem Verkehrsunfall beteiligten Personen. Es ist daher die Tat für jeden Einzelfall nicht nur nach Tatzeit und Tatort, sondern auch hinsichtlich jenes Verhaltens zu konkretisieren, das dem Betreffenden als Nichtmitwirkung an der Ermittlung der den Unfall charakterisierenden Sachverhaltselemente angelastet wird. An einer derartigen Konkretisierung mangelt es im vorliegenden Fall in Ansehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO, weshalb die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses nicht dem Erfordernis des § 44a lit. a VStG entspricht. Dies belastet den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er insoweit schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen dazu erübrigte.

2) ZUR ÜBERTRETUNG DES § 4 ABS. 5 StVO:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Die Verpflichtung zur Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle trifft nach dieser Gesetzesstelle alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen haben. Der mit dem in Rede stehenden Verkehrsunfall unbestritten in ursächlichem Zusammenhang gestandene Beschwerdeführer wurde demnach unter der Voraussetzung, daß der im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle geforderte Nachweis unterblieb, entgegen seiner Ansicht von der Verständigungspflicht nicht dadurch enthoben, daß von der Zweitunfallsbeteiligten der Unfall der nächsten Sicherheitsdienststelle gemeldet wurde.

Der Beschwerdeführer meint, daß die Identität von den Beteiligten gegenseitig nachgewiesen worden sei, zumal es bei einem Unfall mit geringfügigem Sachschaden ein normaler Vorgang sei, daß die Unfallsbeteiligten einander Name, Anschrift und Versicherung bekanntgeben. Er habe während der Diskussion mit der Unfallsgegnerin festgestellt, daß sich diese seinen Namen, seine Anschrift und das Kennzeichen des Fahrzeuges auf einen Zettel notiert habe, was für sie schon deshalb ganz leicht möglich gewesen sei, weil er mit einem Firmenfahrzeug, auf dem Name und Anschrift dreimal aufgeschrieben seien, unterwegs gewesen sei. Im konkreten Fall müsse man daher davon ausgehen, daß die Unfallsgegnerin die Identität des Beschwerdeführers am Unfallsort erfahren habe.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe ein gegenseitiger Identitätsnachweis zwischen ihm und der Unfallsbeteiligten stattgefunden, widerspricht seiner Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren. Vom Beschwerdeführer wurde nie behauptet, daß er der Unfallsbeteiligten seinen Namen bekanntgegeben habe. Der Beschwerdeführer erklärte vielmehr, wie der mit ihm am Tattage am Gendarmeriepostenkommando B aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen ist, daß er der Unfallsbeteiligten seinen Namen nicht mitgeteilt hat. Auch in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis gibt der Beschwerdeführer zu, daß er es unterlassen habe, sich der Unfallsbeteiligten gegenüber entsprechend auszuweisen. Nun besteht aber das Erfordernis des nach dem zweiten Satz des § 4 Abs. 5 StVO verlangten Nachweises nur dann nicht, wenn den im § 4 Abs. 1 StVO genannten Personen oder jenen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, Vor- und Zuname sowie Anschrift des jeweiligen anderen ohnehin schon bekannt sind. Daß dies im Beschwerdefall gegeben gewesen wäre, wird nicht einmal vom Beschwerdeführer eingewendet. Ist aber der angeführte Nachweis erforderlich, so kann dieser nur durch Vorweisen eines amtlichen Lichtbildausweises erfolgen (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1987, Zl. 86/02/0181). Die Tatsache, daß die Unfallsbeteiligte die Möglichkeit hatte, den Namen und die Anschrift des Beschwerdeführers vom Fahrzeug des Beschwerdeführers abzulesen und das Kennzeichen des Fahrzeuges zu notieren, stellt keinen Nachweis der Identität im Sinne des § 4 Abs. 5 zweiter Satz StVO dar. Den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer wäre daher verpflichtet gewesen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Da der Beschwerdeführer dies unterließ, ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie ihn wegen der Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO bestrafte.

Die Beschwerde war daher, soweit damit der Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO bestraft wurde, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3) KOSTENENTSCHEIDUNG:

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Begehren auf Ersatz der Umsatzsteuer war im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes abzuweisen. Die Abweisung des weiteren Mehrbegehrens hat nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand - die Beschwerde war lediglich in zweifacher Ausfertigung einzubringen - zum Gegenstand.

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