Normen
AVG §17;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §2 Abs1 Z26;
StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1 litb;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;
StVO 1960 §99 Abs6 lita;
VStG §22 Abs1;
VStG §32 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §41;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §9;
VwGG §41;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwRallg;
AVG §17;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §2 Abs1 Z26;
StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1 litb;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;
StVO 1960 §99 Abs6 lita;
VStG §22 Abs1;
VStG §32 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §41;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §9;
VwGG §41;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 16. Mai 1984 wurde die Beschwerdeführerin - unter teilweiser Neufassung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. November 1983 - schuldig erkannt, sie sei am 12. November 1982 um 21.23 Uhr in Wien 16, Maroltingergasse - Steinbruchstraße, als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, 1. mit dem Fahrzeug sofort anzuhalten, 2. die Unfallstelle abzusichern, obwohl als Folge für den nachkommenden Verkehr Schäden zu befürchten gewesen wären,
3. ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen. Weiters habe sie 4. am 12. November 1982 um 21.23 Uhr in Wien 16, Maroltingergasse - Kreuzung Steinbruchstraße, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und habe sich in der Folge in Wien 16, Zwinzstraße 14, geweigert, ihre Atemluft von einem von der Behörde hiezu ermächtigten und besonders geschulten Organ der Straßenaufsicht auf Alkohol untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach
- 1. § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960, 2. § 4 Abs. 1 lit. b leg.cit.,
- 3. § 4 Abs. 5 leg.cit., 4. § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen, weshalb über sie zu 1. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960, zu 2. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a leg.cit., zu 3. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b leg.cit., zu 4. gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg.cit. Geldstrafen, im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzarreststrafen verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof gab mit Beschluß vom 21. Dezember 1988 den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu der der Beschwerdeführerin angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 seine vorläufige Rechtsansicht im Sinne des § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG wie folgt bekannt:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes belastet die Behörde den Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, falls sie den Sachverhalt einer Verwaltungsvorschrift unterstellt, die durch die Tat nicht verletzt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1970, Zl. 658/69).
Aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin ursächlich an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen war, und zwar, weil sie einen in der Fahrbahnmitte auf einer Schutzinsel angebrachten Beleuchtungskörper beschädigt bzw. umgefahren hat.
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 (in der auf den vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung BGBl. Nr. 159) haben die im Abs. 1 dieses Paragraphen genannten Personen - also alle jene, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht -, wenn bei dem Unfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Meldung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Identität nachgewiesen haben. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. dürfen Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs nicht beschädigt oder unbegfugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden. Zu diesen Einrichtungen gehören nach dieser Gesetzesstelle u.a. auch die Straßenbeleuchtungseinrichtungen. Gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO 1960, in der Fassung des Gesetzes BGBl. Nr. 274/1971, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in bestimmter Weise zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 13. Februar 1987, Zl. 86/18/0254, ausgeführt hat, stehen die Tatbestände nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e und nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 im Verhältnis des besonderen zum allgemeinen Tatbestand. Liegt daher wie hier ein Sachverhalt nach der besonderen Bestimmung vor, dann ist nur nach dem besonderen Tatbestand zu bestrafen.
Durch die Anführung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 im Spruch dürfte daher ein Verstoß gegen § 44a lit. b VStG 1950 vorliegen, der den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet."
Die Beschwerdeführerin schloß sich in ihrer Stellungnahme der vorläufigen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes an, während die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme neuerlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zu allen der Beschwerdeführerin angelasteten
Verwaltungsübertretungen:
a) Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, hinsichtlich aller ihr vorgeworfenen Verwaltungsdelikte sei Verfolgungsverjährung eingetreten.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 leg.cit. - abgesehen von im Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 32 Abs. 2 VStG 1950 ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodaß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 beziehen muß (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).
Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muß daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a lit. a VStG 1950 im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a lit. b leg. cit. näher konkretisieren und individualisieren. (Zur Erläuterung: Die Verfolgungshandlung muß daher im Sinne des zitierten Erkenntnisses auch - soweit dies tatbildlich ist - z.B. den Vorwurf umfassen, in welcher Eigenschaft (z.B. als Zulassungsbesitzer oder als Lenker eines Kraftfahrzeuges) der Beschuldigte gehandelt habe. Hiebei muß allerdings - in Abweichung von der früheren Rechtsprechung - das ebenfalls nach § 44a lit. a VStG 1950 im Spruch des Bescheides aufzunehmende Merkmal der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 leg.cit. noch nicht von der Verfolgungshandlung erfaßt sein, weil es sich hiebei nicht um ein Tatbestandselement der verletzten Verwaltungsvorschrift handelt.)
Innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 wurden von der Erstbehörde in der vorliegenden Beschwerdesache gegen die Beschwerdeführerin als Beschuldigte nur zwei Verfolgungshandlungen gesetzt, und zwar das Zurkenntnisbringen der Anzeige gegenüber dem Vertreter der Beschwerdeführerin verbunden mit der an den Vertreter ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung am 17. November 1982 und die zeugenschaftliche Vernehmung des Christian S. am 17. Februar 1983.
Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, daß zwar eine bloße Akteneinsicht, wie auch das bloße Zurkenntnisbringen des Akteninhaltes (insbesondere der Anzeige) für sich allein keine taugliche Verfolgungshandlung darstellt, jedoch - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A, dargelegt hat - das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 bildet.
Die Beschwerdeführerin irrt in diesem Zusammenhang, wenn sie meint, die einem Beschuldigten vorzuwerfenden Tatbestände seien zwingend in einem Beschuldigten-Ladungsbescheid vorzuhalten; es genügt vielmehr - wie sich aus der oben dargestellten Rechtslage ergibt -, daß die Tat mit allen der späteren Bestrafung zugrundeliegenden wesentlichen Sachverhaltselemente aus einer gegen den Beschuldigten gerichteten Verfolgungshandlung erkennbar sind, und zwar entweder aus der in dieser Verfolgungshandlung dargestellten Umschreibung der dem Beschuldigten angelasteten Tat oder dem Inhalt der Verfolgungshandlung (z.B. Inhalt der Zeugenaussage oder Inhalt der Anzeige oder anderer dem Beschuldigten zur Kenntnis gebrachter Aktenteile, zu welchen Aktenstücken der Beschuldigte aufgefordert wurde, sich zu rechtfertigen).
b) Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960:
Gemäß § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage hätte eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung das gemäß § 44a lit. a VStG 1950 im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmende Tatbestandsmerkmal "wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind", enthalten müssen.
Der Beschwerdeführerin wurde jedoch weder in der Anzeige vorgeworfen, es wären Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten gewesen, noch ergibt sich solches aus der Zeugenaussage. In der Anzeige und in der Zeugenaussage findet sich daher nicht das wesentliche Tatbestandselement des § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960, "wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind", noch ergibt sich aus der Schilderung des Zeugen S., daß solche Schäden zu befürchten gewesen wären.
Da innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 keine, auch dieses Tatbestandselement umfassende Verfolgungshandlung vorgelegen ist, hätte die belangte Behörde die eingetretene Verfolgungsverjährung wahrnehmen und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde das Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt, sondern das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt hat, hat die belangte Behörde den Bescheid hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
c) Zur Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960:
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 13. Novelle, BGBl. Nr. 105/1986, sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Die Untersuchung ist mit geeigneten Geräten vorzunehmen. Zufolge § 99 Abs. 1 lit. b leg.cit. begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.
Auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage hätte bereits eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung das gemäß § 44a lit. a VStG 1950 in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmende Tatbestandsmerkmal enthalten müssen, daß die Beschwerdeführerin "von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht" zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert worden ist.
Wie oben unter a) ausgeführt, bilden nur der Vorhalt der Anzeige mit der Aufforderung zur Rechtfertigung am 17. November 1982 und die Zeugenaussage des Zeugen S. am 17. Februar 1983 innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 gegen die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerdesache als Beschuldigte gerichtete Verfolgungshandlungen. Das für eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 wesentliche Tatbestandselement, daß der die Beschwerdeführerin zur Ablegung des Alkotestes auffordernde Sicherheitsbeamte ein "besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht" gewesen ist, findet sich jedoch weder in der Anzeige, zu welcher die Beschwerdeführerin aufgefordert worden ist, sich zu rechtfertigen, noch in der Zeugenaussage.
Da innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 keine auch dieses Tatbestandsmerkmal umfassende Verfolgungshandlung vorgelegen ist, hätte die belangte Behörde den Schuldspruch nicht in Ansehung dieses Tatbestandsmerkmales ergänzen dürfen, sondern vielmehr die eingetretene Verfolgungsverjährung wahrnehmen und das Verwaltungsstrafverfahren auch in Ansehung dieser Verwaltungsübertretung einstellen müssen.
Der angefochtene Bescheid ist daher auch hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
d) Zu den Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960:
Dagegen enthält bereits die zum Zeitpunkt der Akteneinsicht durch einen Vertreter der Beschwerdeführerin am 17. November 1982 im Verwaltungsstrafakt erliegende Anzeige, zu welcher die Beschwerdeführerin aufgefordert worden ist sich zu rechtfertigen, alle der späteren Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960 zugrundeliegenden Sachverhaltselemente, wodurch die belangte Berufungsbehörde berechtigt war, auch von der Erstbehörde nicht in den Spruch des Straferkenntnisses aufgenommene Sachverhaltselemente zu ergänzen.
Allerdings erweist sich die Bestrafung nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960 aus anderen - in der Folge dargestellten - Gründen als rechtswidrig.
2. Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960:
Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Die belangte Behörde begründete ihren Schuldspruch wegen Übertretung nach dieser Gesetzesstelle im wesentlichen damit, werde der Zeugenaussage des Zeugen S. gefolgt, so habe die Beschwerdeführerin als Lenkerin ihres Pkw's einen in der Fahrbahnmitte auf einer Schutzinsel angebrachten Beleuchtungskörper beschädigt bzw. umgefahren. Die Beschwerdeführerin habe zwar kurz angehalten, habe sich jedoch wieder in das Fahrzeug gesetzt und sei danach in der Maroltingergasse, Richtung Thaliastraße, vom Unfallsort weggefahren. Die Beschwerdeführerin sei demnach ihren Lenkerpflichten nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht nachgekommen, da sie an der Unfallstelle nicht verblieben sei und sich vom Schadensumfang und von der Notwendigkeit, die Unfallstelle abzusichern etc., nicht überzeugt habe. Die Beschwerdeführerin rügt dazu die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung und meint, daß der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben sei.
