Normen
AVG §37
BauO OÖ 1976 §45 Abs1 lita idF 1980/059 1983/082
BauO OÖ 1976 §47 Abs1 idF 1980/059 1983/082
BauO OÖ 1976 §58 Abs1 idF 1980/059 1983/082
BauRallg
B-VG Art119a Abs5
B-VG Art119a Abs9
B-VG Art139 Abs1
B-VG Art140
GdO OÖ 1979 §102
GdO OÖ 1979 §109 Abs3
GdO OÖ 1979 §97 Abs1
GdO OÖ 1979 §99
ROG OÖ 1972 §16 Abs13 idF 1977/015 1982/102
ROG OÖ 1972 §16 Abs4 idF 1977/015 1982/102
VwGG §41 Abs1
VwGG §42 Abs2 lita
VwGG §42 Abs2 Z1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987050151.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Punktes 1. seines Spruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 9.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 24. Februar 1986 suchten die Mitbeteiligten um Baubewilligung zunächst für die "Errichtung einer Bewegungs- und Lagerhalle" entsprechend dem Einreichplan an. Nach der Baubeschreibung handelt es sich um die Sanierung des Westtraktes des landwirtschaftlichen Gebäudes, um den Ausbau des Lager- und Geräteraums sowie um die Erweiterung des bestehenden Bewegungsraumes, alles auf den Grundstücken Nr. 74 und 764/2 in EZ 328 der KG S. Dieses Bauansuchen wurde am 18. Juni 1986 vom Gemeinderat (!) der beschwerdeführenden Gemeinde beraten; unter diesem Tagesordnungspunkt faßte der Gemeinderat einstimmig "für den Bereich südlich der V Gemeindestraße in der gleichen Erstreckung wie die derzeit bestehende F-Siedlung nördlich der V Gemeindestraße den Grundsatzbeschluß für die Flächenwidmungsplanänderung von derzeit Dorfgebiet bzw. landwirtschaftliche Fläche in Wohngebiet". Bei der Sitzung am 16. Juli 1986 beschloß der Gemeinderat unter Erinnerung an den in der vorangegangenen Sitzung gefaßten Grundsatzbeschluß, für das genannte Gebiet eine Bausperre zu verhängen, da die bisher landwirtschaftlich genutzte bzw. als Dorfgebiet gewidmete Fläche in Wohngebiet umgewidmet werden solle. Diese Verordnung wurde am 21. Juli 1986 an der Gemeindetafel angeschlagen und am 7. August 1986 abgenommen. Über Aufforderung durch die Gemeindeaufsichtsbehörde ergänzte die beschwerdeführende Gemeinde die Kundmachung der Verordnung durch die nähere Bezeichnung der Flächenwidmungsplanänderung; die neuerliche Kundmachung erfolgte durch Anschlag an der Gemeindetafel am 16. Dezember 1986. Daraufhin teilte die Gemeindeaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 22. Jänner 1987 mit, daß eine Prüfung dieser Verordnung keine Gesetzwidrigkeit ergeben habe.
Parallel dazu beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 11. August 1987 die schon im Grundsatzbeschluß festgehaltene Änderung der Widmung landwirtschaftlich genutzter Flächen bzw. Dorfgebiet in Wohngebiet. Mit Schreiben vom 12. November 1987 teilte die Gemeindeaufsichtsbehörde mit, daß keine ausreichende Grundlagenforschung bzw. Interessenabwägung vorgenommen worden sei und daher die Absicht bestehe, dem Plan die Genehmigung zu versagen. Daß die Gemeinde daraufhin die Widmungsänderung fallen gelassen hätte, wie die Mitbeteiligten behaupten, ist den Akten nicht zu entnehmen; aus einer Äußerung der beschwerdeführenden Gemeinde ergibt sich das Gegenteil.
In der Gemeinderatssitzung vom 9. September 1986 gab der Bürgermeister bekannt, daß die beiden Mitbeteiligten am 14. März 1986 ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Sanierung des Westtraktes des landwirtschaftlichen Gebäudes und den Ausbau des Lager- und Geräteraumes sowie für die Erweiterung des bestehenden Bewegungs- und Lagerraumes eingebracht hätten. Das Gesuch sei dann wegen Änderung der Pläne zurückgezogen und am 17. April 1986 beim Gemeindeamt neu eingebracht worden. (Alle diese Vorgänge sind aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich.) Da die Baumaßnahmen im Gebiet der Bausperre vorgesehen seien, sei eine Zustimmung des Gemeinderates gemäß § 58 Abs. 3 der OÖ Bauordnung für die Baubewilligung erforderlich. Der Gemeinderat beschloß, dem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung auf Grund der für dieses Gebiet verhängten Bausperre nicht zuzustimmen; in der Diskussion wurde jedoch darauf hingewiesen, daß kleinere Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden könnten bzw. müßten.
