VwGH 86/08/0024

VwGH86/08/002426.5.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des KR in S, vertreten durch Dr. Kurt Keiler, Rechtsanwalt in Steyr, Stadtplatz 20, gegen zwei Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. April 1985, Zlen. Ge‑24.606/4‑1986/Pan/Hin, und Ge‑24.605/4‑1985/Pan/Hin, betreffend Übertretung von Arbeitszeitvorschriften, zu Recht erkannt:

Normen

AZG §12 Abs1
AZG §14
AZG §16
AZG §16 Abs1
AZG §16 Abs2
AZG §16 Abs3
AZG §17 Abs2
AZG §28
AZG §28 Abs1
VStG §22
VStG §44a lita
VStG §44a Z1 implizit
VStG §5 Abs1
VStG §9
VStG §9 Abs1
VStG §9 Abs1 idF 1983/176
VStG §9 Abs2
VStG §9 Abs2 idF 1983/176
VStG §9 Abs3 idF 1983/176
VStG §9 Abs4 idF 1983/176

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986080024.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) Aufwendungen in der Höhe von S 4.800,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als Bevollmächtigter der H Gesellschaft mbH und somit Verantwortlicher im Sinne der Bestimmung des § 9 VStG 1950 den in diesem Betrieb beschäftigten Kraftwagenlenker JD 1) am 31. Jänner 1984 zu 15 Stunden, am 1. Februar 1984 zu 14,30 Stunden, am 2. Februar 1984 zu 18,45 Stunden und am 3. Februar 1984 zu 17,15 Stunden Einsatzzeit herangezogen habe, obwohl diese eine Dauer von 14 Stunden nicht überschreiten dürfe, 2) am 30. Jänner 1984 zu 8,45 Stunden, am 31. Jänner 1984 zu 8,30 Stunden, am 1. Februar 1984 zu 10 Stunden, am 2. Februar 1984 zu 10,30 Stunden und am 3. Februar 1984 zu 9,45 Stunden Lenkzeit herangezogen habe, obwohl diese eine Dauer von 8 Stunden nicht überschreiten dürfe; der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 2 AZG und zu 2) eine solche nach § 14 Abs. 2 AZG begangen und es werde über ihn gemäß § 28 Abs. 1 AZG zu 1) eine Geldstrafe von S 2.000,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 3 Tage) und zu 2) eine Geldstrafe von S 3.000,‑ ‑ (Ersatzarreststrafe 4 Tage) verhängt.

2.1. In den gegen diese beiden Bescheide erhobenen Beschwerden macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der beiden Bescheide.

2.2. Die belangte Behörde legte die Akten der beiden Verwaltungsstrafverfahren vor und beantragte in den Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden.

3.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen persönlichen Zusammenhanges zu gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

3.1.1. Die §§ 14 und 16 des AZG enthalten Vorschriften über die Arbeitszeit und Lenkzeit sowie die Einsatzzeit von Lenkern und Beifahrern von Kraftfahrzeugen. Gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe von S 300,‑ ‑ bis S 6.000,‑ ‑ oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Nach § 9 Abs. 1 VStG 1950 in der im Beschwerdefall schon anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 176/1983 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach § 9 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. können für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen (als die in § 9 Abs. 2 erster Satz genannten Organmitglieder) zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Nach § 9 Abs. 4 leg. cit. kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

3.1.2. In verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht liegt ein Zuwiderhandeln gegen Arbeitszeitvorschriften durch den Arbeitgeber (in den Fällen des § 9 Abs. 1 VStG 1950 durch das dort genannte Organ: vgl. Erkenntnis vom 30. März 1982, Zl. 81/11/0087) bzw. den Bevollmächtigten im Sinne des § 28 AZG ‑ dem objektiven Tatbestand nach ‑ immer dann vor, wenn ein Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit für den Arbeitgeber Arbeitszeitvorschriften verletzt. Nur dieser objektive Tatbestand ist im Spruch des Straferkenntnisses zu umschreiben, nicht jedoch die subjektive Tatseite, also daß die in § 28 Abs. 1 AZG genannten Personen ein Verschulden an der Übertretung der Arbeitszeitvorschriften trifft, und die näheren Umstände dieses Verschuldens (vgl. das Erkenntnis vom 12. Dezember 1984, Zl. 82/11/0380). Das gilt auch dann, wenn der Bevollmächtigte die Qualifikation eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950 aufweist (vgl. zu dieser Qualifikation das Erkenntnis vom 26. November 1984, Zl. 84/10/0115).