Dazu ist folgendes zu bemerken:
"Anhalten" im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a StVO ist dem "Anhalten" im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 26 leg.cit. nicht gleichzuhalten. Die Anordnung des § 4 Abs. 1 lit. a leg.cit., das Fahrzeug sofort anzuhalten, hat den Zweck, daß der Lenker, nachdem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesondere die nach § 4 Abs. 1 lit. b und c, Abs. 2 und 5 StVO vorgesehenen, trifft. Daraus folgt, daß der mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehende Lenker eines Kraftfahrzeuges der Anhaltepflicht nicht schon dadurch nachkommt, daß er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im übrigen aber - ohne sich um die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu kümmern - mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verläßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/18/0336, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Zeuge Z., auf dessen Aussage die belangte Behörde ihren Schuldspruch hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung stützt, hat bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 17. Februar 1983 im wesentlichen angegeben, er sei durch einen lauten Knall auf den Verkehrsunfall aufmerksam gemacht worden. Er habe aus seinem Fenster geschaut und gesehen, daß der Beleuchtungskörper der Schutzinsel beschädigt worden sei. Er habe weiters ca. 20 m danach am rechten Fahrbahnrand einen schwarzen Mercedes mit Linzer Kennzeichen stehen gesehen. Ca. 4 bis 5 Leute seien bei dem Fahrzeug gewesen und darunter auch eine Frau. Diese sei dann nach ca. 2 Minuten in den schwarzen Mercedes eingestiegen und habe diesen in der Maroltingergasse in Richtung zur Thaliastraße gelenkt. Der Zeuge führt noch weiters aus, es sei der Lenkerin ohne weiteres möglich gewesen, ohne Gefährdung des Verkehrs am Unfallsort zu bleiben, was sie ja zuerst gemacht habe.
Wie sich aus dieser Zeugenaussage ergibt, hat die Beschwerdeführerin ihr Fahrzeug verlassen und die Fahrt erst nach ca. 2 Minuten fortgesetzt. Es kann daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß die Beschwerdeführerin während dieses Zeitraumes die für die Einleitung der nach § 4 Abs. 1 lit. b und c, Abs. 2 und 5 StVO vorgesehenen Maßnahmen erforderlichen Schritte gesetzt hat. Daß sie möglicherweise sodann den in den zitierten Bestimmungen gestellten Anforderungen nicht entsprochen hat, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern (vgl. wiederum das schon oben zitierte Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/18/0336).
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt, nämlich, ob sich die Beschwerdeführerin um die für die Einleitung der nach § 4 Abs. 1 lit. b und c, Abs. 2 und 5 StVO 1960 vorgesehenen Maßnahmen erforderlichen Schritte gekümmert hat, nicht aufgeklärt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid auch hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
3. Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960:
Was die Übertretung nach dieser Bestimmung anlangt, erhebt der Verwaltungsgerichtshof seine vorläufige, im Beschluß vom 21. Dezember 1988 ausgedrückte Rechtsansicht nunmehr zu seiner endgültigen. Das bedeutet, daß, wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 13. Februar 1987, Zl. 86/18/0254, ausgeführt hat, die Tatbestände nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. e und nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 im Verhältnis des besonderen zum allgemeinen Tatbestand stehen. Liegt daher wie hier ein Sachverhalt nach der besonderen Bestimmung vor - die Beschwerdeführerin war ursächlich an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt, und zwar, weil sie einen in der Fahrbahnmitte auf einer Schutzinsel angebrachten Beleuchtungskörper beschädigt bzw. umgefahren hat -, dann ist nur nach dem besonderen Tatbestand zu bestrafen.
Durch die Anführung des § 4 Abs. 5 StVO im Spruch hat die belangte Behörde daher gegen § 44a lit. b VStG 1950 verstoßen und den angefochtenen Bescheid auch zu dieser Verwaltungsübertretung mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
4. Der angefochtene Bescheid war sohin hinsichtlich aller, der Beschwerdeführerin angelasteten Verwaltungsübertretungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Hinsichtlich der zitierten nicht in der Sammlung veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Umsatzsteuer konnte nicht zugesprochen werden, weil diese im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist. Für die Stellungnahme der Beschwerdeführerin auf Grund der Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des § 41 VwGG gebührt ebenfalls kein Kostenersatz, weil § 48 Abs. 1 VwGG eine Erstattung des Schriftsatzaufwandes nur für die Einbringung der Beschwerde vorsieht und daher für eine vom Verwaltungsgerichtshof im Sinne des § 41 VwGG verlangte Parteienäußerung ein zusätzlicher Ersatz des Schriftsatzaufwandes nicht gebührt (vgl. den hg. Beschluß vom 23. Oktober 1968, Slg. N. F. Nr. 7428/A).
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