Daraufhin gab der Bürgermeister in Anwesenheit von Mitgliedern des Bauausschusses den beiden Mitbeteiligten in einer Besprechung am Gemeindeamt am 22. September 1986 Parteiengehör zur beabsichtigten Abweisung ohne Durchführung einer Bauverhandlung (§ 45 Abs. 6 lit. a der OÖ Bauordnung). Gegen Sanierungsmaßnahmen würden vermutlich keine Bedenken bestehen. Nach längerer Diskussion erklärten die Mitbeteiligten, das bei der beschwerdeführenden Gemeinde eingereichte Bauansuchen in keiner Weise abzuändern, weil der Umfang der Baumaßnahmen für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Pferdehaltung, für die Lagerung von Stroh und für die Bewegungsmöglichkeit der Pferde notwendig sei. Im übrigen stelle der Bauantrag eine wesentliche Verkleinerung gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben des Reitclubs, nämlich der Errichtung einer Reithalle mit Normmaßen, dar.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 3. Oktober 1986 wurde das Ansuchen um baubehördliche Bewilligung für die Sanierung des Westtraktes des landwirtschaftlichen Gebäudes und Ausbau des Lager- und Geräteraumes und Erweiterung des bestehenden Bewegungs- und Lagerraumes unter Hinweis auf die Bausperre, die mit Verordnung des Gemeinderates vom 16. Juli 1986 verhängt worden sei, abgewiesen. Durch die geplanten Baumaßnahmen würde die Flächenwidmungsplanänderung mit der Schaffung von Wohngebiet verhindert werden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, daß nicht bewilligungspflichtige Sanierungsmaßnahmen gemäß § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ Bauordnung durchgeführt werden dürften. Für Baumaßnahmen, die gemäß § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ Bauordnung bewilligungspflichtig und zur Erhaltung des Gebäudes wegen Einsturzgefahr oder anderer drohender Schäden notwendig seien, könne jederzeit um Erteilung der Baubewilligung beim Gemeindeamt angesucht werden.
Mit dem auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates vom 29. Jänner 1987 ausgefertigten Bescheid vom 16. Februar 1987 wurde der Berufung der Mitbeteiligten gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben, weil hinsichtlich dieses Gebietes eine rechtswirksame Bausperre bestehe, sodaß gemäß § 58 der OÖ Bauordnung Baubewilligungen grundsätzlich nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden dürften, wenn nach der Sachlage anzunehmen sei, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes nicht erschwere oder verhindere. Da die Widmungskategorie des Wohngebietes nach § 16 Abs. 3 des OÖ Raumordnungsgesetzes vorgesehen sei, widersprächen land- und forstwirtschaftliche Betriebe diesem Gebietscharakter von vornherein und seien daher unbeschadet der von ihnen ausgehenden Umwelteinwirkung hinsichtlich dieser Betriebstype jedenfalls unzulässig. Die Errichtung eines Pferdestalles oder einer Reithalle widerspreche jedenfalls dem Charakter des Wohngebietes, wobei auf das hg. Erkenntnis vom 14. März 1983 (richtig: 14. Juni 1983), Zl. 83/05/0036 (wiedergegeben in BauSlg. Nr. 68), verwiesen wurde. Diese Rechtsansicht sei den Mitbeteiligten zur Kenntnis gebracht worden, sie hätten jedoch in ihrer Stellungnahme das Bauansuchen im vollen Umfang aufrechterhalten. Zum Berufungsvorbringen der Mitbeteiligten verwies die Rechtsmittelbehörde darauf, daß für die Rechtswirkungen der Bausperre nicht der Zeitpunkt der Einbringung des Bauansuchens, sondern der der Entscheidung der Behörde maßgebend sei. Zu diesem Zeitpunkt, nämlich am 3. Oktober 1986 sei die Bausperre rechtswirksam gewesen. Die Baubehörde erster Instanz hätte daher nur mit der (nicht vorliegenden) Zustimmung des Gemeinderates als Planungsbehörde eine Baubewilligung erteilen dürfen. Überdies habe die Baubehörde erster Instanz nach Einholung entsprechender Auskünfte ohnehin ohne unnötigen Aufschub entschieden. Die Bausperre verfolge auch nicht allein den Zweck, das Bauvorhaben der Mitbeteiligten abweisen zu können, vielmehr grenze das Gebiet an ein seit Jahren bestehendes Wohngebiet an, es handle sich um eine organische und natürliche Ausdehnung des Gebietes.
