VwGH 2013/15/0100

VwGH2013/15/010021.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde der F GmbH in S, vertreten durch die SOT Süd-Ost Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 49, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 20. Dezember 2012, Zl. RV/0558-S/11, betreffend Körperschaftsteuer 2002, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
EStG §6 Z1;
EStG §6 Z2;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
EStG §6 Z1;
EStG §6 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufvertrag vom 4. April 2000 eine Liegenschaft in S um 18,433.900 S (1,339.643,75 EUR). Aufgrund einer aufwendigen Generalsanierung betrug der Buchwert der Liegenschaft zum 31. Dezember 2001 2,648.059,72 EUR (Grund und Boden 768.376,78 EUR; Gebäude 1,879.682,94 EUR). Zum 31. Dezember 2002 führte die Beschwerdeführerin eine Teilwertabschreibung von 895.963,60 EUR durch. Der Abschreibung lag ein Sachverständigengutachten zugrunde, in welchem der Verkehrswert der Liegenschaft zum besagten Stichtag mit 1,864.816 EUR beziffert wird (Grund und Boden 900.520 EUR; Gebäude 964.296 EUR).

2 Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung fand bei der Beschwerdeführerin eine Hausdurchsuchung statt, bei der Unterlagen beschlagnahmt wurden, die vom Prüfer als Indiz für eine vorsätzliche Unterbewertung der Liegenschaft S beurteilt worden sind und zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Geschäftsführer und den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin sowie gegen den Gutachter, von dem die Liegenschaft S bewertet wurde, führten.

3 Unter Bezugnahme auf die beschlagnahmten Unterlagen und ein vom Finanzamt in Auftrag gegebenes Gutachten eines Immobiliensachverständigen, in dem der Teilwert der Liegenschaft S zum Stichtag 31. Dezember 2002 mit 2.836.000 EUR beziffert wurde, vertrat der Prüfer den Standpunkt, die im Jahr 2002 durchgeführte Teilwertabschreibung sei laut ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht möglich. Das Objekt sei gerade vollständig saniert und umgebaut worden und den vorliegenden "Beweisen" sei eindeutig zu entnehmen, dass der Grund für die Teilwertabschreibung eine Reduktion der Steuerbelastung gewesen sei.

4 Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid 2002.

5 Die Beschwerdeführerin berief gegen den im Gefolge der Prüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheid und brachte vor, der Wertansatz der Liegenschaft S sei bei Erstellung des Jahresabschlusses 2002 hinterfragt worden, weil die geplanten Verwertungsszenarien, insbesondere ein Verkauf oder eine Vermietung zu entsprechenden Konditionen, gescheitert seien. Wegen der zeitlichen Nähe von Anschaffung und Teilwertabschreibung sei ein Gutachter mit der Bewertung der Liegenschaft beauftragt worden. Es sei erstaunlich, dass dieses Verhalten dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und weiteren Personen als kriminelles Verhalten angelastet worden sei. Der vom Prüfer ins Treffen geführte Grund für die Teilwertabschreibung sei irrelevant, solange die gesetzten steuerlichen Maßnahmen für sich gesehen zulässig seien. Der Prüfer stütze seinen Standpunkt auf ein vom Finanzamt eingeholtes Gutachten, würdige aber nicht, dass es bereits zuvor zwei Gutachten gegeben habe. Eines sei vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in Auftrag gegeben worden und eines vom Gericht, nachdem das Finanzamt ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer und weitere Personen angestrengt habe.

