VwGH 81/08/0185

VwGH81/08/018523.10.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des Dr. AR in W, vertreten durch Dr. Hans G. Mondel, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 11. Juni 1981, Zl. 120.140/5‑6/1981, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien X, Wienerbergstraße 15‑19; 2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeist‑Straße 1; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in Wien XX, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4
ASVG §4 Abs2
AVG §59 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1981080185.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. August 1979 bis 2. März 1981 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 25. Mai 1979 stellte die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse fest, daß der Beschwerdeführer ab 1. April 1979 zur R Gesellschaft m.b.H. in keinem die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe; die darauf bezughabende Anmeldung wurde abgelehnt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die genannte Ges.m.b.H. sei mit Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1978 gegründet und am 4. Dezember 1978 beim Handelsgericht Wien protokolliert worden. Am Stammkapital seien der Beschwerdeführer mit 4 %, seine Gattin E mit 20 %, seine Töchter RA und BR mit je 20 % sowie Dr. HI mit 36 % beteiligt. Der letztgenannte Gesellschafter arbeite im Betrieb nicht mit, alle übrigen Gesellschafter seien im Unternehmen tätig. Der Beschwerdeführer sei alleiniger Geschäftsführer. Betriebsgegenstand sei das Transportgewerbe sowie der Groß- und Kleinhandel mit Betriebsstoffen und Heizmaterial sowie die Pachtung von und die Beteiligung an Unternehmen gleichen oder ähnlichen Unternehmenszweckes. Am gleichen Standort befinde sich die AR & Söhne Kommanditgesellschaft, deren Komplementär der Beschwerdeführer sei. Betriebsgegenstand sei das Transport-, Speditions- und Lagerhausgewerbe. Der Beschwerdeführer arbeite für beide Gesellschaften. Eine zeitliche Trennung seiner Tätigkeiten für die KG oder die Ges.m.b.H. sei nicht möglich. In Ausübung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. sei der Beschwerdeführer an keinerlei Weisungen gebunden, er habe völlige Entscheidungsfreiheit.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch.

1.2. Mit Bescheid vom 9. Dezember 1980 wies der Landeshauptmann von Wien diesen Einspruch ab und stellte fest, daß der Beschwerdeführer zur R Ges.M.b.H. ab 1. April 1979 in keinem die Vollversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Beschwerdeführer sei nach seiner eigenen, am 3. Mai 1979 zu Protokoll gegebenen Aussage in Ausübung seiner Tätigkeiten als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. an keinerlei Weisungen gebunden, er treffe seine Entscheidungen völlig frei und allein und sei nur der Generalversammlung gegenüber verantwortlich. Die Tatsache, daß Dr. I keinen wie immer gearteten Einfluß auf die Führung und Leitung des Unternehmens ausübe, sei von allen Gesellschaftern bestätigt worden. Weiters hätten alle fünf Gesellschafter übereinstimmend ausgesagt, daß die im Betrieb beschäftigten Gesellschafterinnen ER, BR und RA an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden seien; sie selbst nähmen keinen Einfluß auf die Führung und Leitung des Betriebes. Somit könne der Beschwerdeführer nicht als Dienstnehmer angesehen werden. Er nehme ohne Rücksicht auf die Höhe seiner Beteiligung am Stammkapital der Ges.m.b.H. in so hohem Maße Einfluß auf die Führung des Betriebes, daß seine Position in keiner Weise der eines selbständigen Unternehmers nachstehe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und focht den Bescheid „seinem gesamten Inhalte nach an“. Gleichzeitig legte er ein notariell beglaubigtes Protokoll über eine am 1. August 1979 abgehaltene außerordentliche Generalversammlung der Ges.m.b.H. vor, in der unter anderem das Recht der Mehrheit der Gesellschafter festgelegt wurde, dem Geschäftsführer Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit auch im Rahmen des ordentlichen Geschäftsbetriebes zu erteilen, und in der ferner beschlossen wurde, dem Beschwerdeführer unter Erteilung der Entlastung als Geschäftsführer abzuberufen und Frau A zur selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführerin zu bestellen. Die Bestellung sei im Handelsregister durchgeführt. Der Beschwerdeführer sei daher ein „ganz gewöhnlicher Angestellter“, der keinerlei Einfluß auf die Geschäftsführung des Unternehmens habe. Es werde daher der Berufungsantrag gestellt, den Einspruchsbescheid dahin gehend abzuändern, es werde festgestellt, daß der Beschwerdeführer ab 1. August 1979 zur Ges.m.b.H. in einem die Vollversicherungs- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe.

