Normen
FAG 2008 §15 Abs3 Z1 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §57 Abs3;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §18 Abs3 litc idF 2011/024;
FAG 2008 §15 Abs3 Z1 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §57 Abs3;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §18 Abs3 litc idF 2011/024;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Bescheide des Stadtmagistrates Innsbruck jeweils vom 28. Oktober 2011, mit denen Vergnügungssteuer in Höhe von EUR 5.720,-- für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 für zehn Glücksspielautomaten und in Höhe von EUR 3.520,-- für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2011 für acht Glücksspielautomaten vorgeschrieben worden waren, keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, die aufgestellten Geräte seien keine Glücksspielautomaten im Sinn des Glücksspielgesetzes, weil die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht im Gerät selbst, sondern an einem anderen Ort erfolge. Zum Beweis dafür habe der Beschwerdeführer die Anberaumung eines Lokalaugenscheines beantragt. Der Aufforderung der Abgabenbehörde erster Instanz zur Vorlage diverser Nachweise sei der Beschwerdeführer nur mangelhaft nachgekommen. Mit Berufungsvorentscheidung vom 23. Juli 2012 sei den Berufungen keine Folge gegeben worden. Im Antrag auf Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe der Beschwerdeführer ergänzend vorgebracht, die von der Behörde zu klärende Frage, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Gerät selbst erfolge oder nicht, könne relativ einfach durch Probespiele am Gerät erfolgen, indem die Internetverbindung unterbrochen werde und die "vorlaufende" Spielmöglichkeit nicht mehr gegeben sei, und zwar "unabhängig eines aktiven Nachweises im Ergänzungsersuchen". Erhebungen in Form von Probespielen oder eines Augenscheines seien der Behörde zumutbar.
In der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung zu verweisen, welcher sie sich inhaltlich voll anschließe. Ergänzend sei festzuhalten, dass die Abgabenbehörde erster Instanz im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht dem Beschwerdeführer einen umfassenden Ergänzungsauftrag erteilt habe, weil es ihr nicht möglich gewesen sei, die für die Beurteilung der Steuerpflicht notwendigen Sachverhaltselemente zu prüfen. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nur mangelhaft nachgekommen, so habe er weder die Adresse des Serverstandortes bekannt gegeben, noch eine Konzession nachgewiesen oder diverse schriftliche Verträge vorgelegt. Die Abgabenbehörde erster Instanz habe im Zuge ihrer Besichtigung die Glücksspielautomaten in Augenschein genommen. Zum damaligen Zeitpunkt sei das Durchführen eines Probespiels nicht notwendig gewesen, weil die im Ergänzungsauftrag genannten Abklärungen noch zu treffen gewesen seien. Erst nach Beantwortung der im Ergänzungsauftrag gestellten Fragen, wie der Zufall erzeugt werde, ob mit Hardwaregeneratoren oder mit Software und deren Beschreibung, hätte sinnvollerweise ein Probespiel durchgeführt werden können. Der vom Beschwerdeführer gezeigte Mangel an Mitwirkung habe eine anders lautende Beurteilung des Sachverhalts nicht möglich gemacht und eine Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung nach sich gezogen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
§ 18 Abs. 1 und 3 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982 (LGBl. Nr. 60/1982, Wiederverlautbarung, idF der Novelle LGBl. Nr. 24/2011; in der Folge: TVStG) lautet:
"§ 18
(1) Die Pauschsteuer wird für das Aufstellen von Spielautomaten und von Glücksspielautomaten für jeden angefangenen Monat nach festen Sätzen erhoben.
...
(3) Glücksspielautomat im Sinn des Abs. 1 ist ein gegen Entgelt zu betreibendes Gerät mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen, bei dem
a) einem Spieler eine vermögenswerte Leistung ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wird,
b) die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt und nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt und
c) keine Ausspielung nach § 2 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 111/2010, durch Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§ 5, 14, 21 und 22 des Glücksspielgesetzes erfolgt."
Der Beschwerdeführer macht geltend, der Gesetzgeber habe mit der Glücksspielgesetznovelle 2010 für Geräte ohne Bewilligung eine Glücksspielabgabe eingeführt, neben der denkunmöglich gleichzeitig Vergnügungssteuer vorgeschrieben werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes könne Vergnügungssteuer nach der Übergangsbestimmung des § 60 Z 25 GSpG im Rahmen des kleinen Glücksspiels für im Sinn des § 4 Abs. 2 GSpG rechtmäßig betriebene Geräte eingehoben werden. Da Tirol aber immer ein "Verbotsland" gewesen sei, gebe es in diesem Bundesland derartige Geräte nicht, weswegen Spielautomaten seit Jänner 2011 denkunmöglich der Vergnügungssteuerpflicht unterliegen könnten.
Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2011, B 533/11, VfSlg Nr. 19.580, ein Bescheid nach dem Steiermärkischen Landes-Lustbarkeitsabgabegesetz zugrunde lag und die dort angesprochene Übergangsfrist nach § 60 Abs. 25 Z 2 GSpG ausdrücklich darauf bezogen wurde, dass Ausspielungen mit Glücksspielautomaten, die auf Grundlage landesgesetzlicher Bewilligungen in der Vergangenheit zugelassen wurden ("kleines Glücksspiel"), auf Basis der alten Rechtslage innerhalb der Übergangsfrist weiter betrieben werden. Für diesen Fall sprach der Verfassungsgerichtshof weiter aus, dass die Aufsteller damit während dieses Zeitraums von der neuen Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 6 GSpG befreit sind, aber (weiterhin) den Vergnügungssteuern der Länder unterliegen. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob für Glücksspielautomaten, die in der Vergangenheit nicht zugelassen wurden, die Vergnügungssteuer der Länder entfällt.
Im hier vorliegenden Fall wird die Pauschsteuer nach § 18 Abs. 1 TVStG für das Aufstellen von Glücksspielautomaten, bei denen unter anderem keine Ausspielung nach § 2 GSpG durch Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§ 5, 14, 21 und 22 GSpG erfolgt (§ 18 Abs. 3 lit. c TVStG), erhoben.
Nun ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass er gemäß § 57 Abs. 3 GSpG für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und elektronischen Lotterien über Video-Lotterie-Terminals der Glücksspielabgabe unterliegen kann. Eine Doppelbesteuerung zu vermeiden war dem Bundesgesetzgeber allerdings ausweislich der Materialen zur Glücksspielgesetznovelle 2010 (RV 657 d.B. 24. GP, Seite 8) nur hinsichtlich der nach dem GSpG konzessionierten Ausspielungen ein Anliegen. Noch deutlicher kommt dies bei der mit dem genannten Gesetz vorgenommenen Änderung zum Finanzausgleichsgesetz 2008 zum Ausdruck, wo durch § 15 Abs. 3 Z 1 leg. cit. ausdrücklich die Gemeinden zur Ausschreibung von Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) ermächtigt werden, wovon nur Ausspielungen gemäß § 2 GSpG durch Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§ 5, 14, 21 und 22 GSpG ausgenommen werden. In der Regierungsvorlage (aaO, Seite 11) wird explizit davon gesprochen, dass diese Änderungen die Länder und Gemeinden nicht hindern, Vergnügungssteuern auf verbotene Ausspielungen zu erheben.
Der Tiroler Landtag nahm die Glücksspielgesetznovelle 2010 nicht zum Anlass, von der Vergnügungssteuer abzustehen. Im Gegenteil, das TVStG wurde der Glücksspielgesetznovelle 2010 entsprechend um Ausspielungen gemäß § 2 GSpG durch Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach den §§ 5, 14, 21 und 22 GSpG eingeschränkt und dazu in den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf der Änderung des TVStG (6/2011, Seite 8) festgehalten, dass eine Steuerpflicht künftig nur mehr bei illegalen Glücksspielautomaten bestehen soll.
Die Glücksspielgesetznovelle 2010 steht sohin der Erhebung der Vergnügungssteuer nach § 18 Abs. 1 TVStG nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer macht als Verfahrensmangel geltend, dass die belangte Behörde eine zumutbare Erhebung in Form eines Lokalaugenscheins und Durchführung eines Probespiels unterlassen habe und begründet dies damit, dass ein Abstecken des Gerätes vom Internet gezeigt hätte, dass eine Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht mehr zur Verfügung stünde und somit denklogisch die Spielentscheidung nicht im Gerät stattfinde.
Konkrete Anhaltspunkte für die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme, dass die Entscheidung über das Spielergebnis durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolge, werden von der belangten Behörde nicht aufgezeigt. Der dem Beschwerdeführer gemachte Vorwurf er habe seine Mitwirkungspflicht im Ermittlungsverfahren verletzt, ist insofern zu relativieren, als er auf den Fragenvorhalte reagierte und eine Stellungnahme abgab. Mag seine Auskunft auch unergiebig geblieben sein, so setzte sich die belangte Behörde nicht ausreichend mit seiner Rechtfertigung für sein mangelndes Wissen um Details der Glücksspielautomaten und das Fehlen von Unterlagen auseinander. Zumutbare Ermittlungshandlungen der belangten Behörde, wie etwa der vom Beschwerdeführer beantragte Lokalaugenschein oder das Durchführen von Probespielen, aber auch allenfalls Anfragen an den vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Hersteller der Software sind allerdings unterblieben. Damit ist das Ermittlungsverfahren unzureichend geführt worden, weshalb die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensfehler belastete. Dieser ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass nach Durchführung weiterer Erhebungen Erkenntnisse darüber erlangt werden, wo die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgt, und falls dies nicht durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst geschieht (hierauf stellt das TVStG im Gegensatz etwa zu § 6 Abs. 1 Wiener Vergnügungssteuergesetz nach wie vor ab), hätte die belangte Behörde zu einem anderslautenden Bescheid gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 17. November 2014
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