Mit Punkt 1. des Spruches des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Vorstellung der Mitbeteiligten gegen den angeführten Berufungsbescheid Folge, weil durch ihn Rechte der Mitbeteiligten verletzt worden seien; der Berufungsbescheid wurde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde (Gemeinderat) verwiesen. Der Antrag der Mitbeteiligten in der Vorstellung auf Behebung der Bausperre-Verordnung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 16. Juli 1986 wurde als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Sachverhaltes, des Vorstellungsvorbringens und der angewendeten Gesetzesbestimmungen aus, daß schon im Hinblick auf Inhalt und Umfang des Ansuchens und die Entscheidung der Baubehörde erster Instanz ein Widerspruch zwischen Spruch des Bescheides vom 3. Oktober 1986 und dessen Begründung gegeben sei; nach dem Spruch des Bescheides sei ausdrücklich auch "die Sanierung des Westtraktes des landwirtschaftlichen Gebäudes" abgewiesen worden. In den Abs. 2 und 3 der Begründung sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß nicht bewilligungspflichtige Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden dürften bzw. müßten, und daß bewilligungspflichtige Erhaltungsmaßnahmen (wenngleich nur wegen Einsturzgefahr oder anderer drohender Schäden) durchgeführt werden dürften bzw. hiefür
"jederzeit um Erteilung der Baubewilligung .... angesucht werden"
könne. Nun lasse doch das Ansuchen um Sanierung in gewissem Ausmaß annehmen, daß es sich hiebei um Instandsetzungsarbeiten im Sinn des § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ Bauordnung 1976 handle. Aufgabe der Baubehörde sei es gewesen, die Mitbeteiligten als Bauwerber darauf hinzuweisen, ihr Baubewilligungsansuchen soweit abzuändern, als die angetragenen Sanierungsmaßnahmen ausschließlich Inhalt des Antrages verbleiben würden. Dies sei zwar im Rahmen erwähnten Parteiengehörs gemacht worden, doch hätten die Bauwerber ihre Anträge vollinhaltlich aufrecht erhalten. Letztlich habe es die Baubehörde erster Instanz unterlassen, das angetragene Bauvorhaben zumindest soweit zu prüfen, als es bewilligungsfähig im Hinblick auf ausschließliche Sanierungs(Instandsetzungs)maßnahmen gewesen wäre. Allein schon aus diesem Grund sei der Vorstellung Folge zu geben gewesen.
Des weiteren habe es die Gemeinde unterlassen zu prüfen, ob das Bauvorhaben nicht allenfalls auf der Grundlage des § 16 Abs. 13 des OÖ Raumordnungsgesetzes doch - allenfalls in geänderter oder eingeschränkter Form - zulässig wäre. Danach
dürften "Anlagen für .... sportliche Zwecke in Wohngebieten,
Dorfgebieten .... errichtet werden", "soweit diese Anlagen mit der
Widmung des betreffenden Gebietes in Einklang gebracht werden können". Weder die Baubehörde erster noch die Behörde zweiter Instanz hätten geprüft, ob das Bauvorhaben, das zumindest in Teilen als sportliche Anlage angesehen werden könne, nicht doch der geplanten Flächenwidmungsplanänderung "Wohngebiet" entspreche. Es könne nicht ernstlich angenommen werden, daß bei Bauvorhaben der gegenständlichen Art ohne entsprechende Überprüfung (Ermittlungsverfahren) von vornherein ausgesagt werden könne, daß eine Anlage wie die angetragene, nicht doch unter Umständen auch im Wohngebiet errichtet werden könne. Ob die Anlage dem wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnis der im Wohngebiet ansässigen Bevölkerung diene und bei ordnungsgemäßer Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringe, sei ungeprüft geblieben.
