Normen
ZustG §26 Abs2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2013080032.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 3. Oktober 2012, mit dem ausgesprochen wurde, dass der Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers für den Zeitraum 1. Mai 2011 bis 31. März 2012 widerrufen werde und gleichzeitig der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von EUR 4.360,23 verpflichtet worden sei, als verspätet zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Bescheid sei im Sinne der Bestimmung des § 26 Abs. 2 ZustG, am Samstag, den 6. Oktober 2010, als zugestellt anzusehen. Da die Berufungsfrist zwei Wochen betrage, beginne diese am Samstag, den 6. Oktober 2012, zu laufen. Das Ende der Berufungsfrist falle auf den Samstag, den 20. Oktober 2012, daher sei der nächste Werktag, Montag, der 22. Oktober 2012, als Ende der Berufungsfrist anzusehen. Die dagegen erhobene Berufung sei vom Berufungswerber erst am 23. Oktober 2012 zur Post gebracht worden, somit außerhalb der Berufungsfrist, weshalb diese als verspätet eingebracht zurückzuweisen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde ging hinsichtlich des Datums der Postaufgabe der Berufung vom Stempelaufdruck auf dem Kuvert, mit dem Berufung übermittelt wurde, aus. Die Beschwerde macht geltend, die Zustellung des Bescheides sei am 9. Oktober 2012 erfolgt, davon ausgehend sei die Berufung rechtzeitig erhoben worden. Dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit genommen worden, Beweise zur Rechtzeitigkeit der Berufungseinbringung vorzulegen bzw. es habe die Behörde die amtswegige Erhebung des tatsächlichen Zustelldatums unterlassen.
Dieses Beschwerdevorbringen zeigt erkennbar einen relevanten Verfahrensmangel auf.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/16/0175). Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2008, Zl. 2007/17/0202).
Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerde, die Zustellung des Bescheides vom 3. Oktober 2012 am 9. Oktober 2012, somit außerhalb des von der belangten Behörde vermuteten Zustellzeitraumes von drei Tagen.
Vor Zurückweisung einer Berufung als verspätet ist die belangte Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine nach dem Akteninhalt offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies und geht sie von einer Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Rechtsmittelwerber vorgehalten zu haben, hat sie daher das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2011, Zl. 2011/23/0269).
Es kann angesichts des vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringens - das konkreter ist als jenes, das dem von der belangten Behörde bezogenen hg. Erkenntnisses vom 14. Jänner 2013, Zl. 2010/08/0177, zugrunde lag - nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 15. Mai 2013
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