Normen
StGG Art5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs4;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §60 Abs1 litc;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §63;
WRG 1959 §64;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:2013070229.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Die Gemeinde R. (Oberösterreich) betreibt seit 1975 eine vollbiologische Kläranlage.
2 Aufgrund eines von der mitbeteiligten Partei mit Eingabe vom 4. Februar 2002 vorgelegten Detailprojektes "Anschluss Gemeinde (R.) und Regenbecken", welches die Ableitung der aus dem Gemeindegebiet von R. anfallenden Abwässer zur Verbandskläranlage der mitbeteiligten Partei und die Errichtung eines Regenbeckens beinhaltete, sowie eines mit Schreiben vom 22. Juli 2003 vorgelegten Ergänzungsprojektes wurde der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (der Erstbehörde) vom 5. August 2003 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb des eingereichten Projektes erteilt. Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass durch die vorgesehenen Maßnahmen keine Beeinträchtigung des Grundeigentums des Beschwerdeführers zu erwarten sei.
3 Dieser Bescheid wurde - nach Ergänzung bestimmter Auflagen durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (die belangte Behörde) als Berufungsbehörde mit Bescheid vom 10. März 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG (vgl. das dazu ergangene hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2005, Zl. 2005/07/0077) - rechtskräftig.
4 2. Mit weiterem Bescheid der Erstbehörde vom 12. September 2008 wurde (unter anderem) der mitbeteiligten Partei die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die gegenüber dem genannten Bescheid vom 5. August 2003 im Bereich (unter anderem) der dem Beschwerdeführer gehörenden Grundstücke Nr. 51, 47, 80/1 und 76/2, alle KG R. "abweichende Trassenführung der Druckleitung und des Entlastungskanales" der mitbeteiligten Partei sowie zu deren Betrieb bei Einhaltung der Dauerauflagen des genannten Bewilligungsbescheides vom 5. August 2003 erteilt; demgemäß wurden dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 51, 47, 80/1 und 76/2, alle KG R., (erstmals) gemäß §§ 60, 63 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 bestimmte Duldungsverpflichtungen gegen Zuerkennung einer Geldentschädigung auferlegt.
5 3. Nach Behebung dieses Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides durch Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2010 (im Kern mit der Begründung, dass Differenzen zwischen den "Grenzen in der Natur" und der "planlichen Darstellung/textlichen Beschreibung" aufzuklären seien, um die zur Beurteilung der Notwendigkeit einer Zwangsrechtseinräumung erforderliche "eindeutige Sachverhaltsdarstellung" zu erlangen) erließ die Erstbehörde einen (Ersatz‑)Bescheid vom 3. Jänner 2012.
6 Mit diesem stellte die Erstbehörde - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Interesse - (unter Spruchpunkt I.) fest, dass die ausgeführten Anlagen der mitbeteiligten Partei mit der dieser mit Bescheid des der Erstbehörde vom 5. August 2003 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung im Wesentlichen übereinstimmten, wobei die Beseitigung bestimmter festgestellter Mängel aufgetragen wurde. Weiters wurde (unter Spruchpunkt II.) hinsichtlich bestimmter abgeänderter Ausführungen - darunter der "abweichenden Trassenführung der Druckleitung und des Entlastungskanals samt Nebenanlagen" der mitbeteiligten Partei auf den Grundstücken des Beschwerdeführers Nr. 51, 47, 80/1 und 76/2, alle KG R. - die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung erteilt sowie schließlich der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 51, 47, 80/1 und 76/2, alle KG R., gegen Zuerkennung einer Entschädigung verpflichtet, die Errichtung und den Betrieb, die Wartung und die Erhaltung der (gemäß Spruchpunkt II.) bewilligten Kanalanlagen zu dulden (Spruchpunkte III. und IV.).
7 Schließlich wurde (unter Spruchpunkt V.) unter anderem zu Lasten des bei bewilligungsgemäßer Ausführung berührten Grundstückes Nr. 1009/1, KG. R., gemäß § 72 iVm § 111 Abs. 4 WRG 1959 ausgesprochen, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Bescheides (Spruchpunkt II.) die Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebes und im erforderlichen Ausmaß der Wartung und Erhaltung der gemäß Spruchpunkt II. geändert wasserrechtlich bewilligten Wasserbenutzungsanlagen zugunsten des Inhabers dieser Bewilligung iSd § 63 lit. b WRG 1959 als eingeräumt anzusehen sei.
