VwGH 2012/12/0121

VwGH2012/12/012117.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des J R in H, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Juli 2012, Zl. A5- 22960/2004-74 (31313), betreffend Personalmaßname und Absprüche i. A. Zulage, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §38 Abs6;
BDG 1979 §40 Abs2 Z3;
DBR Stmk 2003 §18 Abs5;
DBR Stmk 2003 §20 Abs2;
DBR Stmk 2003 §20 Abs3;
DBR Stmk 2003 §249 Abs2;
DBR Stmk 2003 §249;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe A (Dienstklassenschema) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Er war bis 31. Juli 2012 mit der Funktion des Leiters der Fachabteilung 1D - Landesarchiv betraut. Mit Note vom 5. Juli 2012 erging an ihn folgender Vorhalt:

"Mit Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 16.12.2010, wurde die Erarbeitung und Umsetzung des Programmes 'Verwaltungsreform 2011 bis 2015' in Auftrag gegeben. Ein wesentlicher Teil dieses Reformvorhabens ist die Reorganisation des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung.

Die für die Reorganisation notwendigen organisationsrechtlichen Grundlagen, wie die Neuerlassung der Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl. Nr. 52/2012, sowie die Neufassung der Geschäftseinteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Grazer Zeitung, Stück 25/2012, werden am 01.08.2012 in Kraft treten.

Die neue Struktur des Amtes sieht keine Fachabteilung Landesarchiv mehr vor. Aus diesem Grund hat die Steiermärkische Landesregierung in ihrer Sitzung am 05.07.2012 Sie mit Wirkung vom 01.08.2012 von Ihrer Funktion des Leiters der Fachabteilung 1D Landesarchiv abberufen.

Der Verlust einer Leitungsfunktion stellt eine qualifizierte Verwendungsänderung dar, die einer Versetzung gleichzuhalten ist. Gemäß § 18 iVm § 20 Landes - Dienst- und Besoldungsrecht (Stmk. L-DBR) ist eine qualifizierte Verwendungsänderung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Die Änderung der Verwaltungsorganisation stellt ein solches wichtiges dienstliches Interesse dar.

In Ihren besoldungsrechtlichen Ansprüchen tritt keine Änderung ein.

Es wird festgestellt, dass ab 01.08.2012 Ihre Dienststelle die Abteilung 3 Verfassung und Inneres ist.

Sie haben die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Einwendungen vorzubringen."

Sodann wurde der Beschwerdeführer mit Weisung des Landesamtsdirektors vom 12. Juli 2012 mit Wirkung vom 1. August 2012 zum Leiter "der nachgeordneten Dienststelle Landesarchiv der Abteilung 3 Verfassung und Inneres" bestellt.

Einwendungen erhob der Beschwerdeführer nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 2012 wurde Folgendes ausgesprochen:

"Aufgrund des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom 05.07.2012 werden Sie mit Wirkung vom 01.08.2012 von der Funktion des Leiters der Fachabteilung 1D - Landesarchiv abberufen. Diese Abberufung stellt eine Verwendungsänderung im Sinne des § 20 Abs. 2 Z 1 Steiermärkisches Landes - Dienstrecht und Besoldungsrecht (Stmk. L-DBR), LGBl. Nr. 29/2003 in der derzeit geltenden Fassung, dar, die einer Versetzung gleichzuhalten ist.

Durch die qualifizierte Verwendungsänderung tritt in Ihren besoldungsrechtlichen Ansprüchen keine Änderung ein."

Begründend führte die belangte Behörde folgendes aus:

"Mit Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 16.12.2010, wurde die Erarbeitung und Umsetzung des Programmes 'Verwaltungsreform 2011 bis 2015' in Auftrag gegeben. Ein wesentlicher Teil dieses Reformvorhabens ist die Reorganisation des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung. Die für die Reorganisation notwendigen organisationsrechtlichen Unterlagen, wie die Neuerlassung der Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl. Nr.52/2012, sowie die Neufassung der Geschäftseinteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Grazer Zeitung, Stück 25/2012, werden am 01.08.2012 in Kraft treten.

Aufgrund dieser Organisationsänderung hat Sie die Steiermärkische Landesregierung in ihrer Sitzung am 05.07.2012 von Ihrer Funktion als Fachabteilungsleiter mit Wirkung vom 01.08.2012 abberufen.

Gemäß § 20 Stmk. L-DBR versteht man unter einer Verwendungsänderung die Abberufung eines Beamten von seiner bisherigen Verwendung und Zuweisung einer neuen Verwendung. Ist die neue Verwendung der bisherigen Verwendung nicht mindestens gleichwertig, ist die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung einer Versetzung gleichzuhalten (qualifizierte Verwendungsänderung gemäß § 20 Abs. 2 Z 1 Stmk. L-DBR).

