VwGH 2013/15/0148

VwGH2013/15/014816.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde des Ing. B S in F, vertreten durch Dr. Helmut Fetz, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 12. November 2012, Zl. RV/0281-G/10, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art25;
BewG 1955 §1 Abs2;
BewG 1955 §30;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §1 Abs4;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §13 Abs1;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §13 Abs2;
EStG §21 Abs1 Z2;
EStG §30;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs3;
EStG §4 Abs4;
EStG §4;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art25;
BewG 1955 §1 Abs2;
BewG 1955 §30;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §1 Abs4;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §13 Abs1;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 2005/II/258 §13 Abs2;
EStG §21 Abs1 Z2;
EStG §30;
EStG §4 Abs1;
EStG §4 Abs3;
EStG §4 Abs4;
EStG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führt einen Tierzuchtbetrieb und ermittelt seinen Gewinn durch "Vollpauschalierung" aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (in der Folge: LuF PauschVO 2006). Für das Jahr 2007 erklärte er, keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben.

Im Zuge von Ermittlungen stellte das Finanzamt fest, dass dem Beschwerdeführer anlässlich einer Umschuldung von Darlehen im Jahr 2007 ein Schulderlass in Höhe von 427.477,87 EUR gewährt worden sei. Laut Beschwerdeführer habe es sich dabei um Bankschulden gehandelt, die größtenteils in den Jahren 2000 und 2001 entstanden seien. Der private Anteil an den Schulden sei auf ein Drittel zu schätzen. Eine exakte Schätzung sei nicht möglich, weil die Privatentnahmen in den betreffenden Jahren stark geschwankt hätten. Eine schriftliche Vereinbarung mit der Bank läge nicht vor.

Das Finanzamt vertrat bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahre 2007 die Ansicht, der betriebliche Teil der nachgelassenen Darlehensschuld sei neben den pauschal ermittelten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gesondert als Betriebseinnahme zu erfassen. Begründend führte das Finanzamt aus, gemäß § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 unterlägen nur regelmäßig in den Betrieben anfallende Rechtsgeschäfte der pauschalen Gewinnermittlung. Ein Schuldnachlass sei kein regelmäßiges Rechtsgeschäft im Sinn dieser Bestimmung.

Dem hielt der Beschwerdeführer in seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung entgegen, dass der Schulderlass nicht der Einkommensteuer unterliege, weil für den Tierzuchtbetrieb des Beschwerdeführers gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 der Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebsbegriff des § 30 Abs. 3 bis 7 BewG 1955 maßgeblich sei. Daraus folge, dass jene Wirtschaftsgüter, welche gemäß § 30 Abs. 2 BewG 1955 nicht zum landwirtschaftlichen Vermögen gehörten, auch für die Zwecke der Einkommensteuer kein Betriebsvermögen darstellten. Da nach § 30 Abs. 2 Z 2 und 3 BewG 1955 sowohl Zahlungsmittel, Wertpapiere und Geldforderungen als auch Geldschulden nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebs gälten, ergebe sich, dass der gesamte Finanzbereich eines Landwirts keinen Einfluss auf den Einheitswert habe. Das EStG habe sich dieses bewertungsrechtliche Konzept aus freien Stücken zu Eigen gemacht, weshalb dieser Bereich für die Zwecke der Einkommensteuer als Betriebsvermögen ebenfalls nicht heranzuziehen sei. Bei der Anwendung der LuF PauschVO 2006 werde ebenfalls auf den Einheitswert abgestellt, der den gesamten Finanzbereich nicht umfasse. Da die Verordnung nicht über das Gesetz hinausgehen könne und dürfe, sei auch diese daran gebunden. Somit gehörten Geldforderungen und -schulden nicht zum Betriebsvermögen betreffend Einkünfte iSd § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988.