6 Im Ergebnis lägen nun drei Gutachten vor, wobei unverändert das ursprünglich zu diesem Zwecke erstellte Gutachten von Dr. Herbert K heranzuziehen sei (Wertansatz 1,865.000 EUR). Gewicht habe allenfalls noch das im Rahmen des Strafverfahrens beauftragte Gutachten, das mit einem Betrag von 2,210.000 EUR den von Dr. Herbert K ermittelten Wert bestätige. Warum das vom Finanzamt eingeholte Gutachten Berücksichtigung finden solle, sei nicht nachvollziehbar, zumal es mangelhaft sei. Der Gutachter habe den kapitalisierten Pflegeaufwand für geschützte Baumbestände, die nachgewiesene Kontamination durch eine Mobilfunkanlage und den aufgeschobenen Sanierungsaufwand wesentlicher Gebäudeteile nicht berücksichtigt. Er sei ohne Untersuchung der Bausubstanz davon ausgegangen, dass sich das Gebäude in einem guten Zustand befände. Die Hinzurechnung der Anschaffungsnebenkosten zum Teilwert sei zwar theoretisch richtig, im Streitfall aber nicht sachgerecht. Der Gutachter habe die Mietzinsliste zum Stichtag 31. Dezember 2002 einfach fortgeschrieben und übersehe die durch geringere Erlöse und Leerstände gekennzeichnete weitere Entwicklung. Die Fehlannahmen betreffend die zu erwartenden Nettomietzinse seien gravierend und die Annahmen zum Mietzinsausfallswagnis nicht nachvollziehbar. Die Annahmen zu den nicht umlegbaren Verwaltungskosten seien falsch. Bei entsprechender Kenntnis des Immobilienmarktes in S hätte der Gutachter erkennen können, dass der von ihm ermittelte Wert nicht plausibel sei. Der Wert betrage das 18,8-fache der jährlichen Nettomiete, obwohl in S zum Zeitpunkt der Bewertung eine Bandbreite zwischen dem 15,4 bis 16,7-fachen üblich gewesen sei.

7 Der Prüfer nahm zur Berufung Stellung und führt im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe die Teilwertabschreibung per 31. Dezember 2002 mit dem Gutachten von Dr. Herbert K begründet. Dieses sei mangelhaft, weil der Sachverständige wesentliche Bewertungsgrundsätze nicht eingehalten habe. Zur Berechnung herangezogene Parameter seien rechtswidrig bzw. entsprächen nicht der Realität. Auch das vom Gericht beauftragte Gutachten weise ähnliche Mängel auf. Das Finanzamt habe daher einen weiteren Gutachter mit der Feststellung des Verkehrswerts beauftragt. Dieser habe in einem mängelfreien Gutachten den Verkehrswert der Liegenschaft mit 2,836.000 EUR geschätzt, weshalb die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung nicht vorlägen. Zu den in der Berufung angeführten Mängeln des vom Finanzamt beauftragten Gutachtens werde auf die Stellungnahme des Sachverständigen verwiesen. Wenn die in der Berufung angeführten wertbestimmenden Umstände tatsächlich relevant seien, hätten sie auch im Gutachten von Dr. Herbert K und im Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen berücksichtigt werden müssen, was nicht geschehen sei.

8 Die Beschwerdeführerin brachte in einem ergänzenden Schriftsatz vor, das Finanzamt könne nicht zwei Gutachten ignorieren und dem von ihm in Auftrag gegebenen völlig unkritisch gegenüberstehen. Sodann werden die bereits in der Berufung angeführten Mängel wiederholt.

9 Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. August 2011 wies das Finanzamt die Berufung, soweit sie die Teilwertberichtigung der Liegenschaft S betraf, als unbegründet ab, woraufhin die Beschwerdeführerin deren Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

10 In einem weiteren Schriftsatz führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, der vom Finanzamt beauftragte Gutachter habe sein Gutachten im Jahr 2007 erstellt. Trotzdem habe er die Mietpreisentwicklung nach dem Bewertungsstichtag nicht berücksichtigt und gehe von einer Miete aus, die nicht erwirtschaftbar sei. Er habe den technischen Zustand des Gebäudes nicht untersucht und notwendige Aufwendungen, die größtenteils bereits zu diesem Zeitpunkt erkennbar gewesen seien, nicht berücksichtigt. Weiters sei der Ansatz eines Liquidationswertes bei einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nicht sachgerecht. Dem Schriftsatz lagen der Immobilienpreisspiegel 2004 der Wirtschaftskammer Österreich, eine Marktanalyse, ein Auszug aus dem Handbuch Immobilienbewertung Österreich, eine Bestätigung der Hausverwaltung betreffend die nicht umlagefähigen Kosten der Grünanlagen, eine Mietpreisliste per 31. Dezember 2011 sowie Kostenvoranschläge für aufgestaute Instandhaltungen bei. In den Verwaltungsakten liegt zudem eine bauakustische Stellungnahme vom 23. Juli 2011 ein.

11 Am 25. Juli 2012 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde Berechnungen, laut welchen sich im Falle einer Berichtigung jener Mängel, die sie die in Bezug auf das vom Finanzamt beauftragte Gutachten gerügt habe, ein Teilwert der Liegenschaft S von 1,772.100 EUR ergäbe.