1.3. Mit Bescheid vom 11. Juni 1981 gab der Bundesminister für soziale Verwaltung der Berufung hinsichtlich der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers nach dem ASVG und dem AlVG auf Grund dessen Tätigkeit für die R Ges.m.b.H. in der Zeit vom 1. April 1979 bis 2. März 1981 keine Folge und bestätigte den Einspruchsbescheid.

Der Begründung dieses Bescheides zufolge habe die Wiener Gebietskrankenkasse zu den Berufungsausführungen Stellung genommen (nach der Aktenlage: am 4. März 1981, bei der belangten Behörde eingelangt am 16. März 1981) und vorgebracht, es handle sich bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages um eine rechtliche Konstruktion, welche aus finanziellen Erwägungen vorgenommen worden sei. Über das Vermögen der sich am gleichen Standort wie die Ges.m.b.H. befindlichen Kommanditgesellschaft sei das Ausgleichsverfahren und am 9. Jänner 1980 der Anschlußkonkurs eröffnet worden. Dieser Umstand hätte auf die Höhe einer allfälligen GSVG-Pension für den Beschwerdeführer negative Auswirkungen, die durch eine ASVG-Versicherung in den letzten Jahren vor dem Pensionsanfall ausgeschlossen wären. Der Beschwerdeführer sei ab 1. August 1979 neuerlich als Angestellter mit einem monatlichen Gehalt von S 18.600,-- nach dem ASVG angemeldet worden. Es seien jedoch nach dem ASVG keine Beiträge für ihn zu entrichten. Der Beschwerdeführer sei außerdem noch immer bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zur Versicherung nach dem GSVG gemeldet; die Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG seien bis dato einbezahlt worden, Leistungen würden über Antrag jederzeit gewährt. Die mit Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1978 gegründete Ges.m.b.H. befinde sich am gleichen Betriebsort wie die KG AR & Söhne; der Gegenstand beider Unternehmungen sei der gleiche, auch das Personal sei im wesentlichen übernommen worden. Frau RA habe sich zum Zeitpunkt der Ummeldung von der Kommanditgesellschaft als Dienstgeber zur Ges.m.b.H. in der Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz befunden. Sie habe vom 24. Jänner 1979 bis 16. Mai 1979 Wochengeld und vom 17. Mai 1979 bis 20. März 1980 Karenzurlaubsgeld bezogen. Mitteilungen über eine Beschäftigung bzw. einen Verdienst oder Gewinnanteil habe sie dem Arbeitsamt nicht gemacht. Die Kasse vertrete die Auffassung, daß der Beschwerdeführer auch nach der Änderung des Gesellschaftsvertrages (vom 1. August 1979) nicht als Dienstnehmer der Ges.m.b.H. anzusehen sei.

Am 30. März 1981 (nach der Aktenlage richtig: am 10. März 1981) sei der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde erschienen und habe bekanntgegeben, daß er mit 1. August 1979 seine Geschäftsführerbefugnisse an seine Tochter RA übertragen habe. Bis Mitte 1980 sei er noch als „gewerbescheinrechtlicher“ Geschäftsführer der Ges.m.b.H. aufgetreten, dann seien auch diese Situation geändert und die Befugnisse zur Gänze auf seine Tochter übertragen worden. Seine Beteiligung an der Ges.m.b.H. sei mit 3. März 1981 gänzlich erloschen. Seine Anteile am Stammkapital habe seine Gattin übernommen. Seine Tätigkeit beschränke sich nunmehr auf den technischen Bereich des Unternehmens, wie auf die Ausrichtung der Fahrzeuge, Pumpen, Schläuche und Geräte. Er sei bis zur Übergabe an seine Tochter bemüht gewesen, diese nach Möglichkeit einzuschulen und auf die selbständige Tätigkeit vorzubereiten.

Der Landeshauptmann von Wien habe sich ‑ so heißt es im angefochtenen Bescheid weiter ‑ zutreffend auf die Angaben aller Gesellschafter in den Niederschriften vom 3. Mai 1979 gestützt, wonach der Beschwerdeführer bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 1. August 1979 weder hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit irgendwelchen Beschränkungen unterliege noch den Weisungen in bezug auf den Arbeitsplatz, die Arbeitsfolge und das Arbeitsverfahren erhalte und auch eine disziplinäre Verantwortlichkeit als Dienstnehmer nicht bestehe.

