VwGH 2013/08/0020

VwGH2013/08/002013.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des M W in Wien, vertreten durch Mag. Bernhard Kispert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20/2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012-0566-9- 003392, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1 Z1 idF 2007/I/104;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1 idF 2007/I/104;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 38 iVm § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit vom 24. August 2012 bis zum 18. Oktober 2012 ausgesprochen. Nachsicht gemäß § 38 iVm § 10 Abs. 3 AlVG wurde nicht gewährt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe sei von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) ausgesprochen worden, weil der Beschwerdeführer sich geweigert habe, eine zumutbare Beschäftigung beim Dienstgeber I. anzunehmen.

Diesem Bescheid sei folgender Sachverhalt zugrunde gelegen:

Der Beschwerdeführer stehe seit 31. Oktober 2008 mit kurzen Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Sein letztes Dienstverhältnis habe von 24. April 2012 bis 23. Mai 2012 gedauert, sein letztes längeres Dienstverhältnis von 1. Dezember 2003 bis 30. November 2004.

Laut den zuletzt mit dem Beschwerdeführer am 30. Mai und 16. August 2012 abgeschlossenen Betreuungsvereinbarungen unterstütze ihn das AMS bei der Suche nach einer Stelle als Lagerarbeiter bzw. Bürogehilfe und in allen zumutbaren Bereichen gemäß den Notstandshilfebestimmungen. Sein Arbeitszeitwunsch sei darin mit "Teilzeit 20 Stunden" festgehalten worden. Er sei alleinstehend und habe keine Sorgepflichten.

Am 23. August 2012 sei ihm im Zuge eines Vorstellungsgesprächs für eine Stelle als Produktionsmitarbeiter von der I. GmbH eine Stelle als Umzugshelfer/Möbelpacker mit zumindest kollektivvertraglicher Entlohnung im Ausmaß von 20 bis 30 Stunden pro Woche in der Zeit von 7:00 bis ca. 13:00 Uhr persönlich angeboten worden. Möglicher Arbeitsbeginn wäre der 24. August 2012 gewesen. Anforderungsvoraussetzungen seien unter anderem körperliche Belastbarkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit und zeitliche Flexibilität gewesen.

Der Beschwerdeführer habe, laut Mitteilung der ihn mit seinem Einverständnis zu diesem Gespräch begleitenden Mitarbeiterin der Beratungs- und Betreuungseinrichtung P. (Frau J.), nach Angebot der oben angeführten Stelle als Umzugshelfer/Möbelpacker gegenüber dem potentiellen Dienstgeber angegeben, dass er nur Teilzeit 20 Stunden arbeiten könne, und das am liebsten von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr, mit der Bemerkung, dass es sich sonst mit seinem Studium nicht ausgehe. Weiters habe er angegeben, dass die angebotenen Arbeitszeiten von ca. 7:00 Uhr bis ca. 13:00 Uhr problematisch seien, weil sie sich nicht mit seinen Vorlesungen vereinbaren ließen.

Das Dienstverhältnis sei nicht zustande gekommen, anstelle des Beschwerdeführers sei ein anderer Teilnehmer der Betreuungseinrichtung eingestellt worden. Die ausgewiesene Position wäre zumindest kollektivvertraglich entlohnt worden, hätte den körperlichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers entsprochen und keine Gefährdung seiner Gesundheit und Sittlichkeit dargestellt.

Dazu beim AMS am 30. August 2012 befragt, habe er niederschriftlich erklärt, dass er bezüglich der ihm angebotenen Stelle keine Einwendungen hinsichtlich der konkret angebotenen Entlohnung, der angebotenen Verwendung, der körperlichen Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit und der täglichen Wegzeit für Hin- und Rückweg habe. Bezüglich der Betreuungspflichten habe er eingewendet, dass er öfters den Hund einer Bekannten betreue, weshalb er nur ein Teilzeitdienstverhältnis mit fixen Arbeitszeiten annehmen könne und nicht flexibel sei. Hinsichtlich der geforderten Arbeitszeit habe er den Einwand gehabt, dass er eine Tätigkeit mit Arbeitszeiten von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr suche, weil er wolle, dass sich seine Arbeitszeiten mit seinen Studienzeiten gut verbinden ließen. Zu den Angaben über den Verlauf des Vorstellungsgesprächs habe er erklärt, dass er die angebotene Beschäftigung nicht vereitelt habe, weil er nie gesagt habe, dass er das Dienstverhältnis nicht annehmen möchte. Weiters habe er angegeben, dass Frau J. als Betreuerin nicht sehr kompetent erscheine und öfters unqualifizierte Meldungen von sich gebe. Berücksichtigungswürdige Gründe habe er nicht angegeben.

