VwGH 87/03/0223

VwGH87/03/022323.3.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Ortmayr, über die Beschwerde der Jagdgesellschaft L, vertreten durch Dr. Peter Patterer, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. August 1987, Zl. 10 R-66/9/1987, betreffend Vorschreibung von Maßnahmen gegen waldgefährdende Wildschäden, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §59 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs1 idF 1987/576;
JagdG Krnt 1978 §71 Abs2;
JagdG Krnt 1978 §71 Abs4;
JagdRallg;
VVG §1 Abs1 impl;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita impl;
VVG §10 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987030223.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Beschwerdeführerin aufgetragen wird, den von ihr zu errichtenden Zaun bis zur Sicherung der Kulturen in dem im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Waldparzellen funktionsfähig zu erhalten, sowie soweit darin angeordnet wird, daß der genaue Verlauf des Zaunes von der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau in der Natur festgelegt werde und die Beschwerdeführerin zum Zwecke der Auszeige und Markierung des Zaunverlaufes in der Natur an dem von der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau zu bestimmenden Termin und Ort zu erscheinen habe, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.226,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als der Jagdausübungsberechtigten des Gemeindejagdgebietes L die Einzäunung der Grundstücke nn1 , nn2, (mittlerer südöstlicher Teil), nn3, nn4 (mittlerer bzw. westlicher Teil) und nn5 (mittlerer und westlicher Teil), alle KG L, mit einem rotwildsicheren Zaun bis 31. Oktober 1987 aufgetragen, "wobei der genaue Verlauf des Zaunes in den angeführten Waldgrundstücksteilen von der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau nach den diesem Bescheid beigelegten Lageskizzen (Zäunungsflächen schraffiert gekennzeichnet) in der Natur festgelegt wird. Die Jagdgesellschaft L vertreten durch den Obmann, Herrn GB, hat zum Zwecke der Auszeige und Markierung des Zaunverlaufes in der Natur an dem von der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau zu bestimmenden Termin und Ort zu erscheinen. Die Zäune sind bis zur Sicherung der Kulturen in den angeführten Waldparzellen funktionsfähig zu erhalten". In der Begründung wurde nach einer Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 71 Abs. 2 des Kärntner Jagdgesetzes 1978 hat die Bezirksverwaltungsbehörde für den Fall, daß eine Gefährdung des Waldes durch Wild (Abs. 3) vorliegt, die erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben (Abs. 4). Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel zu wahren und darauf Bedacht zu nehmen, daß die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unmöglich gemacht wird. Nach Abs. 3 liegt eine Gefährdung des Waldes im Sinne des Abs. 2 vor, wenn die Einwirkungen des Wildes durch Verbiß, Verfegen oder Schälen

a) in den Beständen ausgedehnte Blößen verursachen oder auf größerer Fläche die gesunde Bestandsentwicklung unmöglich machen oder wesentlich verschlechtern;

b) die Aufforstung oder Naturverjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der aus den forstrechtlichen Bestimmungen sich ergebenden Fristen oder die Aufforstung bei Neubewaldungen innerhalb einer nach den standortlichen Gegebenheiten angemessenen Frist gefährden;

c) Naturverjüngungen in Naturverjüngungsbeständen nicht aufkommen lassen.

Aus der Meldung der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau nach § 16 Abs. 3 Forstgesetz 1975 vom 19.6.1986 geht im Zusammenhang mit den ergänzenden Feststellungen der Landesforstdirektion lt. deren Schreiben vom 7.4.1987 zur Frage der verfahrensgegenständlichen Wildschäden folgendes hervor:

Der in den Grundstücken nn1 und nn4 (mittlerer bzw. westlicher Teil) KG L vorhandene Waldbestand ist fast zur Gänze geschält (Schadensfläche 0,5 ha), sodaß dieser Bestand zur Gänze geräumt und wieder neu aufgeforstet werden muß. Auf Grund des vorhandenen starken Wilddruckes erscheint die Wiederinstandbringung nur unter Zaunschutz möglich.

In den Grundstücken nn2 und nn3 KG L (0,5 ha) weist die unter Weißerle vorhandene Fichtjungkultur trotz Verbißschutzes (regelmäßiges Verstreichen durch 20 Jahre) 30-30%igen Terminal- und 80-90%igen Seitentriebverbiß auf.

