VwGH 84/07/0290

VwGH84/07/029028.4.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des JP in F, vertreten durch Dr. Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Rainerstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Juli 1984, Zl. Wa-3256/2-1984/Spi/Wab, betreffend wasserrechtliche Bewilligung und wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: 1) Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister, 2) und 3) A und EH in L, 4) und 5) A und TP in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §6 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §63 litb;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §6 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §63 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag aufrechterhalten wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in der Folge mit Berufungsbescheid vom 26. Mai 1983 im wesentlichen bestätigten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. März 1983 war dem Beschwerdeführer die nachgesuchte wasserrechtliche Bewilligung für die Verrohrung des sogenannten X-bachls auf der im grundbücherlichen Eigentum der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmitbeteiligten Gemeinde stehenden öffentlichen Wegparzelle 2192/3 KG F auf eine Länge von 11 m erteilt worden. Mit dieser Maßnahme sollte dem Beschwerdeführer eine Fahrverbindung zwischen seinem Grundstück 1562/4 und dem Grundstück 2192/3 ermöglicht werden. Mit Schriftsatz vom 24. Jänner 1984 teilte der Beschwerdeführer der Wasserrechtsbehörde erster Instanz mit, es sei ihm aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, die Länge der Verrohrung einzuhalten; auch hätten, da dem ausführenden Unternehmen die nötigen maschinellen Einrichtungen gefehlt hätten, die Rohre nicht, wie vorgesehen gewesen, im Straßenrandbereich verlegt werden können, sondern befänden sich nun in der Straßenmitte; er ersuche um (nachträgliche) Bewilligung der Erweiterung des Rohrkanales in der neuen Form auf 21 m. Nach Durchführung einer Verhandlung am 24. April 1984, bei der sich alle am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien und ebenso der wasserbautechnische Amtssachverständige gegen das Vorhaben aussprachen, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. Juni 1984 gemäß §§ 12, 41, 50, 98, 105, 107 und 111 WRG 1959 das Ansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen und die beantragte wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt (Spruchpunkt I) sowie gemäß §§ 98 und 138 Abs. 1 WRG 1959 der Beschwerdeführer verpflichtet, die Verlängerung der Verrohrung auf 20 m als eigenmächtig vorgenommene Neuerung zu beseitigen und den geschaffenen Zustand so weit zu ändern, daß er dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 21. März 1983 entspreche (Spruchpunkt II). Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gab sodann der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 25. Juli 1984 gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge. Begründend wurde dazu unter Hinweis auf die §§ 111, 12 und 63 WRG 1959 ausgeführt, der Vertreter (der Erstmitbeteiligten als) des Grundeigentümers des durch die Rohrverlegung unmittelbar betroffenen Grundstückes habe bei der Verhandlung am 24. April 1984 erklärt, einer Verlängerung der schon bewilligten Verrohrung um weitere 9 m nicht zuzustimmen und die Entfernung der über das bereits bewilligte Maß hinaus errichteten Verrohrung zu verlangen. Der Amtssachverständige für Wasserbau habe in seinem Gutachten im wesentlichen erklärt, bei der ursprünglich bewilligten Verrohrungslänge sei einerseits auf die Ermöglichung der Zufahrt, andererseits auf eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Abflußverhältnisse und Belassung des natürlichen und intakten Gerinnes geachtet worden; einer Verlängerung könne aus wasserbautechnischer Sicht nicht zugestimmt werden, da es beim Auftreten größerer Wasserführungen abwärts der Verrohrung zu einer starken Bachverwerfung mit Uferanbrüchen käme, wobei angrenzende fremde Grundstücke in Mitleidenschaft gezogen würden; außerdem sei die Gefahr der Verklausung gegeben, wobei dadurch wiederum fremde Grundstücke durch Überflutungen betroffen werden könnten. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei das Ansuchen abzuweisen gewesen, da durch die geplanten Maßnahmen bestehende fremde Rechte (Grundeigentum) beeinträchtigt würden, wobei vom Eigentümer keine Einwilligung erteilt worden sei und außerdem kein öffentliches Interesse zur Bewilligung der geplanten Maßnahmen habe nachgewiesen und deshalb § 63 WRG 1959 nicht habe angewendet werden können. Das Verfahren habe vielmehr ergeben, daß die geplante Maßnahme einen schädlichen Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer des Gewässers herbeiführen würde und daher öffentlichen Interessen entgegenstehe. Dem Beschwerdeführer sei es auch nicht möglich gewesen, das schlüssige Gutachten des Amtssachverständigen zu widerlegen. Was den Antrag betreffe, einen straßenbautechnischen Sachverständigen beizuziehen, werde daran erinnert, daß sich der wasserbautechnische Amtssachverständige dahin geäußert habe, es sei bereits im Verfahren über die bewilligte Verrohrungslänge von 11 m darauf Bedacht genommen worden, die Ermöglichung der Zufahrt darauf abzustimmen, daß die gegebenen Verhältnisse möglichst wenig beeinträchtigt würden.