In Punkt 2. des Spruches des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Mitbeteiligten auf Aufhebung der Bausperre mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Bausperren stünden auf der Rechtsstufe genereller Normen und seien daher keiner Anfechtung im ordentlichen Rechtsweg zugänglich. Dabei möge dahingestellt bleiben, ob die Verhängung einer Bausperre zur Verhinderung einer Bauführung verfassungsmäßig zulässig sei oder nicht.
Gegen Punkt 1. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligten erstatteten Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind an die in der Begründung eines aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides enthaltenen, die Aufhebung tragenden Rechtsansichten der Aufsichtsbehörde im fortgesetzten Verfahren die Gemeindebehörde, die Aufsichtsbehörde selbst und schließlich auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1986, Zl. 86/05/0024, BauSlg. Nr. 769, mit weiteren Nachweisen). Die beschwerdeführende Gemeinde kann sich daher nicht etwa nur gegen die Aufhebung ihres Berufungsbescheides zur Wehr setzen, sondern auch in dem aufhebenden Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde zum Ausdruck kommende, die Aufhebung tragende Rechtsansichten dann erfolgreich bekämpfen, wenn aus einem von der Gemeindeaufsichtsbehörde herangezogenen Grund die Aufhebung sich im Ergebnis als berechtigt erweist.
Die belangte Behörde hat den aufhebenden Bescheid auf zwei Gründe gestützt. So wurde ausgeführt, die Gemeindebehörden hätten es unterlassen, die Reithalle unter dem Gesichtspunkt des § 16 Abs. 13 des OÖ Raumordnungsgesetzes zu überprüfen, da nicht von vornherein gesagt werden könne, daß eine Anlage wie die hier beantragte nicht unter Umständen auch im Wohngebiet errichtet werden könne.
Gemäß § 58 Abs. 1 der OÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 59/1980 und Nr. 82/1983, kann der Gemeinderat durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet die Bausperre verhängen, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und die Verhängung der Bausperre im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben. Gemäß Abs. 3 hat die Bausperre die Wirkung, daß Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 41 Abs. 1 lit. e - nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.
Im Zusammenhang mit der anzuwendenden Bausperreverordnung der beschwerdeführenden Gemeinde haben die Mitbeteiligten die Gesetzwidrigkeit der Verordnung unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, daß sie nur erlassen worden sei, um das Bauansuchen der Mitbeteiligten abweisen zu können, und eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zur Prüfung dieser Verordnung angeregt. Den Mitbeteiligten ist zuzugeben, daß die Entstehungsgeschichte dieser Verordnung offensichtlich den Zusammenhang mit ihrem Bauansuchen zeigt; dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, daß für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes auch sachliche Gründe sprechen; stellt doch die Bausperre lediglich ein Provisorium dar, an das nicht die selben strengen Maßstäbe angelegt werden dürfen wie an die Beschlußfassung über einen Flächenwidmungsplan bzw. dessen Änderung. Erst in dem dazu führenden Verfahren können die erforderlichen raumordnungsmäßigen Erhebungen durchgeführt und kann geprüft werden, wieweit bei der Änderung des Flächenwidmungsplanes auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, wie dies hier zutrifft, "tunlichst Rücksicht zu nehmen" ist. (§ 23 Abs. 4 des OÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972 in der Fassung LGBl. Nr. 15/1977 und Nr. 102/1982 ROG)
Wenn auch die beabsichtigte Flächenwidmung während des Provisoriums der Bausperre Maßstab dafür ist, ob diese die Erteilung einer Baubewilligung unzulässig macht, ist die beabsichtigte Flächenwidmung vor Rechtswirksamkeit des entsprechenden Flächenwidmungsplanes nicht in dem Sinn anzuwenden, daß sie für eine Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof präjudiziell wäre. Es ist daher von der Wirksamkeit der Bausperre-Verordnung auszugehen, die auf Grund der neuerlichen Kundmachung jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der obersten Gemeindebehörde rechtswirksam war.
Gemäß § 16 Abs. 3 ROG sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden. Gemäß § 16 Abs. 4 leg. cit. sind als Dorfgebiete solche Flächen vorzusehen, die vornehmlich für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher sowie berufsgärtnerischer Betriebe, im übrigen aber nur für Bauten und Anlagen bestimmt sind, die auch im Wohngebiet errichtet werden dürfen. Gemäß § 16 Abs. 13 ROG dürfen schließlich Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke u.a. in Wohngebieten und Dorfgebieten errichtet werden, soweit diese Anlagen mit der Widmung des betreffenden Gebietes in Einklang gebracht werden können.