Im Grundstück nn5 KG L (mittlerer und westlicher Teil; ca. 1,0 ha) weisen 60 bis 70 % der vorhandenen Fichtenpflanzen Terminaltriebverbiß mit äußerst starkem Seitentriebverbiß auf und sind die dort zusätzlich vorhandenen, ökologisch wichtigen Laubhölzer (Weide, Birke und Eberesche) sehr stark und z.T. total verbissen.

Laut Gutachten der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau liegt in diesen Parzellen auf den angeführten Flächen Waldverwüstung gemäß § 16 Forstgesetz 1975 vor, da der Bewuchs einer flächenhaften Gefährdung ausgesetzt ist.

Wie aus den ergänzenden zweitinstanzlichen Ermittlungsergebnissen eindeutig und unbestritten hervorgeht, wurden diese Schäden durch Wild (Rotwild) angerichtet. Auf Grund dieses Sachverhaltes erscheint somit hinsichtlich der Schadensflächen in den Grundstücken nn1 und nn4 KG L der Tatbestand der Waldgefährdung durch Wild nach § 71 Abs. 3 lit. a des Kärntner Jagdgesetzes 1978 und hinsichtlich der Schadensflächen in den Grundstücken nn2, nn3 und nn4 KG L ein solcher nach § 71 Abs. 3 lit. b gegeben, wobei diese Gefährdung nicht ausschließlich auf nur kurzfristig wirksame klimatische Verhältnisse (Winter 1985/86), sondern auf längerfristige Einwirkungen des Wildes zurückzuführen ist.

Nach § 71 Abs. 4 leg. cit. kommen als Schutzmaßnahmen im Sinne des Abs. 2 in Betracht:

a) die Austreibung des zu Schaden gehenden Wildes aus dem Schadensgebiet;

  1. b) die Maßnahmen nach § 72 und § 68 Abs. 2;
  2. c) Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung des Wildes, wie z. B. Maßnahmen nach § 61 Abs. 1, 2 und 4;

    d) technische Maßnahmen zum Schutz von Waldflächen oder Einzelpflanzen vor Wildeinwirkungen, wie die Errichtung von Wildzäunen u.ä.

    Gemäß den Ergebnissen der im Gegenstande durchgeführten, umfangreichen erst- und zweitinstanzlichen Ermittlungen erscheint aufgrund der im vorliegenden Falle gegebenen besonderen Verhältnisse, wie sie oben eingehend dargestellt sind, zur Beseitigung der gegebenen Waldgefährdung die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Einzäunung der Kulturen unbedingt notwendig und allein zielführend. Denn sowohl nach dem Gutachten des wildökologischen Sachverständigen, als auch gemäß der Stellungnahme des Landesjagdbeirates ist es im gegenständlichen Falle notwendig, einerseits die gefährdeten Forstkulturen im Interesse eines sofort einsetzenden Schutzes einzuzäunen und andererseits, da die Zäunung nicht auf längere bzw. unbegrenzte Zeit aufrecht erhalten bleiben kann, für die Zeit nach der Beseitigung der Einzäunung bzw. letztlich auch zum Schutze der übrigen, derzeit noch nicht in einem solchen Ausmaß gefährdeten Waldbestände dieses Gebietes zusätzlich längerfristige, nachhaltig wirkende Maßnahmen zu treffen (weitere Wildstandsreduktion, Einführung entsprechender Fütterungsmethoden etc.), mit denen aber, wie aus den vorliegenden Gutachten hervorgeht, nicht die notwendige sofortige Wirkung erzielt werden kann. Zu den von der Berufungswerberin gegen die vorgeschriebene Einzäunung der Schadensflächen vorgebrachten Einwendungen wird seitens der Berufungsbehörde ausgeführt:

    Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin geht aus der Meldung der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau vom 19.6.1986 und aus den ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen der Landesforstdirektion (Schreiben vom 7.4.1987) der Umfang der durch Wild angerichteten Waldschäden, sowohl hinsichtlich der Fläche durch Angabe des ha-Ausmaßes, als auch hinsichtlich des Grades der Schädigung durch Angabe des Prozentsatzes des Anteiles der geschädigten Hölzer, zur Genüge hervor, um daraus in schlüssiger und begründeter Weise die fachliche Schlußfolgerung ziehen zu können, daß im gegenständlichen Fall eine flächenhafte Gefährdung des Waldes vorliegt. Es liegt daher gegenständlich ein entsprechender Befund und ein darauf sich stützendes Gutachten vor. Laut Aktenvermerk vom 30.1.1987 (dieser wurde der Berufungswerberin nachweislich zur Kenntnis gebracht) wurde seitens der Abteilung 10F-Landesforstdirektion anläßlich einer Besichtigung am 28.1.1987 festgestellt, daß seit dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Feststellungen in den gegenständlichen Waldflächen weitere Verbiß- und Schälschäden aufgetreten sind. Zum Vorbringen der Berufungswerberin, die diesbezüglichen Erhebungen seien ohne Verständigung der Parteien durchgeführt worden, wird bemerkt, daß in einem solchen Verfahren weder nach den bezughabenden Bestimmungen des Jagdgesetzes noch nach den Bestimmungen des AVG 1950 der Grundsatz der Unmittelbarkeit anzuwenden ist, d.h. die Behörde war im vorliegenden Falle nicht verpflichtet, die Parteien zu den Erhebungen beizuziehen. Allerdings bestand die Verpflichtung der Behörde zur Wahrung des Parteiengehörs, welcher sie gegenüber der Berufungswerberin sowohl im erstinstanzlichen als auch im zweitinstanzlichen Verfahren in vollem Maße nachgekommen ist.

    Der Ansicht der Berufungswerberin, daß solche Feststellungen nur durch einen befugten unabhängigen Sachverständigen erfolgen können, wird entgegengehalten, daß die Behörde gemäß § 52 AVG 1950 für den Fall, daß die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig ist, hiefür die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen hat. Die gegenständlich befaßten forstlichen Amtssachverständigen wurden daher zu Recht beigezogen.

    Der von der Berufungswerberin vertretenen Ansicht, daß zum Zwecke der Feststellung der Verhältnismäßigkeit der anzuwenden den Mittel der ziffernmäßig festzustellende Schaden den Kosten eines zu errichtenden wildsicheren Zaunes gegenüberzustellen ist, wird entgegengehalten, daß im vorliegenden Zusammenhang nicht vom rein finanziellen Schaden auszugehen ist - dieser ist im Falle der Geltendmachung durch den Waldbesitzer unabhängig von der Vorschreibung von Schutzmaßnahmen zu ersetzen - sondern vom Grad der Beeinträchtigung des dem Jagdgesetz zugrundegelegten öffentlichen Interesses an der Beseitigung der Waldgefährdung durch Wild, welches im besonderen die Sicherung des Aufkommens von forstlichen Jungkulturen gebietet; dies gerade auch bei der gegenwärtig - auch im Raum R - gegebenen Belastung der mittleren und älteren Waldbestände durch forstschädliche Luftverunreinigungen. Würden nämlich in diesem Zusammenhang lediglich finanzielle Erwägungen maßgeblich sein, so würde sich die Vorschreibung von Maßnahmen dann überhaupt erübrigen, wenn eine volle Abgeltung des Wildschadens erfolgt. Damit wäre aber dem Erfordernis der im öffentlichen Interesse gelegenen Walderhaltung nicht entsprochen. Auf den vorliegenden Fall bezogen erscheint mit Rücksicht auf den besonders hohen Grad der Gefährdung der betroffenen Waldbestände die vorgeschriebene Einzäunung in ihrer kostenmäßigen Auswirkung keineswegs in einem Mißverhältnis zu den für den Wald daraus zu erwartenden Vorteilen, nämlich der Ermöglichung der Wiederinstandbringung bzw. Sicherung der Jungkulturen und damit der weiteren Sicherung dieses Waldbestandes überhaupt, gelegen. Die Kosten der Zaunerrichtung wurden im zweitinstanzlichen Verfahren durch den forstlichen Amtssachverständigen mit S 40.000,-- für 400 lfm, d.s. S 100,-- je lfm, angegeben.