Dieser Bescheid wird in allen seinen Punkten mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung und Unterlassung des erteilten wasserpolizeilichen Auftrages verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die viert- und fünftmitbeteiligten Parteien gaben eine schriftliche Stellungnahme ab, in der sie sich gegen die Beschwerde wandten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hält, wie er zunächst ausführt, Befund und Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen in Hinsicht des Sachverhaltes für zu dürftig und dessen Ausführungen betreffend das Erfordernis einer Beruhigungsstrecke für unglaubwürdig. Dieser Vorwurf ist unberechtigt, da vom genannten Sachverständigen bei der Verhandlung am 24. April 1984 auf den den Beteiligten, insbesondere dem Beschwerdeführer selbst bekannten Bewilligungsbescheid aus 1983 Bezug genommen, die vom Beschwerdeführer inzwischen getätigte, von ihm in seinem Ansuchen bereits kurz dargelegte Herstellung beschrieben und im übrigen (unwidersprochen) festgestellt wurde, die im Zusammenhang erwähnten Verhältnisse hätten sich seit dem Bewilligungsbescheid (also seit rund einem Jahr) nicht verändert. Zu dem nicht als unschlüssig zu erkennenden Inhalt des Gutachtens hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht, umso weniger auf gleicher fachlicher Ebene Stellung genommen, so daß sein nun in der Beschwerde erhobener Vorwurf ins Leere gehen muß.

Der Beschwerdeführer bemängelt des weiteren, die im selben Gutachten genannten Gefahren seien mit dem Vorbehalt "ohne Erfüllung der im Bescheid vorgeschriebenen sonstigen Auflagen" angenommen worden; es sei daher ungeklärt geblieben, ob Nachteile auch bei Erfüllung der Auflagen entstünden. Dazu ist festzuhalten, daß sich die betreffende Bemerkung im Zusammenhang mit dem Hinweis auf "die ausgeführte Maßnahme", also den vom Beschwerdeführer herbeigeführten Zustand, findet; der Beschwerdeführer hat aber zur nachträglichen Bewilligung gerade diese von ihm ("in der dargelegten Form") vorgenommene Baumaßnahme beantragt, welche unter anderem dadurch gekennzeichnet war, daß ihr die seinerzeit vorgeschriebenen Auflagen fehlten; der Sachverständige und mit ihm die belangte Behörde sind daher nicht in rechtlich vorwerfbarer Weise von jenem Vorbehalt ausgegangen, den der Beschwerdeführer nun in der Beschwerde nicht mehr für maßgebend ansieht.

Der Beschwerdeführer ist auch der Ansicht, die Wasserrechtsbehörden hätten auf eine von ihm in der besagten Verhandlung vorgeschlagene Projektsänderung eingehen müssen. Nach der Verhandlungsschrift hat der Beschwerdeführer abschließend ersucht, "meinem Antrag auf Verrohrung in einer Länge von mindestens 17 m stattzugeben". Sein Antrag "auf Verlängerung" - diese Wendung umfaßt nicht nur eine solche auf 21 m, sondern ebenso auf 17 m - ist spruchmäßig erledigt, nämlich abgewiesen worden. Da sowohl der Sachverständige erklärt hatte, daß "einer Verlängerung der Verrohrung" - ohne Einschränkung - "nicht zugestimmt" werden könne als auch die erstmitbeteiligte Gemeinde als Eigentümerin der Grundfläche, in der die Rohre verlegt wurden, sich - ebenfalls ohne Einschränkung im Ausmaß - "gegen die Genehmigung einer Verlängerung der Verrohrung" ausgesprochen hat (siehe Verhandlungsschrift), ist auch in der Unterlassung näherer Untersuchungen über unterschiedliche Auswirkungen im Fall der bezeichneten, etwas kürzeren Verlängerung kein rechtserheblicher Verfahrensmangel zu erblicken.

