Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1 impl;
AVG §66 Abs4;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1 impl;
AVG §66 Abs4;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Wien fällte unter dem Datum des 14. Jänner 1980 (richtig wohl 1981) ein Straferkenntnis, in dem sie die als erwiesen angenommenen Taten wie folgt umschrieb:
"Der Beschuldigte GF hat am 23. 6. 1980 um 11.30 Uhr in W., Ngasse, den LKW N nn.nnn gelenkt und ist dabei an den vor den Häusern 14 und 16 abgestellten Pkw W nnn.nn1, W nnn.nn2 und W nn.nnn3 1.) ohne entsprechenden Seitenabstand vorbeigefahren, hat dadurch 2.) Verkehrsunfälle mit Sachschaden verursacht (Abbrechen bzw. Beschädigen der Rückblickspiegel) und es unterlassen sofort anzuhalten und 3.) hievon ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen."
Die genannte Behörde unterstellte diese Tatbestände den Bestimmungen der §§ 17 Abs. 1, 4 Abs. 1 lit.a und 4 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) und verhängte zu der erstgenannten verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 99 Abs. 3 lit. a eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 30 Stunden), zur zweitgenannten Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 2 lit. a eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 60 Stunden) und zur drittgenannten Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Gelstrafe von S 4.000,-- (Ersatzarreststrafe sechs Tage). In der Begründung heißt es, der festgestellte Sachverhalt gründe sich auf die Aussage des Zeugen X und auf die durchgeführte Gegenüberstellung der unfallbeteiligten Fahrzeuge. Der Beschwerdeführer habe zwar die Begehung der Tat bestritten, doch folge die Behörde der widerspruchsfreien Aussage des Zeugen X.
Es folgen Erwägungen zur Strafbemessung.
Der Beschwerdeführer bekämpfte dieses Straferkenntnis zur Gänze mit Berufung und beharrte darin auf seinem schon in erster Instanz eingenommenen Standpunkt, er sei mit seinem Fahrzeug gar nicht an den drei beschädigten Fahrzeugen vorbeigefahren.
Die Berufungsbehörde veranlasste die Vernehmung eines weiteren Zeugen; dem Beschwerdeführer wurde Parteiengehör gewährt, er nahm schriftlich Stellung.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 1981 klärte die Berufungsbehörde zunächst im so genannten Vorspruch, dass Gegenstand ihrer Entscheidung das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. Jänner 1980, richtig 1981, sei. Das erstinstanzliche Straferkenntnis werde im Punkt 3) in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, dass die Datumschreibung wie folgt zu ergänzen sei: "obwohl es zu keinem gegenseitigen Nachweis der Identität kam". Als primäre Übertretungs- und Strafsanktionsnorm sei § 4 Abs. 5 in Verbindung mit § 99 Abs, 3 lit. b StVO zu "setzen". Die verhängte Geldstrafe wurde auf S 2.000,--, die Ersatzarreststrafe auf drei Tage herabgesetzt. Im Punkte 1) und 2) werde das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsstrafverfahrens ausgeführt, schon die Verantwortung des Beschwerdeführers dahin, er habe wegen der Einbahnregelung in der N-gasse nicht vom Hause Nr. 26 zum Hause Nr. 16 fahren können, sei unschlüssig, weil der Beschwerdeführer gar nicht auf dieser Route gefahren sein müsse; von der B-gasse kommend könne man auch durch die G-gasse, die gegenüber den Häusern N-gasse 4 und 6 einmünde, zum vom Beschwerdeführer behaupteten "Anhaltepunkt" Ngasse 26 gelangen. Nach den Aussagen der Zeugen K und X seien diese sofort, nachdem Kollisionsgeräusche zu vernehmen waren, auf die Straße geeilt und hätten außer den beschädigten Rückspiegeln nur noch den Lastkraftwagen des Beschwerdeführers am rechten Fahrbahnrand in kurzer Entfernung in zweiter Spur stehen sehen. Auf Grund der übereinstimmenden Kratz- und Lackspuren sei nur der Beschwerdeführer als Verursacher der Beschädigungen in Betracht gekommen. Die Zeugenaussagen seien detailliert und glaubhaft, zumal auch eine Gegenüberstellung in Anwesenheit des Beschwerdeführers stattgefunden habe, welche die Richtigkeit der Zeugenaussage bestätigt habe. Die Zeugen hätten keinen Grund, eine ihnen unbekannte Person wahrheitswidrig zu belasten. Der Einwand des Beschwerdeführers, die festgestellten Beschädigungen müssten von einem anderen Fahrzeug herrühren, sei nicht glaubhaft, denn bei gegebener Verkehrslage (Halten in zweiter Spur) hätten alle nachkommenden Fahrzeuge zwangsläufig schon vorher nach links auf den dritten Fahrstreifen ausweichen müssen, sie wären daher als Verursacher der Beschädigungen nicht in Betracht gekommen. Aus diesen Gründen erachte die Berufungsbehörde die Begehung der dem Beschwerdeführer unter Punkt 3) angelasteten Tat als erwiesen. Hingegen sei das Verfahren hinsichtlich der Punkte 1) und 2) einzustellen gewesen, weil es bei diesen an einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gemangelt habe. Die Änderung im bestätigenden Spruchteil habe der genaueren Tatumschreibung und der Anpassung an den Straftatbestand gedient bzw. der richtigen Zitierung der heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen. Hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit der Beschädigungen durch den Beschwerdeführer werde auf die Zeugenaussage X verwiesen, nach welcher das Kontaktgeräusch selbst im Gasthaus zu hören gewesen sei; umso mehr hätte dies auch der Beschwerdeführer wahrnehmen müssen. Es folgen Erwägungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid im bestätigenden Teil wendet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur allgemeinen Rüge des Beschwerdeführers, ein bestätigender Berufungsbescheid in Strafsachen müsse den in § 44 a VStG 1950 umschriebenen Inhalt haben, kann auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Es gibt keine Vorschrift, wonach die Berufungsbehörde den Spruch des Bescheides erster Instanz wiederholen muss. Durch den Abspruch, dass einer Berufung nicht Folge gegeben bzw. das mit Berufung angefochtene erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wird, bringt die Berufungsbehörde klar zum Ausdruck, dass sie den Bescheidspruch der ersten Instanz zu ihrer Entscheidung erhebt. Entspricht daher der Spruch des Erkenntnisses der ersten Instanz der Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950, wurde also in ihm die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat hinreichend konkretisiert, so bedarf es keiner Wiederholung dieses Abspruches im Spruche des Berufungsbescheides. Nur wenn der Bescheidspruch erster Instanz fehlerhaft ist, ist die Berufungsbehörde verpflichtet, dies in ihrem Abspruch entsprechend richtig zu stellen, ansonsten sie ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. (Vgl. Erkenntnisse vom 13. Jänner 1982, 81/03/0219, vom 15. Jänner 1982, Zl. 81/02/0296 u.a..)