3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er im Tatzeitraum „Verantwortlicher im Sinne der Bestimmungen des § 9 VStG 1950“ (also ein verantwortlicher Beauftragter der H. GmbH in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften durch die beschäftigten Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950) war und stellt auch den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in dem zu Punkt 3.1.2. genannten Sinn nicht in Abrede. Er bestreitet aber aus nachstehenden Gründen sein Verschulden daran: Zunächst sei die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer dem D. Fahraufträge erteilt habe, die zur Überschreitung der zulässigen Lenk‑ und Einsatzzeit geführt hätten. D. habe als Zeuge vernommen angegeben, daß er den Auftrag seitens der Firmenleitung erhalten habe. Dazu sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer in der H. GmbH als Prokurist beschäftigt sei, nicht jedoch der Firmenleitung angehöre. Als Prokurist habe er durchschnittlich 100 Spezialfahrzeuge zum Transport von Kraftfahrzeugen aller Art sowie nahezu 140 Dienstnehmer zu betreuen. Der Betrieb der H. GmbH habe daher einen Geschäftsumfang erreicht, der es erforderlich mache, einzelne Aufgabengebiete der ihm übertragenen Agenden zu delegieren. So sei JH mit der Leitung der Lenkzeit‑ und Einsatzzeitüberwachung betraut worden. Als Bevollmächtigtem obliege es H., die Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen zu überwachen und dafür zu sorgen, daß sich die jeweiligen Lenker ordnungsgemäß verhielten. Eine Vernachlässigung der Aufsichts‑ und Kontrollpflicht hinsichtlich der dem H. übertragenen Aufgaben könne dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die Größe und der Geschäftsumfang des Betriebes lasse lediglich eine stichprobenweise Überprüfung der ordnungsgemäßen Besorgung der Aufgaben zu. Da eine große Anzahl von Lkw‑Zügen sich oft auch wochenlang nicht nur im gesamten österreichischen Bundesgebiet, sondern auch im übrigen Europa und Asien befände, sei es unmöglich, die jeweiligen Lenk‑ und Einsatzzeiten der bei der H. GmbH Beschäftigten zu überprüfen. In Anbetracht dessen könne die stichprobenweise Überprüfung, ob die dem H. übertragenen Agenden auch tatsächlich erfüllt würden, als der dem Beschwerdeführer zukommende Aufsichts‑ und Kontrollpflicht entsprechend angesehen werden. Wie aus dem Verwaltungsstrafverfahren eindeutig hervorgehe, sei H. „als Bevollmächtigter gemäß § 9 zweiter Satz VStG“ mit der Überwachung der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften für ein bestimmtes sachliches Gebiet, insbesondere für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes betraut worden. Auch seien ihm die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Dispositions‑ und Sanktionsbefugnisse übertragen worden. Damit sei die ansonsten den Beschwerdeführer als Prokurist treffende Verpflichtung auf ihn übergegangen. Die Übertretung der gesetzlichen Bestimmungen des AZG könne somit nicht dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht werden. Die Unterlassung der vom Beschwerdeführer beantragten Vernehmung des Zeugen H. zum Beweis der Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, insbesondere zu den innerbetrieblichen Funktions‑ und Bevollmächtigungsverhältnissen, stelle einen Verfahrensmangel dar.