12 In einem Schriftsatz vom 9. November 2012 brachte die Beschwerdeführerin über Vorhalt der belangten Behörde vor, dass die Wohnanlage auf der Liegenschaft S mit dem Kalkül errichtet worden sei, die Wohnobjekte am Markt zu verkaufen. Bei Fertigstellung habe sich der Immobilienmarkt in S abgekühlt und ein großer Teil der Wohnungen habe nicht wie geplant verkauft werden können. Zur Sanierung der Situation sei ein erheblicher Teil der Immobilien kurz- bis mittelfristig vermietet worden. Dadurch seien Verluste vermieden worden, die aufgrund des damals herrschenden Käufermarktes realisiert worden wären. Folglich seien Teilwertabschreibungen unterblieben. 2002 habe sich die aufwendige Sanierung des Objektes als Fehlinvestition erwiesen. Der Schluss sei gezogen worden, weil folgende Umstände objektiver Natur hervorgetreten und durch den Gutachter bestätigt worden seien:

"a) Durch die Vermietung des Objektes konnte kein ausreichender Ertrag realisiert werden und die Versuche einer wirtschaftlichen Sanierung mussten als gescheitert angesehen werden.

b) Insbesondere konnte kein alternatives Nutzungskonzept entwickelt werden, welches den Ertragswert erhöht hätte. Dabei ist zu bedenken, dass die Unternehmensgruppe (der die Beschwerdeführerin angehört) als Immobilienentwickler fungiert und sich daher der Wert einer Immobilie durch ‚Entwicklungsschritte' bzw. die funktionale Bedeutung verändern kann.

c) Der Immobilienmarkt in 2002 zeigte keine Hinweise, dass ein Verkaufspreis erzielbar sein könnte, welcher die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten decken würde.

d) Im Zuge der Bewertung wurden verdeckte Mängel des Gebäudes sichtbar (mangelnde Schallisolierung etc.), welche bei Anschaffung des Gebäudes nicht bekannt waren und die Nutzungsmöglichkeiten weiter einschränkten. Aufgrund der Einschränkungen durch den Denkmalschutz ist von einer Beseitigung der Mängel nicht auszugehen."

13 In der über Antrag der Beschwerdeführerin abgehaltenen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, sie habe im Jahr 2012 sieben Prämissen des vom Finanzamt in Auftrag gegebenen Gutachtes auf ihre Richtigkeit überprüft. Dies sei aufgrund des Zeitablaufes seit Gutachtenserstellung möglich gewesen. Zwei Prämissen hätten sich wesentlich auf den vom Gutachter ermittelten Wert ausgewirkt. Die Höhe der Miete habe sich durch die bis 2012 tatsächlich erzielten Mieten als falsch herausgestellt, was zu einer Verminderung des Wertansatzes in Höhe von 428.000 EUR führe. Entgegen der Annahme des Gutachters könne das denkmalgeschützte Objekt nach Ablauf der Nutzungsdauer nicht abgebrochen werden. Die Weiternutzung des Objektes in Form der Vermietung werde durch die Annahme einer unendlichen Rente abgebildet, was im Ergebnis zu einer weiteren Verringerung des Liegenschaftswertes in Höhe von

870.400 EUR führe. Das vom Finanzamt beauftragte Gutachten sei daher nicht werterhöhend zu berücksichtigen und der Wert des Sachverständigen Dr. Herbert K in Ansatz zu bringen.

14 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung, soweit sie die Teilwertberichtigung der Liegenschaft S betraf, keine Folge und führte begründend dazu aus, die gegenständliche Teilwertabschreibung basiere auf dem Gutachten von Dr. Herbert K, der die Liegenschaft S zum Stichtag 31. Dezember 2002 zusammenfassend (Mittelwert aus Sach- und Ertragswert) mit 1,864.816 EUR bewertet habe. Anlässlich einer Betriebsprüfung sei die Bewertung angezweifelt worden und die Abgabenbehörde habe gegen den Steuerberater der Beschwerdeführerin und deren Geschäftsführer sowie gegen den Gutachter Dr. Herbert K gerichtliche Schritte wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung eingeleitet. Das Gericht habe einen weiteren Gutachter mit der Bewertung der Liegenschaft S per 31. Dezember 2002 beauftragt, der den Verkehrswert (Mittelwert aus Sach- und Ertragswert) mit 2,210.000 EUR beziffert habe. Im Anschluss daran sei vom Finanzamt ein dritter Gutachter mit der Bewertung der Liegenschaft beauftragt worden. Dieser habe zum Stichtag 31. Dezember 2002 einen nach dem Ertragswert objektivierten Verkehrswert von 2,688.363,44 EUR festgestellt. Die Gutachten seien den Parteien bekannt. Strittig sei die Zulässigkeit der Teilwertabschreibung.