Ab dem Zeitpunkt der Änderung des Gesellschaftsvertrages am 1. August 1979, mit dem der Beschwerdeführer aus seiner Geschäftsführertätigkeit entlassen und seine Tochter RA zur Geschäftsführerin bestellt worden sei, bis zur vollständigen Abgabe aller Befugnisse und Übernahme seiner Anteile durch seine Gattin am 3. März 1981, habe der Beschwerdeführer, wie aus der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 10. März 1981 hervorgehe, seine Tochter eingeschult und auf die selbständige Tätigkeit vorbereitet. Seine Tochter sei bis zum 22. März 1980 auch im Karenzurlaub gewesen. Der Beschwerdeführer sei somit auch in diesem Zeitraum als Träger des wesentlichen Willens und der Dispositionen der Gesellschaft anzusehen. Er habe ungeachtet des Umstandes, daß er nicht mehr geschäftsführender Gesellschafter der Ges.m.b.H. gewesen sei, die gleiche führende Stellung im Betrieb beibehalten. Er sei daher als Manager einzustufen, der vermöge seiner dominierenden Stellung im Betrieb die Gestion der Firma bestimmt habe und so als Art Unternehmer tätig geworden sei, obwohl er im Hinblick auf die rechtliche Konstruktion der Unternehmung nicht deren Haupteigentümer gewesen sei.

Die Frage, ob durch die vollständige Übergabe des Betriebes an seine Tochter eine Änderung hinsichtlich des Nichtbestehens der Versicherungspflicht eingetreten sei, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt; die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet.

1.6. Unter anderem aus Anlaß dieses Beschwerdefalles hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B‑VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, den Wortlaut „Kranken-,“ im § 4 Abs. 1 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 1. Juli 1983, G 49/82 und Folgezahlen, hat der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge gegeben und die genannte Gesetzesbestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. In der Beschwerde wird ausgeführt, daß der Beschwerdeführer seine Beteiligung an der Ges.m.b.H. mit 3. März 1981 zurückgelegt und seine Anteile am Stammkapital auf seine Gattin übertragen habe. Die Berufungsbehörde hätte, da ihr die Änderung der Vertragslage bekannt gewesen sei, in der Berufungsentscheidung auf diese „dritte Phase“ eingehen müssen und zumindest ab 3. März 1981 die Sozialversicherungspflicht des Beschwerdeführers bejahen müssen.

2.1.2. Dieser Beschwerdevorwurf ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid hat den Versicherungszeitraum, über den abgesprochen werden sollte und auch abgesprochen wurde, datumsmäßig eindeutig mit der „Zeit vom 1. April 1979 bis 2. März 1981“ begrenzt. Eine solche im Spruch vorgenommene Beschränkung ist im Hinblick auf die Trennbarkeit der auf bestimmte Zeiträume abstellenden Absprüche über die Versicherungspflicht einer Person nicht unzulässig. Der angefochtene Bescheid ist somit nicht dadurch rechtswidrig, daß über Zeiträume, die nach dem 2. März 1981 liegen, (noch) nicht entschieden worden ist.

2.2.0. Was den Zeitraum vom 1. April 1979 bis 31. Juli 1979 („erste Phase“) betrifft, war der Beschwerdeführer geschäftsführender Gesellschafter mit einem Anteil von 4 % am Stammkapital der Gesellschaft.

2.2.1. In der Beschwerde wird dazu geltend gemacht, daß der Beschwerdeführer bei einer derartig geringen Beteiligung überhaupt keinen Einfluß auf die Gestion der Ges.m.b.H. gehabt habe und von ihr wirtschaftlich völlig abhängig gewesen sei. Wesentliches Merkmal des selbständig Erwerbstätigen sei die Tatsache, daß er die Tätigkeit nicht selbst verrichten müsse, sondern sie durch Bevollmächtigte, Familienangehörige oder Arbeitnehmer verrichten lassen könne. Im Beschwerdefall träfen jedoch diese Kriterien der selbständigen Erwerbstätigkeit auf den Beschwerdeführer nicht zu. Dieser müsse seine Tätigkeit selbst ausüben und könne sich nicht vertreten lassen.