8 4. In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer (unter anderem) vor, im (ursprünglichen) Genehmigungsbescheid sei behauptet worden, dass alle Kanäle und Bauwerke auf Gemeindegrund zu liegen kämen und die Grundstücke des Beschwerdeführers nicht berührt würden; nunmehr seien Kanalleitungen ohne Genehmigung auf fremdem Grund errichtet worden, weshalb für über mehr als 200 m illegal verlegte Kanalleitungen ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung gestellt worden sei.
9 5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. März 2013 wies die belangte Behörde diese Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab, wobei sie die zu Lasten des Beschwerdeführers ausgesprochene Duldungsverpflichtung auf bestimmte Weise präzisierte.
10 "Bezüglich des Abschnittes betreffend Grundstück Nr. 1009/1, KG. (R.)" sprach die belangte Behörde (unter Spruchpunkt II. ihres Bescheides) aus, dass der erstbehördliche Bescheid vom 3. Jänner 2012 insofern gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen werde.
11 Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid maßgeblich auf das Gutachten einer von ihr beigezogenen Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft, welche mit Blick auf den durch die Inanspruchnahme der Liegenschaften des Beschwerdeführers verbundenen Eingriff in dessen Rechte insbesondere ausführte, es bestehe ein Bedarf an der gegenständlichen Abwasserbeseitigungsanlage, weil die alte Kläranlage nicht mehr dem Stand der Technik entspreche.
12 Mit Blick auf die vorzunehmende Interessenabwägung (zwischen den Vorteilen der Errichtung der Anlagen und den Nachteilen des durch die Zwangsrechtseinräumung belasteten Grundeigentümers) führte die Amtssachverständige im Wesentlichen aus, der Anschluss der anfallenden kommunalen Abwässer an die bestehende Kanalisationsanlage der mitbeteiligten Partei liege im öffentlichen Interesse. Die zum Nachteil des Beschwerdeführers erfolgende Belastung des Grundstückes Nr. 51 sei im unverbauten und im verbauten Zustand "geringfügig". Bei den Grundstücken Nr. 47, 80/1 und 76/2 habe an der Stelle der Kanalanlagen schon vor deren Errichtung eine Straßennutzung bestanden, weshalb ebenfalls eine geringfügige Beeinträchtigung im Vergleich zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen gegeben sei. "Aus fachlicher Sicht" überwögen bei den betroffenen Grundstücken die Vorteile der Errichtung der Anlagen die Nachteile der Zwangsrechtseinräumung.
13 Mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Zwangsrechtseinräumung führte die Amtssachverständige schließlich aus, deren Art und Umfang "beim Grundstück Nr. 51" sei verhältnismäßig, weil ein davon abweichender Vorschlag des Beschwerdeführers nicht ÖNORM-konform ohne Überschreitung der Grundstücksgrenzen ausgeführt werden könne. Auch für die "Trassenführung auf den Grundstücken Nr. 80/1, 47 und 76/2" gebe es keine Variante mit geringerer oder keiner Belastung der Grundstücke des Beschwerdeführers.
14 Die belangte Behörde führte nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften begründend im Wesentlichen aus, sämtliche nicht als geringfügig beurteilte Abweichungen vom ursprünglich bewilligten Projekt seien durch die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung gedeckt. "Aufgrund des Ausmaßes der Verschiebung der Trasse sowie die Inanspruchnahme des Grundeigentums" des Beschwerdeführers habe diese Abweichung nicht als "geringfügig" beurteilt werden können und sei nachträglich unter Einräumung von Zwangsrechten wasserrechtlich bewilligt worden.
15 Die Notwendigkeit der vorgenommenen Zwangsrechtseinräumung ergebe sich daraus, dass diese für die Durchführung des Vorhabens zur technisch und wirtschaftlich einwandfreien Ausübung des Wasserrechts erforderlich sei und der für das Projekt erforderliche Grund nicht anders als durch das Zwangsrecht zu beschaffen sei.