    Zur weiteren Bemängelung, es wäre noch weiters zu prüfen gewesen, ob nicht andere, weniger Kostenintensive Schutzmaßnahmen ausreichen würden, wird darauf hingewiesen, daß der von allen Beteiligten im Verfahren als notwendig anerkannten Wildstandsreduktion durch die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten weiteren Vorschreibung Rechnung getragen wurde bzw. werden auch in den kommenden Jahren im Abschußplan entsprechende Abschüsse vorzusehen und erforderlichenfalls weitere Abschußaufträge zu erteilen sein.

    Daraus, daß im gegenständlichen Jagdgebiet beim Rotwild im Jahre 1985 21 Stück von der Behörde zum Abschuß festgesetzt und 20 Stück lt. Abschußmeldung erlegt worden sind und im Jahre 1986 24 Stück von der Behörde zum Abschuß festgesetzt und 23 Stück lt. Abschußmeldung erlegt wurden, ist ersichtlich, daß eine entsprechende Wildreduzierung in diesem Gebiet bereits in den letzten Jahren eingeleitet wurde (in den Jagdjahren 1981 bis 1984 bewegte sich die Zahl der erlegten Rotwildstücke zwischen 16 und 17 Stück).

    Zum Vorbringen der Berufungswerberin, daß Maßnahmen zur Verbesserung der Fütterung des Wildes in Verbindung mit den übrigen Schutzmaßnahmen ausreichen würden, um Schäl- und Verbißschäden im nicht vertretbaren Ausmaß hintanzuhalten, wird darauf hingewiesen, daß solche Maßnahmen seitens der Jagdausübungsberechtigten der betroffenen Jagdgebiete zur nachhaltigen Vermeidung der Waldschäden unbedingt gesetzt werden müssen, jedoch handelt es sich unter Hinweis auf die hiezu abgegebenen Gutachten um Maßnahmen, die eines längeren Vorbereitungs- und Durchführungszeitraumes bedürfen und daher nicht die nötige sofortige schadensmindernde Wirkung zeitigen können.

    Wenn die Berufungswerberin darin, daß nach Auffassung der Forstdienststellen eine Neuaufforstung nur unter Zaunschutz möglich ist, und von diesen Dienststellen im gleichen Absatz ausgeführt wird, daß die Aufforstungsflächen durch Verstreichen ausreichend gesichert sind, einen Widerspruch zu erblicken vermeint, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Ausführungen im Schreiben der Landesforstdirektion vom 7.4.1987, auf welches hier offensichtlich Bezug genommen wurde, wohl nur so zu verstehen sind, daß die seinerzeitigen Aufforstungen in den Parzellen nn1 und nn4 KG L durch Verstreichen (mit chemischen Mitteln) zwar ausreichend gegen Wildverbiß geschützt worden sind und daher schließlich als bereits gesichert angesehen werden konnten, jedoch im weiteren Verlauf die der I. und II. Altersklasse angehörigen Hölzer fast zur Gänze geschält wurden, sodaß nunmehr die gänzliche Räumung mit nachfolgender Aufforstung notwendig geworden ist. Ein Widerspruch kann hier nicht gesehen werden, da ja seinerzeit offensichtlich ein solcher Wilddruck, wie gegenwärtig, nicht gegeben war.

    Nach den von den forstfachlichen Dienststellen getroffenen Feststellungen hatte in den übrigen gegenständlichen Waldflächen die bisher angewendete Schutzmaßnahme gegen Verbiß durch Verstreichen der Forstpflanzen keinen entsprechenden Erfolg gezeigt.

    Der von der Berufungswerberin behauptete Widerspruch zwischen der Ansicht des Landesjagdbeirates und der des beigezogenen wildökologischen Sachverständigen betreffend die Schutzmaßnahme der Einzäunung kann von der Berufungsbehörde nicht erblickt werden, da auch seitens des Letztgenannten die Einzäunung als das einzige kurzfristige Mittel angesehen wird. Bezüglich der Besorgnis, daß infolge der Einzäunung andere Forstkulturen in diesem Gebiet gefährdet werden könnten, wird auf eine Äußerung eines Vertreters der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau verwiesen, wonach diesbezüglich derzeit in diesem Gebiet keine anderen potentiell gefährdeten Flächen vorhanden sind (AV. vom 30.1.1987).