2.2.2. Die belangte Behörde hat ihre Beurteilung, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 1979 („erste Phase“) in keinem Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Ges.m.b.H. gestanden sei, auf die Sachverhaltsfeststellungen der Einspruchsbehörde (aus denen heraus diese zur selben rechtlichen Schlußfolgerung gelangt war) gestützt. Diese laufen darauf hinaus, daß der Beschwerdeführer, der zwar über keine Sperrminorität verfügte, sich dennoch einer Fremdbestimmung bei Ausübung seiner Beschäftigung entziehen konnte, da er mehr Rechte für sich in Anspruch nahm, als ihm - behauptetermaßen - nach der Vertragslage zugekommen wären (vgl. zu den Prüfungskriterien der Dienstnehmereigenschaft eines geschäftsführenden Gesellschafters z.B. die hg. Erkenntnisse vom 20. März 1981, Zl. 3385/79 = ZfVB 1982/4/1334, vom 18. Dezember 1981, Zl. 3241/79 = ZfVB 1983/1/195, sowie vom 16. Oktober 1986, Zl. 81/08/0125). Der Beschwerdeführer habe somit seine Geschäftsführertätigkeit nach Ansicht der belangten Behörde frei von Weisungen in persönlicher Unabhängigkeit entfaltet.

Der Beschwerdeführer hat nun zwar den Bescheid des Landeshauptmannes vom 9. Dezember 1980 seinem gesamten Inhalt nach bekämpft ‑ also auch hinsichtlich der „ersten Phase“ ‑, ist aber weder den zitierten Sachverhaltsfeststellungen noch den daraus gezogenen Schlüssen, soweit diese die „erste Phase“ betreffen, entgegengetreten. Er hat sich vielmehr ausschließlich auf die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen laut Protokoll über die außerordentliche Generalversammlung vom 1. August 1979 berufen und dementsprechend seinen Berufungsantrag gestellt, es möge in Abänderung des Einspruchsbescheides festgestellt werden, daß der Beschwerdeführer ab 1. August 1979 in einem die Vollversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Ges.m.b.H. stehe.

Da somit die Feststellungen des Landeshauptmannes hinsichtlich der „ersten Phase“ im Berufungsverfahren nicht bekämpft worden waren und eine Nachholung in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr in Betracht kommt, erweist sich der diesbezügliche Abspruch im angefochtenen Bescheid nicht mit der ihm zum Vorwurf gemachten Rechtswidrigkeit belastet.

2.3.0. Schließlich war die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. August 1979 bis 2. März 1981 („zweite Phase“) zu prüfen, in der der Beschwerdeführer mit 4 % am Stammkapital Anteil hatte, aber nicht mehr Geschäftsführer war.

2.3.1. In der Beschwerde wird gerügt, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Stellungnahme der Wiener Gebietskrankenkasse vom 4. März 1981 (siehe oben Punkt 1.3.) dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, wodurch die belangte Behörde dessen Recht auf Parteiengehör verletzt habe. Ferner könne die Einschulung des neuen Geschäftsführers durch den Beschwerdeführer nicht dafür herangezogen werden, daß dieser in Wahrheit weiterhin Geschäftsführer sei. Auch ende eine Einschulung einmal und dauere nicht unbegrenzt an. Der Beschwerdeführer sei durch die Löschung seiner Geschäftsführerbefugnis schon rein rechtlich nicht mehr für die Ges.m.b.H. dispositionsbefugt. Auch tatsächlich sei der Beschwerdeführer ab seiner Abberufung nicht mehr als Unternehmer tätig geworden. Seine Tätigkeit beschränke sich nunmehr auf den technischen Bereich des Unternehmens.

2.3.2. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung der Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundenen (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1976, Zl. 415/75 = ZfVB 1976/4/856, (zum IESG) vom 20. Mai 1980, Slg. N. F. Nr. 10.140/A = ZfVB 1981/3/886, sowie vom 13. September 1985, Zl. 84/08/0016 = ZfVB 1986/5).

2.3.3. Die belangte Behörde gelangt nun für die „zweite Phase“, in welcher der Beschwerdeführer unbestritten Gesellschafter mit einem 4 %igen Stammkapitalanteil, jedoch nicht mehr Geschäftsführer der Ges.m.b.H. war, zum Ergebnis, daß er ab 1. August 1979 ungeachtet dieses Umstandes die gleiche führende Stellung im Betrieb beibehalten habe und daher als Manager einzustufen sei, der vermöge seiner dominierenden Stellung im Betrieb die Gestion der Firma bestimmt habe und so als Art Unternehmer tätig geworden sei.