Gegen den in der Folge ausgesprochenen Verlust der Notstandshilfe habe er fristgerecht berufen und im Wesentlichen eingewendet, dass die Aussagen von Frau J., aufgrund welcher er mit einer Geldsperre bestraft worden wäre, schlichtweg falsch und verleumdend wären und strafrechtlich geahndet werden müssten. Weiters habe er angegeben, dass er am 18. Oktober 2012 bei der Firma I. persönliche Rücksprache gehalten hätte, bei der der zuständige Gesprächspartner für Lagerarbeit ihm bestätigt hätte, dass seine Bewerbung in Evidenz gehalten würde und er nichts davon gewusst hätte, dass der Beschwerdeführer ein Stellenangebot abgelehnt hätte. Seiner Berufung sei eine Bestätigung vom 18. Oktober 2012 beigelegen, woraus ersichtlich sei, dass er am 18. Oktober 2012 bei der Firma I. vorstellig gewesen sei.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14. November 2012 sei der Dienstgeber I. aufgefordert worden, zum Vorstellungsgespräch vom 23. August 2012 Stellung zu nehmen, woraufhin der Dienstgeber am 19. November 2012 mitgeteilt habe, dass es auf Grund der Wunscharbeitszeit des Beschwerdeführers von 9:00 bis 13:00 Uhr und seines Verdienstwunsches (EUR 900,-- netto), sowie auch der Tatsache, dass er keinen motivierten Eindruck hinterlassen hätte, nicht leicht wäre, für ihn einen passenden Job zu finden.

Mit Schreiben vom 28. November 2012 sei dem Beschwerdeführer die Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht worden. In seiner dazu erstatteten Stellungnahme vom 13. Dezember 2012 habe er neuerlich angegeben, dass der Dienstgeber ihm versichert hätte, seine Bewerbung würde in Evidenz gehalten; selbst wenn ein anderer angestellt worden sei, läge das daran, dass dieser "vom Typ her" besser zu dieser Stelle passe, während ein Student, der zu niveauvoll wirke, fehl am Platz wäre. Weiters wäre die Meldung von Frau J. eine blanke Hassaktion und die Angabe bezüglich der Vorlesungszeiten eine Lüge, weil er tatsächlich gesagt hätte, dass er sich wegen seiner Vorlesungszeiten erkundigen würde, damit er diese so richte, dass sie sich mit den Arbeitsstunden vereinbaren ließen. Eine Teilzeitarbeit fände zudem meistens von 8:00 bis 12:00 oder von 9:00 bis 13:00 Uhr statt. Sein motivierter Eindruck könnte nur wegen der Begleitung durch Frau J. gelitten haben.

Die belangte Behörde führte sodann aus, die in Aussicht genommene Tätigkeit habe den beim Beschwerdeführer vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprochen, wäre zumindest kollektivvertraglich entlohnt worden, habe keine Gefährdung der Gesundheit und Sittlichkeit dargestellt und sei daher zuweisungstauglich gewesen. Zudem befinde er sich im Notstandshilfebezug, weshalb er verpflichtet sei, jede zumutbare Stelle anzunehmen.

Seinem Berufungseinwand, die Angaben der ihn zu dem Gespräch begleitenden Mitarbeiterin wären allesamt falsch bzw. Lügen, sei entgegenzuhalten, dass deren Angaben über den Verlauf/Inhalt des Gespräches am 23. August 2012 den diesbezüglichen Angaben des potentiellen Dienstgebers entsprächen und auch mit seinen am 30. August 2012 gegenüber dem AMS gemachten Angaben bezüglich der von ihm gewünschten Arbeitszeit (von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr) und der gewünschten "guten Verbindung mit seinen Studienzeiten" übereinstimmten, sodass die diesbezüglichen Angaben der Mitarbeiterin als glaubwürdig erschienen.