15 Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren vorgebracht, der ursprünglich geplante Gesamtverkauf der Liegenschaft S sei infolge der Abkühlung des Immobilienmarktes nicht mehr realisierbar gewesen. Die zum Verkauf bestimmten Wohnungen seien kurz- bis mittelfristig vermietet worden, um Verluste zu vermeiden. Folglich seien Teilwertabschreibungen unterblieben. Im Jahr 2002 habe sich die aufwendige Sanierung des Objekts als Fehlinvestition erwiesen. Dies sei auch von Gutachtern bestätigt worden. Hinweise dahingehend, dass für die Liegenschaft ein über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegender Verkaufspreis hätte erzielt werden können, seien im Jahr 2002 nicht vorgelegen. Ein alternatives Nutzungskonzept, das deren Ertragswert erhöht hätte, habe nicht entwickelt werden können. Des Weiteren seien im Zuge der Bewertung verdeckte Mängel des Gebäudes sichtbar geworden (mangelnde Schallisolierung etc.), die zum Zeitpunkt der Anschaffung nicht bekannt und infolge der Einschränkungen des Denkmalschutzes auch nicht behebbar gewesen seien. Zum Nachweis des Wertverlustes habe die Beschwerdeführerin ein Gutachten von Dr. Herbert K vorgelegt.

16 Ein Gutachten stelle nach der Rechtsprechung die fachmännische Beurteilung von Tatsachen dar. Es müsse einen Befund, also die Erhebung der Tatsachen nennen. Ein Gutachten, aus dem weder die zugrunde gelegten Tatsachen noch wie sie beschafft worden seien, erkennbar sei, sei mit einem wesentlichen Mangel behaftet und daher als Beweismittel unbrauchbar (Hinweis auf VwGH vom 7. September 1988, 88/18/0210).

17 Das Gutachten von Dr. Herbert K genüge diesen Anforderungen nicht, weil ihm nicht zu entnehmen sei, aufgrund welcher Überlegungen bzw. welcher Unterlagen die einzelnen Wertansätze ermittelt worden seien. Weitere nicht näher erläuterte Bemerkungen fänden sich in Formulierungen wie: "aus vergleichsweise bekannter Bauträgerkalkulation und nach meiner Erfahrung". Ob und in welcher Form Kalkulationen durchgeführt worden seien, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen. Auch das Gutachten des im Rahmen des Strafverfahrens beauftragten Sachverständigen halte den Anforderungen der Judikatur in Teilen nicht stand. So seien die Preisansätze betreffend Bau- und Grünland bzw. der wertmindernden Ansatz von Baumbestand nicht näher begründet worden.