Der auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles abgestellten Rechtsrüge ist folgendes zu erwidern:
Keine Verfahrensvorschrift schreibt den Behörden vor, trennbare Spruchteile nach Ziffern durchzunummerieren. Werden solche Ziffern - im vorliegenden Fall die arabischen Ziffern 1) bis 3) - verwendet, so dient dies in der Regel nur der leichteren Lesbarkeit des Spruches, insbesondere aber der Herstellung des Zusammenhanges zwischen der einzelnen als erwiesen angenommenen Tat (§ 44 a lit. a VStG 1950) und der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44 a lit. b VStG 1950).
Aus dem Spruch des Berufungsbescheides ist mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen, dass der Berufung nur insoweit Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde, als die Tatumschreibung den Deliktstypen nach § 17 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 lit. a StVO entspricht; somit entfiele der Vorwurf, am Tatort zur Tatzeit an drei bestimmten Pkws ohne entsprechenden Seitenabstand vorbeigefahren zu sein, und der weitere Vorwurf, trotz Verursachung eines Sachschadens nicht sofort angehalten zu haben. Aufrecht blieb der Tatvorwurf, zur Tatzeit am Tatort an drei bestimmten Pkws Sachschaden verursacht zu haben. (Abbrechen bzw. Beschädigen der Rückblickspiegel) und hievon die nächste Polizeidienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt zu haben, wobei die Berufungsbehörde noch hinzufügte, "obwohl es zu keinem gegenseitigen Nachweis der Identität kam".
Es ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig klargestellt, welche Teile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde aufrecht erhalten wurden. Die Berufungsbehörde hat nämlich nicht ausgesprochen, dass bestimmte Wörter, Satzteile oder Sätze an dem erstinstanzlichen Spruch zu entfallen haben.
Somit erweist sich die Rechtsrüge als nicht begründet.
Zur Verfahrensrüge ist folgendes zu sagen:
Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) hat nur zur Folge, dass, sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese Regelung schließt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht aus in der Richtung, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. (Vgl. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A). Die Ausführungen der Beschwerde über die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften laufen im wesentlichen darauf hinaus, die Behörden hätten bei der bestehenden Beweislage mit einer Einstellung des Strafverfahrens vorgehen müssen. Damit verkennt die Beschwerde das Wesen der freien Beweiswürdigung und die Grenzen der gegenüber dieser freien Beweiswürdigung möglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Im vorliegenden Fall ist nämlich die von den Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens vorgenommene Beweiswürdigung durchaus schlüssig und in sich widerspruchsfrei. Ob die Beweiswürdigung aber nun richtig in dem Sinn ist, dass die Version der beiden Zeugen und nicht die Version des Beschwerdeführers den Tatsachen entspricht, ist eine solche Frage der Beweiswürdigung, die der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuprüfen vermag. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es auf Grund seiner Organisationsnormen verwehrt, in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die von den Behörden vorgenommene Beweiswürdigung durch Wiederholung der Beweise daraufhin zu prüfen, ob nicht auch der gegenteilige Schluss möglich gewesen wäre. (Vgl. die Erkenntnisse vom 12. November 1980, Zl. 1705/80, vom 11. Februar 1980, Zl. 1557/80, vom 25. Februar 1981, Zl. 03/3137/80).
Welche bestimmten Verfahrensvorschriften die belangte Behörde außer acht gelassen haben soll, tut der Beschwerdeführer, wenn er rügt, die Behörde sei ihrer amtswegigen Aufklärungspflicht nicht voll nachgekommen, nicht dar. Im Verwaltungsstrafverfahren wurde vom Beschwerdeführer die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht beantragt; es ist keineswegs offenkundig, dass es zu den von den Behörden - insbesondere bei der "Gegenüberstellung sämtlicher Kraftfahrzeuge" - gezogenen Schlüssen eines besonderen, nur einem Sachverständigen zur Verfügung stehenden Wissens bedurft hätte.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behaupteten Rechtswidrigkeiten des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 18. November 1983
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