    Mit Rücksicht auf die eindeutige Stellungnahme des Landesjagdbeirates konnten gegenständlich auch nicht sonstige Schutzmaßnahmen, wie das anläßlich der Aussprache am 30.1.1987 erörterte Austreiben des Wildes aus den Schadflächen, in Erwägung gezogen werden. Anläßlich der genannten Aussprache wurde unter den Beteiligten selbst die Auffassung vertreten, daß insbesondere einstehende ‚Kälbertiere' schwer zu vertreiben sind, und wurde bei dieser Aussprache auch erwähnt, daß früher im Bereich in tieferen Lagen gefüttert wurde und noch immer Rotwildstücke vorhanden sind, die damals Kälber waren und entsprechend der Gewohnheit des Rotwildes zum Tradieren heute noch herunterziehen. Von der Vorschreibung dieser Maßnahme konnte daher kein entsprechend sicherer Erfolg erwartet werden. Die bei dieser Aussprache ebenfalls erwähnte Vorschreibung von Schonzeitabschüssen kann, wie oben schon hinsichtlich der Wildreduktion allgemein erwähnt wurde, nur als langfristig wirksame Maßnahme angesehen werden. Außerdem wurden dagegen seitens des Landesjagdbeirates Bedenken erhoben."

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Mangelhaftigkeit rügt die Beschwerdeführerin, daß sich der genaue Verlauf des vorgeschriebenen Zaunes aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht feststellen lasse. Aus der dem Bescheid beiliegenden Lageskizze sei aufgrund der ungenauen Einzeichnung der Zaunverlauf in der Natur nicht einmal annähernd rekonstruierbar. Die Feststellung des Zaunverlaufes sei der Bezirksforstinspektion Spittal/Drau übertragen worden. Der damit erhobene Vorwurf der mangelnden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheidspruches ist nicht gerechtfertigt: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. n.v.a. das Erkenntnis vom 18. September 1984, Slg. Nr. 11.518/A) muß der Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefaßt sein, daß nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Diesen Anforderungen genügt jedoch der im angefochtenen Bescheid getroffene Abspruch über die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Errichtung eines rotwildsicheren Zaunes, weil die einzuzäunenden Waldflächen nicht nur durch Angabe der Grundstücksnummer und topographische Beschreibung, sondern auch durch schraffierte Kennzeichnung auf den dem angefochtenen Bescheid beigelegten maßstabgetreuen Lageskizzen, auf die der Bescheidspruch ausdrücklich verweist, eindeutig umschrieben werden. Damit ist der Verlauf des zu errichtenden Zaunes auch im Hinblick auf eine allfällig notwendige Zwangsvollstreckung durch Ersatzvornahme hinreichend bestimmt. Einer Anordnung, daß der genaue Verlauf des Zaunes durch die Bezirksforstinspektion Spittal/Drau in der Natur festzulegen sei und daß die Beschwerdeführerin zum Zwecke der Auszeige und Markierung des Zaunverlaufes in der Natur an dem von der