16 Gestützt auf das wiedergegebene Gutachten der Amtssachverständigen vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der Bedarf an der bewilligten Anlage gegeben sei und die Vorteile im allgemeinen öffentlichen Interesse durch das bereits ausgeführte Projekt die Nachteile der Zwangsrechtseinräumung (das entgegen stehende Interesse des Grundeigentümers) klar überwögen. Ein gelinderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks sei nicht gegeben, insbesondere weil die vom Beschwerdeführer aufgeworfene kostengünstigere Variante nicht ÖNORM-konform sei und es überhaupt keine kostengünstigere Variante hinsichtlich der in Anspruch genommenen Grundstücke gebe. Das eingeholte Gutachten sei widerspruchsfrei, folgerichtig, in sich schlüssig und mängelfrei; der Beschwerdeführer sei ihm hinsichtlich der genannten Grundstücke nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
17 Die unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vorgenommene Behebung nach § 66 Abs. 2 AVG begründete die belangte Behörde im Kern damit, dass erst im Berufungsverfahren hervorgekommen sei, dass sich das Grundstück Nr. 1009/1, KG R., mittlerweile (aufgrund eines Tauschvertrages zwischen der Gemeinde R. und dem Beschwerdeführer) im Eigentum des Beschwerdeführers befinde; die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde und eine Entscheidung durch diese seien vonnöten, um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, "in Rede und Gegenrede ihre Standpunkte aufzuzeigen", und den diesen zustehenden Instanzenzug nicht zu verkürzen.
18 6. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 12. September 2013, Zl. B 548/2013-8, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
19 In der auftragsgemäß ergänzten vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
20 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
21 Auf eine Gegenäußerung des Beschwerdeführers hat die mitbeteiligte Partei wiederum repliziert.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 1. Vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
23 2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 14/2011, lauten wie folgt:
"Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.
§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(3) Inwiefern jedoch bestehende Rechte - abgesehen von den Bestimmungen des Abs. 4 des § 19 Abs. 1 und des § 40 Abs. 3 - durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, richtet sich nach den Vorschriften des achten Abschnittes.
(...)
ACHTER ABSCHNITT.
Von den Zwangsrechten
Einteilung der Zwangsrechte und allgemeine Bestimmungen.
§ 60. (1) Zwangsrechte im Sinne dieses Abschnittes sind:
(...)
c) die Enteignung (§§ 63 bis 70);
(...)
Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken
§ 63. Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihnen schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich
(...)
b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;
(...)
Betreten und Benutzung fremder Grundstücke.
§ 72. (1) Die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten haben a) zu Instandhaltungsarbeiten an Gewässern,
b) zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen,
(...)
das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dgl., zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben, einschließlich der Entnahme von Fischen, sonstigen Wassertieren und Pflanzen zu Zwecken der Überwachung und zur Einrichtung von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden. Desgleichen sind die Fischereiberechtigen in gleicher Weise gehalten, die oben genannten Entnahmen zu Zwecken der Überwachung zu dulden. (...)
(...)
Inhalt der Bewilligung
§ 111. (1) (...)
(4) Hat sich im Verfahren ergeben, daß die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt, und ist weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden, so ist mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen. (...)"
24 3. Aus den §§ 63f WRG 1959 geht nach ständiger hg. Rechtsprechung hervor, dass eine Enteignung nur dann zulässig ist, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist. Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichende andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2004/07/0184, mwN).
25 Bevor in die Interessenabwägung iSd §§ 63 und 64 WRG 1959 einzugehen ist, muss das Vorliegen eines Bedarfs eines Eingriffs in die Rechte Dritter begründet werden. Fehlt es an der Erforderlichkeit selbst, so erweist sich eine Interessenabwägung als nicht mehr notwendig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2012, Zl. 2010/07/0127, mwN).
26 Die Notwendigkeit der Enteignung liegt dann vor, wenn einerseits das durch ein Zwangsrecht zu belastende Grundstück für die Durchführung des Projekts zur technischen und wirtschaftlich einwandfreien Ausübung des Wasserrechts erforderlich ist und wenn andererseits der für das Projekt erforderliche Grund nicht auf andere Weise als durch das Zwangsrecht zu beschaffen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0110, mwN).
27 4. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Duldung von Kanalanlagen auf seinen Grundstücken verpflichtet zu werden, als verletzt.
28 4.1. Dazu bringt er (unter anderem) vor, die Einräumung von Zwangsrechten auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken Nr. 51, 47, 80/1 und 76/2, alle KG R., sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie nicht notwendig gewesen wäre: Dies ergebe sich schon daraus, dass das ursprünglich von der mitbeteiligten Partei eingereichte Projekt keine Inanspruchnahme von Grundstücken des Beschwerdeführers beinhaltet habe. Wäre dieses Projekt plangemäß errichtet worden, wäre auch keine "Fremdgrundinanspruchnahme" erfolgt.