Festzuhalten sei, dass zum einen die Aufnahme einer Beschäftigung bzw. die Möglichkeit, ein Dienstverhältnis zu erlangen, jedenfalls einer Ausbildung (Studium) vorgehe, da durch diese ja vorerst die Arbeitslosigkeit nicht beendet werde, und zum anderen "Betreuungspflichten" für einen Hund nicht berücksichtigt werden könnten, weil es sich dabei nicht um eine rechtlich anerkannte Pflicht handle.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse ein Arbeitsloser zur Annahme einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Beschäftigung bereit sein, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen, er müsse aber umgekehrt auch bereit sein, Vollarbeit anzunehmen, weil nur bei Bereitschaft zur Annahme auch einer Ganztagesbeschäftigung die Bezugsvoraussetzung der Arbeitswilligkeit erfüllt werden könne. Es liege daher jedenfalls am Arbeitslosen, bezüglich der gewünschten Arbeitszeit eine Klarstellung in der Richtung vorzunehmen, dass es sich dabei lediglich um eine Wunschvorstellung, nicht jedoch um eine konkrete Vorgabe handle und er dennoch bereit sei, zu den vom Dienstgeber geforderten Arbeitszeiten zu arbeiten. Bei Unterlassung einer solchen Klarstellung nehme der Arbeitslose das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf. Eine solche Klarstellung habe der Beschwerdeführer aber, zufolge der glaubwürdigen Angaben des Dienstgebers und von Frau J., unterlassen.

Für die belangte Behörde sei zudem nicht nachvollziehbar, inwiefern ein Arbeitsbeginn bereits ab 7:00 Uhr, anstelle - wie vom Beschwerdeführer gewünscht - ab 9:00 Uhr wegen seines Studiums problematisch sein sollte bzw. sich nicht mit seinen Vorlesungen vereinbaren lasse, da nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorlesungen nicht zwischen 7:00 und 9:00 Uhr morgens abgehalten würden.

Der Beschwerdeführer habe nach Ansicht der belangten Behörde dadurch, dass er gegenüber dem potentiellen Dienstgeber angegeben habe, dass die ihm angebotenen Arbeitszeiten von ca. 7:00 bis 13:00 Uhr problematisch seien, weil diese sich nicht mit seinen Vorlesungen vereinbaren ließen, sowie der Aussage, am liebsten von 9:00 bis 13:00 Uhr arbeiten zu wollen, ohne Klarstellung, dass es sich dabei nur um eine Wunschvorstellung handle und er dennoch bereit sei, zu den vom Dienstgeber geforderten Arbeitszeiten zu arbeiten, dem Dienstgeber zu verstehen gegeben, dass er an der angebotenen Tätigkeit nicht wirklich interessiert sei. Dadurch habe er ein Verhalten gesetzt, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet sei, den potentiellen Dienstgeber von seiner Einstellung abzubringen. Dies habe zum Nichtzustandekommen dieser sonst sich bietenden, zumutbaren Beschäftigung geführt. Er habe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um den Zustand der Arbeitslosigkeit raschest zu beenden.

Die Sanktion bestehe in einem Leistungsanspruchsverlust von acht Wochen ab dem möglichen Dienstantritt, daher vom 24. August 2012 (möglicher Arbeitsbeginn) bis 18. Oktober 2012, weil bereits vom 27. Februar 2008 bis 8. April 2008 ein Anspruchsverlust von Notstandshilfe nach § 10 AlVG verhängt worden sei.

Aus triftigen Gründen, insbesondere wenn der Arbeitslose innerhalb einer angemessenen Frist eine andere Beschäftigung annehme, könne von den Rechtsfolgen dieser Sanktion allerdings abgesehen werden. Nach den aufliegenden Unterlagen habe der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum keine Beschäftigung aufgenommen. Weitere Gründe für eine allfällige Nachsieht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG seien von ihm nicht genannt worden und hätten auch von der belangten Behörde nicht erblickt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung eine Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

§ 10 Abs. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 104/2007 lautet auszugsweise:

"§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. (…)"

Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruchs in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

2. Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte bzw. eine sonst sich bietende zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2012, Zl. 2010/08/0087, uva).