3.3.1. Normadressat der Bestimmungen des AZG, somit auch der §§ 14 und 16 leg. cit. in Verbindung mit § 28 leg. cit., ist nicht der jeweilige Arbeitnehmer, sondern dessen Arbeitgeber (das Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950: vgl. Erkenntnis vom 30. März 1982, Zl. 81/11/0087; der Prokurist ist kein solches Organ: vgl. Erkenntnis vom 18. März 1986, Zl. 85/10/0089) bzw. der in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften bestellte Bevollmächtigte des Arbeitgebers (mit oder ohne die Qualifikation eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950); er hat dafür Sorge zu tragen, daß die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Es kommt nicht darauf an, daß der einzelne Arbeitnehmer an einer Überschreitung der Arbeitszeit keinen Anstoß nimmt und allenfalls sogar daran interessiert ist. Nach dem insofern eindeutig erkennbaren Normgehalt dieser Bestimmungen ist vielmehr der Arbeitgeber (der Bevollmächtigte) verpflichtet, die Einhaltung der in Betracht kommenden Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer zu ermöglichen, sie zu überprüfen und alle sonstigen (bei Ausnutzung aller tatsächlich und rechtlich im konkreten Betrieb zur Verfügung stehenden Mittel) möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen (Erkenntnis vom 6. Dezember 1983, Zl. 11/2999/80). Da es die Tätigkeit eines Kraftfahrzeuglenkers mit sich bringt, daß er nicht unmittelbar der Aufsicht des Arbeitgebers (Bevollmächtigten) bezüglich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften unterliegt, kommt z. B. der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung, die Eintragungen des Lenkers im Fahrtenbuch mindestens einmal im Monat zu kontrollieren (vgl. § 17 Abs. 2 AZG und die Fahrtenbuchverordnung, BGBl. Nr. 461/1975), große Bedeutung zu, weil der Arbeitgeber (Bevollmächtigte) dadurch nachträglich feststellen kann, ob die Arbeitszeitbestimmungen durch den Lenker eingehalten wurden, und durch entsprechende Maßnahmen künftigen Verstößen entgegenwirken kann (vgl. Erkenntnis vom 23. April 1986, Zl. 83/11/0297). Die (wenn auch unter bestimmten arbeitsvertragsrechtlichen weiteren Voraussetzungen zulässige) Entlassung eines Arbeitnehmers, der gegen Arbeitszeitvorschriften verstoßen hat, und die Androhung einer solchen zählt allerdings nicht zu diesen Maßnahmen, da der Gesetzgeber mit dem Gebot (Verbot) die vorgesehene Arbeitszeit einzuhalten (zu überschreiten), nicht in einer für den Normadressaten klar erkennbaren Weise zum Ausdruck gebracht hat, daß der Arbeitgeber (Bevollmächtigte) auch zur Lösung jenes Rechtsverhältnisses, für dessen Bestand das Gebot (Verbot) wirksam sein soll, verpflichtet wäre (vgl. das Erkenntnis vom 22. Februar 1983, Zl. 11/0872/79, unter anderem veröffentlicht in ZAS 1984, 145, mit Anmerkungen von Klein und Tomandl).

Nun hat allerdings der Verwaltungsgerichtshof auch wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Arbeitgeber aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt; es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch eine angemessene Kontrolle; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgte (vgl. die Erkenntnisse vom 12. Dezember 1984, Zl. 82/11/0380, und vom 30. März 1982, Zl. 81/11/0087, mit weiteren Judikaturhinweisen). Diese Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitgeber einen Bevollmächtigten in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften durch die beschäftigten Arbeitnehmer im Sinne des § 28 AZG bestellt hat und dieser wegen des Umfanges der ihm übertragenen Agenden nicht in der Lage ist, diese Belange ohne Mithilfe ihm untergebener Beschäftigter wahrzunehmen.

3.3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 genügt dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Doch zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Gesetzgeber präsumiert somit in einem solchen Fall die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch den Beschuldigten. Solange der Beweis durch ihn nicht erbracht ist, darf die Behörde annehmen, daß der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950. Deshalb traf den Beschwerdeführer (als verantwortlichen Beauftragten der H. GmbH für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer) die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, daß ihm ‑ unter Bedachtnahme auf den zu Punkt 3.3.1. näher gekennzeichneten Sorgfaltsmaßstab ‑ die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war; er hatte demnach initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 12. Dezember 1984, Zl. 82/11/0380, vom 6. Dezember 1983, Zl. 11/2999/80, vom 12. April 1983, Zl. 82/11/0142, und vom 30. März 1982, Zl. 81/11/0080).

3.3.3. Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die Annahme der belangten Behörde, es treffe den Beschwerdeführer ein Verschulden am Verstoß gegen die obgenannten Arbeitszeitvorschriften, nicht rechtsirrig.