Dies bedeutet, daß in Wohngebieten (im Gegensatz zu den hier nicht bedeutsamen reinen Wohngebieten) nicht nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, sondern, soweit die ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt, auch andere Bauten, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen dienen.
Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß Reithallen samt den dazugehörigen Ställen als sportliche Anlagen auch im Wohngebiet denkbar sind, soweit die ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt. Auch wenn die Führung eines Reitclubs naturgemäß mit Pferdeställen verbunden ist, handelt es sich dabei noch nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Hinweise der beschwerdeführenden Gemeinde auf das Erkenntnis BauSlg. Nr. 68 gehen nicht nur deswegen daneben, weil dort lediglich die Einhaltung der Flächenwidmung als Nachbarrecht anerkannt worden ist, sondern vor allem die Frage, ob ein Reitclub im Wohngebiet in Betracht kommt, ausschließlich nach den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften, die diesbezüglich erheblich voneinander abweichen, beurteilt werden kann. Daß der Reitclub im Dorfgebiet zulässig ist, kann nach den wiedergegebenen Vorschriften des § 16 Abs. 4 und 13 ROG nicht in Zweifel gezogen werden.
Damit aber war die Voraussetzung des § 45 Abs. 6 lit. a BO nicht erfüllt, weil sich weder aus dem Ansuchen noch aus dem Bauplan allein schon ergibt, daß das Bauvorhaben der Bausperre widerspricht; ein Widerspruch mit der Bausperre kann ja nur unter dem Gesichtspunkt des § 58 Abs. 3 BO gesehen werden. Müssen voraussichtliche Emissionen eines Bauvorhabens zur Prüfung der Zulässigkeit beurteilt werden, so kommt eine Abweisung des Bauansuchens ohne mündliche Bauverhandlung keinesfalls in Betracht. Die belangte Behörde hat daher den Bescheid der obersten Gemeindebehörde zu Recht wegen Verletzung von Rechten der Mitbeteiligten aufgehoben. Auch ihre Rechtsansicht zur Frage der Wirksamkeit der Bausperre traf zu, wenn man davon absieht, daß für die Zulässigkeit nach § 16 Abs. 13 ROG es nicht darauf ankommt, ob die Anlagen den Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dienen.
Der angefochtene Bescheid hat jedoch den Bescheid der obersten Gemeindebehörde auch deshalb aufgehoben, weil es die Baubehörde unterlassen habe, das beantragte Bauvorhaben zumindest soweit zu prüfen, als es im Hinblick auf ausschließliche Sanierungs(Instandsetzungs)maßnahmen zulässig gewesen wäre. Die belangte Behörde mußte im angefochtenen Bescheid selbst zugeben, daß die Mitbeteiligten es trotz Aufforderung durch die Gemeindebehörden abgelehnt haben, das Bauvorhaben zu modifizieren oder wenigstens zu teilen. Aus dem einheitlichen Bauplan und der Baubeschreibung ist nicht erkennbar, worin bloße Instandhaltungsarbeiten liegen sollten. Daß das Bauvorhaben unter der Überschrift "Sanierung" eingebracht wurde, ist für diese Frage bedeutungslos. Die Gemeindebehörde hat daher mit Recht das Bauvorhaben als Einheit betrachtet und auch einheitlich darüber abgesprochen. Soweit die belangte Behörde der Gemeindebehörde aufträgt zu prüfen, ob das Bauvorhaben nicht allenfalls in geänderter oder eingeschränkter Form zulässig wäre, belastete sie ihren Bescheid im Punkt 1. seines Spruches mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher im Umfange seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, obwohl die Aufhebung des gemeindebehördlichen Berufungsbescheides aus dem erstangeführten Grund der Rechtslage entsprach.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Da die Gemeinde nicht als Privatrechtsträger, sondern im hoheitlichen Bereich tätig wurde, waren für die Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Gebühren zu entrichten, sodaß (ausgenommen die Stempelgebühr für die Vollmacht des Beschwerdevertreters) auch kein Ersatz hiefür angesprochen werden kann.
Wien, am 16. Februar 1988
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