3. Die Beschwerde bestreitet die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG durch den Beschwerdeführer. Dazu bringt sie im Wesentlichen vor, dass er keine vorsätzliche Vereitelung kausal verwirklicht habe, sondern stets arbeitswillig gewesen sei. Er habe den Vorstellungstermin ordnungsgemäß wahrgenommen und (am 18. Oktober 2012) auch ein "Vorstellungsgespräch" mit dem zuständigen Gesprächspartner für Lagerarbeit geführt. Selbst unter Zugrundelegung des Umstands, dass er im Rahmen des Vorstellungsgesprächs seine Wunscharbeitszeit von 9:00 bis 13:00 Uhr angegeben und seinen Verdienstwunsch mit EUR 900,-- netto beziffert habe, könne man nicht automatisch auf eine Kausalität mit dem schlussendlichen Nichtzustandekommen des Arbeitsverhältnisses schließen. Dem stehe insbesondere entgegen, dass der potentielle Dienstgeber seine Bewerbung in Evidenz gehalten habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer beim Vorstellungsgespräch nur angegeben, sich hinsichtlich seiner Vorlesungszeiten erkundigen zu wollen, um diese so zu richten, dass sie sich mit den Arbeitsstunden vereinbaren ließen. Zu diesen Beweisthemen hätte die belangte Behörde weitere Ermittlungen durchführen müssen. Die belangte Behörde habe auch dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, dass sie sich hinsichtlich der Beweiswürdigung offenbar ausschließlich auf die Darstellung der Mitarbeiterin der Beratungs- und Betreuungseinrichtung P., Frau J., gestützt habe, deren Muttersprache zudem nicht Deutsch sei, sodass sie möglicherweise die feinen Nuancen, auf die es bei Vorstellungsgesprächen oft ankomme, missinterpretiert und falsch verstanden habe. Selbst wenn man aber die Kausalität zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses bejahe, sei das Verhalten des Beschwerdeführers höchstens fahrlässig gewesen, und ein - auch nur bedingter - Vorsatz sei ohne jeglichen Zweifel auszuschließen. Schließlich rügt die Beschwerde, dass die belangte Behörde den Inhalt von Schriftsätzen und Beweismitteln nur wiedergegeben habe, ohne sie einer Beweiswürdigung zu unterziehen und einen bestimmten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen.

Letzteres trifft nicht zu: In der eingangs wiedergegeben Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde auf Grund einer Würdigung der ihr vorliegenden Beweismittel Feststellungen getroffen und darauf ihre rechtliche Beurteilung gestützt; dass sich dabei zum Teil Beweiswürdigung und Feststellungen in dem der rechtlichen Beurteilung gewidmeten Teil der Begründung finden, macht den Bescheid noch nicht rechtswidrig.

Auch sonst vermag das Beschwerdevorbringen die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer eine Vereitelungshandlung iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG gesetzt habe, nicht zu erschüttern. Die belangte Behörde durfte nämlich auf Grund der im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen von Frau J. und des potentiellen Dienstgebers, aber auch auf Grund der eigenen niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers - somit nicht allein auf Grund der Darstellung von Frau J. - davon ausgehen, dass er - unabhängig vom genauen Wortlaut seiner Aussagen - beim Vorstellungsgespräch zum Ausdruck gebracht hatte, dass ihm die Fortsetzung seines Studiums wichtiger sei als die Annahme einer Arbeit. Den damit gezeigten Eindruck seiner mangelnden Bereitschaft, das ihm angebotene Beschäftigungsverhältnis unter den vom Dienstgeber gesetzten Konditionen (insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit) anzutreten, hätte er, wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, nur durch die eindeutige Klarstellung, dass er nicht auf seinen Wünschen beharre, entkräften können (vgl. etwa - zur Äußerung von Vorstellungen über die Entlohnung - die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0049, und vom 19. Oktober 2011, Zl. 2008/08/0202, jeweils mwN). Dass eine solche eindeutige Klarstellung erfolgt sei, behauptet jedoch auch der Beschwerdeführer nicht. Der Annahme der belangten Behörde, dass sein Verhalten beim Vorstellungsgespräch kausal für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung war, kann daher nicht entgegen getreten werden; dafür reicht es aus, dass die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verringert wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, Zl. 2008/08/0243, mwN), und selbst ein "Evidenthalten" der Bewerbungsunterlagen durch den potentiellen Dienstgeber würde daran nichts ändern (vgl. zu einer "Vormerkung" das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2005/08/0049). Die belangte Behörde ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen und daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2003/08/0064, wonach schon durch die Unterlassung einer Klarstellung im oben dargestellten Sinn das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf genommen wird).

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext "any hearing at all") erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft, und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat).

Wien, am 13. November 2013

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