Zudem habe der Verordnungsgeber durch die Wortfolge " regelmäßige Rechtsgeschäfte und Vorgänge" in § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 Unklarheit geschaffen und auch der Hinweis auf Art. 25 der 6. MwSt-Richtlinie könne daran nichts ändern. Diese Bestimmung entspreche nicht der vom Verfassungsgerichtshof in seiner "Denksport"-Judikatur näher geforderten Tatbestandsklarheit, da weder erkennbar sei, ob bei dieser Regelung auf durchschnittliche Verhältnisse abgestellt werde, noch ob die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Es sei überdies unklar, welche Vorgänge überhaupt in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen könnten: Das gesamte Anlagevermögen scheide wegen seiner langfristigen Widmung aus, der gesamte Finanzbereich aus Rechtsgründen.

Ergänzend brachte der Beschwerdeführer in einem Schreiben vom 11. März 2010 vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs seien Verweise auf andere gesetzliche Bestimmungen stets formale Verweise. Dadurch sei klargestellt, dass § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1998 den Begriff des Tierzuchtbetriebes von § 30 Abs. 3 bis 7 BewG 1955 unverändert übernehme. Folglich gehöre, was nach § 30 Abs. 1 und 2 BewG 1955 nicht Teil des landwirtschaftlichen Vermögens sei, auch für Zwecke der Einkommensteuer nicht zum Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.

Das Finanzamt legte die Berufung - ohne die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - der belangten Behörde zur Entscheidung vor.

In einem weiteren Schreiben sowie in der mündlichen Verhandlung erläuterte der Beschwerdeführer, der mittels Durchschnittssatzes vom maßgeblichen Einheitswert zu berechnende Grundbetrag sei eine Zwischengröße, die durch Zu- und Abschläge noch verändert werden könne. Dazu zählten gemäß § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 auch Einkünfte aus gemäß §§ 30 Abs. 2 Z 6 und 11 Abs. 4 BewG nicht bei der Bildung des Einheitswerts zu berücksichtigenden Wirtschaftsgüter. Daraus sei abzuleiten, dass Einkünfte aus anderen, nicht zum Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehörenden Wirtschaftsgütern unberücksichtigt blieben. Der Sanierungsgewinn, um den es gehe, betreffe den Wegfall einer Geldschuld, die vom Einheitswert nicht erfasst und in § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 unerwähnt sei. Dieses Ergebnis sei sachgerecht, da diese Einnahme auch dann unversteuert zu bleiben hätte, wenn der Beschwerdeführer seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach den allgemeinen Gewinnermittlungsregeln ermittelt hätte, da ihm in diesem Fall § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zugutekäme. Einkünfte, die nach den allgemeinen Grundsätzen unberücksichtigt zu bleiben hätten, dürften auch (oder gerade) bei der vereinfachten Gewinnermittlung durch Pauschalierung nicht steuerpflichtig werden. Wenn der Schuldnachlass im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft doch zu berücksichtigen wäre, hätten auch die Kreditzinsen als Ausgaben bei der Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt werden müssen. Diese Kreditzinsen seien jedoch nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht worden, weil der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, dass Geldvermögen im Rahmen der pauschalierten Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in einigen nicht beschwerdegegenständlichen Punkten statt. In einem anderen Punkt sowie in der Frage der Steuerpflicht des Schulderlasses wurde der Berufung hingegen keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei zutreffend, dass gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 und 2 BewG 1955 Zahlungsmittel, Geldforderungen und Wertpapiere sowie Geldschulden im Bereich des Bewertungsgesetzes nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes gelten. Es sei jedoch nicht zutreffend, dass diese Regelung auch für den Bereich der Einkommensteuer gelte. Gemäß § 1 Abs. 1 BewG 1955 gälten nur die Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes 1955 (§§ 2 bis 17) für die "bundesrechtlich geregelten Abgaben", somit auch für den Bereich der Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Die Bestimmungen des zweiten Teils des BewG 1955, zu denen § 30 gehöre, gälten gemäß § 1 Abs. 2 BewG 1955 weder für den Bereich der Einkommensteuer noch für den Bereich der Umsatzsteuer, außer diese Gesetze enthielten einen Verweis auf das BewG 1955. Der zweite Teil des BewG 1955 sei auf die Bedürfnisse der Realsteuern zugeschnitten. Zwar enthalte § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 einen Verweis auf das BewG 1955. Dieser Verweis beziehe sich jedoch nur auf § 30 Abs. 3 bis 7 BewG 1955 und betreffe somit die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zucht oder das Halten von Tieren als landwirtschaftlicher Betrieb gelte. Es gebe hingegen keinen Hinweis auf § 30 Abs. 2 BewG 1955. Durch den Verweis werde die Zugehörigkeit von Geldforderungen bzw. -schulden zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen für den Bereich der Einkommensteuer nicht ausgeschlossen.

