Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Aserbaidschan, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Ausführungen. Aus diesen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer seine ehemalige Lebensgefährtin im Jahr 2000 in Aserbaidschan kennengelernt habe. Im Jänner 2002 habe er Aserbaidschan "in Richtung Westeuropa" verlassen und in Deutschland unter Verwenden anderer Identitätsdaten einen Asylantrag gestellt.
Erst im Juli 2002 habe er sich wieder bei der damals schwangeren Lebensgefährtin gemeldet. Er habe diese aufgefordert, "gemeinsam mit dem Kind nach Moskau zu kommen, um sich dort zu treffen". Dieser Aufforderung sei die ehemalige Lebensgefährtin nachgekommen. Von Moskau aus seien beide nach Österreich gereist.
Die Einreise des Beschwerdeführers in Österreich im August 2002 sei - so die belangte Behörde - unrechtmäßig erfolgt. Sein Asylbegehren sei letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes (richtig: mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates) vom 16. Juni 2008 rechtskräftig abgewiesen worden. Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest.
Im Asylverfahren sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer seine frühere Lebensgefährtin schon im Heimatland geschlagen und misshandelt habe. Dieses Verhalten habe er in Österreich fortgesetzt. Auf Grund der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gewalttätigkeiten habe seine damalige Lebensgefährtin im Februar 2005 eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts Favoriten erwirkt. Mit dieser sei dem Beschwerdeführer wegen seiner Gewalttätigkeiten die Rückkehr in die gemeinsame Wohnung für drei Monate untersagt worden.
Der Beschwerdeführer habe dann nicht mehr mit der Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt gelebt. Auch die gemeinsamen Kinder lebten nicht beim Beschwerdeführer. Ein Familienleben finde bereits seit vier Jahren nicht mehr statt. Die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers habe - nach den von der belangten Behörde übernommenen Feststellungen der Behörde erster Instanz - angegeben, dass er für die Kinder "keine Barmittel" aufbringe.
Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde in ihren rechtlichen Erwägungen weiter - das Bundesgebiet nicht verlassen. Er sei auch nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels. Die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG seien gegeben.
Bei der nach § 66 FPG vorzunehmenden Beurteilung sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer ledig und für drei Kinder sorgepflichtig sei. Die Kinder und die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers seien ebenfalls Staatsangehörige von Aserbaidschan. Ihnen komme in Österreich der Status von subsidiär Schutzberechtigten zu. Es sei daher davon auszugehen, dass mit der Ausweisung ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig. Er sei für das Erreichen von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier konkret zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, als dringend geboten anzusehen. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse habe der Beschwerdeführer gravierend verstoßen, weil er unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei, einen Asylantrag gestellt habe, der sich als unberechtigt erwiesen habe, und nach - für ihn negativem - Abschluss des Asylverfahrens Österreich nicht verlassen habe.
Die vom Beschwerdeführer erlangte Integration wiege keinesfalls schwer. Der bisherige Aufenthalt habe sich lediglich auf einen Asylantrag gestützt, der sich als unberechtigt erwiesen habe. Auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachten familiären Bindungen seien zu relativieren. Der Beschwerdeführer habe sich gegenüber seiner früheren Lebensgefährtin "brutal, aggressiv und sadistisch verhalten und sie wie eine Gefangene gehalten". Er habe sie bereits im Herkunftsstaat misshandelt und dieses Verhalten in Österreich fortgesetzt. Es sei ihm vom Bezirksgericht Favoriten die Rückkehr in die gemeinsame Wohnung wegen seiner Gewalttätigkeiten untersagt worden. Der Beschwerdeführer habe auch die erstinstanzlichen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer seit vier Jahren kein Familienleben mit seiner früheren Lebensgefährtin mehr führe, unwidersprochen gelassen. Seit August 2009 lägen auch "getrennte Meldedaten vor".
Demgegenüber könne die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung einer Schule, dass er sich als "Klassenelternstellvertreter" in der Schule seines Sohnes engagiert zeige, an den "offensichtlich erheblich zu relativierenden" familiären Lebensumständen nichts ändern. Dass für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als geringfügig beschäftigter Taglöhner bei der Wiener Straßenreinigung eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorliege, könne seine Interessen nicht entscheidend verstärken. Es sei sohin davon auszugehen, dass das ihm insgesamt zuzusprechende private Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet als nicht besonders ausgeprägt anzusehen sei. Es sei nicht geltend gemacht worden, dass einer Ausreise des Beschwerdeführers unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden. Der Beschwerdeführer sei ein "erwachsener, offenbar gesunder Mann im arbeitsfähigen Alter", weshalb er sich in seiner Heimat wieder integrieren könne. Den Kontakt zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen - offenkundig bezieht sich die belangte Behörde hier auf die Kinder des Beschwerdeführers - könne er, wenn auch eingeschränkt, vom Ausland aus wahrnehmen. Diese Einschränkung werde im öffentlichen Interesse zu tragen sein. Ebenso könne der Beschwerdeführer allfälligen Sorgepflichten vom Ausland aus nachkommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides (14. April 2010) nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009 richtet.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Richtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde, aus denen sich ergibt, dass er seit Abschluss des Asylverfahrens und somit auch im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt hat. Vor dem Hintergrund der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen begegnet die behördliche Ansicht, es sei der die Ausweisung ermöglichende Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt, keinen Bedenken.