3.4.1. Was zunächst das oben wiedergegebene Beschwerdevorbringen betreffend die dem D. erteilten Fahrauftrage betrifft, so ist es ‑ im Zusammenhang mit der Rechtfertigung des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, seinem Vorbringen in der Berufung und im Berufungsverfahren ‑ so zu verstehen, daß D. die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk‑ und Einsatzzeiten im Tatzeitraum auf Grund der ihm erteilten Fahrauftrage hatte einhalten können, sie aber nur aus privaten Interessen überschritten habe. Für den Fall aber, daß D. ‑ entsprechend seiner Zeugenaussage ‑ tatsächlich von der „Firmenleitung“ Fahraufträge erhalten haben sollte (was aber bestritten werde), sei darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer nicht der „Firmenleitung“ angehöre.

3.4.2. Diese Einwände sind unbeachtlich. Denn selbst dann, wenn davon ausgegangen werden müßte, daß dem D. auf Grund der ihm erteilten Fahraufträge die Einhaltung der Lenk‑ und Einsatzzeiten im Tatzeitraum möglich war und er sie nur aus privaten Interessen überschritten hat, könnte dies den Beschwerdeführer ‑ nach den Darlegungen zu Punkt 3.3. ‑ nur dann exkulpieren, wenn er darüber hinaus behauptet und bewiesen hätte, daß er die ihm als verantwortlichem Beauftragten der H. GmbH für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften bei Ausnutzung aller ihm tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel möglichen und zumutbaren, der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften dienenden Maßnahmen getroffen habe, von denen er mit gutem Grund erwarten konnte, daß auch D. die Arbeitszeitvorschriften einhalten werde, und demnach die gegenständlichen Überschreitungen der gebotenen Arbeitszeiten durch D. im Rahmen des Überwachungs‑ und Sanktionssystems unvorhersehbar gewesen seien. Dies aber trifft aus nachstehenden Gründen nicht zu:

3.5.1. Vorerst stellt die Beschwerdebehauptung, daß H. ein verantwortlicher Beauftragter der H. GmbH im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG 1950 gewesen sei, eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Der Beschwerdeführer hat nämlich in seiner Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren in bezug auf H. lediglich angeführt, er habe, da er selbst nicht ständig die Fahrtenbücher und Wochenberichtsblätter der Fahrer kontrollieren könne, mit diesen Aufgaben H. beauftragt. Dieser sei den ihm übertragenen Aufgaben immer pflichtgemäß und mit großer Sorgfalt nachgekommen, so daß der Beschwerdeführer seine persönliche Kontrolle auf Stichproben habe beschränken können. H. sagte, als Zeuge vernommen, dazu folgendes aus: „Ich bin bei der ‚H. GmbH‘ für die Kontrolle der Fahrtenbücher und Wochenberichtsblätter verantwortlich. Wenn, wie im gegenständlichen Fall, Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz vorkommen, so kann ich diese immer nur im nachhinein feststellen und habe keine Möglichkeit, sie zu verhindern, da ich keinerlei Einfluß auf die Disposition der Fahrtaufträge habe.“ Diese Zeugenaussage wurde dem Beschwerdeführer im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht. Er erstattete dazu aber keine Stellungnahme. Die erstinstanzliche Behörde stützte (auch) darauf ihre Entscheidung. Der Beschwerdeführer bestritt aber auch nicht in der Berufung die Richtigkeit dieser Zeugenaussage; er hielt lediglich daran fest, daß ihn kein Verschulden am Verstoß gegen die genannten Arbeitszeitvorschriften treffe, „da sich meine Tätigkeit im wesentlichen, was die Erteilung von Fahrtauftragen bzw. die Kontrolle der Fahrtenbücher und die Überwachung der Kraftfahrer betrifft, auf eine stichprobenweise Kontrolle der mir unterstellen Mitarbeiter beschränken muß.“ Im übrigen verwies er darauf, daß bei dem Geschäftsumfang der H. GmbH sich eine Überwachung nur auf stichprobenweise Kontrollen beschränken könne. Demzufolge konnte aber die belangte Behörde von der Richtigkeit der Zeugenaussage des H. ausgehen und hatte keine Veranlassung, darüber hinausgehende Ermittlungen „zu den innerbetrieblichen Funktions‑ und Bevollmächtigungsverhältnissen“ vorzunehmen. Einen neuerlichen Antrag auf Vernehmung des Zeugen H. zu diesem Beweisthema stellte der Beschwerdeführer, entgegen seinen Beschwerdebehauptungen, in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis nicht. Die diesbezügliche Verfahrensrüge geht daher ins Leere. Schon auf Grund der nach diesen Ermittlungsergebnissen fehlenden Möglichkeit des H., bei der Kontrolle der Fahrtenbücher und Wochenberichtsblätter festgestellte Verstöße der Arbeitnehmer gegen Arbeitszeitvorschriften verhindern zu können, war H. im Tatzeitraum nicht Bevollmächtigter geschweige denn verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG 1950. Die oben wiedergegebene gegenteilige Beschwerdebehauptung stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