18 Der Aktenlage seien kein wesentlichen Umstände zu entnehmen, welche die Annahme rechtfertigten, dass sich die Anschaffung der Liegenschaft S zum Bilanzstichtag als Fehlmaßnahme erwiesen habe. Auch das Gutachten von Dr. Herbert K und das Gutachten des im Strafverfahren beauftragten Sachverständigen enthielten keine diesbezüglichen Ausführungen und gingen auf die Problematik der Kürze des Abstandes zwischen Anschaffung und Bewertungsstichtag nicht ein. Der von der Beschwerdeführerin behauptete Einbruch des Immobilienmarktes im Jahr 2002 werde durch die vorgelegte Analyse nicht aufgezeigt. Den Grafiken sei sogar ein Anstieg der Preise seit 2003 zu entnehmen. Für das Jahr 2003 sei von einem erheblichen Preisanstieg der Baugrundstücke und Wohnungen die Rede; das Mietniveau sei im hohen und guten Nutzwertbereich stabil bis leicht steigend gewesen. Einen langfristigen bzw. dauerhaften Preisverfall, der im Jahr 2002 eingesetzt und eine Teilwertabschreibung notwendig gemacht habe, zeigten diese Unterlagen nicht auf. Im vorgelegten bauakustischen Gutachten vom 23. Juli 2011, werde festgestellt, dass das Erdgeschoß sowie das erste und zweite Obergeschoß die Anforderung des Tritt- und Luftschallschutzes laut ÖNORM B 8115-2 nicht erfüllten und eine Verbesserung aufgrund des Denkmalschutzes mit sehr hohen Kosten verbunden sei. Die Teilwertabschreibung 2002 sei, abgesehen davon, dass der fehlende Tritt- und Luftschallschutz nicht erst zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2002 vorgelegen habe, mit einem Hinweis auf dieses Gutachten nicht begründbar. Dass die Wohnungen nordseitig ausgerichtet seien und über keinen Balkon verfügten, rechtfertige eine Teilwertabschreibung im Jahr 2002 ebenfalls nicht. Dem Einwand, dass sich in der Nähe der Liegenschaft eine Mobilfunkanlage befinde, die 2003 auf ein UMTS Netz umgestellt worden sei, sei zu entgegnen, dass die Mobilfunkanlage bereits beim Ankauf des Objektes vorhanden gewesen sei und sich die 2003 erfolgte Umstellung auf UMTS nicht 2002 wertmindernd auswirken könne. Auch die ausgedehnten Grünflächen und der Baumbestand seien bereits beim Ankauf des Objektes vorhanden gewesen und führten zu keiner Entwertung im Jahr 2002. Zu den im Berufungsverfahren behaupteten Baumängeln fänden sich im Gutachten von Dr. Herbert K und im Gutachten des im Strafverfahren beauftragten Sachverständigen keine Feststellungen. Die Gutachter attestierten dem Objekt im Jahr 2002 einen sehr guten bis guten Bauzustand. Auch aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Anboten betreffend Malerarbeiten, Bodenerneuerung sowie Neupflanzungen im Park gehe nichts gegenteiliges hervor, weil die aufgezählten und geplanten Sanierungsmaßnahmen deutlich (10 Jahre) nach dem Streitjahr lägen. Dass sich die aufwendigen Sanierungsmaßnahmen als Fehlinvestitionen erwiesen hätten, weil der Verkauf gescheitert und durch die Vermietung des Objektes kein ausreichender Ertrag zu realisieren sei, stehe wiederum im Widerspruch zu den realisierten Mieterlösen, die sich 2001 auf 150.342 EUR und in den Jahren 2002 und 2003 auf 147.580 EUR bzw. 146.240 EUR belaufen hätten.

19 Die Rechtsprechung habe Teilwertvermutungen entwickelt, die unter bestimmten Voraussetzungen widerlegt werden könnten. Ein Gegenbeweis insbesondere im Falle einer Fehlmaßnahme oder gesunkener Wiederbeschaffungskosten sei zulässig. Der Steuerpflichtige habe darzulegen, dass und in welcher Höhe zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten seien, aufgrund welcher die Wiederbeschaffungskosten des Wirtschaftsgutes in nicht unerheblichem Umfang unter die ursprünglichen Anschaffungskosten gesunken seien oder aufgrund welcher sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen habe. "Diesen Ausführungen zufolge darf abschließend festgestellt werden, dass eine Aberkennung der Teilwertabschreibung bereits auf Grund des von der (Beschwerdeführerin) vorgelegten Gutachtens möglich gewesen wäre."

20 Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin rügt, dass die belangte Behörde das Gutachten von Dr. Herbert K und das im Strafverfahren eingeholte Gutachten zu Unrecht nicht als Beweis anerkannt habe, weil einzelne Formulierungen in diesen Gutachten, wie sie in dieser Form ständig verwendet würden, die Gutachten nicht zur Gänze unbrauchbar machten. Dies gelte insbesondere dann, wenn auch das Finanzamt ein Gutachten erstellen lasse, aus dem sich allenfalls nicht nachvollziehbare Teilaspekte verifizieren ließen. Wieso das Finanzamtsgutachten und die dagegen erhobenen Einwendungen im angefochtenen Bescheid ohne jegliche Begründung nicht einmal in Teilaspekten gewürdigt worden seien, sei nicht nachvollziehbar.