Die bewertungsrechtliche Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum landwirtschaftlichen Vermögen sei für die Gewinnermittlung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes durch Pauschalierung nur insoweit relevant, als dessen Einheitswert die Bemessungsgrundlage für die Durchschnittssätze bilde. Es bedeute jedoch nicht, dass der Begriff des landwirtschaftlichen Vermögens des Bewertungsgesetzes mit dem Begriff des Betriebsvermögens eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Bereich des Einkommensteuerrechts übereinstimme. Dieser bestimme sich nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts.

Zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt seien und ihm auch tatsächlich dienten. Zu den Betriebseinnahmen gehörten neben Einnahmen aus den Grundgeschäften auch die Einnahmen aus Hilfsgeschäften. Dazu zählten auch Zinsen aus betrieblichen Forderungen und der Wegfall einer Betriebsschuld, soweit dafür nicht private Gründe vorlägen.

Gemäß § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 würden bei der (vereinfachten) Gewinnermittlung durch diese Verordnung nur die regelmäßig in den Betrieben anfallenden Rechtsgeschäfte und Vorgänge pauschal berücksichtigt, die auch von Art. 25 der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1977, Nr. 77/388/EWG, Abl. Nr. L 145, in der jeweils gültigen Fassung, erfasst seien. Beim Schuldnachlass einer Bank handle es sich um kein regelmäßiges Rechtsgeschäft.

Zutreffend sei, dass in § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 Einkünfte aus gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 und 2 BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgütern (Zahlungsmittel, Geldforderungen, Wertpapiere und Geldschulden) nicht genannt seien. Es sei jedoch unzulässig, daraus bereits den Schluss zu ziehen, dass der gegenständliche Schuldnachlass den pauschal ermittelten Einkünften des Beschwerdeführers aus Land- und Forstwirtschaft nicht hinzuzurechnen sei. Diese Argumentation negiere, dass gemäß § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 die sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 oder 8 bis 12 ergebende Zwischensumme nicht nur um Einkünfte aus gemäß §§ 30 Abs. 2 Z 6 und 11 Abs. 4 des BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgütern, sondern auch um Einkünfte aus gemäß § 1 Abs. 4 und 5 nicht erfassten Vorgängen zu erhöhen sei, sofern diese Einkünfte nicht gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 als endbesteuert behandelt würden. Da es sich dabei um kein regelmäßiges Rechtsgeschäft handle, habe der dem Beschwerdeführer gewährte Schuldnachlass zu Einkünften aus einem gemäß § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 bei der pauschalen Gewinnermittlung nicht erfassten Vorgang geführt. Diese Einkünfte seien daher gemäß § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 den pauschal ermittelten Einkünften des Beschwerdeführers hinzuzurechnen. Dass es sich dabei um Erträge aus Geldvermögen handle, hindere die Zurechnung nicht, weil auch Geldvermögen Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens sein könne und Erträge aus Geldvermögen daher bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder durch Betriebsvermögensvergleich den Gewinn erhöhten. Es sei daher sachgerecht, dass diese Erträge auch bei der pauschalen Gewinnermittlung Berücksichtigung fänden. Dafür spreche auch, dass gemäß § 13 Abs. 2 LuF PauschVO 2006 Geldschulden den pauschal ermittelten Betrag mindern könnten, soweit ihre Berücksichtigung nicht zu einem Verlust führe.