Der Bundesminister stützt sich dabei zum einen auf die Aussage des Beschwerdeführers vom 10. März 1981, in der dieser angegeben habe, er habe seine Tochter bis zur vollständigen Abgabe aller Befugnisse und Übernahme seiner Anteile durch seine Gattin am 3. März 1981 eingeschult und auf die selbständige Tätigkeit vorbereitet. Diese Sachverhaltsannahme ist aktenwidrig, da der Beschwerdeführer angegeben hat, bis zur Übergabe an seine Tochter sei er bemüht gewesen, diese nach Möglichkeit einzuschulen und auf die selbständige Tätigkeit vorzubereiten. Die Übergabe der gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführerbefugnisse erfolgte aber überhaupt bereits zum 1. August 1979, die der gewerberechtlichen Geschäftsführerbefugnisse Mitte 1980. Es kann daher die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde über die während der gesamten „zweiten Phase“ fortdauernde Einschulung der neuen Geschäftsführerin nicht auf die bezogene Aussage des Beschwerdeführers gestützt werden. Dazu kommt aber noch in rechtlicher Hinsicht, daß weder eine Einschulung und Beratungstätigkeit der erwähnten Art noch der Umstand, daß der Beschwerdeführer noch bis Mitte 1980 gewerberechtlicher Geschäftsführer geblieben war und seine Tochter allenfalls auch in diese Belange eingeschult hat, von vornherein gegen die Annahme der Dienstnehmereigenschaft des Beschwerdeführers sprechen.

Zum anderen ist für die Feststellung des Gesamtbildes der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in bezug auf die Beschäftigung des Beschwerdeführers nach der Begründung des angefochtenen Bescheides entscheidend, daß sich seine Tochter RA bis zum 22. März 1980 im Karenzurlaub befunden habe. Unter anderem auch aus diesem Umstand heraus wird geschlossen, daß der Beschwerdeführer als Träger des wesentlichen Willens und der Dispositionen der Gesellschaft anzusehen sei. Diese Sachverhaltsannahme stützt sich nun auf die Stellungnahme der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 4. März 1981, eingelangt beim Bundesministerium am 16. März 1981, also nach der Einvernahme des Beschwerdeführers vom 10. März. Dieser Schriftsatz wurde dem Beschwerdeführer entgegen den §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG 1950 nicht zur Kenntnis gebracht. Dennoch vermöchte die diesbezügliche Verfahrensrüge des Beschwerdeführers allein der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da der Beschwerdeführer entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1966, Zl. 15/66, und andere bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, 473, nachgewiesene Entscheidungen) in keiner Weise die Relevanz dieses Verfahrensfehlers dargetan und nicht ausgeführt hat, was er vorgebracht hätte, wenn ihm das Parteiengehör nicht verwehrt worden wäre. Ungeachtet dessen vermag allerdings auch dieses von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene Sachverhaltselement ihre rechtliche Schlußfolgerung nicht zu stützen, und zwar jedenfalls nicht für den gesamten Zeitraum der „zweiten Phase“.

Aus den dargelegten Gründen ist es der belangten Behörde somit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht gelungen, ausreichend zu begründen, warum sie für die „zweite Phase“ zur Annahme einer bloßen rechtlichen Scheinkonstruktion bei Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 1. August 1979 gelangte; im besonderen unterließ sie es, im einzelnen die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit unterscheidungskräftigen Merkmale zu prüfen.

2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, soweit er den Zeitraum vom 1. August 1979 bis 2. März 1981 („zweite Phase“) betrifft, mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war in diesem zeitlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Im übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die im Beschwerdeschriftsatz enthaltene Beschwerde zuZl. 81/08/0121 und die vorliegende Beschwerde zu Zl. 81/08/0185, die zu verschiedenen Prozeßergebnissen führten, waren hinsichtlich der Aufwandersatzpflicht gesondert zu betrachten (vgl. den zu § 53 VwGG ergangenen Beschluß eines verstärkten Senates vom 18. September 1967, Slg. N. F. Nr. 7175/A). Stempelgebührenersatz war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG nicht zuzusprechen.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 23. Oktober 1986

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