VwGH 89/02/0212

VwGH89/02/021221.3.1990

N gegen Wiener Landesregierung vom 16. August 1989, Zl. MA 70-10/1318/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
FinStrG §98 Abs3;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §6;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
FinStrG §98 Abs3;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §6;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. Dezember 1988 um 15.00 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher bezeichneten Ort in Wien "mit allen 4 Rädern auf dem Gehsteig abgestellt" und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StV0 1960 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer stellt zunächst in Abrede, die Tat begangen zu haben. Er habe das Fahrzeug nicht - wie ihm zur Last gelegt - schräg über den Gehsteig mit allen vier Rädern auf diesem abgestellt, sondern vielmehr parallel zum Gehsteig auf der Fahrbahn. Als er zu dem Fahrzeug zurückgekehrt sei, seien vor und hinter seinem Fahrzeug andere Kraftfahrzeuge abgestellt gewesen, die ihn insofern am Wegfahren gehindert hätten, als er sein Fahrzeug zu diesem Zweck auf den Gehsteig habe manövrieren müssen; in diesem Augenblick sei der Medlungsleger aufgetaucht und habe ihm die Anzeige ausgehändigt. Der Beschwerdeführer bestreitet mit diesem Vorbringen das Vorliegen des Sachverhaltselements der ihm zur Last gelegten Tat, das Fahrzeug auf dem Gehsteig abgestellt zu haben.

Die belangte Behörde stützte sich auf die Zeugenaussage des Meldungslegers vom 2. Mai 1989, die mit einer schriftlichen Stellungnahme des Meldungslegers gegenüber der Erstbehörde vom 22. Februar 1989 übereinstimmt. Danach habe der Meldungsleger das Fahrzeug am Tatort "quer über den Gehsteig" vorgefunden. Der Beschwerdeführer habe sich nicht in dem Fahrzeug befunden. Nach Ausstellung und Hinterlegung der Anzeige hinter dem Scheibenwischer sei der Beschwerdeführer zum Fahrzeug gekommen.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung der belangten Behörde ist die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis darauf eingeschränkt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob der Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung oder dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. dazu die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Im Lichte dieser Ausführungen hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Die Sachverhaltsdarstellung durch den Meldungsleger ist frei von Widersprüchen und schlüssig. Hingegen ist die Version des Beschwerdeführers - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - mit einer Reihe von Ungereimtheiten behaftet. Dabei steht im Vordergrund, daß es nicht schlüssig erscheint, daß der Meldungsleger eine vollständig ausgefüllte und mit einer schematischen Tatortskizze versehene Anzeige verfaßt und sich erst danach an den Tatort begibt, wo der Beschwerdeführer eben im Begriffe ist, die in der Anzeige umschriebene Position auf dem Gehsteig einzunehmen. Die belangte Behörde konnte daher in unbedenklicher Weise der Darstellung des Sachverhaltes durch den Meldungsleger folgen und als erwiesen annehmen, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei am Tatort zur Tatzeit mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt gewesen, sodaß sich ein Eingehen darauf erübrigt, ob nicht die Version des Beschwerdeführers - abgesehen von der subjektiven Tatseite - ebenfalls eine unzulässige Benützung des Gehsteiges darstellt, die das Tatbild des § 8 Abs. 4 StVO 1960 erfüllt. Die belangte Behörde hatte demgemäß auch keine Veranlassung, von Amts wegen die vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Beschwerde vermißte Einvernahme weiterer Zeugen durchzuführen.

2. Der Beschwerdeführer meint weiters, die Bestrafung sei deswegen rechtswidrig, weil der Meldungsleger erklärt habe, die Anzeige zurückzunehmen; er habe ihm die Anzeige ausgehändigt und hinzugefügt, daß er sie vernichten könne.

Der Meldungsleger hat in seiner Zeugenaussage ausgeführt, daß er dem Beschwerdeführer gegenüber keine Zurücknahme der Anzeige und kein Absehen von der Bestrafung angekündigt habe. Er habe lediglich für den Fall des sofortigen Verlassens des Tatortes das Unterbleiben einer kostenpflichtigen Abschleppung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers in Aussicht gestellt.

Zu der Beweiswürdigung in dieser Frage gilt das unter Z. 1 Ausgeführte sinngemäß. Insbesondere ist es unwahrscheinlich, daß ein Straßenaufsichtsorgan im Falle, daß es von seiner Ermächtigung nach § 21 Abs. 2 VStG 1950 Gebrauch macht, das bereits ausgefüllte Anzeigeformular dem Täter mit dem Bemerken aushändigt, dieser könne es vernichten.

3. Schließlich behauptet der Beschwerdeführer, daß er infolge seines Prostataleidens "schlagartig" eine Toilette habe aufsuchen müssen, um ein "Malheur" zu vermeiden. Dazu habe er seine Fahrt unterbrechen und das Fahrzeug am Tatort abstellen müssen. Er macht mit diesem, im wesentlichen bereits im Verwaltungsstrafverfahren aufgestellten Vorbringen geltend, daß ihn an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

Nach dem zweiten Satz des § 5 Abs. 1 VStG 1950 in der Fassung der VStG-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516, ist Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Beschwerdeführer hat mit seinen wiedergegebenen Behauptungen nicht glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Auch im Rahmen der Glaubhaftmachung, die durch die VStG-Novelle 1987 anstelle der Beweisbedürftigkeit des Nichtverschuldens eingeführt wurde, ist es Aufgabe des Beschuldigten, initiativ zu werden und von sich aus ein für die Glaubhaftmachung ausreichendes Vorbringen zu erstatten und hiefür Bescheinigungsmittel anzubieten. Der Beschwerdeführer hätte demnach durch Vorlage ärztlicher Atteste über sein behauptetes Leiden und die dabei eintretenden in Rede stehenden Folgen seine betreffenden Behauptungen belegen müssen. Er hätte auch ausführen müssen, welche Toilettenanlage in der Umgebung des Tatortes er aufgesucht habe und daß ihm im Bereich des Tatortes keine andere rechtmäßige Abstellmöglichkeit zur Verfügung gestanden wäre. Die belangte Behörde handelte im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn sie davon ausgegangen ist, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß er die Übertretung nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 nicht verschuldet habe (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0124).

Unter dem Gesichtspunkt eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG 1950 wäre der Beschwerdeführer sogar beweispflichtig (vgl. ebenfalls das zitierte Erkenntnis vom 13. Dezember 1989).

Die Beschwerde erweist sich ingesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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