3.5.2. Angesichts des Umstandes, daß sich aus der Aussage des H., auf die das Straferkenntnis (auch) gestützt wurde, ergibt, daß ihm Betrieb der H. GmbH schon Übertretungen der Arbeitszeitvorschriften vorgekommen sind (arg. „so kann ich diese immer nur ...“), hätte der Beschwerdeführer ‑ entsprechend den zu Punkt 3.3.2. dargelegten Grundsätzen ‑ in der Berufung bzw. im Berufungsverfahren konkret darlegen müssen, in welcher Weise er auf die ihm von H. mitgeteilten Verstöße reagierte (daß H. ‑ entsprechend einem wirksamen Kontrollsystem ‑ zur unverzüglichen Mitteilung festgestellter Verstöße verpflichtet war und dieser Verpflichtung auch nachkam, läßt sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers, H. sei den ihm übertragenen Aufgaben immer pflichtgemäß und mit großer Sorgfalt nachgekommen, entnehmen). Denn nur dann, wenn er konkret aufgezeigt hätte, welche ihm im Betrieb der H. GmbH möglichen und zumutbaren Maßnahmen er in solchen Fällen getroffen hat, um künftigen Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften vorzubeugen, wäre die belangte Behörde in die Lage versetzt worden, zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer (im Falle der Richtigkeit des solcherarten konkret dargestellten Kontroll‑ und Sanktionssystems) wirklich alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, von denen er mit gutem Grund erwarten konnte, daß auch D. die Arbeitszeitvorschriften einhalten werde. Da der Beschwerdeführer dies unterlassen und sich trotz der Aussage des H. mit der Rechtfertigung begnügte, er habe wegen des Umfanges der ihm übertragenen Agenden nur stichprobenweise Überprüfungen der Tätigkeit des H. vornehmen können, ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, es sei ihm ein Entlastungsbeweis für seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 VStG 1950 nicht gelungen.

3.6. Gegen die Strafbemessung führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde treffe zu seinen Einkommens‑, Vermögens‑ und Familienverhältnissen keine Feststellungen. Es werde zur Begründung des Strafausmaßes lediglich angeführt, daß die ausgesprochene Geldstrafe dem Unrechts‑ und Schuldgehalt der Tat angemessen sei. Angesichts der Tatsache, daß keine straferschwerenden Umstände vorlägen, sei die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf den „gerichtlichen“ (gemeint: gesetzlichen) Strafrahmen zu hoch. Die belangte Behörde habe daher das ihr nach § 19 VStG 1950 zustehende Ermessen bei der Festsetzung der Strafe rechtswidrig ausgeübt.

3.6.2. Zu diesem Einwand ist zu bemerken, daß die der Strafbemessung zugrunde liegenden Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten des Beschwerdeführers auf seinen eigenen Angaben im Berufungsverfahren beruhen. Darnach beziehe er ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 14.000,‑ ‑, sei für drei eheliche Kinder und für seine Ehefrau sorgepflichtig und verfüge außer einer Liegenschaftshälfte über kein Vermögen. Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf und den Umstand, daß der Beschwerdeführer gegen die mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängten Strafe keine inhaltlichen Einwände erhoben hat, innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens von S 300,‑ ‑ bis S 6.000,‑ ‑ Geldstrafen von S 3.000,‑ ‑ bzw. S 2.000,‑ ‑ (im letzteren Fall in Herabsetzung der erstinstanzlich verhängten Strafe) ausgesprochen hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine rechtswidrige Ermessensübung zu erblicken.

3.7. Aus den angeführten Gründen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

3.9. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, in den Grenzen der nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung gestellten Kostenbegehren der belangten Behörde.

Wien, am 26. Mai 1986

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