Normen
WFG 1984 §53 Abs3;
WFG 1984 §53 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen von zusammen 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer begehrten am 7. Dezember 2007 vom Bezirksgericht S mit drei Anträgen die grundbücherliche Einverleibung einerseits von Pfandrechten zugunsten einer Bank und des Landes Salzburg und andererseits eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten des Landes Salzburg ob ihnen gehörenden Liegenschaftsanteilen. Mit den Anträgen verbanden die Beschwerdeführer jeweils den Antrag auf Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG und legten eine Zusicherung der Salzburger Landesregierung bei, den Erwerb einer auf der in Rede stehenden Liegenschaft zu errichtenden Wohnung samt Carport nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz zu fördern.
Mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 bewilligte das Bezirksgericht S die begehrten Eintragungen und vollzog diese Verbücherungen.
Im Ermittlungsverfahren legten die Beschwerdeführer der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes ua. den Einreichplan für die Errichtung des Wohnhauses mit dem Genehmigungsvermerk der Gemeinde vor.
Die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes schrieb den Beschwerdeführern mit Zahlungsaufträgen vom 8. Oktober 2012 Eingabengebühren und Eintragungsgebühren nach TP 9 GGG samt Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG zur Zahlung vor.
In den dagegen mit Schriftsätzen vom 9. Oktober 2012 erhobenen Berichtigungsanträgen brachten die Beschwerdeführer vor, die tatsächliche Wohnraumnutzung liege unter 130 m2. Der für die Gebührenvorschreibung herangezogene Abstellraum sei unrichtigerweise zur Wohnnutzfläche hinzugerechnet worden. Bei diesem Abstellraum handle es sich um einen Raum, der eine reine Kellerfunktion erfülle und überdies getrennt von der Wohnung zugänglich sei. Er diene zum Abstellen von Fahrrädern, Autoreifen und Skiern.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berichtigungsanträge ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien unter anderem Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- und Geschäftszwecke geeignet seien, bei der Berechnung der Nutzflächen nicht zu berücksichtigen. E contrario ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde daraus aber, dass alle anderen Räume, welche nicht Keller- oder Dachbodenräume seien, jedenfalls zur Wohnnutzfläche zählten. Aus dem von der Baubehörde bewilligten Einreichplan gehe im Beschwerdefall hervor, dass der betreffende Abstellraum nicht im Keller, sondern im Erdgeschoss liege. Der Raum sei zwar - wie von den Beschwerdeführern vorgebracht - getrennt von der Wohnung von außen zugänglich, laut Einreichplan aber auch über den Vorraum im Erdgeschoss zu betreten. Damit stelle sich jedoch nicht mehr die Frage, wie der Raum tatsächlich genutzt werde, welche Funktion er habe und wie er ausgestattet sei, sondern sei dieser Raum der Wohnnutzfläche zuzurechnen. Damit ergebe sich aber eine über 130 m2 liegende Wohnnutzfläche von 156,52 m2.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführer im Recht auf Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 verletzt erachten.
Die belangte Behörde legte die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§ 53 Abs. 3 und 4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 lautet:
"§ 53. ...
(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.
(4) Für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3."
Nach ständiger hg. Rechtsprechung umfasst der Begriff der Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen); Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftlich oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei der Berechnung der Wohnnutzfläche nicht zu berücksichtigen. Kellerräume, die ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet sind und - wie etwa bei einem Einfamilienhaus - nur von einer Familie oder deren Gästen oder Mietern benützt werden, sind bei der Berechnung der Wohnnutzfläche zu berücksichtigen. Räume, die der Entlastung des Wohnraumes im engeren Sinn dienen (Raum zur Aufbewahrung von Gegenständen, zB von Kleidung und Wäsche) zählen zur Nutzfläche (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 2013, 2010/16/0091, vom 21. März 2012, 2009/16/0323 und 324, und die bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, I. E.22 bis E25 zu III A 1 (WFG 1984) zitierten hg. Entscheidungen).
Im Erkenntnis vom 23. Jänner 2003, 2002/16/0043 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die dort als "Hobbyraum" und "Wasch- und Trockenraum" bezeichneten Räume schon deshalb in die Nutzfläche einzubeziehen sind, weil sie im Erdgeschoss gelegen sind. Weiters hat der Verwaltungsgerichthof in jenem Erkenntnis auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen, dass auch ein in einem abgeschlossenen Wohnungsverband liegender Abstellraum der Wohnnutzfläche zuzurechnen ist.