Der Beschwerdeführer meint ferner, das Mitspracherecht der Erstmitbeteiligten sei durch Gemeingebrauch beschränkt; dementsprechend hätte auch Einsicht in den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan genommen, ein Straßenverkehrs-Sachverständiger (wie es in der Beschwerde heißt, im Verwaltungsverfahren, nämlich in der Berufung, war von einem "straßenbautechnischen" Sachverständigen die Rede) beigezogen werden müssen und zugunsten des Beschwerdeführers ein Zwangsrecht begründet werden können, weil es im allgemeinen Interesse - mit dem sich das Interesse des Beschwerdeführers decke - liege, daß öffentliches Gut mit der Kennzeichnung als Straße oder Weg befahrbar gemacht werde. Schließlich habe die Behörde auch in Hinsicht der Beeinträchtigungsmöglichkeit der zweit- bis fünftmitbeteiligten Parteien entsprechende Feststellungen unterlassen.

Hierauf ist zu erwidern, daß der vom Beschwerdeführer angegebene Zweck - Gegenteiliges ist nicht nachgewiesen worden - bereits mit der 1983 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung hätte erreicht werden können und erreicht werden könnte. Der Beschwerdeführer ist jedoch bei Ausführung seines Vorhabens von dem bewilligten Projekt abgewichen. Die belangte Behörde hat in Anbetracht dessen und angesichts der fehlenden Zustimmung der erstmitbeteiligten Grundeigentümerin ein allgemeines Interesse zur Begründung eines Zwangsrechtes gemäß § 63 lit. b WRG 1959 zugunsten des geänderten Vorhabens des Beschwerdeführers daher zu Recht verneint. Unter diesen Umständen braucht auf die weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen, insbesondere inwieweit die anderen Mitbeteiligten von seinem geänderten Vorhaben betroffen sind, nun nicht näher eingegangen zu werden. Der Vollständigkeit halber sei noch, soweit sich das Beschwerdevorbringen in Richtung der Schaffung einer für den Beschwerdeführer angemessenen Bringungsmöglichkeit verstehen ließe, darauf hingewiesen, daß eine allfällige Entscheidung hierüber in die Zuständigkeit der Straßen- oder Agrarbehörden fiele.

Die Beschwerde erweist sich somit, was die Versagung des Antrages auf Bewilligung des geänderten Vorhabens des Beschwerdeführers betrifft, als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Anders verhält es sich mit dem wasserpolizeilichen Auftrag. Dieser wurde auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützt und durfte deshalb nur ergehen, "wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt". Im Beschwerdefall wurde, wie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausweist, nicht vom Erfordernis eines öffentlichen Interesses, sondern vom Vorliegen eines Verlangens der erstmitbeteiligten Gemeinde ausgegangen. Das Vorliegen eines derartigen Verlangens stellt der Beschwerdeführer in Abrede und es ist auch ein solches, welches an die zuständige Wasserrechtsbehörde gerichtet hätte werden müssen, den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. In der Gegenschrift der belangten Behörde wird lediglich auf eine Erklärung des Vertreters der Erstmitbeteiligten in der Verhandlung am 24. April 1984 verwiesen; dort hatte jener jedoch lediglich erklärt, die Gemeinde habe die Entfernung vom Beschwerdeführer verlangt. Ein derartiger bloßer Bericht über ein an den Beschwerdeführer unmittelbar gerichtetes Verlangen vermag aber ein rechtswirksames Verlangen an die zuständige Behörde zum Zweck der Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nicht zu ersetzen. Der im Beschwerdefall erteilte Auftrag entbehrte somit der gesetzlichen Grundlage.

Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides aufrechterhalten wurde, war der angefochtene Bescheid demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 28. April 1987

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