Der gewährte Schuldnachlass sei im Ausmaß seines betrieblichen Anteils daher dem durch Pauschalierung ermittelten Gewinn des Beschwerdeführers aus Land- und Forstwirtschaft hinzuzurechnen. Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde auch verfassungswidrige Normen bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof zu vollziehen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 21. Februar 2013, B 10/13-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Steuerfreiheit des Kreditverzichts verletzt.

Der Beschwerdeführer bringt vor, der Steuererlass hätte aus mindestens drei Gründen steuerfrei bleiben müssen. Erstens sei durch den Verweis in § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 auf bestimmte Absätze des § 30 BewG 1955 klargestellt, dass der gesamte Finanzierungsbereich bei einem Tierzuchtbetrieb bewertungsrechtlich und damit auch für Zwecke der Einkommensteuer unberücksichtigt bleibe. Zweites könnten Wirtschaftsgüter, die außerhalb des Betriebsvermögens lägen, auf Basis der LuF PauschVO 2006 nicht Teil desselben sein. Bei dem von der belangten Behörde an den Tag gelegten Verständnis gehe die VO über das Gesetz hinaus und sei solcherart gleichheitswidrig, sodass der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 und Art. 140 Abs. 1 B-VG einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung des § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 wegen Verfassungswidrigkeit stellen möge. Schließlich hätten drittens selbst bei Einkommensteuerpflicht des Schulderlasses die gesamten bisherigen Kreditzinsen und sonstigen Bankspesen (der betriebliche Anteil) gewinnmindernd berücksichtigt werden müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 21 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind:

(...)

2. Einkünfte aus Tierzucht- und Tierhaltungsbetrieben im Sinne des § 30 Abs. 3 bis 7 des Bewertungsgesetzes 1955.

(...)"

§§ 1 und 30 BewG 1955 lauten in der für das Streitjahr

geltenden Fassung auszugsweise:

"§ 1. Anwendungsbereich des Gesetzes

(1) Die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17) gelten, soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben sowie für die bundesrechtlich geregelten Beiträge an sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechtes und an Fonds.

(2) Die Bestimmungen des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 18 bis 79) gelten für die Vermögensteuer und für die Stempel- und Rechtsgebühren; der erste Abschnitt des zweiten Teiles (§§ 19 bis 68) gilt nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze auch für die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Grunderwerbsteuer und für die Beiträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz.

(...).

§ 30. Begriff des landwirtschaftlichen Vermögens

(1) 1. Zum landwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonderkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb).

(...)

(2) Als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes gelten nicht

  1. 1. Zahlungsmittel, Geldforderungen und Wertpapiere,
  2. 2. Geldschulden,

    (...)

    6. Beteiligungen, Anteile an Agrargemeinschaften sowie Ansprüche auf Entgelte aus nichtlandwirtschaftlichen Nutzungsüberlassungen von Grund und Boden.

(3) Die Zucht oder das Halten von Tieren gilt als landwirtschaftlicher Betrieb, wenn zur Tierzucht oder Tierhaltung überwiegend Erzeugnisse verwendet werden, die im eigenen landwirtschaftlicher Betrieb gewonnen worden sind.

(4) Geflügelvermehrungszuchtbetriebe gelten als landwirtschaftliche Betrieb, wenn sie von einer Landwirtschaftskammer anerkannt sind.

(5) Die Zucht oder das Halten der in Abs. 7 genannten Tiere

gilt als landwirtschaftlicher Betrieb, wenn, bezogen auf die

reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche dieses Betriebes (Abs. 6),

für die ersten .................. 10 ha nicht mehr als 8,

für die nächsten ............... 10 ha nicht mehr als 6,

für die nächsten ................10 ha nicht mehr als 4,

für die nächsten ............... 10 ha nicht mehr als 3,

für die nächsten ............... 10 ha nicht mehr als 2

Vieheinheiten (Abs. 7) und für die restliche reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche nicht mehr als 1,5 Vieheinheiten je Hektar im Wirtschaftsjahr durchschnittlich erzeugt oder gehalten werden. Wird jedoch dieser Höchstbestand nachhaltig überschritten, so ist hinsichtlich des gesamten Tierbestandes das Vorliegen eines gewerblichen Betriebes anzunehmen. Für die Anzahl der zulässigen Vieheinheiten und für die Ermittlung der reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist das Gesamtausmaß der vom Betrieb aus bewirtschafteten Flächen maßgebend; zugepachtete Flächen sind miteinzubeziehen, verpachtete auszuschließen.