Bezirksforstinspektion Spittal/Drau zu bestimmenden Termin

und Ort zu erscheinen haben, bedurfte es nicht. Dieser Abspruch entbehrt daher der gesetzlichen Grundlage und war als vom übrigen Inhalt des angefochtenen Bescheides trennbare Nebenbestimmung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Beschwerdeführerin ist auch darin beizupflichten, daß mit dem im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausspruch, daß der Zaun "bis zur Sicherung der Kulturen in den angeführten Waldparzellen" funktionsfähig zu erhalten sei, die Dauer der Erhaltungspflicht nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit festgelegt wird. Die von § 59 Abs. 1 AVG 1950 geforderte Deutlichkeit bedeutet für Leistungsbefehle Bestimmtheit - nicht bloß Bestimmbarkeit - in dem Sinne, daß aufgrund des Bescheides, ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und neuerlicher Entscheidung, eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1984, Zl. 84/10/0165 = Slg. 11.601/A nur Rechtssatz). Diesem Erfordernis wird mit der von der belangten Behörde gewählten Spruchfassung nicht Rechnung getragen, weil zur Beurteilung, ob ein der "Sicherung der Kulturen" entsprechender Zustand (und damit das Ende der Erhaltungspflicht) eingetreten ist, jedenfalls ein Ermittlungsverfahren notwendig ist. Der angefochtene Bescheid war daher auch in diesem Punkte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin ist jedoch nicht im Recht, wenn sie vorbringt, daß sich aus den Ausführungen des dem Verfahren beigezogenen wildökologischen Sachverständigen ergebe, daß es zur Hintanhaltung der aufgetretenen Wildschäden genüge, statt der vorgeschriebenen Einzäunung der betroffenen Waldflächen im Sinne des im § 71 Abs. 2 des Kärntner Jagdgesetzes 1978 verankerten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel gelindere Maßnahmen vorzuschreiben. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich, daß der wildökologische Sachverständige bei der Verhandlung am 11. Dezember 1986 die an ihn gestellte Frage, ob zur Behebung des Schadensproblems andere Maßnahmen als Alternativen möglich seien, ausdrücklich dahin beantwortete, daß aus derzeitiger Sicht nur die Zäunung zum Erfolg führen würde. Der belangten Behörde kann somit nicht vorgeworfen werden, daß sie sich zum wildökologischen Sachverständigen in Widerspruch setze, wenn sie, insbesondere auch gestützt auf das schlüssige Gutachten des forstlichen Amtssachverständigen, im Beschwerdefall die Einzäunung der von den Waldschäden betroffenen Grundflächen als zur Verhinderung weiterer Schäden und zur Sicherung des Aufkommens von forstlichen Jungkulturen einzig zielführende Maßnahme ansah. Das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, daß deshalb, weil der Erfolg dieser Maßnahme erst in einigen Jahren zu erwarten sei, keine Gefahr im Verzug vorliege und kein Grund bestünde, die Einzäunung als erforderliche Sofortmaßnahme vorzuschreiben, ist nicht verständlich.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß das Wild im Falle der Einzäunung neue Einstände aufsuchen und dort ungeschädigte Waldteile verbeißen oder schälen würde, ist als eine bloße Hypothese, die in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine Deckung findet, nicht geeignet, den von der belangten Behörde eingenommenen Standpunkt zu erschüttern.

Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, daß die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel einerseits die Feststellung der ihr aus der vorgeschriebenen Maßnahme erwachsenden finanziellen Belastung und andererseits die Feststellung des eingetretenen (oder bei Unterbleiben der Maßnahme drohenden) Waldschadens erfordert hätte. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß im § 71 Abs. 2 erster Satz Kärntner Jagdgesetz 1978 bei Vorliegen einer Gefährdung des Waldes durch Wild zwingend und ohne Vornahme einer Abwägung mit den Interessen an der Ausübung der Jagd die Vorschreibung der erforderlichen Maßnahmen vorgesehen ist. Diese dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Waldes dienende Bestimmung läßt auch für Rentabilitätserwägungen in bezug auf die Kosten der Schutzmaßnahmen im Verhältnis zur Höhe der Waldschäden, die durch diese Maßnahmen vermieden werden könnten, keinen Raum, beschränkt sich doch das Interesse an der Walderhaltung nicht bloß auf die einer Meßbarkeit zugängliche wirtschaftliche Nutzung des Waldes (siehe die im § 1 Abs. 1 Forstgesetz 1975 umschriebenen vier Wirkungen des Waldes). Wenn es im zweiten Satz der zitierten Bestimmung heißt, daß "dabei" der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel zu wahren ist, so bedeutet dies daher nicht, daß die Frage, ob Schutzmaßnahmen vorzukehren sind, unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gelöst werden müsse; der normative Gehalt dieser Bestimmung geht vielmehr dahin, daß damit die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Frage angeordnet wird, welche von mehreren in Betracht kommenden Mittel im jeweiligen Fall anzuwenden sind. Diese Frage stellte sich jedoch der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht, weil feststeht, daß hier nur eine einzige Maßnahme, nämlich die Errichtung eines Wildzaunes, zielführend ist. Die belangte Behörde war daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gehalten, die Kosten der Errichtung und Erhaltung des Wildzaunes einerseits und die Höhe der durch diese Maßnahme zu vermeidenden Wildschäden andererseits festzustellen und gegeneinander abzuwägen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, soweit sie die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung zur Errichtung des rotwildsicheren Zaunes betrifft, und war demnach insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, wobei über den von den Beschwerdeführern geltend gemachten ziffernmäßigen Betrag nicht hinausgegangen werden konnte.

Wien, am 23. März 1988

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