Der Beschwerdeführer bekämpft die angefochtene Entscheidung in ihrer Beurteilung nach § 66 FPG. Er verweist dazu in erster Linie auf das bisher mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin geführte Familienleben sowie auf die drei minderjährigen Kinder, denen in Österreich der Status von subsidiär Schutzberechtigten zukomme. Des Weiteren macht er seine Unbescholtenheit, perfekte Deutschkenntnisse und die "erlaubte Erwerbstätigkeit bei der MA 48" geltend.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm sei zu für die Entscheidung relevanten Feststellungen kein Parteiengehör eingeräumt worden, nicht berechtigt ist. Bereits die Behörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid jene Feststellungen getroffen, die sich auf das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefährtin beziehen. In den darauf bezugnehmenden Berufungsausführungen hat der Beschwerdeführer zugestanden, wegen gegen seine Lebensgefährtin gerichteter häuslicher Gewalt (offenkundig gemeint: nach § 38a SPG) "weggewiesen" worden zu sein. Weiters hat er in diesem Zusammenhang lediglich geltend gemacht, dass "aus diesem Vorfall keine strafgerichtliche Verurteilung" resultiert hätte. Darüber hinaus wurde vom Beschwerdeführer in der Berufung bezogen auf seine Kinder lediglich vorgebracht, dass er sich an der Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder beteilige, was aus der von ihm vorgelegten Bestätigung einer Schule hervorgehe.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, ein Vorbringen zu seinen familiären Umständen zu erstatten, das die belangte Behörde auch in ihre Überlegungen einbezogen hat. Davon, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von Feststellungen ausgegangen wäre, die sie entgegen des auch im Verwaltungsverfahren geltenden Überraschungsverbotes (vgl. dazu des Näheren Pkt. 5.2. der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 3. April 2009, Zl. 2008/22/0711, mwN) einbezogen hätte, kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Darüber hinaus stellen sich aber auch jene Überlegungen der belangten Behörde, die hinreichend erkennbar die Beweiswürdigung betreffen, nicht als unschlüssig dar. Demgegenüber ist den Ausführungen in der Beschwerde nicht in der gebotenen Weise substantiiert zu entnehmen, welche konkreten Feststellungen von der belangten Behörde im Fall ergänzender Ermittlungen zu treffen und weshalb diese geeignet gewesen wären, zu einem anderem Bescheid kommen zu können.
Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen begegnet die Auffassung der belangten Behörde, § 66 FPG stehe der Ausweisung nicht entgegen, keinem Einwand. Ein Familienleben mit seiner früheren Lebensgefährtin führt der Beschwerdeführer bereits seit längerer Zeit nicht mehr. Mit seinen Kindern lebt er nicht im gemeinsamen Haushalt. Anhand der Feststellungen kann ungeachtet dessen, dass sich der Beschwerdeführer in der Schule eines seiner Kinder als Elternvertreter engagiert, nicht davon ausgegangen werden, der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Familienleben stelle sich bezogen auf seine Kinder als unzulässig dar, zumal dieses bereits jetzt mangels Vorliegens eines gemeinsamen Haushaltes auf Besuche beschränkt ist. Es begegnet sohin keinem Einwand, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass die durch die Ausweisung bewirkte Erschwerung eines Kontakts zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern im öffentlichen Interesse hinzunehmen ist. Einer (rechtmäßigen) Rückkehr des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet zu Besuchszwecken oder mit einem Aufenthaltstitel steht die Ausweisung ohnedies nicht entgegen, ist doch mit dieser - anders als im Fall eines Aufenthaltsverbotes - ein Verbot der Wiedereinreise auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht verbunden.
Zu Recht hat die belangte Behörde im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die trotz des negativen Abschlusses ihres Asylverfahrens in Österreich unrechtmäßig bleiben, was nach dem Gesagten eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2008/18/0189, mwN). Ebenso durfte die belangte Behörde im Sinn des § 66 Abs. 2 Z 8 FPG berücksichtigen, dass sich der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers lediglich auf Grund eines sich als unberechtigt herausgestellten Asylantrages als vorübergehend zulässig dargestellt hat und er nicht davon ausgehen durfte, er werde dauernd in Österreich bleiben können.
Es begegnet daher zusammengefasst keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde, die auch der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und seinen Deutschkenntnissen unter Bedachtnahme auf die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in Österreich nicht ein solches Gewicht beilegen musste, dass sie bei der gebotenen Gesamtbetrachtung zu einer Unzulässigkeit der Ausweisung geführt hätten, davon ausgegangen ist, im vorliegenden Fall stehe § 66 FPG der Ausweisung nicht entgegen.
Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 22. Jänner 2013
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