(6) Gehören zur bewirtschafteten Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebes Hutweiden, Streuwiesen, Alpen oder Bergmähder, so sind bei Anwendung des Abs. 5 die Flächenausmaße der Hutweiden und der Streuwiesen auf ein Drittel, jene der Alpen und Bergmähder auf ein Fünftel zu reduzieren. Die so ermittelte Fläche ist die reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche des landwirtschaftlichen Betriebes.

(7) Die Vieheinheiten werden nach dem zur Erreichung des Produktionszieles erforderlichen Futterbedarf bestimmt. Für die Umrechnung der Tierbestände in Vieheinheiten (VE) gilt folgender Schlüssel: (...).

(...)".

Auf Grund des § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die VO BGBl. II Nr. 258/2005, deren §§ 1 und 13 auszugsweise lauten:

"I. Anwendung und maßgebender Einheitswert

§ 1.

(...)

(4) Durch diese Verordnung werden nur die regelmäßig in den Betrieben anfallenden Rechtsgeschäfte und Vorgänge pauschal berücksichtigt, die auch von Artikel 25 der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1977, Nr. 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145, in der jeweils gültigen Fassung erfasst sind.

(...).

IV. Gewinnerhöhende und gewinnmindernde Beträge § 13. (1) Die nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7

oder 8 bis 12 sich ergebende Zwischensumme ist um vereinnahmte Pachtzinse einschließlich Einkünfte aus Jagdpacht und Wildabschüssen sowie um Einkünfte aus gemäß § 1 Abs. 4 und 5 nicht erfassten Vorgängen und um Einkünfte aus gemäß §§ 30 Abs. 2 Z 6 und 11 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes 1955 nicht zum Einheitswert gehörende Wirtschaftsgütern zu erhöhen, sofern diese Einkünfte nicht gemäß § 97 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 als endbesteuert behandelt werden. Der gesonderte Ansatz dieser durch die Pauschalierung nicht erfassten Vorgänge darf in jedem einzelnen Fall zu keinem Verlust führen.

(2) Der sich nach Zurechnung gemäß Abs. 1 ergebende Betrag ist um den Wert der Ausgedingelasten (Geld- und Sachleistungen), um Beiträge, die an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern entrichtet und nicht bereits nach § 5 Abs. 2 oder § 11 berücksichtigt wurden, um Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie um bezahlte Pachtzinse und Schuldzinsen zu vermindern, wobei jedoch insgesamt kein Verlust entstehen darf.

(...)."

Zum notwendigem Betriebsvermögen gehören jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind und ihm auch tatsächlich dienen (vgl. Doralt, EStG17, § 4 Tz 39, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören daher auch Bargeld, Bankkonten, Sparbücher sowie Forderungen, wenn sie betrieblich veranlasst sind (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 4 Abs 1 Tz 135). Fremdmittel sind im Bereich der Einkommensbesteuerung nach der Veranlassung in der Ausprägung, dass es auf die Mittelverwendung ankommt, den aktiven Wirtschaftsgütern bzw. den Aufwendungen zuzuordnen. Ein Kredit stellt eine betriebliche Verbindlichkeit dar, wenn die verfügbar gewordenen finanziellen Mittel betrieblichen Zwecken dienten (vgl. VwGH vom 28. März 2000, 96/14/0104).