21 Das Wesen einer Fehlinvestition bestehe - so die Beschwerdeführerin weiter - darin, dass sich eine originär falsche Maßnahme zu irgendeinem späteren Zeitpunkt als Fehler herausstelle. Es sei nicht notwendig, dass die Maßnahme durch ganz bestimmte äußere Umstände zur Fehlmaßnahme werde, sondern es sei geradezu typisch, dass es sich um eine von Beginn an bestehende Fehleinschätzung im Sinne von "am Markt vorbei investieren" handle. Soweit die belangte Behörde bemängle, dass das Gutachten von Dr. Herbert K und das im Strafverfahren eingeholte Gutachten keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine Fehlinvestition enthielten (was im Übrigen auch für das vom Finanzamt eingeholte Gutachten gelte), übersehe sie, dass bereits die Gutachten an sich die Prognose dafür darstellten, dass am Markt vorbei investiert worden sei und sich die prognostizierten Erträge dauerhaft nicht einstellen könnten.

22 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

23 Der Teilwert ist nach § 6 Z 1 EStG 1988 der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Beim Teilwert im Sinne des § 6 Z 1 und 2 EStG 1988 handelt es sich um einen objektiven Wert, bei dem subjektive Umstände unmaßgeblich sind. Persönliche Verhältnisse sind bei Ermittlung eines Teilwertes nicht zu berücksichtigen (vgl. VwGH vom 5. Juli 2004, 2000/14/0174).

24 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewertung eines Wirtschaftsgutes zu niedrigeren Teilwerten nur dann zulässig, wenn hinsichtlich des betreffenden Wirtschaftsgutes am Bilanzstichtag eine entsprechende Entwertung eingetreten ist. Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder wenigstens glaubhaft zu machen. Eine Verpflichtung der Abgabenbehörde zur amtswegigen Ermittlung des niedrigeren Teilwertes eines Wirtschaftsgutes ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. VwGH vom 17. Dezember 2003, 2000/13/0117).

25 Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit dem von der Beschwerdeführerin beigebrachten Gutachten von Dr. Herbert K und mit dem im Strafverfahren eingeholten Gutachten auseinandergesetzt. Weiters ging sie auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sich die aufwendige Sanierung der Liegenschaft S im Jahr 2002 als Fehlmaßnahme herausgestellt habe, ein. Abschließend stellte sie fest, dass eine Teilwertabschreibung auf Grund des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachtens nicht möglich sei und die Beschwerdeführerin auch nicht dargelegt habe, dass zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag Umstände eingetreten seien, aufgrund welcher die Wiederbeschaffungskosten der Liegenschaft S in nicht unerheblichem Umfang unter die ursprünglichen Anschaffungsbzw. Herstellungskosten gesunken seien oder aufgrund welcher sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen habe. Auf das vom Finanzamt in Auftrag gegebene Gutachten ging die belangte Behörde ohne nähere Begründung nicht ein, obwohl die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren wiederholt vorgebracht hatte, dass dieses Gutachten mangelhaft sei und bei einer entsprechenden - im Berufungsverfahren auch ziffernmäßig dargestellten - Adaptierung für die streitgegenständliche Teilwertabschreibung spreche, also als Nachweis für die von der Beschwerdeführerin begehrte Teilwertabschreibung dienen könne. Die Teilwertabschreibung wurde demnach auch auf das vom Finanzamt eingeholte Gutachten gestützt. Damit ist aber eine Auseinandersetzung mit diesem Gutachten und mit den von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einwendungen, auch vor dem Hintergrund, dass keine Verpflichtung der Abgabenbehörde zur amtswegigen Ermittlung des niedrigeren Teilwertes besteht, geboten.

26 Die Beschwerde weist auch zutreffend darauf hin, dass das Wesen einer Fehlinvestition darin besteht, dass sich eine Maßnahme zu irgendeinem späteren Zeitpunkt als Fehler herausstellt. Daher sind bei der Teilwertermittlung grundsätzlich auch wertbestimmende Umstände zu berücksichtigen, die schon beim Erwerb der Liegenschaft vorgelegen sind. Dies jedenfalls insoweit, als sie am Bilanzstichtag (noch) vorhanden waren und dem Unternehmer bis zur Bilanzerstellung bekannt geworden sind (vgl. VwGH vom 25. Juni 2007, 2005/14/0121, mwN).

27 Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

28 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

29 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 21. April 2016

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