29 Dass die nunmehr eingeräumten Zwangsrechte zu Lasten von Grundstücken des Beschwerdeführers nicht erforderlich seien, ergebe sich somit schon aus dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid der Erstbehörde vom 5. August 2003. In diesem Bescheid sei festgestellt worden, dass alle Rohrleitungen und sonstigen baulichen Anlagen auf öffentlichem Gut oder auf Grundstücken der Gemeinde R. (und daher nicht auf Grundstücken des Beschwerdeführers) zu liegen kämen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/07/0104).
30 Die (faktische) Inanspruchnahme eines Grundstückes des Beschwerdeführers durch das sodann verwirklichte Projekt habe sich lediglich deswegen ergeben, weil mit dessen Ausführung begonnen worden sei, ohne die genauen Grundgrenzen zu überprüfen. So liege nunmehr ein Teil der Kanalleitungen auf einem Grundstück des Beschwerdeführers. Die Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung und die Auferlegung von Zwangsrechten seien schon aus diesem Grund rechtswidrig.
31 4.2. In der Gegenschrift der belangten Behörde wird in diesem Zusammenhang eingeräumt, die Leitungen seien "aufgrund eines Vermessungsfehlers nicht im Eigengrund sondern im fremden Grund verlegt" worden.
32 In der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei wird in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt:
"Das Projekt wurde unter Annahme der bei Projektserstellung bekannten Grenzverläufe ausgearbeitet und hätte sich dabei insbesondere im Bereich des Grundstückes Nr. 51 auf öffentlichem Gut bewegt. Erst durch nachträgliche Grenzfeststellungen zeigte sich ein zunächst nicht absehbarer Grenzverlauf und liegt nunmehr ein Teil der Trasse auf Fremdgrund."
33 5. Das wiedergegebene Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
34 Der vorliegende Fall erscheint - schon nach dem Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid insofern bestätigten erstbehördlichen Bescheid vom 3. Jänner 2012 (s. dessen Spruchpunkt II. betreffend die nachträglich erteilte wasserrechtliche Bewilligung) - dadurch gekennzeichnet, dass der mit der angestrebten Bewilligung zu erreichende Zweck bereits durch die mit Bescheid der Erstbehörde vom 5. August 2003 erteilte Bewilligung - ohne Inanspruchnahme von im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücken - erreicht hätte werden können und auch jetzt noch erreicht werden könnte und dass die mitbeteiligte Partei aufgrund bestehender Unklarheiten über den tatsächlichen Grundstücksgrenzverlauf bei Ausführung des Vorhabens von dem ursprünglich bewilligten Projekt abgewichen ist.
35 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dann, wenn bereits eine zweckentsprechende Bewilligung vorliegt, der Berechtigte, welcher vom Konsens abgewichen ist, nicht verlangen kann, dass für die von ihm verwirklichte Variante eine nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird, für die es einer Zwangsmaßnahme gemäß § 63 lit. b WRG 1959 bedarf. In einem solchen Fall fehlen nämlich zu erwartende "überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse". Fehlen aber die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung eines Zwangsrechtes, steht der mit dem angefochtenen Bescheid erteilten wasserrechtlichen Bewilligung die damit einhergehende Verletzung des Eigentumsrechts des Beschwerdeführers entgegen (vgl. das bereits angeführte Erkenntnis zur Zl. 2002/07/0110 mit Hinweis auf das Erkenntnis vom 28. April 1987, Zl. 84/07/0290).
36 Die belangte Behörde hat allerdings im angefochtenen Bescheid ohne Prüfung, ob der mit der angestrebten Bewilligung zu erreichende Zweck bereits durch die mit Bescheid der Erstbehörde vom 5. August 2003 erteilte Bewilligung erreicht werden könnte, überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse zur Begründung eines Zwangsrechts gemäß § 63 lit. b WRG 1959 zu Gunsten des geänderten Projekts angenommen und auf diese Weise die Rechtslage verkannt.
37 6. Der angefochtene Bescheid war daher - wegen der Untrennbarkeit seiner Spruchpunkte im gesamten Umfang - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
38 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 29. September 2016
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