Keine anderen Grundsätze gelten für das Betriebsvermögen eines Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebs iSd § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988. Der bewertungsrechtliche landwirtschaftliche Vermögensbegriff des § 30 BewG 1955 - und insbesondere der in Abs. 2 Z 1 und 2 geregelte Ausschluss von Zahlungsmitteln, Wertpapieren, Geldforderungen und Geldschulden aus dem landwirtschaftlichem Betrieb - ist als Bestimmung des zweiten Teils des BewG 1955 nicht für die Einkommensteuer maßgeblich (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, § 21 EStG Anm. 13). Daran ändert auch der Verweis in § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 auf die Absätze 3 bis 7 des § 30 BewG 1955 nichts, da dieser nur der Definition des Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebs dient, aber keine Aussage über den Umfang des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens trifft. Auf die Abs. 1 und 2 des § 30 BewG 1955, welche den Umfang des bewertungsrechtlichen landwirtschaftlichen Vermögens regeln, wird in § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 nicht verwiesen.

Im Bereich der Einkunftsart der Land- und Forstwirtschaft ist somit - unabhängig davon, ob der Gewinn aus dieser Einkunftsart durch Betriebsvermögensvergleich, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder mithilfe von Durchschnittssätzen ermittelt wird - der auch den Finanzbereich umfassende Betriebsvermögensbegriff des EStG 1988 maßgeblich. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers, wonach die LuF PauschVO 2006 einen weitergehenden Betriebsvermögensbegriff schaffe, gehen somit von einer nicht zutreffenden Annahme aus, weshalb von der Beantragung eines Normprüfungsverfahren abzusehen war (vgl. auch den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Februar 2013).

Ebenso wie Darlehenszinsen in dem Ausmaß, in dem das Darlehen für betriebliche Zwecke verwendet wird, Betriebsausgaben darstellen, führt der Schulderlass, soweit er betrieblich veranlasst ist, zu einer Betriebseinnahme (vgl. Doralt, EStG17, § 4 Tz 192, 225 und 330).

Zu klären bleibt, ob diese Einnahme von der "Vollpauschalierung" gemäß der LuF PauschVO 2006 umfasst oder gesondert zu erfassen ist.

Der Beschwerdeführer stützt sein Begehren auf Steuerfreiheit des gewährten Schuldnachlasses auf den Wortlaut der Bestimmungen der §§ 1 Abs. 4 und 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006, aus dem sich deren unterschiedliche Reichweite ergebe. § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 lege fest, dass nur regelmäßig in den Betrieben anfallende "Rechtsgeschäfte und Vorgänge" unter die Verordnung fielen. § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 bestimme, dass die ermittelte Zwischensumme um von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfasste "Vorgänge" zu erhöhen sei. Daraus lasse sich im Umkehrschluss ableiten, dass von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfasste "Rechtsgeschäfte" - wie beispielsweise die Einräumung oder der Verzicht auf einen Kredit - unberücksichtigt zu bleiben hätten.

Gemäß § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 werden durch diese Verordnung nur die regelmäßig in den Betrieben anfallenden Rechtsgeschäfte und Vorgänge berücksichtigt, die auch von Art. 25 der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1977, Nr. 77/388/EWG, erfasst sind. Die Rechtsgeschäfte müssen daher entweder mit landwirtschaftlicher Erzeugung (Anhang A der Richtlinie) oder mit landwirtschaftlichen Dienstleistungen (Anhang B der Richtlinie) in Zusammenhang stehen (vgl. Doralt, EStG9, § 21 Tz 136ff). Außerordentliche Erträge sind neben den Durchschnittssätzen gesondert zu erfassen (vgl. VwGH vom 18. Oktober 2007, 2006/14/0053).

Dass es sich bei dem im Zuge der Umschuldung gewährten Nachlass von Bankschulden um einen regelmäßig in seinem Betrieb anfallenden Geschäftsfall gehandelt habe, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht. Er vertritt vielmehr die Ansicht, die aus dem Schulderlass resultierende Betriebseinnahme sei gemäß § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 dem durch Pauschalierung ermitteltem Grundbetrag nicht hinzuzurechnen, weil nach dessen Wortlaut nur von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfasste "Vorgänge" hinzuzurechnen seien, es sich bei dem Schulderlass aber um ein "Rechtsgeschäft" handle.