Der Verlust der Funktion eines Fachabteilungsleiters bewirkt eine qualifizierte Verwendungsänderung, die einer Versetzung gleichzuhalten ist. Gemäß § 18 in Verbindung mit § 20 Stmk. L-DBR ist eine qualifizierte Verwendungsänderung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Die oben dargestellte Organisationsänderung stellt ein solches wichtiges dienstliches Interesse dar.

Die Versetzung bzw. qualifizierte Verwendungsänderung eines Beamten ist gemäß § 18 Abs. 6 Stmk. L-DBR mit Bescheid zu verfügen. Darüber hinaus ist der Beamte von der beabsichtigten dienstrechtlichen Maßnahme schriftlich zu verständigen. Im Rahmen des Parteiengehörs ist ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu geben. Werden innerhalb der zweiwöchigen Frist keine Einwendungen vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung (§ 18 Abs. 5 Stmk. L-DBR).

Mit Schreiben vom 05.07.2012 wurde Ihnen von Seiten der Dienstbehörde mitgeteilt, dass Sie mit Wirkung vom 01.08.2012 als Fachabteilungsleiter abberufen werden und der Verlust dieser Leitungsfunktion eine qualifizierte Verwendungsänderung darstellt, die einer Versetzung gleichzuhalten ist. Weiters wurden Sie informiert, dass durch die qualifizierte Verwendungsänderung in Ihren besoldungsrechtlichen Ansprüchen keine Änderung eintritt.

Es wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, hiezu innerhalb einer zweiwöchigen Frist Einwendungen vorzubringen. Von dieser Möglichkeit haben Sie keinen Gebrauch gemacht."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erklärt ihn in seinem gesamten Umfang anzufechten. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 18 Abs. 5 und Abs. 6 sowie § 20 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über das Dienstrecht und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark, LGBl. Nr. 29/2003 (im Folgenden: Stmk L-DBR) lautet:

"§ 18

Versetzung

...

(5) Ist die Versetzung eines Beamten/einer Beamtin von Amtswegen in Aussicht genommen, so ist der Beamte/die Beamtin hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner/ihrer neuen Dienststelle und Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, dass es ihm/ihr freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(6) Die Versetzung eines Beamten/einer Beamtin ist mit Bescheid zu verfügen.

...

§ 20

Verwendungsänderung

(1) Wird der Beamte/die Beamtin von seiner/ihrer bisherigen Verwendung abberufen, so ist ihm/ihr gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner/ihrer Dienststelle zuzuweisen.

(2) Die Abberufung des Beamten/der Beamtin von seiner/ihrer bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten/der Beamtin nicht mindestens gleichwertig ist oder

2. dem Beamten/der Beamtin keine neue Verwendung zugewiesen wird.

(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie derselben Gehaltsklasse zugeordnet ist."

Gemäß § 249 Stmk L-DBR ist § 20 Abs. 2 leg.cit. für Beamte des Dienstklassenschemas mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung auch dann einer Versetzung gleichzuhalten ist, wenn durch die neue Verwendung in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist; verneinendenfalls ist aus dem Grunde des § 249 Abs. 2 leg. cit. von einer Gleichwertigkeit der alten und neuen Verwendung auszugehen.

Zunächst war zu prüfen, ob das Unterbleiben von Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Vorhalt vom 5. Juli 2012 zu der in § 18 Abs. 5 letzter Satz iVm § 20 Abs. 2 Stmk L-DBR umschriebenen "Zustimmungsfiktion" führte. Dies ist - anders als die belangte Behörde meint - hier nicht der Fall:

Zunächst lässt der Vorhalt vom 5. Juli 2012 nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass es sich bei der Abberufung des Beschwerdeführers erst um eine in Aussicht genommene/beabsichtigte Maßnahme im Verständnis des § 18 Abs. 5 Stmk L-DBR handelt, heißt es doch, die Steiermärkische Landesregierung habe den Beschwerdeführer (bereits) in ihrer Sitzung am 5. Juli 2012 abberufen. Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides nimmt auf eine Entscheidungsfindung dieses Kollegialorganes schon vor Durchführung eines Verfahrens gemäß § 18 Abs. 5 Stmk L-DBR Bezug. Darüber hinaus gilt Nachstehendes:

Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat zu der - dem § 18 Abs. 5 Stmk L-DBR entsprechenden - Bestimmung des § 38 Abs. 6 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979) in ihrem Bescheid vom 22. Mai 2009, Zl. 23/10- BK/09, insbesondere Folgendes ausgeführt:

Grundsätzlich sind im Rahmen des Vorhalteverfahrens gemäß § 38 Abs. 6 BDG 1979 dem Beamten seine neue Dienststelle und seine neue Verwendung bekannt zu geben. Die sogenannte Zustimmungsfiktion nach dieser Gesetzesbestimmung kann sich freilich nur auf jene Personalmaßnahme beziehen, welche Gegenstand des in dieser Bestimmung geregelten Vorhaltes war. Darüber hinaus setzt der Eintritt dieser Fiktion voraus, dass das Vorhalteverfahren gesetzmäßig durchgeführt wurde, also insbesondere auch, dass der Zielarbeitsplatz im Vorhalt hinreichend präzisiert ist. Ist eine Abberufung ohne Zuweisung jedweder neuen Verwendung beabsichtigt, so kann von der Dienstbehörde zwar nicht die Angabe eines Zielarbeitsplatzes im Vorhalteverfahren verlangt werden; freilich ist zu bedenken, dass es sich bei der in § 40 Abs. 2 Z. 3 BDG 1979 genannten Personalmaßnahme um einen tiefgreifenden Eingriff in die dienstrechtliche Stellung eines Beamten handelt. Ein - im Prinzip zulässiger und die Zustimmungsfiktion zu begründen geeigneter - Vorhalt einer derartigen beabsichtigen Maßnahme muss, um der besonderen Warnfunktion für den Beamten zu genügen, klar zum Ausdruck bringen, dass die Abberufung ohne Zuweisung einer neuen Verwendung erfolgen soll, eben um sich von einem unvollständigen Vorhalt ohne Angabe des Zielarbeitsplatzes deutlich zu unterscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet diese Ausführungen nicht nur für den Bereich des § 38 Abs. 6 BDG 1979 für zutreffend, sondern überträgt sie auch auf die Erfordernisse eines Vorhaltes gemäß § 18 Abs. 5 Stmk L-DBR.

Diesen Voraussetzungen genügt der Vorhalt vom 5. Juli 2012 nicht. Er lässt nämlich nicht klar erkennen, ob überhaupt eine bescheidförmige Maßnahme geplant ist, bzw. gegebenenfalls ob diese in einer Versetzung, in einer Abberufung vom bisherigen Arbeitsplatz ohne bescheidförmige Zuweisung einer neuen Verwendung oder aber in Form einer Abberufung unter bescheidförmiger Zuweisung einer niederwertigeren neuen Verwendung bestehen soll.

Auch infolge dieser Unklarheit des Vorhaltes vom 5. Juli 2012 bewirkte das Unterlassen von Einwendungen durch den Beschwerdeführer nicht den Eintritt der Zustimmungsfiktion nach dem letzten Satz des § 18 Abs. 5 Stmk L-DBR.

Wie sich aus den Entscheidungsgründen des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2012/12/0116, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ergibt, erweist sich die vorgenommene Abberufung des Beschwerdeführers schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil keine Feststellungen bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Z. 2 Stmk L-DBR getroffen wurden (wobei diese auch offenkundig nicht vorlagen) und der angefochtene Bescheid dessen ungeachtet die Zuweisung eines neuen Zielarbeitsplatzes an den Beschwerdeführer nicht enthält. Die hier gepflogene Vorgangsweise einer weisungsförmigen Zuweisung eines als geringwertiger angesehenen Zielarbeitsplatzes mit nachfolgender bescheidförmiger Abberufung vom bisherigen Arbeitsplatzes ist - wie in dem zitierten Erkenntnis vom heutigen Tage dargelegt - rechtswidrig.

Sollte - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt - der dem Beschwerdeführer neu zugewiesene Arbeitsplatz gemäß § 249 Abs. 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 3 Stmk L-DBR in Ansehung der für den Beschwerdeführer damit verbundenen Laufbahnerwartungen ohnedies gleichwertig sein, so hätte eine bescheidförmige qualifizierte Verwendungsänderung jedenfalls zu unterbleiben gehabt (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2012/12/0124).

Aus diesen Gründen erwies sich die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Abberufung ohne bescheidförmige Zuweisung einer neuen Verwendung als inhaltlich rechtswidrig. Von dieser Rechtswidrigkeit sind die übrigen Aussprüche im angefochtenen Bescheid mitumfasst, sodass dieser entsprechend dem Anfechtungsantrag des Beschwerdeführers in seinem gesamten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. April 2013

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