Den Argumenten der Beschwerdeführer in den Berichtigungsanträgen, der in Rede stehende Abstellraum erfülle "eine reine Kellerfunktion" und diene zum Abstellen von Fahrrädern, Autoreifen, Skiern usw., hat die belangte Behörde aber dementsprechend entgegengehalten, der Abstellraum befinde sich im Erdgeschoss, weshalb er der Wohnnutzfläche zuzurechnen sei.
Dem Vorbringen in den Berichtigungsanträgen, der Abstellraum sei getrennt von der Wohnung zugänglich hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unwidersprochen (und in dem den vorgelegten Akten enthaltenen Einreichungsplan gedeckt) entgegen, dass der Raum zwar von außen zugänglich sei, aber auch über den Vorraum im Erdgeschoss zu betreten sei.
Die Beschwerdeführer tragen vor, die Ansicht der belangten Behörde sei verfehlt, dass der in Rede stehende Raum nicht im Keller, sondern im Erdgeschoss liege. Die gegenständliche Wohnung erstrecke sich über drei Geschosse: Erdgeschoss, 1. Obergeschoss und 2. Obergeschoss. Das Wohnhaus sei in einen Hang hineingebaut, weshalb das in den von der Baubehörde bewilligten Einreichplänen als Erdgeschoss bezeichnete Geschoss zu einem beträchtlichen Teil eingeschüttet, also von natürlichem Erdreich umgeben sei, wobei der Übergang zum nicht eingeschütteten Bereich mittels einer Stützmauer hergestellt sei. Der Wohnungszugang erfolge über das
1. Obergeschoss. Der in Rede stehende Abstellraum, in dem im Einreichplan als "Erdgeschoss" bezeichneten Geschoss befinde sich eine Ebene unterhalb dieser Zugangsebene. Der in Rede stehende Abstellraum befinde sich auf jener Seite des Geschosses, welche in den Hang hineingebaut sei. Dieser Raum sei zum überwiegenden Teil von Erdreich umgeben. Lediglich jener Teil der Außenmauer dieses Raumes, in dem sich die Eingangstür von außen in den Raum befinde, sei nicht von Erdreich umgeben; direkt neben dieser Eingangstür befinde sich die Stützmauer. Bei einem Hangbau wie im Beschwerdefall gebe es in ein und demselben Geschoss einerseits Räume, die eingeschüttet, also von Erdreich umgeben und demnach Kellerräume seien, und andererseits Räume, die freien Zugang nach außen haben. Ob ein solches Geschoss im Einreichplan als Erdgeschoss, Untergeschoss oder Kellergeschoss bezeichnet werde, sei für die Zuordnung eines Raumes zum Begriff des Kellers gänzlich unerheblich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa im Erkenntnis vom 12. Oktober 2009, 2008/16/0050, ausgesprochen, bei der Ermittlung der Nutzfläche komme es nicht auf die Bezeichnung des Raumes im Bauplan an, sondern immer auf die tatsächliche Ausstattung im Zeitpunkt, in dem die Gebührenschuld entstanden ist oder entstanden wäre. Auch für die Bezeichnung als Erdgeschoss kommt es nicht auf das im Einreichplan verwendete Wort an, sondern darauf, wie sich die tatsächliche bauliche Gestaltung ergibt.
Bei Gebäuden in Hanglage ist es durchaus denkbar, dass die auf einer Ebene liegende unterste Geschossfläche teilweise die Funktion eines Erdgeschosses, teilweise die Funktion eines Kellergeschosses erfüllt. Bei solchen Lagegestaltungen sind daher an der Hausaußenseite vom Erdreich umgebene Räume wie Kellerräume zu behandeln. Für solche Räume sind die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien für die Zurechnung von Räumen im Kellergeschoss (Kellerräume) zur Wohnnutzfläche heranzuziehen.
Vor dem Hintergrund der der belangten Behörde vorliegenden Einreichpläne (insbesondere des Gebäudeaufrisses "Haus C") hätte die belangte Behörde auf Grund des Einwandes der Beschwerdeführer in den Berichtigungsanträgen, dem in Rede stehenden Raum käme Kellerfunktion zu, sohin Feststellungen zu treffen gehabt, aus denen entweder die Folgerung ableitbar wäre, weshalb der in Rede stehende Raum zum Erdgeschoss zu zählen und kein "Kellerraum" sei, oder - wenn es ein Kellerraum ist - Feststellungen über die Ausstattung und Nutzung des Raumes im Hinblick auf die erwähnten von der Rechtsprechung herangezogenen Kriterien zur Zurechnung von Kellerräumen zur Wohnnutzfläche.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. April 2014
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