Dieser Ansicht ist nicht beizupflichten. Alleine aufgrund des Fehlens des Begriffs "Rechtsgeschäft" bzw. "Rechtsgeschäfte" in § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 kann dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden, dass er zwischen von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfassten "Rechtsgeschäften" und sonstigen "Vorgängen" habe unterscheiden wollen. Beim Ausdruck "Vorgang" handelt es sich um einen weiten Begriff, der auch ein Geschehen umfasst, das eine (rechtsgeschäftliche) Willenserklärung beinhalten kann. Wenn der Verordnungsgeber zwischen "Rechtsgeschäften" und sonstigen "Vorgängen" insoweit hätte differenzieren wollen, dass sich nur Einkünfte aus von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfassten sonstigen "Vorgängen" ohne rechtsgeschäftliche Komponente gewinnerhöhend auswirken, hätte es eines ausdrücklichen Ausschlusses von "Rechtsgeschäften" bedurft. Es ist somit davon auszugehen, dass gemäß § 13 Abs. 1 LuF PauschVO 2006 auch von § 1 Abs. 4 LuF PauschVO 2006 nicht erfasste "Rechtsgeschäfte" gewinnerhöhend zu berücksichtigen sind. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den gewährten Schulderlass im Ausmaß seines betrieblichen Anteils dem durch Pauschalierung ermittelten Gewinn des Beschwerdeführers aus Land- und Forstwirtschaft hinzugerechnet.

Nach der vom Beschwerdeführer gewählten Art der Gewinnermittlung durch Vollpauschalierung sind Kreditzinsen gemäß § 13 Abs. 2 LuF PauschVO 2006 insoweit abzuziehen, als durch den Abzug dieser und anderer in dieser Bestimmung genannten Beträge insgesamt kein Verlust entsteht. Wenn der Beschwerdeführer in den Vorjahren - wie von ihm im Verwaltungsverfahren behauptet - deswegen von der Geltendmachung der Kreditzinsen abgesehen hat, weil er der Ansicht gewesen sei, dass der gesamte Finanzierungsbereich auch ertragsteuerlich nicht zu erfassen sei, hat er in den Vorjahren die Rechtslage verkannt. Ein Abzug möglicher, aber aus einem Rechtsirrtum heraus unterlassener Betriebsausgaben, kann nicht in einem späteren Veranlagungsjahr, wie gegenständlich aus Anlass der Gegenrechnung mit einem außerordentlichen Ertrag geltend gemacht werden. Dass der Beschwerdeführer im Streitjahr 2007 Kreditzinsen entrichtet habe, wurde im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht und wird auch in der Beschwerde und ihren Ergänzungen konkret nicht behauptet. Kreditzinsen aus Vorjahren können aber weder im Rahmen einer Gewinnermittlung durch Pauschalierung gemäß der LuF PauschVO 2006 noch bei einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG 1988 in einem willkürlich gewählten Jahr als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Der Vergleich mit der Erfassung von in Vorjahren entrichteten Kreditzinsen im Rahmen der Besteuerung von Spekulationsgewinnen gemäß § 30 EStG 1988 geht fehl, weil Schuldzinsen bei betrieblichen Einkünften laufend (nach Maßgabe der Bezahlung oder bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach Maßgabe der Anlastung) Berücksichtigung finden können, was im Rahmen von einmalig erzielten Einkünften aus Spekulationsgeschäften nicht der Fall ist (vgl. zur Besonderheit der Einkünfteermittlung bei Spekulationsgeschäften VwGH vom 16. November 1993, 93/14/0124). Sollte einer Berücksichtigung von Kreditzinsen in den Vorjahren darüber hinaus auch das Vorliegen einer Verlustsituation entgegengestanden sein, führte auch dieser Umstand zu keiner der Erfassung von Spekulationsgewinnen vergleichbaren Situation, weil der Abgabepflichtige durch die Wahl einer Gewinnermittlungsart, die einen Verlustausgleich oder -vortrag zulässt, die Berücksichtigung der Kreditzinsen als Betriebsausgaben erreichen kann.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 16. Dezember 2015

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